Arbeitsunfall
Verletztenrente
Gesundheitsschäden infolge der Durchführung einer Heilbehandlung
Gesetzliche Zurechnung
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Unfallfolgen und die Gewährung von Verletztenrente streitig.
Die 1982 geborene Klägerin erlitt im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Kundenbetreuerin am 12.11.2010 auf dem Weg zu
einem Kunden ihres Arbeitgebers einen Autounfall, indem ein anderer Verkehrsteilnehmer mit seinem Auto auf das Heck ihres
Auto auffuhr.
Dr. A., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung der B.-Klinik C., befundete am 12.11.2010 eine deutliche Verspannung an der gesamten
Halswirbelsäule bei in allen Ebenen schmerzbedingt eingeschränkter Rotation und Seitneigung ohne sensomotorische Defizite
sowie von der Halswirbelsäule zum Hinterkopf ziehende Kopfschmerzen. Die Röntgenuntersuchung erbrachte eine deutliche Steilstellung
der Halswirbelsäule ohne knöcherne Verletzung. Er diagnostizierte eine Halswirbelsäulen-Distorsion Grad II (Durchgangsarztbericht
vom 17.11.2010).
Am 16.11.2010 gab die Klägerin gegenüber dem Orthopäden Dr. D. Schmerzen im Bereich der Schulter, des Nackens und des Kopfes
links bei Übelkeit und Schwindel an. Als Befund wurde ein massiver Muskelhartspann im gesamten Schulter-Nacken-Bereich links
größer als rechts mit auslösbarem massiven Druckschmerz und schmerzhafter Bewegungseinschränkung insbesondere der Rotation
nach links beschrieben. Die Muskeleigenreflexe waren seitengleich auslösbar. Motorik und Sensibilität waren seitengleich regelgerecht.
Diagnostiziert wurden eine Distorsion der Halswirbelsäule und eine Kopfgelenksblockierung C0/1 links (H-Arztbericht vom 16.11.2010).
Am 22.11.2010 berichtete Dr. D. über eine leichte Linderung der Beschwerden. Am 10.12.2010 berichtete Dr. D. über eine Linderung
der Nackenschmerzen um 80 % und der Kopfschmerzen um 40 %. Er befundete im Bereich der Halswirbelsäule einen rückläufigen
Muskelhartspann im gesamten Schulter-Nacken-Bereich ohne Einschränkung der Rotation (Verlaufsbericht H-Arzt vom 10.12.2010).
Auf Veranlassung des Dr. D. führte der Radiologe Dr. E. am 13.12.2010 eine kernspintomographische Untersuchung der Halswirbelsäule
durch. Diese erbrachte eine Streckfehlhaltung der Halswirbelsäule. Da sich im unteren Teil des Stammhirns frischere und ältere
Blutbestandteile zeigten, führte Dr. E. am selben Tag eine kernspintomographische Untersuchung des Schädels durch. Dabei zeigte
sich infratentoriell eine atypisch drainierende Vene rechtsseitig vom Boden des vierten Ventrikels durch die laterne Medulla
oblongata nach rechts. Unmittelbar anterior davon zeigte sich älteres Blut mit kräftigem Hämosiderinsaum. Dr. E. führte aus,
der Befund in der Medulla oblongata entspreche am ehesten einem Cavernom bei zusätzlich vorliegender assoziierter venöser
Gefäßanomalie. Eine frische Blutung in diesem Bereich sei jedoch nicht erkennbar. Er empfahl eine neurologische und neurochirurgische
Vorstellung (Arztbrief vom 14.12.2010).
Daraufhin stellte sich die Klägerin umgehend in der Neurochirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums C. vor. Sie gab dabei
an, ihr sei seit dem Arbeitsunfall verstärkt aufgefallen, dass sie einen visuellen Punkt schlechter fixieren könne. Des Weiteren
klagte sie über zunehmende Konzentrationsstörungen mit progredienten Gleichgewichtsstörungen (Durchgangsarztbericht vom 13.12.2010).
Eine daraufhin durchgeführte weitere Kernspintomographie erbrachte ein circa einen Zentimeter durchmessendes Cavernom mit
randständiger Hämosinablagerung im Bereich der Medulla oblongata rechts und eine dorsal befindliche assoziierte venöse Gefäßanomalie
des Cavernoms, die mit einer Kolektorvene bis zum Kleinhirnbrückenwinkel rechts reichte. In Anbetracht dieses Befundes mit
Einblutung in das Cavernom sowie des kumulativen Blutungsrisikos der Klägern wurde eine Operations-Indikation gestellt und
die Klägerin stationär aufgenommen (Neurologischer Befundbericht vom 20.01.2011).
Sodann erfolgte am 22.12.2010 eine mikrochirurgische Resektion des Cavernoms über eine mediale, suboccipitale osteoplastische
Trepanation und ein intraoperatives elektrophysiologisches Monitoring. Diese Operation verlief komplikationslos. Allerdings
ergab sich klinischneurologisch nach Sedierungsreduktion eine erhebliche Störung des Schluckaktes sowie eine Koordinationsstörung
aller Extremitäten mit Augenkoordinationsstörung und Doppelbildern. Klinischneurologisch verbesserte sich die Klägerin schrittweise.
Es zeigten sich noch Koordinationsstörungen, insbesondere bei der Feinmotorik der Extremitäten. Unter logopädischer Anregung
und Überprüfung der Schluckfunktion zeigte sich die Schluckstörung langsam reversibel. Da die Klägerin über eine Fusionsstörung
der Augen mit Doppelbildern klagte, wurde passager eine wechselnd angelegte Augenklappe indiziert. Magnetresonanztomographisch
zeigte sich ein Zustand nach Resektion des Hirnstammcavernoms ohne weitere pathologische Auffälligkeiten (Operationsbericht
vom 22.12.2010, Arztbrief vom 10.01.2011).
Am 10.01.2011 wurde die Klägerin in die Neurologie des SRH H.-Krankenhauses I. zur neurologischen Frührehabilitation verlegt.
Die dortige stationäre Maßnahme erfolgte bis zum 03.03.2011. Bei der magnetresonanztomographischen Untersuchung zeigte sich
ein normaler postoperativer Verlauf ohne Anhalt für eine erneute Einblutung. Der klinische Verlauf war weitgehend komplikationsfrei
(Vorläufiger Entlass Brief vom 03.03.2011).
Sodann holte die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen, Psychiaters und Neuradiologen Dr. J. vom 05.01.2011
ein. Dieser führte aus, bei dem Cavernom und dem venösen Angiom handele es sich zweifelsfrei um angeborene intrazerebrale
Gefäßfehlbildungen. Die Tatsache, dass die Symptomatik, die zur Aufdeckung der Gefäßbildungen geführt habe, unmittelbar nach
dem Arbeitsunfall aufgetreten sei, erlaube, zusammen mit dem Nachweis einer - wenn auch kleinen - Blutung mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit die Aussage, dass der Arbeitsunfall zumindest eine wesentliche Teilursache für das Zustandekommen dieser
Blutung darstelle. Eine weitere Stütze dieser Bewertung des Unfallzusammenhangs könne in der Tatsache erblickt werden, dass
die Spontanblutungsrate der genannten Fehlbildungen mit unter 1 % pro Jahr sehr gering sei. Die Tatsache, dass sich die Neurochirurgen
zur Operation entschlossen hätten, sei der Überlegung geschuldet, dass das Blutungsrisiko nach einer einmal eingetretenen
Blutung ansteige. Nachdem sich die Gefäßfehlbildung im Hirnstamm befunden habe, hätte eine erneute Blutung zu massiven Schädigungen
bis hin zum Tode führen können. Im Gefolge der Operation seien erhebliche zusätzliche Beeinträchtigungen aufgetreten, über
deren Prognose derzeit nichts ausgesagt werden könne. Es sei jedoch zu erwarten, dass - zumindest vorübergehend - gesundheitliche
Beeinträchtigungen von erwerbsmindernder Bedeutung vorlägen.
Aus den sodann von der Beklagten beigezogenen polizeilichen Ermittlungsakten geht hervor, dass es sich um einen Auffahrunfall
im Sinne eines Kleinstunfalls gehandelt habe. Ferner holte die Beklagte das Vorerkrankungsverzeichnis der für die Klägerin
zuständigen Krankenkasse ein. Die Klägerin hat in einem sodann aktenkundig gewordenen Formular über ergänzende Angaben bei
Verkehrsunfällen mitgeteilt, keinen Punkt mehr fixieren und nicht mehr nach unten schauen zu können.
Daraufhin ließ die Beklagte die Klägerin untersuchen und begutachten. Der Neurologe Prof. Dr. K. führte in seinem Gutachten
vom 23.03.2011 aus, Cavernome seien in der Allgemeinbevölkerung mit einer Häufigkeit von 1 Erkrankung pro 200 Einwohner vorhanden.
Auch wenn die Entstehungsgeschichte nicht genau bekannt sei, spielten Traumata in der Genese nach bisherigem Wissen keine
Rolle. Insbesondere wiesen, wie bei der Klägerin, die assoziierte venöse Gefäßanomalie und die Architektur der Cavernome im
Sinne sinusoidaler Konglomeraten aus abnorm dünn aufgebauten Kapillaren auf eine Anlagestörung hin, die keinerlei Beziehung
zu vorangegangenen Traumata erkennen lasse. Die abnorm dünnwandigen löchrigen Kapillaren führten dazu, dass spontan immer
wieder Blut und Blutbestandteile austräten, so dass der Gefäßkern aus sinusoidalen Kapillaren schließlich von einem zystischen
Hohlraum mit Hämosiderin beladenem Rand umgeben sei. Auf Grund fortgesetzter Mikroblutungen werde die Zyste sukzessive größer.
Nur bei einer Minderzahl der Patienten würden diese Blutungen klinisch manifest. Bei der Klägerin sei operativ ein typisches
Cavernom mit umgebendem Hämosiderinsaum gefunden worden, der nach kernspintomographischen Kriterien frischere und ältere Anteile
enthalten habe. Eine frische Blutung sei weder magnetresonanztomographisch noch intraoperativ gefunden worden. Damit erlaube
der kernspintomographische Befund den Schluss, dass die Mikroblutungen der Klägerin zumindest zweizeitig entstanden seien.
Die Begründung für die Operation habe darin gelegen, weitere, eventuell symptomatische Blutungen von der Klägerin abzuwenden.
Der klinische Verlauf gebe keine Hinweise darauf, dass es bei dem Arbeitsunfall zu einer Blutung aus diesem Cavernom gekommen
sei. Die mehrfach dokumentierte Symptomatik beinhalte keinerlei neurologische Störungen, wie sie bei einer symptomatischen
Blutung in den Hirnstamm zu erwarten gewesen wären. Vielmehr hätten sich Beeinträchtigungen von Seiten der Halswirbelsäule
und Nackenmuskulatur gefunden, die nicht zum Bild einer Hirnstammblutung gehörten und mit den Diagnosen einer Halswirbelsäulen-Distorsion
vollständig erfasst seien. Auch im weiteren Verlauf seien keine sicheren neurologischen Störungen aufgetreten. Die am 13.12.2010
erfolgte Vorstellung in der Neurochirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums C. sei vielmehr allein der Tatsache geschuldet
gewesen, dass die aus anderem Anlass erfolgte Kernspintomographie vom gleichen Tage das Vorhandensein eines Cavernoms ergeben
habe. Auch bei der dann in der Klinik in Kenntnis des magnetresonanztomograpischen Befundes erfolgten neurologischen und neurochirurgischen
Untersuchung hätten sich keine neurologischen Defizite gefunden. An subjektiven Beschwerden seien lediglich hochpariätale,
also in Scheitelgegend gelegene, Kopfschmerzen geklagt worden, die mit einem Hirnstammcavernom nicht in Verbindung zu bringen
seien. Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass die Klägerin an einem bisher asymptomatischen Cavernom gelitten habe, das
zumindest zweimal geblutet habe und dessen Erfassung zufällig auf Grund anderer Beschwerden erfolgt sei. Die jetzt noch vorhandenen
postoperativen Gesundheitsstörungen wie Hemiataxie, Schluckstörungen sowie Gehschwierigkeiten seien bei der Operation eines
Hirnstammcavernoms entstanden, das anlässlich persistierender Beschwerden der Halswirbelsäule mittels Magnetresonanztomographie
zufällig erfasst worden sei, ursächlich aber nicht mit dem Arbeitsunfall in Zusammenhang stehe.
Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. L. führte in seinem Gutachten vom 28.04.2011 aus, die leichte Halswirbelsäulendistorsion
sei mit Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall verursacht worden. Die cavernöse Malformation der rechten Medulla oblongata
mit assoziierter venöser Gefäßanomalie sei unter Berücksichtigung des Gutachtens des Prof. Dr. K. unfallunabhängig. Das funktionelle
Halswirbelsäulensyndrom, das ohne Strukturschädigungen einhergehe, heile folgenlos und rasch aus.
Der Augenarzt M. diagnostizierte am 12.05.2011 unfallunabhängig binokulare Doppelbilder (Arztbrief vom 13.05.2011).
Mit Bescheid vom 25.05.2011 stellte die Beklagte das Ereignis vom 12.11.2010 als Arbeitsunfall fest, lehnte die Gewährung
einer Verletztenrente ab und anerkannte eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12.12.2010.
Sie führte zur Begründung aus, der Arbeitsunfall sei seiner Art und Schwere nach lediglich geeignet gewesen, eine leichte
Distorsion der Halswirbelsäule zu verursachen. Nicht als Folgen des Arbeitsunfalls seien eine links betonte Hemiataxie und
Schluckstörungen als Folgen der Operation eines Hirnstammcavernoms anzuerkennen.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Operation und ihre Konsequenzen seien als mittelbare Unfallfolge anzusehen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2011 zurück. Die aktuell bestehenden Gesundheitsschäden
seien bei der Operation eines Hirnstammcavernoms entstanden, das anlässlich persistierender Beschwerden der Halswirbelsäule
mittels Magnetresonanztomographie zufällig erfasst worden sei, ursächlich aber nicht mit dem Arbeitsunfall in Zusammenhang
stehe. Auch sei das Unfallereignis nicht in der Lage gewesen, die Blutung zu verursachen. Die bestehenden Gesundheitsschäden
seien durch das Unfallereignis nicht rechtlich wesentlich verursacht oder verschlimmert worden.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.01.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.
Das SG hat zunächst die die Klägerin behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und diverse ärztliche Unterlagen
beigezogen.
Dr. D. hat in seinen Zeugenauskünften vom 23.05.2012 und 14.08.2012 darauf hingewiesen, es bestehe ein eindeutiger zeitlicher
Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall, den sofort eingetretenen massiven Kopfschmerzen und der magnetresonanztomographischen
Diagnose von teilweise frischen Einblutungen im Hirnstamm. Somit sei aus seiner Sicht der Arbeitsunfall zumindest teilweise
kausal für die Blutung.
Prof. Dr. N., Chefarzt des Zentrums für Neurologie und Frührehabilitation am Klinikum K.-L, hat unter dem 15.06.2012 - noch
ohne Kenntnis des Gutachtens des Prof. Dr. K. - zunächst ausgeführt, der zeitliche Zusammenhang mit vier Wochen davor eingetretenem
Arbeitsunfall mit langsam progredienter Störung der visuellen Fixation lasse darauf schließen, dass ein ursächlicher Zusammenhang
mit dem Trauma bestehe und es hierbei zu einer langsam zunehmenden Einblutung gekommen sei. Nach Vorlage des Gutachtens des
Prof. Dr. K. hat Prof. Dr. N. sodann unter dem 04.07.2012 ausgeführt, auch er könne in der Gesamtschau der jetzt vorliegenden
Informationen keine sicheren Anhaltspunkte für eine frische Einblutung in den Hirnstamm durch den Arbeitsunfall feststellen.
Der postoperative Zustand sei vor allem dem Eingriff geschuldet, der aber bei nachgewiesenen rezidivierenden Blutungen auch
post ante sicher, um weitere Blutungen und größere Schäden im Hirnstamm zu verhindern, als richtig anzusehen sei. Insofern
müsse er seine ursprüngliche Aussage, dass er einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und jetzt vorhandener
Störung gesehen habe, revidieren.
Dr. T., Neurologe am SRH Kurzpfalz-Krankenhaus I., hat in seiner Zeugenauskunft vom 12.07.2012 ausgeführt, könne bestätigt
werden, dass die Klägerin zu irgend einem Zeitpunkt nach dem Arbeitsunfall und vor der Cavernomoperation über Schwierigkeiten
beim Blick nach unten geklagt habe, spräche dies eindeutig dafür, dass sich nach dem Arbeitsunfall und damit wahrscheinlich
auch infolge des Arbeitsunfalls eine Hirnstammfunktionsstörung genau dort entwickelt habe, wo das Cavernom lokalisiert gewesen
sei.
Prof. Dr. O., Direktor der Neurochirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums C., hat sich unter dem 13.08.2012 dem Gutachten
von Prof. Dr. K. angeschlossen. Eine Abweichung ergebe sich nicht. Anhand eigener klinischer Erfahrungen sowie auch auf Grund
der wissenschaftlichen Literatur sei kein Zusammenhang zwischen dem Halswirbelsäulen-Distorsionstrauma im Rahmen des Arbeitsunfalls
und der Cavernomblutung zu sehen. Cavernome der Medulla oblongata bluteten spontan und in der Regel ohne relevante äußere
Faktoren ein. Somit seien diese beiden Erkrankungen als völlig unabhängig voneinander zu betrachten.
Der Neurologe und Psychiater Dr. P. hat unter dem 14.08.2012 ausgeführt, für die Annahme einer frischen Verletzung im Bereich
des Cavernoms spreche der magnetresonanztomographische Befund nach dem Arbeitsunfall und vor der Operation, der im unteren
Teil des Stammhirns frischere und ältere Blutungsbestandteile beschreibe. Dies würde seines Erachtens die Aussagen der Klägerin
bestätigen, dass eine vorbestehende Erkrankung eines Cavernoms durch das Schädigungsereignis der Halswirbelsäulen-Beschleunigungsverletzung
maßgeblich verschlechtert worden sei, mit der Folge einer symptomatischen Hirnblutung und Hirnstammsymptomatik und einer Veranlassung
der Diagnosestellung mit magnetresonanztomographischer Untersuchung und einer anschließenden Operation mit schweren, invalisierenden
neurologischen Residuen.
Aktenkundig geworden sind ferner die für die R+V Allgemeine Versicherung AG erstellten Gutachten des Neurochirurgen Dr. Q.
vom 06.06.2012 und des Prof. Dr. R., Direktor des Instituts für Neuroradiologie des Klinikums der S. Universität S., vom 08.10.2012.
Dr. Q. hat zusammenfassend festgestellt, dass aus neurochirurgischer Sicht eine unfallbedingt herbeigeführte Cavernomblutung,
auch angesichts der wahrscheinlich geringen Gewalteinwirkung, als unwahrscheinlich anzusehen sei. Prof. Dr. R. hat ausgeführt,
bildmorphologisch handele es sich um ein typisches Cavernom in der Medulla oblongata, das zweifelsfrei nicht unfallbedingt
entstanden sei. Bildmorphologisch ergäben sich keine Hinweise auf eine akute oder subakute Einblutung in oder um das vorbestehende
Cavernom. In der Literatur fänden sich zudem keine Berichte, dass ein Trauma ursächlich eine intracavernöse Blutung auslösen
könne. Der charakteristische Hämosiderinsaum sei als Folge länger zurückliegender rezidivierender kleinster Einblutungen zu
werten.
Dr. J. hat in seiner weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.12.2012 ausgeführt, auf Grund der zwischenzeitlich
gewonnenen Erkenntnisse halte er in dem hier zur Diskussion stehenden Fall einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Trauma
und der Cavernom-Blutung für nicht mehr so wahrscheinlich, wie er dies in seiner früheren Stellungnahme zum Ausdruck gebracht
habe. Dennoch erscheine aus den von Dr. T. dargelegten Gründen eine traumabedingte Einblutung möglich. Darüber hinaus schließe
er sich der Auffassung des Dr. T. an, dass die Ausführungen von Prof. Dr. K. und Prof. Dr. N. nicht geeignet seien, eine traumatische
Einblutung in das Cavernom hinreichend sicher auszuschließen. Ferner seien die aktenkundigen Interpretationen der magnetresonanztomographischen
Befunde nicht widerspruchsfrei. Zwar habe nach übereinstimmender Auffassung der Betrachter eine Blutung im Bereich der Gefäßfehlbildung
stattgefunden. Der Zeitpunkt dieser Blutung lasse sich jedoch aus den in den Akten enthaltenen Interpretationen nicht ohne
Weiteres ableiten. Seines Erachtens sei erforderlich, autoritativ neuroradiologisch unter Berücksichtigung der anerkannten
Kriterien zu klären, ob überhaupt ein Zeitfenster existiere, das es erlaube, die Cavernom-Blutung dem Arbeitsunfall zuzuordnen.
Sodann hat das SG erneut Prof. Dr. O. und Dr. E. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört.
Prof. Dr. O. hat unter dem 15.11.2013 ausgeführt, eine akute Hirnstammblutung habe zum Behandlungszeitpunkt nicht vorgelegen
und sei für die Indikationsstellung für die Operation somit auch nicht ausschlaggebend gewesen.
Dr. E. hat unter dem 10.03.2014 ausgeführt, eine akute Blutung, die gegebenenfalls auch noch zu einer Reaktion und einer akuten
Bedrohung der Klägerin geführt habe, sei nicht nachweisbar gewesen.
Mit Urteil vom 08.07.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, es habe sich nicht die notwendige Überzeugung verschaffen können,
dass die bei der Klägerin heute noch vorliegenden und von ihr geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen Folgen
des Arbeitsunfalls seien. Vielmehr sei davon auszugehen, dass ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Operation vom
22.12.2010 zurückzuführen seien. Die Operationsfolgen könnten jedoch nicht dem Arbeitsunfall zugerechnet werden. Die Operation
sei keine Heilbehandlung gewesen. Vielmehr wäre die Operation auch ohne den Arbeitsunfall indiziert, von den behandelnden
Ärzten empfohlen und durchgeführt worden. Dies gelte selbst dann, wenn man zu Gunsten der Klägerin davon ausginge, dass eine
der mehreren bei den magnetresonanztomographischen Untersuchungen im Dezember 2010 festgestellten Blutungen durch den Arbeitsunfall
verursacht worden wäre. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne letzteres im Übrigen nicht festgestellt werden. Gegen einen
kausalen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und einer der Blutungen spreche zum einen der Unfallhergang, da es sich lediglich
um einen leichten Auffahrunfall, der lediglich zu einem Bagatellschaden geführt habe, gehandelt habe. Gegen einen kausalen
Zusammenhang spreche auch die übereinstimmende Einschätzung der Neurologen Prof. Dr. K. und Prof. Dr. N. sowie des Neurochirurgen
Prof. Dr. O., die von spontanen, nicht traumatisch verursachten Einblutungen ausgegangen seien. Etwas anderes ergebe sich
auch nicht aus den Ausführungen von Dr. E ... Nach den vom ihm genannten Zeiträumen, in denen die Blutungen entstanden sein
könnten, wäre zwar ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und einer Blutung möglich, aber nicht wahrscheinlich.
Dies könne aber offenbleiben. Denn die Empfehlung zur Operation und entsprechend auch deren Durchführung sei hiervon unabhängig.
Dies ergebe sich aus den Angaben von Prof. Dr. O ... Er habe ausgeführt, dass die Operation auf Grund der Größe und Lage des
Cavernoms sowie der auf Grund mehrerer älterer Blutungen angenommenen Blutungsneigung indiziert gewesen sei. Selbst wenn man
also eine Blutung als durch den Arbeitsunfall kausal verursacht ansehen würde, könne man sie hinwegdenken, ohne dass die anderen
- unstreitig nicht durch den Arbeitsunfall verursachten - Blutungen und damit die Grundlage der Operationsempfehlung wegfallen
würden. Schließlich sei eine Zurechnung der Operationsfolgen zum Arbeitsunfall auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Veranlassung
der Operation durch die Beklagte möglich. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte die Operation ausdrücklich
oder konkludent veranlasst hätte.
Gegen das ihr am 22.07.2014 zugestellte Urteil des SG hat die Klägerin am 21.08.2014 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat zur Begründung
ausgeführt, sie habe nach dem Arbeitsunfall nicht nur über Kopfschmerzen, sondern am 13.12.2010 in der Neurologischen Unfallaufnahme
des Städtischen Klinikums C. über eine diffuse Beschwerdesymptomatik mit Konzentrations- und Gleichgewichtsstörungen sowie
einer Sehstörung geklagt. Gegenüber Dr. D. habe sie geschildert, dass sie direkt nach dem Arbeitsunfall einen Punkt nicht
mehr habe fixieren können und unter Kopfschmerzen gelitten habe. Deswegen habe Dr. D. auch eine magnetresonanztomographische
Untersuchung veranlasst. Laut Dr. P. habe außerdem für die Annahme einer frischen Verletzung im Bereich des Cavernoms gesprochen,
dass magnetresonanztomographisch im unteren Teil des Stammhirns frischere und ältere Blutungsbestandteile beschrieben worden
seien. Nach der Stellungnahme des Dr. T. sei von einer richtunggebenden Verschlimmerung der Cavernomkrankheit auszugehen.
Außerdem greife das Argument eines fehlenden Nachweises einer frischen Blutung im magnetresonanztomographischen Befund und
bei der Operation deshalb nicht, weil gegebenenfalls eine kleine Blutung als Ursache der Symptomatik anzunehmen wäre und diese
im gegebenen Zeitraum von einigen Wochen sehr wohl soweit abgebaut beziehungsweise umgewandelt worden sein könne, dass sie
nicht mehr als frisch erkennbar gewesen wäre. Außerdem sei weiterhin von der ursprünglichen Stellungnahme des Prof. Dr. N.
zu Gunsten eines Kausalzusammenhangs auszugehen, da seine weitere Stellungnahme erst nach Vorliegen des unzutreffenden Gutachtens
des Prof. Dr. K. ergangen sei. Außerdem sei nach Dr. P. eine vorbestehende Erkrankung eines Cavernoms durch die Halswirbelsäulen-Beschleunigungsverletzung
maßgeblich verschlechtert worden, mit der Folge einer symptomatischen Hirnblutung und Hirnstammsymptomatik. Zudem seien nach
den Angaben des Dr. E. die zentral festgestellten Blutungsanteile circa zwei Wochen alt gewesen, wobei ein Zeitfenster für
die Blutungen von zwei bis zehn Wochen bestehe. Zwar habe Prof. Dr. O. ausgeführt, dass die Operation aufgrund der Größe und
der Lage des Cavernoms und der auf Grund mehrere älterer Blutungen angenommenen Blutungsneigung indiziert gewesen sei. Das
SG habe dabei jedoch verkannt, dass bei Hinwegdenken der Blutung auf Grund des Arbeitsunfalls auch die Operationsempfehlung
weggefallen wäre. Im Übrigen seien die Beeinträchtigungen ihrer Sehfähigkeit auf Grund des Arbeitsunfalls entstanden. Die
Operation sei demnach geeignet gewesen, die Beeinträchtigungen ihrer Sehfähigkeit zu beseitigen.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin und auf deren Kostenrisiko das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. U. vom 07.10.2015
eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, zwar gebe die Klägerin an, dass sie schon seit dem Arbeitsunfall einen Punkt
habe schlecht fixieren können, aber in den entsprechenden Berichten seit dem Arbeitsunfall sei davon nichts festgehalten.
Man müsse deshalb von einer weitgehenden neurologischen Symptomfreiheit von etwa drei bis vier Wochen ausgehen. Die Klägerin
habe also als Primärschaden eine Halswirbelsäulendistorsion Grad II erlitten. Es lasse sich kein Primärschaden erkennen, der
das zentrale Nervensystem hätte betreffen können. Man könne zwar argumentieren, dass es durch das Beschleunigungstrauma der
Halswirbelsäule zu einer wie auch immer gearteten Läsion des Cavernoms gekommen sein könne, die zunächst zu einer Sickerblutung
geführt habe, die vorerst ohne Symptome geblieben, dann aber im Laufe der Zeit so stark geworden sei, dass der symptomfreie
Zustand überschritten worden sei und jetzt erst erste neurologische Störungen aufgetreten seien. Dies sei aber eine Hypothese,
die zunächst sehr eingängig erscheine, aber durch nichts zu belegen sei. Cavernome seien relativ häufig und kämen in etwa
0,5 % der Bevölkerung vor. Sie blieben sehr häufig klinisch stumm, so wie es auch bei der Klägerin bisher der Fall gewesen
sei. Von den Cavernomträgern erlitten nur etwa 30 % eine spontane Blutung. Derartige Halswirbelsäulenverstauchungen, wie sie
die Klägerin erlitten habe, seien sehr häufig. Wenn es nun traumatisch ausgelöste Cavernomblutungen geben würde, müssten diese
öfter vorkommen. Aber man kenne die traumatisch ausgelöste Cavernomblutung nicht. Dies bedeute aber nicht unbedingt, dass
eine solche traumatische Cavernomblutung überhaupt nicht möglich wäre. Es könne nämlich durchaus sein, dass vereinzelte traumatische
Cavernomblutungen als solche gar nicht erkannt würden und somit auch nicht in die medizinische Literatur eingingen. Aber dennoch
gelte, dass sich die alleinige theoretische Möglichkeit einer solchen traumatischen Cavernomblutung für sich allein keinesfalls
anführen lasse, um bei einem Trauma die Wahrscheinlichkeit einer traumatischen Cavernomblutung zu begründen. Umso schwerer
wäre es noch, eine solche Annahme dann zu begründen, wenn - wie vorliegend - eine neurologische Primärschädigung gar nicht
bestanden habe. Es sei rein emotional sehr schwer von der Vorstellung abzukommen, dass zwischen dem Arbeitsunfall und der
später aufgetretenen neurologischen Symptomatik ein Zusammenhang bestehe. Zwar komme es bei etwa 30 % der Träger eines Cavernoms
spontan zu einer Blutung, aber derartige Blutungen seien insgesamt gesehen doch sehr selten. Wenn man aber den Zusammenhang
des Traumas mit einer Cavernomblutung ablehne, müsse man im Gegenzug - wie vorliegend - dieses Beinahe-Zusammentreffen von
Trauma und Blutung als reinen Zufall ansehen. Der Sachverständige ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die ausgeprägte
Hirnstamm- und Kleinhirnsymptomatik in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall stehe.
Auf die von der Klägerin gegen sein Gutachten erhobenen Einwände und gestellten Fragen hat Dr. U. in seiner gutachterlichen
Stellungnahme vom 20.04.2016 ausgeführt, zur Untersuchung eines Halswirbelsäulenverletzten gehöre immer - wenn auch kursorisch
- die neurologische Untersuchung. Lähmungen, Ataxie oder Augenzittern seien Befunde, die auch ein Nicht-Neurologe erheben
müsse. Im Durchgangsarzt-Bericht vom 17.11.2010 seien sensomotorische Defizite ausdrücklich verneint worden. Er hat ferner
ausgeführt, die Angabe der Klägerin, dass die Sehstörung gleich nach dem Arbeitsunfall aufgetreten sei, sei schlecht zu bewerten.
Es sei zum einen in den Anfangsberichten davon nicht die Rede. Zum anderen habe auch Dr. D. dies in seinen Arztberichten nicht
erwähnt. Dieser habe sogar angenommen, dass die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich am 11.12.2010 ende. Erst später habe er
die Arbeitsunfähigkeit noch einmal auf einen späteren Zeitpunkt terminiert. Was ihn beunruhigt habe, seien später nicht die
Sehstörungen gewesen. Diese habe er gar nicht erwähnt und könne man retrograd gar nicht richtig einordnen. Beunruhigt hätten
ihn die Kopfschmerzen. Diese seien aber keineswegs typisch für ein relativ kleines Cavernom mit randständiger Blutung. Es
handele sich um kleine, verschieden alte Blutungen wie es häufig bei Cavernomen der Fall sei und die von den Patienten meist
gar nicht bemerkt würden. Kopfschmerzen in diesem Ausmaß gebe es bei Schädel-Hirn-Traumen und bei Halswirbelsäulen-Schleudertraumen.
Beim Schleudertrauma träten anfänglich sehr häufig unspezifische Beschwerden auf, wie Schwindelgefühl, gefühlte Unsicherheit
und das Gefühl, nicht richtig sehen zu können. Der neurologische Konsiliararzt, den die Klägerin am 13.12.2010 untersucht
habe, habe praktisch keinen pathologischen neurologischen Befund erhoben, obwohl er den magnetresonanztomographischen Befund
gekannt und wahrscheinlich ganz gezielt nach entsprechenden Befunden gesucht habe. Es sei eher wahrscheinlich, dass das Cavernom
eine Zufallsentdeckung gewesen sei, weil die Kernspintomographie wegen der starken Kopfschmerzen erfolgt sei, die aber wiederum
durch das Cavernom nicht erklärt werden könnten. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, man könne das Ausmaß der Vorschädigung
bei der Klägerin nicht bestimmen, da es keine Bildgebung vor dem Arbeitsunfall gebe. An einer Vorschädigung - wenn auch klinisch
stumm - gebe es aber überhaupt keinen Zweifel. 70 % der Cavernomträger blieben von einer Blutung verschont, was bedeute, dass
das Cavernom dann immer stumm geblieben sei. Für Cavernome kenne man keine Ursache. Es gebe auch keine Gründe, die man für
eine Cavernomblutung anschuldigen könne. Selbst schwere Schädel-Hirnverletzungen oder Schleudertraumen der Halswirbelsäule
führten beim Menschen mit einem Cavernom nicht zu einer Cavernomblutung. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, entgegen
Dr. T. werde bei jeder Routineuntersuchung die Blickwendung nach oben geprüft. Aber angenommen, es hätte eine Blickstörung
nach oben vorgelegen, dann bemerkten Patienten diese meist nicht, weil sie durch Rückwendung des Kopfes dies oft kompensieren
könnten. Im Übrigen wäre keines der Symptome der Klägerin durch eine Blickstörung nach oben zu erklären. Die Unsicherheit
zu fixieren, weil das Bild gewissermaßen nicht richtig still halte, entstehe allenfalls durch ein leicht festzustellendes
Augenzittern. Man müsse den Patienten nur in die Augen schauen und dann Blickfolgebewegungen durchführen lassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. Juli 2014 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2011 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2011 abzuändern, die linksbetonte Hemiataxie und die Schluckstörungen als Folgen
des Arbeitsunfalls vom 12. November 2010 festzustellen und über den 12. Dezember 2010 hinaus Behandlungsbedürftigkeit anzuerkennen,
sowie Verletztengeld und nach dem Wegfall der Voraussetzungen für das Verletztengeld Verletztenrente nach einer MdE von mindestens
20 v. H. zu gewähren,
hilfsweise den Sachverständigen Dr. U. zu den Einwendungen und Ergänzungsfragen aus dem Schriftsatz vom 10. Juni 2016 ergänzend
zu hören,
hilfsweise zum Beweis der Tatsache, dass bei ihr bereits spätestens ab 16. November 2010 neurologische Ausfallerscheinungen,
insbesondere Probleme bestanden, die Augen auf einen Punkt zu fixieren, die Vernehmung des Dr. D.,
hilfsweise zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin allein aufgrund der orthopädischen Folgen des Arbeitsunfalls vom 12.
November 2010 über den 12. Dezember 2010 hinaus behandlungsbedürftig und arbeitsunfähig war, die Einholung eines Sachverständigengutachtens
auf orthopädischem Fachgebiet nach §
109 SGG bei Dr. V.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich auf den Inhalt ihrer Bescheide und des Urteils des SG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§
143 und
144 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte sowie nach §
151 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 08.07.2014, mit dem die auf die Feststellung einer linksbetonten Hemiataxie und von Schluckstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls
vom 12.11.2010 und die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente ab dem Tag des Wegfalls des Anspruchs
auf Verletztengeld sowie die dementsprechende Aufhebung des dies ablehnenden Bescheides der Beklagten vom 25.05.2011 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 gerichtete kombinierte Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage im
Sinne des §
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 und §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG (zum Wahlrecht zwischen Verpflichtungs- und Feststellungsklage: Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R - [...] Rn. 17 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - [...]) abgewiesen worden ist.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sind Ansprüche der Klägerin auf Heilbehandlung und Verletztengeld über den 12.12.2010
hinaus. Zwar hat die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 neben der
Ablehnung von Verletztenrente unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit nur bis zum 12.12.2010 anerkannt.
Die Klägerin hat aber beim SG ausweislich ihrer Klageschrift vom 09.01.2012 und der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 08.07.2014 lediglich
beantragt, ihr vom Tag des Wegfalls des Anspruchs auf Verletztengeld an Verletztenrente zu zahlen. Über den 12.12.2010 hinausgehende
Ansprüche auf die Gewährung von Heilbehandlung und Verletztengeld hat sie damit nicht geltend gemacht. Dies kann ihrem auf
die Gewährung von Verletztenrente "vom Tag des Wegfalls des Anspruchs auf Verletztengeld" gerichteten Antrag nicht entnommen
werden. Diese Formulierung des Antrags zielt lediglich darauf, den Beginn der begehrten Verletztenrente entsprechend der Regelung
des §
72 Abs.
1 Nr.
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII), wonach Renten an Versicherte von dem Tag an gezahlt werden, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld
endet, festzulegen.
Das SG hat zu Recht der auf Feststellung weiterer Unfallfolgen gerichteten Klage den Erfolg versagt.
Der Senat hat keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der auf Feststellung einer linksbetonten Hemiataxie und von Schluckstörungen
als Folgen des Arbeitsunfalls vom 12.11.2010 gerichteten Feststellungsklage. Insbesondere hat die Beklagte über diese Frage
mit ihrem mit der Anfechtungsklage angegriffenen Bescheid vom 25.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011
eine ablehnende Entscheidung getroffen und somit ein Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren zur Frage der Feststellung dieser
Unfallfolgen durchgeführt. Zwar hat die Beklagte im Verfügungssatz dieses Bescheides zunächst neben der Feststellung des Ereignisses
vom 12.11.2010 als Arbeitsunfall nur die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt und nur eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit
und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 12.12.2010 anerkannt. Sie hat aber im Begründungsteil nicht nur ausgeführt, dass der
Arbeitsunfall seiner Art und Schwere nach lediglich geeignet gewesen sei, eine leichte Distorsion der Halswirbelsäule zu verursachen,
sondern auch unter einer fett gedruckten Überschrift unmissverständlich dargelegt, dass eine links betonte Hemiataxie und
Schluckstörungen als Folgen der Operation eines Hirnstammcavernoms nicht als Folgen des Arbeitsunfalls anzuerkennen seien.
Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Denn die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, eine linksbetonte Hemiataxie und
Schluckstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 12.11.2010 festzustellen.
Rechtsgrundlage für die Feststellung von Unfallfolgen ist §
102 SGB VII in Verbindung mit §
36a Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV).
Nach §
36a Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB IV können durch Satzung in der Unfallversicherung die erstmalige Entscheidung über Renten, Entscheidungen über Rentenerhöhungen,
Rentenherabsetzungen und Rentenentziehungen wegen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse sowie Entscheidungen über Abfindungen
mit Gesamtvergütungen, Renten als vorläufige Entschädigungen, laufende Beihilfen und Leistungen bei Pflegebedürftigkeit besonderen
Ausschüssen übertragen werden. Nach §
102 SGB VII wird in den Fällen des §
36a Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB IV die Entscheidung über einen Anspruch auf eine Leistung schriftlich erlassen. Damit hat jeder Versicherte das Recht, vom zuständigen
Unfallversicherungsträger gemäß §
102 SGB VII, die Feststellung von Gesundheitserstschäden eines Arbeitsunfalls im Sinne des §
8 Abs.
1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist (BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - [...] Rn. 21 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - [...], und BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - [...] Rn. 15-23).
Nach §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach §
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum
Tod führen. Für die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls ist im Regelfall erforderlich, dass
das Unfallereignis oder der hierauf beruhende Gesundheitserstschaden die geltend gemachte Gesundheitsstörung wesentlich verursacht
hat (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - [...] Rn. 16 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - [...]; BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 9/10 R - [...]; BSG Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - [...]), wobei für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge der Grad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit,
nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit genügt (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - [...] Rn. 17 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - [...]). Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht - hier Feststellung
einer Gesundheitsstörung als Unfallfolge - für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die
materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - [...] Rn. 28 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - [...]; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - [...]).
Die Klägerin hat infolge des im Rahmen ihrer nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII als Kundenbetreuerin versicherten Tätigkeit am 12.11.2010 eingetretenen Auffahrunfalls als Gesundheitserstschaden eine Halswirbelsäulendistorsion
und damit einen Arbeitsunfall erlitten. Dies ist mit dem insoweit bestandskräftigen Bescheid der Beklagten vom 25.05.2011
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 festgestellt.
Die linksbetonte Hemiataxie und die Schluckstörungen sind nicht als Gesundheitserstschaden wesentlich ursächlich auf dieses
Unfallereignis, sondern auf die am 22.12.2010 erfolgte mikrochirurgische Revision eines Cavernoms zurückzuführen. Dies haben
alle mit dem Fall der Klägerin betrauten Ärzte insoweit übereinstimmend und zutreffend beurteilt. Dem schließt sich der Senat
an.
Die linksbetonte Hemiataxie und die Schluckstörungen sind auch nicht aufgrund der besonderen Zurechnungsnorm des §
11 SGB VII dem anerkannten Arbeitsunfall als sogenannte mittelbare Unfallfolge im weiteren Sinn zuzurechnen.
Nach §
11 Abs.
1 Nr.
1 Alt. 1 oder Nr.
3 SGB VII sind Folgen eines Versicherungsfalls auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge der Durchführung einer
Heilbehandlung oder der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung einschließlich
der dazu notwendigen Wege.
Durch diese Vorschrift werden Gesundheitsschäden, die durch die Erfüllung der in ihr umschriebenen Tatbestände wesentlich
verursacht wurden, dem Versicherungsfall auch dann zugerechnet, wenn sie nicht spezifisch durch den Gesundheitserstschaden
des Versicherungsfalls wesentlich verursacht wurden. Diese gesetzliche Zurechnung, die an die Stelle einer fehlenden Zurechnung
kraft Wesentlichkeit tritt, setzt voraus, dass die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes des §
11 SGB VII durch das Unfallereignis notwendig bedingt war (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - [...] Rn. 33).
Die Durchführung einer Heilbehandlung im Sinne des §
11 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII liegt vor, wenn der Träger dem Versicherten einen Anspruch auf eine bestimmte Heilbehandlungsmaßnahme nach den §§
26 ff.
SGB VII (nicht notwendig durch Verwaltungsakt in Schriftform) bewilligt oder ihn durch seine Organe oder Leistungserbringer zur Teilnahme
an einer solchen (diagnostischen oder therapeutischen) Maßnahme aufgefordert hat und der Versicherte an der Maßnahme des Trägers
gemäß den Anordnungen der Ärzte und ihres Hilfspersonals teilnimmt. Auch hier beruht die gesetzliche Zurechnung auf der grundsätzlich
pflichtigen Teilnahme des Versicherten an einer vom Unfallversicherungsträger (oder diesem zurechenbar) bewilligten oder angesetzten
Maßnahme. Insbesondere kommt es rechtlich nicht darauf an, ob die Bewilligung oder Ansetzung der Heilbehandlungsmaßnahme durch
den Träger objektiv rechtmäßig war oder ob objektiv ein Anspruch auf Heilbehandlung bestand (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - [...] Rn. 40).
Die Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls im Sinne des §
11 Abs.
1 Nr.
3 SGB VII umfasst sinngemäß auch die Aufklärung von Unfallfolgen im engeren Sinn. Dieser Zurechnungstatbestand setzt ausdrücklich nicht
voraus, dass überhaupt ein Versicherungsfall objektiv vorliegt. Die Zurechnung erfolgt allein aufgrund der grundsätzlich pflichtigen
Teilnahme des Versicherten an einer vom Träger zur Sachverhaltsaufklärung angeordneten (nicht notwendig ärztlichen) Untersuchung.
Die durch die Teilnahme wesentlich verursachten Gesundheitsschäden werden letztlich dem Versicherungsträger zugerechnet, der
für die Aufklärung des behaupteten Unfallhergangs und zur Entscheidung über das Vorliegen/Nichtvorliegen eines Versicherungsfalls
und von Unfallfolgen verbandszuständig ist. Es kommt also grundsätzlich nur darauf an, ob eine solche Untersuchung gegenüber
dem Versicherten angeordnet wurde und er an ihr teilgenommen sowie wesentlich dadurch Gesundheitsschäden erlitten hat (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - [...] Rn. 39).
Bei den besonderen Zurechnungstatbeständen kommt es nicht notwendig darauf an, dass objektiv, das heißt aus der nachträglichen
Sicht eines optimalen Beobachters, die Voraussetzungen eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne wirklich
vorlagen. Erforderlich ist nur, dass der Träger die Maßnahmen gegenüber dem Versicherten in der Annahme des Vorliegens oder
der Aufklärungsbedürftigkeit des Sachverhalts eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinne veranlasst
hat. In diesem Sinne muss nur das angenommene, behauptete oder gegebene Unfallereignis notwendige Bedingung der Durchführung
der Untersuchungs- oder der Heilbehandlungsmaßnahme gewesen sein (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - [...] Rn. 42). Für die Frage, ob eine derartige Durchführung einer gegenüber dem Versicherten angeordneten Maßnahme vorliegt,
an der er grundsätzlich pflichtig teilnehmen muss, kommt es entscheidend darauf an, ob der Träger (durch seine Organe) oder
seine Leistungserbringer dem Versicherten den Eindruck vermittelt haben, es solle eine solche Maßnahme des Unfallversicherungsträgers
durchgeführt werden, an der er teilnehmen solle. Zwar reicht die bloß irrige Vorstellung des Versicherten, er nehme an einer
solchen Maßnahme teil, nicht aus, einen Zurechnungstatbestand zu erfüllen. Anders liegt es jedoch, wenn der Träger oder seine
Leistungserbringer für den Versicherten den Anschein (beim Erlass von Verwaltungsakten oder bei der Abgabe von Willenserklärungen
auch den Rechtsschein) gesetzt haben, es solle eine solche unfallversicherungsrechtliche Maßnahme durchgeführt werden. Das
ist der Fall, wenn ein an Treu und Glauben orientierter Versicherter an der Stelle des konkret Betroffenen die Erklärungen
und Verhaltensweisen der auf Seiten des Trägers tätig gewordenen Personen als Aufforderung zur Teilnahme an einer vom Unfallversicherungsträger
gewollten Maßnahme verstehen durfte. Es kommt also nicht nur auf die Innenseite des Trägers und seiner Hilfskräfte an, sondern
maßgeblich auch darauf, was wie gegenüber dem Versicherten verlautbart wurde. Denn dieser ist kein bloßes Objekt hoheitlicher
Maßnahmen des Trägers; vielmehr setzt jede Durchführung einer Untersuchungs- oder Heilmaßnahme seine mitwirkende Teilnahme
voraus (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - [...] Rn. 43).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des §
11 Abs.
1 Nr.
1 oder 3
SGB VII vorliegend in Bezug auf die am 22.12.2010 durchgeführte operative Maßnahme mit nachfolgender linksbetonter Hemiataxie und
Schluckstörungen nicht erfüllt. Denn dieser Zustand war weder durch eine Heilbehandlung im Sinne des §
11 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII noch durch eine zur Aufklärung des Sachverhalts angeordnete Untersuchung im Sinne des §
11 Abs.
1 Nr.
3 SGB VII verursacht worden.
Mit der am 22.12.2010 durchgeführten operativen Maßnahme wurde ein nicht-unfallbedingter Gesundheitsschaden behandelt.
Mit dieser operativen Maßnahme wurde das von Dr. E. sowie in der Neurochirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums C. am
13.12.2010 jeweils kernspintomographisch festgestellte Cavernom bei zusätzlich vorliegender assoziierter venöser Gefäßanomalie
behandelt.
Dass dieser Gesundheitsschaden in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stand, ergibt sich zunächst daraus,
dass es sich nach der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. J. vom 05.01.2011 bei dem Cavernom und dem venösen Angiom
um angeborene intrazerebrale Gefäßfehlbildungen handelte. Ferner hat Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 23.03.2011 überzeugend
dargelegt, dass in der Genese der in der Allgemeinbevölkerung mit einer Häufigkeit von 1 Erkrankung pro 200 Einwohner vorhandenen
Cavernome, deren Entstehungsgeschichte nicht genau bekannt ist, Traumata nach bisherigem Wissen keine Rolle spielen. Insbesondere
weisen nach den schlüssigen Darlegungen des Sachverständigen die assoziierte venöse Gefäßanomalie und die Architektur der
Cavernome im Sinne sinusoidaler Konglomeraten aus abnorm dünn aufgebauten Kapillaren auf eine Anlagestörung hin, die keinerlei
Beziehung zu vorangegangenen Traumata erkennen lässt. Die abnorm dünnwandigen löchrigen Kapillaren führen dazu, dass spontan
immer wieder Blut und Blutbestandteile austreten, so dass der Gefäßkern aus sinusoidalen Kapillaren schließlich von einem
zystischen Hohlraum mit Hämosiderin-beladenem Rand umgeben ist. Auf Grund fortgesetzter Mikroblutungen, die im Übrigen nur
bei einer Minderzahl der Patienten klinisch manifest werden, wird die Zyste sukzessive größer. Diese Einschätzung fand zu
Recht in der sachverständigen Zeugenauskunft des Prof. Dr. O. vom 13.08.2012 ihre Bestätigung, indem dieser darauf hingewiesen
hat, dass anhand eigener klinischer Erfahrungen sowie auch auf Grund der wissenschaftlichen Literatur kein Zusammenhang zwischen
dem Halswirbelsäulen-Distorsionstrauma im Rahmen des Arbeitsunfalls und der Cavernomblutung zu sehen ist, vielmehr Cavernome
der Medulla oblongata spontan und in der Regel ohne relevante äußere Faktoren einbluten, so dass diese beiden Erkrankungen
als völlig unabhängig voneinander zu betrachten sind. Aus denselben Erwägungen hat Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 08.10.2012
ausgeführt, dass das Cavernom zweifelsfrei nicht unfallbedingt entstanden ist, da sich in der Literatur keine Berichte finden,
dass ein Trauma ursächlich eine intracavernöse Blutung auslösen kann.
Dass die von Dr. E. und in der Neurochirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums C. kernspintomographisch jeweils festgestellten
Einblutungen in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis standen, ergibt sich zunächst daraus, dass für Dr.
E. eine frische Blutung in diesem Bereich nicht erkennbar war. Auch hat Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 23.03.2011 darauf
hingewiesen, dass zwar bei der Klägerin operativ ein typisches Cavernom mit umgebendem Hämosiderinsaum gefunden wurde, der
nach kernspintomographischen Kriterien frischere und ältere Anteile enthielt. Er hat aber auch dargelegt, dass eine frische
Blutung weder magnetresonanztomographisch noch intraoperativ gefunden wurde, so dass damit der kernspintomographische Befund
den Schluss erlaubt, dass die Miktroblutungen der Klägerin zumindest zweizeitig entstanden sind. Insoweit konnte sich der
Senat auch den Ausführungen des Dr. P. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 20.07.2011 nicht anschließen. Soweit
dieser ausgeführt hat, für die Annahme einer frischen Verletzung im Bereich des Cavernoms spreche der magnetresonanztomographische
Befund nach dem Arbeitsunfall und vor der Operation, der im unteren Teil des Stammhirns frischere und ältere Blutungsbestandteile
beschreibe, so dass eine vorbestehende Erkrankung eines Cavernoms durch das Schädigungsereignis der Halswirbelsäulen-Beschleunigungsverletzung
maßgeblich verschlechtert worden sei, mit der Folge einer symptomatischen Hirnblutung und Hirnstammsymptomatik, verkennt er
dabei, dass damit lediglich von zweizeitigen Einblutungen ausgegangen werden kann, sich aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
feststellen lässt, dass die gegebenenfalls frischere Einblutung gerade infolge des Unfallereignisses eingetreten ist. Ebenso
hat Dr. Q. in seinem Gutachten vom 06.06.2012 aus neurochirurgischer Sicht eine unfallbedingt herbeigeführte Cavernomblutung,
auch angesichts der wahrscheinlich geringen Gewalteinwirkung, als unwahrscheinlich angesehen. Der Senat schließt sich diesen
Erwägungen an und folgt daher auch nicht der Einschätzung des Dr. T. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 12.07.2012,
wonach das Argument eines fehlenden Nachweises einer frischen Blutung in der Magnetresonanztomographie und bei der Operation
deshalb nicht greife, weil gegebenenfalls eine kleine Blutung als Ursache der Symptomatik anzunehmen wäre und diese im gegebenen
Zeitraum von einigen Wochen sehr wohl soweit abgebaut beziehungsweise umgewandelt worden sein könne, dass sie nicht mehr als
frisch erkennbar gewesen sei. Dabei verkennt er, dass sich mit dieser Erwägung lediglich die Möglichkeit, nicht aber die Wahrscheinlichkeit
einer unfallbedingten Einblutung darlegen lässt. Letztlich hat auch Dr. T. die Problematik gesehen, dass die noch über einen
längeren Zeitraum nach Blutungen in der Magnetresonanztomographie und bei der Operation nachweisbaren Residuen keine Differenzierung
zwischen einer Nachblutung vor oder nach dem mehrere Wochen zurückliegenden Arbeitsunfall erlauben. Ferner hat auch Prof.
Dr. R. in seinem Gutachten vom 08.10.2012 dargelegt, dass bildmorphologisch keine Hinweise auf eine akute oder subakute Einblutung
in oder um das vorbestehende Cavernom vorlagen und der charakteristische Hämosiderinsaum als Folge länger zurückliegender
rezidivierender kleinster Einblutungen zu werten ist. Unter Berücksichtigung all dieser Erkenntnisse hat schließlich auch
Dr. J. in seiner zweiten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.12.2012 nur noch ausgeführt, dass eine traumabedingte Einblutung
möglich sei und sich eine traumatische Einblutung in das Cavernom nicht hinreichend sicher ausschließen lässt. Er hat dabei
gesehen, dass sich der Zeitpunkt der festgestellten Blutung aus den in den Akten enthaltenen Interpretationen nicht ohne Weiteres
ableiten lasse. Auch Prof. Dr. O. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 15.11.2013 nochmals schlüssig dargelegt,
dass es sich um mehrere ältere Blutungen in das Cavernom mit einer massiven Kompression des umgebenden Hirnstamms handelte
und anhand der magnetresonanztomographischen Befunde nicht adäquat bestimmbar und auch nicht relevant ist, wie viele Blutungen
in welchem exakten Zeitraum aufgetreten sind. In diesem Zusammenhang hat Dr. E. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft
vom 10.03.2014 zutreffend darauf hingewiesen, dass eine akute Blutung, die gegebenenfalls auch noch zu einer Reaktion und
einer akuten Bedrohung der Klägerin geführt haben könnte, nicht nachweisbar war, was sich aus der Tatsache ergibt, dass um
die Veränderung herum keine ödematöse Reaktion des Hirngewebes vorlag und sich Zeichen ganz frischer Blutbestandteile auf
den vorliegenden Bildern nicht nachweisen lassen.
Vor dem Hintergrund dieser medizinischen Erkenntnisse kommt es nach der Überzeugung des Senats nicht mehr entscheidend darauf
an, wann und wem gegenüber die Klägerin welche Art von Sehstörungen erstmals geschildert hat. Lediglich ergänzend weist der
Senat darauf hin, dass der aktenkundige klinische Verlauf keine Hinweise darauf gibt, dass es bei dem Unfallereignis zu einer
Blutung aus diesem Cavernom gekommen ist. Insoweit hat Prof. Dr. K. in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, dass die mehrfach
dokumentierte Symptomatik keinerlei neurologische Störungen beinhaltet, wie sie bei einer symptomatischen Blutung in den Hirnstamm
zu erwarten gewesen wären. Vielmehr fanden sich nur Beeinträchtigungen von Seiten der Halswirbelsäule und Nackenmuskulatur,
die nicht zum Bild einer Hirnstammblutung gehören. Nach den zutreffenden Angaben des Prof. Dr. K. haben sich auch bei der
dann in Kenntnis des magnetresonanztomograpischen Befundes erfolgten neurologischen und neurochirurgischen Untersuchung keine
neurologischen Defizite gefunden und sind an subjektiven Beschwerden lediglich hochpariätale, also in Scheitelgegend gelegene
Kopfschmerzen geklagt worden, die mit einem Hirnstammcavernom nicht in Verbindung zu bringen sind. Diese Einschätzung hat
auch Prof. Dr. N. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft 04.07.2012 nach Vorlage des Gutachtens des Prof. Dr. K. mit überzeugender
Argumentation bestätigt, indem auch er darauf hingewiesen hat, dass - nachdem in den darin aufgeführten Vorberichten bei mehrfachen
Untersuchungen keine Augenbewegungsstörungen oder Ataxie-Zeichen gefunden und lediglich Kopf- und Nackenschmerzen beschrieben
wurden und erst am 13.12.2010 überhaupt von der subjektiven Störung über Schwierigkeiten beim Fixieren eines Punktes mit den
Augen berichtet wurde - keine sicheren Anhaltspunkte für eine frische Einblutung in den Hirnstamm durch den Arbeitsunfall
festzustellen sind.
Zu einem anderen Ergebnis führen auch nicht die Ausführungen des Dr. T. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 12.07.2012,
in der er ausgeführt hat, dass Störungen der vertikalen Blickwendung bei einer routinemäßigen und sogar bei einer eingehenden
neurologischen Untersuchung dem objektiven Nachweis entgehen könnten, da die Möglichkeit des Seitenvergleichs wie bei horizontalen
Blickstörungen fehle, so dass für die Frage, ob eine vertikale Blickmotorikstörung nach dem Arbeitsunfall und vor der Operation
des Cavernoms anzunehmen sei, die Glaubwürdigkeit der von der Klägerin zu Beginn der Behandlung bei ihm vorgebrachten Anamnese
entscheidend sei und deshalb zu klären sei, ob die Klägerin zu irgend einem Zeitpunkt nach dem Arbeitsunfall und vor der Cavernomoperation
darüber geklagt habe, dass sie Schwierigkeiten beim Blick nach unten gehabt habe. Zum einen sind derartige Klagen weder aktenkundig
noch von der Klägerin im nachfolgenden Gerichtsverfahren geltend gemacht worden. Zum anderen hat hierzu Dr. U. in seiner gutachterlichen
Stellungnahme vom 20.04.2016 zutreffend ausgeführt, dass keines der Symptome der Klägerin durch eine Blickstörung nach oben
zu erklären wäre, da die Unsicherheit, mit den Augen zu fixieren, allenfalls durch ein leicht festzustellendes Augenzittern
entsteht.
Doch selbst wenn das Unfallereignis eine der Einblutungen in das Cavernom wesentlich verursacht hätte, hätte es sich bei der
am 22.12.2010 durchgeführten operativen Maßnahme nicht um eine Heilbehandlungsmaßnahme in Bezug auf eine Unfallfolge gehandelt.
Denn nach den Ausführungen der Neurochirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums C. wurde die Operations-Indikation in Anbetracht
dieses Befundes nicht zur Beseitigung der Einblutungsreste, sondern des unfallunabhängigen Cavernoms und damit des kumulativen
Blutungsrisikos der Klägerin gestellt. Dies hat auch Prof. Dr. K. in seinem Gutachten bestätigt. Auch er hat die Begründung
für die Operation darin gesehen, weitere, eventuell symptomatische Blutungen von der Klägerin abzuwenden. Ebenso hat es Prof.
Dr. N. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 04.07.2012 gesehen, indem auch er dargelegt hat, dass der operative Eingriff
bei nachgewiesenen rezidivierenden Blutungen durchgeführt wurde, um weitere Blutungen und größere Schäden im Hirnstamm zu
verhindern. Dies hat auch Prof. Dr. O. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 15.11.2013 eindrucksvoll dargelegt. Er
hat überzeugend dargelegt, dass eine akute Hirnstammblutung zum Behandlungszeitpunkt nicht vorlag und für die Indikationsstellung
für die Operation somit auch nicht ausschlaggebend war.
Der Senat folgt nach alledem nicht der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. J. vom 05.01.2011, soweit dieser ausführte,
dass die Symptomatik, die zur Aufdeckung der Gefäßbildungen geführt habe, unmittelbar nach dem Arbeitsunfall aufgetreten sei,
zusammen mit dem Nachweis einer - wenn auch kleinen - Blutung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Aussage erlaube, dass
der Arbeitsunfall zumindest eine wesentliche Teilursache für das Zustandekommen dieser Blutung darstelle. Diese Erwägung ist
rechtlich nicht zutreffend. Denn zufällige, lediglich anlässlich eines Unfallereignisses festgestellte Gesundheitsstörungen
sind nicht wesentlich ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen, sondern sind als hiervon unabhängiger Unfallvorschaden
zu werten. Auch greift die Erwägung des Dr. J., eine weitere Stütze für einen Unfallzusammenhangs könne in der Tatsache erblickt
werden, dass die Spontanblutungsrate solcher Fehlbildungen mit unter 1 % pro Jahr sehr gering sei, nicht. Aus dieser statistischen
Tatsache kann nur der Schluss gezogen werden, dass die Spontanblutungsrate sehr niedrig ist, nicht aber, dass Unfallereignisse
Einblutungen hervorrufen können. Es trifft zwar zu, dass die Tatsache, dass man sich zur Operation entschieden hat, der Überlegung
geschuldet gewesen ist, dass das Blutungsrisiko nach einer einmal eingetretenen Blutung ansteigt, zumal - nachdem sich die
Gefäßfehlbildung im Hirnstamm befunden hat - eine erneute Blutung zu massiven Schädigungen bis hin zum Tode führen kann. Diese
Aussage des Dr. J. verhält sich aber gerade nicht zu der Frage, ob diese einmal eingetretene Blutung gerade auf das Unfallereignis
zurückzuführen ist.
Der Senat folgt auch nicht der Einschätzung des Dr. D ... Soweit dieser in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 14.08.2012
den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall, den sofort eingetretenen massiven Kopfschmerzen und der magnetresonanztomographischen
Diagnose von teilweise frischen Einblutungen im Hirnstamm heranzieht, um den Arbeitsunfall zumindest als teilweise kausal
für die Blutung anzusehen, ist er eine wissenschaftlich fundierte Begründung hierfür schuldig geblieben und verkennt dabei,
dass ein bloßer zeitlicher Zusammenhang allenfalls die Möglichkeit, aber noch nicht die Wahrscheinlichkeit eines kausalen
Zusammenhangs zu begründen in der Lage ist. Derselben Fehleinschätzung ist auch Prof. Dr. N. in seiner ersten sachverständigen
Zeugenauskunft vom 15.06.2012 unterlegen, als er noch ausgeführt hat, der zeitliche Zusammenhang mit vier Wochen davor eingetretenem
Arbeitsunfall mit langsam progredienter Störung der visuellen Fixation lasse darauf schließen, dass ein ursächlicher Zusammenhang
mit dem Trauma bestehe und es hierbei zu einer langsam zunehmenden Einblutung gekommen sei.
Dass die linksbetonte Hemiataxie und die Schluckstörungen aus den oben dargelegten Erwägungen nicht wesentlich ursächlich
auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, hat das auf Antrag der Klägerin und auf deren Kostenrisiko im Berufungsverfahren
eingeholte Gutachten des Dr. U. vom 07.10.2015 sowie seine gutachterliche Stellungnahme vom 20.04.2016 bestätigt. Auch er
hat dargelegt, dass man in der medizinischen Wissenschaft die Ursache für Cavernome und für eine Cavernomblutung und damit
auch eine traumatisch ausgelöste Cavernomblutung nicht kennt, sich im Falle der Klägerin ohnehin ein unfallbedingter das zentrale
Nervensystem betreffender Gesundheitserstschaden nicht erkennen lässt, bei den ersten Untersuchungen nach dem Arbeitsunfall
sensomotorische Defizite ausdrücklich verneint wurden und in den Anfangsberichten von einer Sehstörung nicht die Rede war
sowie die geklagten Kopfschmerzen keineswegs typisch für ein relativ kleines Cavernom mit randständiger Blutung sind.
Nach alledem handelte es sich bei der am 22.10.2010 erfolgten operativen Maßnahme nicht um eine Heilbehandlung im Sinne des
§
11 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII.
Es besteht auch kein Anhalt dafür, dass es sich dabei um eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls
im Sinne des §
11 Abs.
1 Nr.
3 SGB VII gehandelt hat.
Auch hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte oder die mit der Maßnahme betrauten Ärzte durch ihr Verhalten
Anlass dazu gegeben haben, dass die Klägerin davon ausgehen durfte, es hätte sich bei der am 22.12.2010 erfolgten operativen
Maßnahme um eine Heilbehandlungs- oder eine Aufklärungsmaßnahme gehandelt.
Nach alledem ist die auf die Feststellung weiterer Unfallfolgen gerichtete Feststellungsklage unbegründet.
Auch der auf die Gewährung einer Verletztenrente gerichteten Leistungsklage war der Erfolg zu versagen.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist §
56 SGB VII.
Nach §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 vom Hundert (v. H.) gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind
nach §
56 Abs.
1 Satz 3
SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit
(MdE) richtet sich nach §
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten
Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Nach §
56 Abs.
3 Satz 1
SGB VII wird bei Verlust der Erwerbsfähigkeit Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Nach §
56 Abs.
3 Satz 2
SGB VII wird bei einer MdE Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad
der MdE entspricht.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht fest, dass die bei der Klägerin verbliebenen Unfallfolgen keine MdE bedingen
und somit die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente hat.
Durch den Arbeitsunfall ist es nach den obigen Darlegungen nur zu einer inzwischen ausgeheilten leichten Distorsion der Halswirbelsäule
gekommen. Diese bedingt nach dem überzeugenden Gutachten des Dr. L. vom 28.04.2011 keine MdE, da sie ohne Strukturschädigungen
einherging und inzwischen folgenlos ausgeheilt ist. Der hilfsweise gestellte Antrag der Klägerin auf zeugenschaftliche Vernehmung
des Dr. Q. zu der Frage, wie sich ihre orthopädischen Beschwerden weiter ausgewirkt hätten und in wie weit insoweit Arbeitsunfähigkeit
über den 23.11.2010 anzunehmen sei, war abzulehnen, da die Beantwortung dieser Frage keine neuen Erkenntnisse zur Frage der
MdE der Klägerin erbringen würde.
Mithin ist der Bescheid der Beklagten vom 25.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2011 rechtmäßig und
verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage musste daher der Erfolg versagt bleiben.
Daher war die auf die Feststellung einer linksbetonten Hemiataxie und von Schluckstörungen als Unfallfolgen und die Gewährung
von Verletztenrente gerichtete Berufung zurückzuweisen.
Die Hilfsanträge der Klägerin sind ebenfalls abzulehnen.
Dem hilfsweise gestellten Antrag der Klägerin, den Sachverständigen Dr. U. zu den Einwendungen und Ergänzungsfragen der Klägerin
ergänzend zu hören, war nicht Folge zu leisten.
Es steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob es den Sachverständigen gemäß §
118 Abs.
1 SGG in Verbindung mit §
411 Abs.
3 Zivilprozessordnung (
ZPO) zu einem Termin zur Erläuterung seines Gutachtens lädt oder nicht. Dieses Ermessen ist nur dann auf Null reduziert, wenn
das Gutachten unklar oder sonst ergänzungsbedürftig ist oder das Gericht ohne eigene medizinische Sachkunde von den medizinischen
Feststellungen und Einschätzungen des Sachverständigen abweichen will. Ferner setzt ein prozessordnungsgerechter Beweisantrag
auf mündliche Erläuterung eines Gutachtens voraus, dass bezeichnet und dargetan wird, welche konkreten Punkte im Rahmen der
erstrebten Anhörung des Sachverständigen geklärt werden sollen. Erforderlich ist, dass der Fragenkomplex objektiv sachdienlich
ist und konkret umschrieben wird, wobei Sachdienlichkeit gegeben ist, wenn die Fragen sich im Rahmen des Beweisthemas halten
und nicht abwegig oder bereits beantwortet sind, aber nicht schon deshalb gegeben ist, weil der Beteiligte und der Sachverständige
in ihrer Beurteilung nicht übereinstimmen (zum Ganzen Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage, §
118, Rn. 12c bis 12f).
Die Klägerin begehrt eine Anhörung des Sachverständigen Dr. U. zu den in ihrem Schriftsatz vom 10.06.2016 aufgeworfenen Fragen,
ob die Operations-Empfehlung ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist, ob es Indizien dafür gibt, dass unmittelbar
nach dem Arbeitsunfall Symptome aufgetreten sind, die mit Cavernombildungen in Einklang zu bringen sind, und ob solche Cavernombildungen
völlig symptomfrei verlaufen und von den Patienten niemals bemerkt werden.
Nach Ansicht des Senats hat Dr. U. in seinem Gutachten samt gutachterlicher Stellungnahme ausgeführt, dass das Risiko einer
Cavernomblutung groß ist und deshalb die Operation stattfand, um eine Blutung für die Zukunft zu bannen. Daraus lässt sich
unschwer ableiten, dass die Operations-Empfehlung nach Dr. U. nicht auf den Arbeitsunfall sondern auf die Verhinderung einer
Cavernomblutung zurückzuführen ist, so dass die Frage, ob die Operations-Empfehlung ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen
ist, von ihm bereits beantwortet ist. Diese Frage ist ihm daher nicht erneut zu stellen. Ferner hat Dr. U. ausgeführt, dass
man von einer weitgehend neurologischen Symptomfreiheit von etwa drei bis vier Wochen ausgehen muss, da in den Berichten bis
zum 13.02.2011 nicht festgehalten ist, dass die Klägerin schon seit dem Unfall einen Punkt habe schlecht fixieren können und
dass der Primärschaden in Form einer Halswirbelsäulen-Distorsion Grad II keinen das Zentralnervensystem betreffenden Primärschaden
darstellt. Er hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass am 16.11.2010 keine neurologische Störung dokumentiert wurde
und die festgestellten Befunde in Form von Übelkeit und Schwindel für Schleudertraumen typisch sind, am 17.11.2010 keine sensomotorischen
Defizite befundet wurden, auch Dr. D. keinen pathologischen neurologischen Befund erhob und am 13.12.2010 keine motorische
oder sensible Einschränkung beschrieben wurde. Damit hat er die Frage, ob es Indizien dafür gibt, dass unmittelbar nach dem
Arbeitsunfall Symptome aufgetreten sind, die mit Cavernombildungen in Einklang zu bringen sind, verneint. Im Übrigen kommt
es für die Kausalitätsbeurteilung durch Dr. U. auch gar nicht darauf an, ob solche Indizien vorlagen oder nicht, da nach den
Ausführungen des Dr. U. die Ursachen für Cavernombildungen sowie für Cavernomblutungen bei Cavernomträgern unbekannt sind,
so dass sich selbst bei Vorliegen von neurologischen Symptomen eines Cavernoms eine Ursächlichkeit zwischen dem Arbeitsunfall
und dem Cavernom oder einer Cavernomblutung nicht herstellen ließe. Ihm diese Frage dennoch zu stellen, wäre daher nicht sachdienlich.
Des Weiteren hat Dr. U. ausgeführt, dass Cavernome sehr häufig klinisch stumm bleiben, Cavernome meist vom Patienten nicht
bemerkt werden, Kopfschmerzen für Cavernome nicht typisch sind, man für Cavernome keine Ursache kennt, man die traumatisch
ausgelöste Cavernomblutung nicht kennt, es also keine Gründe gibt, die für eine Cavernomblutung angeschuldigt werden können.
Da also aus Sicht des Sachverständigen die Ursachen von Cavernomen und Cavernomblutungen bei Cavernomträgern unbekannt sind,
hat dieser den aus seiner Sicht logischen Schluss gezogen, dass es im Falle der Klägerin an einer Vorschädigung keinen Zweifel
gibt. Mithin kommt es aus Sicht des Sachverständigen für die Kausalitätsbewertung nicht darauf an, ob Cavernomblutungen völlig
symptomfrei verlaufen oder nicht beziehungsweise ob sie von den Patienten bemerkt werden oder nicht. Ihm diese Frage dennoch
zu stellen, wäre daher ebenfalls nicht sachdienlich.
Auch der hilfsweise gestellte Antrag, Dr. D. als sachverständigen Zeugen dazu zu hören, ob die Klägerin bereits ab 16.11.2010
neurologische Ausfallerscheinungen, insbesondere Probleme bestanden, die Augen auf einen Punkt zu fixieren, ist abzulehnen.
Denn vor dem Hintergrund der oben dargelegten medizinischen Erkenntnisse - nämlich, dass es sich bei dem Cavernom und dem
venösen Angiom um angeborene intrazerebrale Gefäßfehlbildungen handelt und im Bereich des Cavernoms eine frische Blutung weder
magnetresonanztomographisch noch intraoperativ hat gefunden werden können - und im Hinblick darauf, dass die Operations-Empfehlung
nicht auf den Arbeitsunfall sondern auf die Verhinderung einer Cavernomblutung zurückzuführen ist, kommt es nach der Überzeugung
des Senats nicht entscheidend darauf an, wann und wem gegenüber die Klägerin welche Art von Sehstörungen erstmals geschildert
hat beziehungsweise wann zum ersten Mal Sehstörungen vorlagen. Denn selbst wenn die Klägerin beispielsweise gegenüber Dr.
D. oder seiner Mitarbeiterin S. über Sehstörungen berichtet haben sollte, ginge der Senat davon aus, dass es sich dabei dann
um einen rein zeitlichen und damit zufälligen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Auftreten von Sehstörungen handeln
würde.
Ferner folgt der Senat nicht dem hilfsweise gestellten Antrag, bei Dr. V. nach §
109 SGG ein Gutachten zu dem Beweis der Tatsache einzuholen, dass die Klägerin allein aufgrund der orthopädischen Folgen des Arbeitsunfalls
über den 12.12.2010 hinaus behandlungsbedürftig und arbeitsunfähig gewesen ist. Denn die Frage, in wie weit und wie lange
sich die orthopädischen Beschwerden der Klägerin ausgewirkt haben, tangiert allein die hier nicht streitgegenständliche Frage,
ob die Klägerin wegen dieser Beschwerden Anspruch auf Heilbehandlung und Verletztengeld über den 12.12.2010 hinaus hat, aber
nicht die allein hier streitigen Fragen, ob eine linksbetonte Hemiataxie und Schluckstörungen als Unfallfolgen festzustellen
sind und eine Verletztenrente zu gewähren ist. Hinzu kommt, dass der Senat bereits bei Dr. U. ein Gutachten auf Antrag und
Kostenrisiko der Klägerin nach §
109 SGG eingeholt hat und vor dem Hintergrund der obigen Darlegungen besondere Umstände, aufgrund derer ein weiteres Gutachten einzuholen
wäre (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage, §
109, Rn. 10b), nicht gegeben sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.