Herabsetzung einer Unfallrente wegen wesentlicher Verbesserung des Gesundheitszustandes
Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung von Unfallfolgen
Letzte bindend gewordene Feststellung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Herabsetzung einer Unfallrente wegen einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes.
Der 1939 geborene Kläger war bis Juli 1994 als Zimmermann berufstätig.
Auf Klage des Klägers vor dem Sozialgericht Freiburg (SG; S 10 U 2106/96) verurteilte dieses nach Einholung eines Gutachtens beim Orthopäden Prof. Dr. A. vom 22.01.1997, in dem dieser als beruflich
bedingte Gesundheitsstörung eine wiederholte Lumboischialgie links bei linksbetontem Bandscheibenvorfall L4/5 feststellte,
die Beklagte mit Urteil vom 12.02.1998 zur Gewährung einer Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H.
auf Grund einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges
Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller
Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich
waren oder sein können) der Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung (BK 2108). Im Rahmen des sich anschließenden Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (L 2 U 1040/98) nahm die Beklagte nach Erstellung eines Gutachtens durch den Orthopäden Prof. Dr. B., der degenerative Veränderungen der
unteren Lendenwirbelsäule bei einem nachgewiesenen linksseitigen Bandscheibenvorfall L4/5 mit Bewegungseinschränkung im Bereich
der Brustwirbelsäule bei nachgewiesenem Morbus Forestier diagnostizierte, die Berufung zurück und bewilligte mit Bescheid
vom 04.08.1999 unter Anerkennung des Vorliegens einer BK 2108 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v.H. Die
Beklagte anerkannte hierbei als Folge der Berufskrankheit "degenerative Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule bei nachgewiesenem
Bandscheibenvorfall im Segment L4/5, Bewegungseinschränkung in diesem Bereich sowie glaubhafte Belastungsbeschwerden".
Darüber hinaus erhält der Kläger wegen einer beruflich bedingten Lärmschwerhörigkeit eine weitere Rente nach einer MdE um
10 v.H.
Von Amts wegen überprüfte die Beklagte in der Folge, ob eine Änderung des Gesundheitszustands und der Folgen der BK 2108 eingetreten
sei und übersandte hierzu dem Kläger mit Schreiben vom 12.04.2011 einen entsprechenden Fragebogen.
Nach Vorlage von Unterlagen des Universitätsklinikums C., Department Orthopädie und Traumatologie erstattete der Orthopäde
Prof. Dr. A. am 26.10.2011 ein orthopädisches Gutachten. In diesem führte er aus, dass es zwar zu einer Progredienz der Degenerationen
an der Lendenwirbelsäule, aber - radiologisch und computertomographisch belegt - in den drei oberen und berufsbedingt weniger
belasteten Segmenten, sogar zu einem gedeckten Prolaps im Segment L2/3 gekommen sei, während in dem kritischen Segment L4/5
der ehemalige Bandscheibenvorfall rückläufig gewesen sei und nunmehr dort nur noch eine Protrusion der Bandscheibe bestehe,
die außerdem nicht höhengemindert und nur leicht signalvermindert sei. Die Verbesserung im tief lumbalen Bereich sei kernspintomographisch
auf den Aufnahmen vom 16.11.2010 belegt, also vor deutlich mehr als einem Jahr. Unbenommen eines Bestandschutzes schätze er
die gegenwärtig berufsbedingte MdE seit der Zeit der Kernspintomographie mit 10 v.H. ein.
In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 06.12.2011 führte Dr. D. aus, dass der vorbestehende Bandscheibenvorfall L4/5
aktuell nicht mehr nachweisbar sei. Stattdessen finde sich jetzt ein gedeckter Bandscheibenprolaps L2/3. Einen ursächlichen
Zusammenhang zwischen diesem Prolaps und der beruflichen Tätigkeit verneinte Dr. D. wie bereits zuvor Prof. Dr. A ...
Die Beklagte beauftragte daraufhin den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Radiologische Diagnostik/Neuroradiologie Dr. E.
mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser führte in seinem Gutachten vom 10.12.2012 aus, es seien gegenüber 2008 Verschlechterungen
hinsichtlich der degenerativen Veränderungen des Achsenskeletts erkennbar. Der in Voruntersuchungen erwähnte Bandscheibenvorfall
L4/L5 links sei nicht mehr erkennbar, allerdings liege jetzt ein neu aufgetretener großer rechts mediolateraler Bandscheibenvorfall
in diesem Segment vor, der früher nie beobachtet worden sei. Derartige Veränderungen seien aber ausschließlich schicksalhafter
Natur. Er schätze die MdE weiterhin auf 20 v.H. ein.
Der beratende Arzt Dr. F. teilte in einer Stellungnahme vom 28.02.2013 mit, dass der neurologische Gutachter keine Befunde
seines Fachgebietes beschreibe. Die Bandscheibenveränderungen seien durch den Orthopäden zu bewerten. Die MdE sei mit 10 v.H.
einzuschätzen. Ein Endzustand liege vor.
Mit Anhörungsschreiben vom 15.04.2013 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Herabsetzung der Rente an. Hierauf
erwiderte dieser mit Schreiben vom 07.05.2013, dass die MdE richtigerweise heraufzusetzen sei und zwar auf mindestens 40 v.H.
Mit Bescheid vom 05.06.2013 stellte die Beklagte die Rente ab 01.07.2013 unter Herabsetzung der MdE auf 10 v.H. neu fest.
Die dem Bescheid vom 04.08.1999 zugrunde liegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert. Mit weiterem Bescheid vom
05.06.2013 lehnte die Beklagte, die das Schreiben vom 07.05.2013 als Verschlimmerungsantrag auslegte, eine Verschlimmerung
ab.
Mit Schreiben vom 11.06.2013 legte der Kläger Widerspruch gegen die beiden Bescheide vom 05.06.2013 ein. Mit Widerspruchsbescheiden
vom 17.07.2013 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück.
Hierauf hat der Kläger am 19.08.2013 Klage zum SG erhoben. Er hat diese im Wesentlichen damit begründet, dass sich keine Besserung, sondern vielmehr eine Verschlechterung
des Gesundheitszustandes ergeben habe.
Das SG hat nach schriftlicher Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen Beweis erhoben durch Einholung
eines Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 08.12.2014
ausgeführt, dass der ursprünglich nachgewiesene lumbale Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 links anhand der aktuellen bildgebenden
Verfahren (Kernspintomographie 2010 und Computertomographie 2012) nicht mehr nachweisbar sei. In Übereinstimmung mit dem Gutachter
Prof. Dr. A. und dem Beratungsarzt Dr. F. sei der aktuelle MdE-Satz wegen der beruflich bedingten Bandscheibendegeneration
mit 10 v.H. einzuschätzen. Nach Einwendungen des Klägers, hat Dr. G. mit Schreiben vom 09.04.2015 eine ergänzende Stellungnahme
abgegeben. In dieser hat er an seiner Einschätzung festgehalten.
Mit Urteil vom 30.09.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) eingetreten sei. Röntgenologisch sei die Rückbildung des ausdrücklich als berufsbedingt anerkannten Bandscheibenvorfalls
im Segment L4/5 erwiesen. Es liege damit eine wesentliche Änderung gegenüber der tatsächlichen Situation, die dem Verfügungssatz
vom 04.08.1999 zugrunde gelegen habe, vor. Der Bandscheibenprolaps im Segment L4/5 sei im Bescheid vom 04.08.1999 ausdrücklich
als Folge der Berufskrankheit festgestellt worden. Dieser Sachverhalt liege nicht mehr vor. Die Bewertung der MdE sei nach
den überzeugenden gerichtlichen Gutachten nunmehr anders als 1999 mit 10 v.H. vorzunehmen. Dies entspreche der ausführlich
begründeten Auffassung des gerichtlichen Gutachters Dr. G. sowie des Gutachters Prof. Dr. A ...
Gegen das ihm am 16.12.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, dem18.01.2016 Berufung zum LSG Baden-Württemberg
erhoben. Er hat hierbei klargestellt, dass mit der Berufung die Bescheide der Beklagten nur noch insoweit angefochten würden,
soweit eine Herabsetzung zugesprochener Leistungen wegen Änderungen der Verhältnisse erfolgt sei. Zur Begründung trägt er
vor, dass keine wesentliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes eingetreten sei.
Der Kläger beantragt nach sachgerechter Auslegung,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. September 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Juni 2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 17. Juli 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Urteil des SG.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 30.06.2016 und 19.09.2016 mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche
Verhandlung einverstanden erklärt. Die Beklagte hat dies im Schriftsatz vom 15.11.2016 erneut bestätigt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die
Prozessakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§
143 und
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte, sowie nach §
151 SGG form- und fristgerechte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 30.09.2015. Der Senat hat das Begehren des Klägers den Ausführungen im Schriftsatz vom 22.02.2016 folgend dahingehend
ausgelegt, dass dieser darüber hinaus (nur noch) die Aufhebung des Bescheids vom 05.06.2013, mit dem die Rente ab 01.07.2013
herabgesetzt wurde, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2013, begehrt. Der Kläger hat insoweit in seiner Berufungsbegründung
den Streitgegenstand eingegrenzt. Dies ist zulässig, denn der Streitgegenstand wird durch den geltend gemachten prozessualen
Anspruch, d.h. durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Lebenssachverhaltes festgelegt (st. Rspr.
des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. bspw. Urteil vom 21.07.2016, B 3 SF 1/16 R, [...], so auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
123 Rn. 3). Dieses prozessuale Ziel verfolgt der Kläger gemäß §
54 Abs.
1 Satz 1
SGG mit der isolierten Anfechtungsklage.
Diese hat Erfolg. Der Bescheid vom 05.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2013 ist rechtswidrig und
verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte durfte den in Ausführung des Urteils des SG vom 12.02.1998 ergangenen Bescheid vom 04.08.1999 in Bezug auf die Rentenbewilligung nicht abändern, weil die im Bescheid
vom 04.08.1999 bestandskräftig festgestellten Unfallfolgen, welche Grundlage für die Gewährung einer Verletztenrente nach
einer MdE um 20 v.H. waren, mangels einer gegenteiligen Entscheidung weiterhin Bindungswirkung entfalten.
Im Rahmen der hier geführten Anfechtungsklage ist die Frage, ob eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist, durch Vergleich der tatsächlichen Verhältnisse zu zwei maßgeblichen Zeitpunkten zu ermitteln (vgl. hierzu
und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 13.02.2013, B 2 U 25/11 R, [...]). Bei der Prüfung einer wesentlichen Änderung von Unfallfolgen kommt es zum einen auf die zum Zeitpunkt der letzten
bindend gewordenen Feststellung tatsächlich bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse an, die ursächlich auf dem Unfall beruhen.
Diese sind mit den bestehenden unfallbedingten Gesundheitsverhältnissen zu vergleichen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des
Aufhebungsbescheids vorgelegen haben. Die jeweils bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse kommen insbesondere in den medizinischen
Gutachten zum Ausdruck, die über die Unfallfolgen zum Zeitpunkt der maßgeblichen Bewilligung und vor der Entscheidung über
eine Aufhebung eingeholt worden sind. Dagegen ist für die Beurteilung der (rechtlichen) Wesentlichkeit der Änderung von dem
Tenor des bindend gewordenen Verwaltungsakts auszugehen.
Bei der Feststellung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung im Zusammenhang mit der Gewährung von Verletztenrente
nach §
56 Abs.
1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) ist eine solche wesentliche Änderung nur gegeben, wenn die Änderung mehr als 5 v.H. beträgt und bei Renten auf unbestimmte
Zeit - wie vorliegend - länger als drei Monate andauert (§
73 Abs.
3 SGB VII). Dabei richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens
ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII). Zwar enthält der in Ausführung des Urteils vom 12.02.1998 ergangene Bescheid keine eigenständige Regelung über die Höhe
der MdE, weil er eben nur das entsprechende Urteil des SG ausführt und die Beklagte somit nur der im Urteil auferlegten Verpflichtung nachkam (vgl. BSG, Urteil vom 18.09.2003, B 9 V 82/02 B; ebenso zum Anerkenntnis BSG, Urteil vom 06.05.2010, B 13 R 16/09 R, beide [...]). Allerdings ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch auf derartige Ausführungsbescheide anwendbar, weil mit ihnen durch Urteil bzw. Anerkenntnis vorgegebene Regelungen wiederholt
werden (BSG, Urteil vom 06.05.2010, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist keine rechtlich wesentliche Änderung in genanntem Sinne eingetreten. Die Festsetzung der Unfallrente
mit einer MdE um 20 v. H. im Bescheid vom 04.08.1999 erfolgte in Ausführung des Urteils des SG vom 12.02.1998. Als Folge der Berufskrankheit hat die Beklagte dabei im Verfügungssatz ausdrücklich degenerative Veränderungen
der unteren Lendenwirbelsäule bei nachgewiesenem Bandscheibenvorfall im Segment L4/5, Bewegungseinschränkung in diesem Bereich
sowie glaubhafte Belastungsbeschwerden festgestellt. Hiervon ist für die Frage einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes
in Bezug auf die Folgen der BK auszugehen.
Zwar ist nach den vorliegenden Befunden und ärztlichen Stellungnahmen davon auszugehen, dass sich der radiologische Befund
hinsichtlich der festgestellten Unfallfolgen geändert hat.
So führen sowohl der Gutachter Prof. Dr. A. als auch der Gutachter Dr. G. aus, dass sich die der anerkannten BK 2108 zuzuordnenden
Gesundheitsschäden trotz Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes des Klägers gebessert haben. Der im Bescheid
vom 04.08.1999 als Unfallfolge festgestellte lumbale Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 links ist anhand der Kernspintomographieaufnahmen
aus dem Jahr 2010 bzw. der Computertomographie aus dem Jahr 2012 nicht mehr nachweisbar. Dies stellen nachvollziehbar sowohl
Prof. Dr. A. unter Bezugnahme auf die Kernspintomographieaufnahme vom 16.11.2010 als auch Dr. E. und Dr. G. unter Hinweis
auf die Computertomographie vom 19.11.2012 dar. Ob damit auch eine Besserung im klinischen Befund einhergeht, d.h. die Bewegungseinschränkung
sowie die Belastungsbeschwerden in diesem Bereich nunmehr auf den Bandscheibenvorfall L4/5 rechts zurückzuführen sind, lässt
der Senat offen.
Denn die Beklagte hat mit streitgegenständlichem Bescheid vom 05.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013
die festgestellten Unfallfolgen, hier vor allem den Bandscheibenvorfall im Segment L4/5, nicht aufgehoben. Bei der Auslegung
von Verwaltungsakten, also Verfügungssätzen i.S. des § 31 SGB X, ist in Anwendung der für Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze (§§
133,
157 des
Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) vom objektiven Sinngehalt ihrer Erklärungen auszugehen, wie sie Empfänger bei verständiger Würdigung nach den Umständen
des Einzelfalls objektiv verstehen mussten und durften (BSG, Urteil vom 03.04.2014, B 2 U 25/12 R, [...], auch zum Nachfolgenden). Maßgebend ist demnach der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (§
133 BGB), wobei alle Zusammenhänge zu berücksichtigen sind, die die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezog. Dabei ist der
der Bestandskraft (Bindungswirkung) zugängliche Verfügungssatz zu Grunde zu legen und zur Klärung seines Umfangs die Begründung
des Bescheides zu berücksichtigen. Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde. Auch für die Auslegung einer behördlichen Äußerung
als Verwaltungsakt kommt es nicht auf das von der Behörde Gewollte, sondern auf das objektivierte Empfängerverständnis an
(BSG, Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R, [...]). Ob die Erklärung einer Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, richtet sich danach, wie der Adressat diese
Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles zu deuten hatte (BSG, Urteil vom 29.10.1992, 10 RKg 4/92, [...]). Gleiches gilt für die Frage, in welchem Umfang die Behörde Regelungen i.S. des § 31 SGB X traf. Auch wenn sich die Bindungswirkung eines Verwaltungsakts auf den Verfügungssatz beschränkt, kann einem Satz in der
Begründung nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht eine solche Bedeutung zukommen, dass er unter Berücksichtigung
der Interessen der Beteiligten als selbstständige Feststellung i.S. eines (weiteren) Verfügungssatzes zu werten ist (BSG, Urteil vom 03.04.2014, B 2 U 25/12 R, [...]).
Unter Berücksichtigung dessen hat der Senat keine Zweifel, dass die im Bescheid vom 04.08.1999 festgestellten Unfallfolgen
mit dem Bescheid vom 05.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.07.2013 nicht aufgehoben wurden. So lässt
sich dem Verfügungssatz dieses Bescheides keine entsprechende Regelung entnehmen. Die Beklagte führt lediglich aus, dass die
Rente herabgesetzt und die MdE ab 01.07.2013 mit 10 v.H. neu festgestellt werde. Erst nach der Überschrift "Unsere Entscheidung
begründen wir wie folgt:", die damit erkennbar den Begründungsteil des Bescheides einleitet, finden sich überhaupt Ausführungen,
die Bezug auf die festgestellten Unfallfolgen haben. Soweit die Beklagte hier allerdings Ausführungen zur Rückbildung des
Bandscheibenvorfalles im Segment L4/5 macht, sind diese nicht geeignet, als Verfügungssatz, mit dem die festgestellten Unfallfolgen
aufgehoben werden, ausgelegt zu werden. Hinzu kommt, dass der Bescheid vom 04.08.1999 überhaupt keine Erwähnung im Bescheid
vom 05.06.2013 findet und sich auch dem Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 nicht entnehmen lässt, dass der Bescheid vom 04.08.1999
und hier insbesondere die Feststellung von Unfallfolgen aufgehoben werden sollte.
Es ist damit weiterhin von den im Bescheid vom 04.08.1999 festgestellten Unfallfolgen auszugehen, die Grundlage für die Gewährung
der Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. waren. Eine wesentliche Änderung kann damit nicht angenommen werden, weshalb
der Bescheid vom 05.06.2013 rechtswidrig ist.
Nach alledem war der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.