Anspruch auf Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen
eines Vertrages zur integrierten Versorgung; Verfassungs- und Europarechtskonformität des Ausschlusses
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten für die Beschaffung des Arzneimittels "Phlogenzym" zu erstatten und
ob sie die Klägerin künftig mit diesem Mittel zu versorgen hat.
Die 1969 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie leidet an einer HLA B27-negativen Spondylarthritis
mit blander peripherer Gelenkbeteiligung, an radiologisch manifester Sakroiliitis beidseits, einem lokalen LWS-Syndrom bei
Fehlstatik und Spondylarthrosen sowie an multiplen Insertionstendinosen. Der sie jetzt behandelnde Allgemeinarzt Z. hat zudem
ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert (Attest vom 29. April 2010). An Vorerkrankungen liegt bei ihr ein Zustand nach operiertem
Mammakarzinom (2001) und ein Zustand nach Strumaresektion vor. Im Jahr 2008 wurde ein Papillom in der Speiseröhre entdeckt
(Bericht des Internisten, Rheumatologen und Homöopathen Dr. M. vom 17. April 2008; Bericht des Internisten und Gastroenterologen
Dr. R. vom 11. Juli 2008). Wegen der Spondylarthritis erhielt die Klägerin ab dem Jahr 2007 u.a. das Arzneimittel Sulfasalazin
Hexal 500 mg in der Dosierung 2-0-2, das mit Cortison eingestellt war.
Am 19. und 26. September 2008 unterschrieb die Klägerin eine "Teilnahme- und Einverständniserklärung für Patienten (...) zu
den Verträgen zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) über die Versorgung mit Anthroposophischer Medizin (...)" (Anlage 3 des "Vertrag[es] zur Durchführung integrierter Versorgung
nach §§ 140a ff.
SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. [GÄAD] [...], dem Berufsverband
Heileurythmie e.V. [BVHE] [...], dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. [BVAKT] [...] und dem Berufsverband
Rhythmische Massage e.V. [BVRM] [...] sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen". Behandelnder Arzt im Rahmen dieser
Versorgung ist Arzt Z..
Mit Schreiben vom 05. November 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Kosten für die Versorgung mit dem nicht
verschreibungspflichtigen Medikament Phlogenzym zu übernehmen. Sie sei chronisch krank und habe schlimmes Rheuma und Arthrose.
Seit über einem Jahr nehme sie dazu das Arzneimittel Sulfasalazin ein, infolgedessen sie starke Magenschmerzen und Darmprobleme
mit Durchfall und Blähungen habe. Arzt Z. habe die Menge von Sulfasalazin halbiert und insoweit durch das Medikament Phlogenzym
ersetzt. Seitdem gehe es ihr viel besser. Zudem mache die Teilnahme an der integrierten Versorgung keinen Sinn, wenn die Kosten
für die entsprechenden Medikamente nicht übernommen würden. Eine ärztliche Verordnung für dieses Arzneimittel legte die Klägerin
zu keiner Zeit vor.
Mit Bescheid vom 19. November 2008 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Phlogenzym sei ein apothekenpflichtiges, jedoch
kein verordnungsfähiges Medikament. Einer der drei Ausnahmefälle, in denen Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente
übernommen würden, liege nicht vor.
Die Klägerin legte hiergegen am 26. November 2008 Widerspruch ein, mit welchem sie vortrug, ihr Körper werde seit über einem
Jahrzehnt durchgehend durch Entzündungen der verschiedensten Art geplagt. Sie habe chronische Sinusitis, chronische Bronchitis,
Entzündungen im unteren Rückenbereich, rheumatoide Arthritis u.a. Ihr Körper sei stark angegriffen. Die ständigen Entzündungen
schwächten den Körper, der dadurch anfälliger sei für Tumore bzw. Krebs. Sie müssten daher dringend zum Stillstand gebracht
werden. Seit etwa anderthalb Jahren seien ihr Cortison und Sulfasalazin verordnet worden. Das Medikament Sulfasalazin habe
sie jedoch nicht vertragen. Sie habe zusätzlich starke Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, kolikartige Blähungen und zum Schluss
auch starke Magenschmerzen gehabt. Infolge der angegriffenen Magenschleimhaut sei es zu einem ständigen Rückfluss von Magensäure
und aufgrund dessen zu einem gutartigen Tumor im unteren Teil der Speiseröhre gekommen. Sie benötige daher dringend ein entzündungshemmendes
Mittel, das magenverträglich sei, also weniger Nebenwirkungen habe. Deshalb habe sie dankbar den Informationsbrief der Beklagten
über die Möglichkeit der Übernahme anthroposophischer Leistungen zur Kenntnis genommen. Seither sei sie bei Arzt Z. in medizinischer
Behandlung. Dieser Arzt sei ihr von der Beklagten ausdrücklich empfohlen worden. Er setze das Medikament Sulfasalazin durch
langsames Ausschleichen ab und ersetze es durch die Gabe von Phlogenzym, durch die Stärkung des Immunsystems bei Gabe von
Mistelspritzen und zudem durch eine anthroposophische Maltherapie. Seitdem gehe es ihr merklich besser. Es könne nicht richtig
sein, dass die Beklagte ihr einen Arzt empfehle und dann dessen medizinische Anordnungen in Frage stelle.
Die Beklagte holte daraufhin das sozialmedizinische Gutachten des Dr. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
vom 15. Dezember 2008 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass Phlogenzym nicht Bestandteil der aktuellen Ausnahmeliste gemäß
Abschnitt F. 16.1 ff. der - in der damals noch geltenden Fassung - Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über
die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AMR -) sei, wonach eine Verordnung
ausnahmsweise zulässig sei, wenn das Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelte,
weil der therapeutische Nutzen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Diese Liste sei
abschließend. Zwar sei gemäß Abschnitt F. 16.5 AMR eine Verordnung von Arzneimitteln der Anthroposophie und Homöopathie grundsätzlich
nicht ausgeschlossen. Auch hier sei jedoch Grundvoraussetzung, dass es sich bei schwerwiegender Erkrankung um ein in Abschnitt
F AMR aufgeführtes Indikationsgebiet handele. Damit sei auch unter Anwendung von Abschnitt F 16.5 AMR eine Begründung für
eine Verordnung zu Lasten der GKV nicht gegeben. Bei Vorliegen einer Ausnahmeindikation habe die Verordnung unter Beachtung
von medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit durch den behandelnden Arzt auf Kassenrezept zu erfolgen. Eine Genehmigung
durch die gesetzliche Krankenversicherung sei unzulässig.
Die Beklagte erließ daraufhin den weiteren ablehnenden Bescheid vom 22. Dezember 2008. Darin führte sie ergänzend aus, zwar
sei gemäß der AMR eine Verordnung von Arzneimitteln der Anthroposophie und Homöopathie grundsätzlich nicht ausgeschlossen.
Aber auch hier sei Grundvoraussetzung, dass es sich bei schwerwiegender Erkrankung um ein aufgeführtes Indikationsgebiet handele,
neben der Voraussetzung des Therapiestandards in der jeweiligen Therapierichtung.
Hierauf teilte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Dezember 2009 mit, sie bleibe bei ihrer Widerspruchseinlegung. Es treffe
nicht zu, dass Phlogenzym angeblich nicht als Therapiestandard bei Arthritis gelte. Genau dagegen helfe das Medikament. Im
Übrigen sei das Medikament Phlogenzym schon einmal auf der Liste verordnungsfähiger Arzneimittel gewesen. Die Beklagte holte
ein ergänzendes Gutachten bei Dr. L. ein (Gutachten vom 10. Februar 2009), der erneut dazu gelangte, dass eine Verordnung
von Phlogenzym zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in Betracht komme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Anspruch
auf Versorgung mit Arzneimitteln bestehe nur für solche Arzneimittel, die sich bei der vorhandenen Krankheit als zweckmäßig
und wirtschaftlich erwiesen hätten und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
entspreche. Diese Anforderungen würden nur von solchen Arzneimitteln erfüllt, die nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts
für entsprechende Indikationen zugelassen seien. Nur unter bestimmten, vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Voraussetzungen
unterfalle auch der Off-Label-Use von Arzneimitteln der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sei nur
der Fall, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig
beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, keine andere Therapie verfügbar sei und aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht
bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Im Falle
der Klägerin fehle es bereits an der ersten Voraussetzung. Sie sei damit auf die - wenn auch mit Nebenwirkungen behafteten
- kassenzugelassenen Präparate zu verweisen. Aus der Teilnahme an einem integrierten Versorgungsvertrag der anthroposophischen
Medizin lasse sich kein vollumfänglicher Behandlungsanspruch in dieser Richtung herleiten.
Die Klägerin erhob am 22. April 2009 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) und begehrte die Versorgung mit dem Medikament Phlogenzym abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung. Sie verwies auf ihr bisheriges
Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, bei ihr handele es sich sehr wohl um einen Ausnahmefall, weshalb
die Beklagte verpflichtet sei, die Kosten für Phlogenzym zu übernehmen und für die Vergangenheit zu erstatten. Wegen der Unverträglichkeit
von Sulfasalazin und unter Berücksichtigung ihrer Krebsvorgeschichte dürfe sie nicht auf die zur vertragsärztlichen Versorgung
zugelassenen Präparate verwiesen werden. Eine Behandlung mit Phlogenzym sei sowohl zweckmäßig als auch wirtschaftlich. Denn
dadurch würden ihre Schmerzen gelindert, und eine Medikation mit Phlogenzym sei mit Sicherheit billiger als eine Krebsbehandlung,
welche unweigerliche Folge einer Fortsetzung der Standardtherapie wäre. Anstelle des Medikaments Phlogenzym komme auch eine
Medikation mit Wobenzym in Betracht. Die Klägerin legte Unterlagen des herstellenden Pharmakonzerns zu Wirksamkeit, Anwendungsgebiet
und Zulassung, ihre Teilnahme- und Einverständniserklärung für Patienten vom 19. September 2008 und zwei Arztbriefe (denjenigen
des Dr. R. vom 11. Juli 2008 sowie denjenigen des Dr. M. vom 17. April 2008) vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 10. März 2010 wies das SG die Klage der Klägerin ab. Sowohl der Anspruch auf Kostenerstattung für die Vergangenheit als auch derjenige auf Versorgung
oder Kostenfreistellung für die Zukunft reichten nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Die von der
Klägerin begehrte und bereits beschaffte Versorgung mit Phlogenzym setze folglich voraus, dass dieses Medikament zu den Leistungen
gehöre, welche die gesetzlichen Krankenkassen allgemein nur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Einen Naturalleistungsanspruch
auf Versorgung mit Phlogenzym abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung habe die Klägerin jedoch nicht, weil dieses Mittel nicht
zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Nach §
34 Abs.
1 Satz 1
SGB V seien nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel aus der Versorgung nach §
31 SGB V ausgeschlossen. Der GBA lege in den Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V (AMR) fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als
Therapiestandard gälten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden
könnten (§
34 Abs.
1 Satz 2
SGB V). Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Verordnung des Arzneimittels Phlogenzym zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
seien nicht erfüllt. Phlogenzym sei nach den AMR für die Behandlung von rheumatischen Erkrankungen als Ausnahmefall nicht
vorgesehen (unter Verweis auf Abschnitt F 16.4 bis 16.4.47 AMR). Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger
Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Dies habe
das BSG bereits entschieden. Auch eine verfassungskonforme Auslegung im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) komme nicht in Betracht, weil diese voraussetze, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine
zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliege. Daran fehle es im Falle der Klägerin ersichtlich. Schließlich
vermöge auch der Hinweis der Klägerin auf eine zukünftige Kostenersparnis der Beklagten für den Fall der Übernahme der Kosten
von Phlogenzym der Klage nicht zu einem Erfolg zu verhelfen, selbst wenn unterstellt werde, dass das Mittel den Gesundheitszustand
der Klägerin dauerhaft positiv beeinflusse. Den Gesichtspunkt des vermeintlichen Ersparens von Aufwendungen anderer Art habe
das BSG in ständiger Rechtsprechung nicht als anspruchsbegründend angesehen.
Gegen diesen ihr am 19. März 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 01. April 2010 beim SG Berufung eingelegt. Sie hat im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt. Zusätzlich hat sie vorgetragen,
dass die Entscheidung der Beklagten auch deshalb nicht nachvollzogen werden könne, weil diese sie (die Klägerin) ausdrücklich
auf die - zudem auch kostengünstigere - Behandlung mit anthroposophischer Medizin hingewiesen habe. Zudem liege auch ein Ausnahmetatbestand
vor, da zum einen die Erkrankungen schwerwiegender Art seien und bei Behandlung mit der Schulmedizin auch schwerwiegende Erkrankungen
wie Krebs bei ihr ausgelöst werden könnten. Aufgrund der Krebsgefahr durch die Behandlung mit Sulfasalazin in Verbindung mit
Cortison müsse zwingend vom Ausnahmetatbestand gesprochen werden. Die Klägerin hat erneut angegeben, dass sie hilfsweise auch
die Behandlung mit dem Arzneimittel Wobenzym beantrage, das mit dem Medikament Phlogenzym vergleichbar, denn ebenfalls pflanzlich
sei, jedoch gleichfalls nicht von der Beklagten übernommen werde. Sie hat das Attest des Arztes Z. vom 29. April 2010 vorgelegt.
Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat sie die Kosten für das bereits in der Vergangenheit von ihr selbst beschaffte Medikament
Phlogenzym mit insgesamt € 191,72 beziffert. Sie hat zur Begründung dessen eine Quittung vom 17. November 2008 über einen
Betrag von € 35,75 und die Rechnung vom 16. Dezember 2008 in Höhe von € 155,97 vorgelegt. An ihrem Begehren, auch Kosten für
das Medikament Wobenzym zu erstatten - insoweit erstmals im Berufungsverfahren vorgebracht - und sie damit zu versorgen, hat
sie nicht festgehalten.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. März 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 19. November 2008 und
22. Dezember 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2009, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
der Klägerin bislang entstandene Kosten für die Behandlung mit Phlogenzym in Höhe von € 191,72 zu erstatten und sie künftig
mit Phlogenzym zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid. Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat sie ergänzend vorgetragen,
dass der Anspruch der Klägerin sich auch nicht aufgrund einer Teilnahme an der integrierten Versorgung ergebe. Nach §
140b Abs.
3 Satz 4
SGB V dürften bei Verträgen zu integrierten Versorgungsformen Gegenstand des Versorgungsauftrags nur solche Leistungen sein, über
deren Eignung als Leistungen der Krankenversicherung der GBA keine ablehnende Entscheidung getroffen habe. Gemäß §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V beschließe der GBA in Richtlinien u.a. über die Versorgung mit Arzneimitteln. In dieser AMR werde auch festgelegt, welche
nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen ausnahmsweise verordnet werden
könnten. Da der GBA die ärztliche Verordnung von Phlogenzym bzw. Wobenzym nicht in die Ausnahmeliste mit aufgenommen habe,
könne die ausnahmsweise Verordnung auch nicht Gegenstand des Homöopathievertrages im Rahmen der integrierten Versorgung sein.
Die Beklagte hat den "Vertrag zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff.
SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) (...), dem Berufsverband
Heileurythmie e.V. (BVHE) (...), dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) (...) und dem Berufsverband
Rhythmische Massage e.V. (BVRM) (...) sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen" vorgelegt, der weder ein Datum noch
die vorgesehenen Unterschriften der vier privatrechtlich organisierten Vereinigungen trägt. Zudem hat sie "Anlage 5 Behandlungskomplex
Anthroposophische Medizin" zu diesem Vertragstext vorgelegt. Auf den Inhalt dieses Textes (Bl. 52 bis 65 der Senatsakte) und
der Anlage 5 (Bl. 69 der Senatsakte) nimmt der Senat ausdrücklich Bezug.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere auch statthaft, obwohl der
Erstattungsantrag hinsichtlich des Medikaments Phlogenzym, auf das die Klägerin ihr Begehren beschränkt hat, nur noch auf
€ 191,72 lautet. Die Klägerin ist mit ihrer Berufung insoweit nicht nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ausgeschlossen, weil ihr Antrag zugleich auch auf Versorgung in die Zukunft gerichtet ist und derzeit davon auszugehen ist,
dass die entstehenden Kosten € 750,00 übersteigen werden und zudem die laufende Versorgung mit Phlogenzym den Zeitraum eines
Jahres überschreiten wird (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG).
2. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten vom 19. November 2008 und 22. Dezember
2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2009, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht
in ihren Rechten. Zwar konnte sich die Klägerin gegen beide Bescheide mit ihrer Klage zulässig wenden. Der Senat lässt dabei
dahingestellt, ob der zweite Bescheid nicht lediglich als wiederholende Verfügung zu werten ist, denn aufgrund der förmlichen
Abfassung als Bescheid hat die Klägerin insoweit jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis auf dessen Beseitigung. In der Sache
hat das SG jedoch die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf die Erstattung der bereits entstandenen
Kosten für die Versorgung mit dem Arzneimittel Phlogenzym zu (dazu a). Noch kann sie für die Zukunft die Versorgung mit Phlogenzym
verlangen (dazu b).
a) Da die Klägerin nicht nach §
13 Abs.
2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung
der Kosten für die bereits erfolgte Selbstbeschaffung von Phlogenzym in Höhe von € 191,72 nur §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V in Betracht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistungen nicht rechtzeitig erbringen (Alternative 1) oder hat
sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden
(Alternative 2), sind nach §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Regelung setzt
voraus, dass die Beklagte der Klägerin die Versorgung mit Phlogenzym als Sach- oder Dienstleistung schuldete und sie nicht,
nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfüllt bzw. rechtzeitig zu erfüllen abgelehnt hat. Nach ständiger Rechtsprechung
reicht der Anspruch nach §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V jedoch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher
im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur
als Sach- oder Dienstleistung (§
2 Abs.
2 Satz 1
SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3-2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr.
10 m.w.N.). Der Anspruch nach §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V kann daher die Grenzen des Leistungssystems nicht erweitern, sondern setzt einen Leistungsanspruch voraus. Dies hat das BSG
unabhängig davon entschieden, auf welche Grundlage ein Sachleistungsanspruch gestützt wurde.
Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Versorgung mit Phlogenzym bestand jedoch zum Zeitpunkt seiner Anschaffung (ausweislich
der vorgelegten Quittungen am 17. November 2008 sowie am 16. Dezember 2008) nicht. Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob
sich vorliegend ein Anspruch nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften des
SGB V oder auf der Grundlage eines Integrationsvertrags nach §§ 140a ff.
SGB V ergibt. Denn weder nach der einen noch der anderen Versorgungsform, also weder - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - nach den einschlägigen Vorschriften des
SGB V (dazu aa) noch abweichend davon auf der Grundlage eines Vertrages der integrierten Versorgung nach den Maßstäben der §§
140 a ff.
SGB V (dazu bb), kam ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym im insoweit maßgeblichen Zeitraum in Betracht.
aa) Nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V in der hier maßgeblichen, seither unveränderten Fassung des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach §
27 Abs.
1 Satz 1 Satz 2 Nr.
3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen. Abweichendes sehen weder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs
(
SGB IX) noch das
SGB V vor.
Gemäß §
31 Abs.
1 Satz 1
SGB V in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003
(BGBl. I, 2190) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel
nicht nach §
34 SGB V oder durch Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach §
34 Abs.
1 Satz 1
SGB V in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung des GMG sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach
§
31 SGB V ausgeschlossen. Der GBA legt in den Richtlinien nach §
92 Abs.
1 Satz 2 Nr.
6 SGB V fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard
gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§
34 Abs.
1 Satz 2
SGB V). Diese Regelung gilt nicht für versicherte Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres und versicherte Jugendliche
bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen (§
34 Abs.
1 Satz 5
SGB V). Der seit 01. Januar 2004 geltende Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenversicherung verstößt weder gegen das
Grundgesetz (
GG), insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art.
3 Abs.
1 GG oder gegen die Rechte aus Art.
2 Abs.
1 oder Abs.
2 GG, jeweils i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Art.
20 Abs.
1 GG), noch gegen Europarecht (BSG, Urteil vom 06. November 2008, B 1 KR 6/08 R, SozR 4-2500 § 34 Nr. 4; Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil anhängig 1 BvR 69/09). In jedem Falle kommt eine Arzneimittelversorgung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung aber nur dann in Betracht,
wenn eine vertragsärztliche Verordnung (deren Erfordernis sich im Übrigen auch aus §
73 Abs.
2 Nr.
7 SGB V ergibt) vorliegt (st.Rspr. des BSG, vgl. ausführlich Urteil vom 17. Dezember 2009, B 3 KR 13/08 R, SozR 4-2500 § 129 Nr. 5).
Ausgehend davon ergab sich ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit dem Arzneimittel Phlogenzym Ende 2008 unter zweierlei
Gesichtspunkten nicht. Zum einen fehlt es schon am Vorliegen einer vertragsärztlichen Verordnung ("Kassenrezept") dieses Arzneimittels.
Ein solches hat Arzt Z. nicht ausgestellt. Vielmehr hat er nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des
Senats ein Privatrezept ausgestellt. Soweit Arzneimittel von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen und somit nicht
Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind (wie das Arzneimittel Phlogenzym, dazu sogleich), darf der Vertragsarzt
gemäß § 29 Abs. 11 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) keine vertragsärztliche Verordnung ausstellen, sondern muss ein
Privatrezept verwenden.
Zum anderen war das Arzneimittel Phlogenzym auch vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst.
Denn Phlogenzym ist ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel und daher nach §
34 Abs.
1 Satz 1
SGB V von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen. Die Verordnung von Phlogenzym ist auch nicht nach
§
34 Abs.
1 Satz 2
SGB V mit Begründung des Vertragsarztes - unabhängig davon, dass eine solche fehlt - ausnahmsweise zulässig. Die nach §
34 Abs.
1 Satz 2
SGB V dem GBA aufgegebene Umsetzung zur Bestimmung ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähiger
Arzneimittel ist - bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitraum - durch die AMR in der Fassung vom 31. August 1993 (BAnz 1993,
Nr. 246, S. 11 155), zuletzt geändert am 18. September 2008 (BAnz Nr. 161, S. 3 814) erfolgt. Dort hat der GBA in Abschnitt
"F. Gesetzliche Verordnungsausschlüsse bei der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen" ausgeführt, dass eine Krankheit
schwerwiegend ist, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung
die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt (16.2), und ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn der therapeutische
Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht
(16.3). 16.4 bestimmt, was unter "schwerwiegenden Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung" im Einzelnen
zu verstehen ist (16.4.1 bis 16.4.47). In diese Liste sind weder die bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen (Spondylarthritis
mit blander peripherer Gelenkbeteiligung, Sakroiliitis beidseits, LWS-Syndrom, Spondylarthrosen, Insertionstendinosen sowie
Fibromyalgie) noch das von ihr eingenommene Präparat Phlogenzym, das auf Basis verschiedener Enzyme erstellt ist, aufgenommen.
Lediglich Pankreasenzyme, und dies auch nur im Zusammenhang mit einer Pankreaserkrankung, können ausnahmsweise vertragsärztlich
verordnet werden. Auch nach Maßgabe von des Abschnitts F 16.5 AMR kommt eine Versorgung der Klägerin mit Phlogenzym nicht
in Betracht. Dort ist zwar die Möglichkeit der Verschreibung von Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie vorgesehen,
sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der
jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist, dies allerdings auch wiederum nur, soweit sie bezogen auf "im Abschnitt F aufgeführte
Indikationsgebiete" verschrieben werden. Dies aber trifft, wie ausgeführt, auf die bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen
gerade nicht zu.
Ein Leistungsanspruch der Klägerin lässt sich im Übrigen auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur
Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder
regelmäßig tödlichen Erkrankung begründen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art.
2 Abs.
2 Satz 1
GG nicht für vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche
Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung
einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf Heilung oder auf eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs
unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung
sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen
wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht
(vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 17/06 R, in Juris). Ein solcher ausnahmsweise bestehender akuter Behandlungsbedarf ergab sich im Falle der Klägerin nicht. Sie selbst
hat vorgetragen, dass ihre Befürchtungen hinsichtlich des Eintritts einer Krebserkrankung als Folge der Einnahme zu Lasten
der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähiger Medikamente sich auf die Dauer niederschlagen werde. In jedem Falle
ist ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne einer akuten Lebensbedrohung durch die Einnahme von Sulfasalazin und Cortison
in ihrem Falle nicht gegeben.
bb) Ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym konnte sich zu dem Zeitpunkt, zu welchem sie sich dieses Präparat
selbst beschafft hat, auch nicht auf der Grundlage eines Vertrages über die integrierte Versorgung nach Maßgabe der §§
140 a ff.
SGB V ergeben. Abgesehen davon, dass auch im Rahmen der integrierten Versorgung eine vertragsärztliche Verordnung mangels abweichender
Regelung nicht entbehrlich sein dürfte und schon deshalb für die Vergangenheit ein Anspruch nicht mehr in Betracht kommt,
hat der Senat aber auch erhebliche Zweifel daran, dass der von der Klägerin insoweit als Anspruchsgrundlage herangezogene
"Vertrag zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff.
SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) (...), dem Berufsverband
Heileurythmie e.V. (BVHE) (...), dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) (...) und dem Berufsverband
Rhythmische Massage e.V. (BVRM) (...) sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen" überhaupt einen - wirksam - zwischen
den vom Gesetz vorgesehenen Vertragsparteien geschlossenen Vertrag darstellt (dazu [1]). Dies lässt der Senat jedoch im Ergebnis
dahingestellt. Denn selbst wenn man dies bejahte, ergibt sich in jedem Falle aus dem Inhalt des Vertragstextes kein Anspruch
der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (dazu [2]). Überdies wäre ein Vertrag
mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt auch mit den inhaltlichen Anforderungen, die ein Integrationsvertrag zu erfüllen
hat, nicht vereinbar (dazu [3.]).
(1) Die Regelungen der §§ 140a bis 140d
SGB V zur integrierten Versorgung wurden durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom
22. Dezember 1999 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 - GKV-GRG 2000, BGBl. I, S. 2626) in das
SGB V aufgenommen. Sie bezwecken eine Verbesserung der Effizienz und Qualität der Versorgung durch Überwindung der sektoralen und
disziplinären Aufspaltung des Versorgungsgeschehens. Es handelt sich folglich um eine alternative Form der Regelversorgung
(vgl. dazu genauer Huster, in Becker/Kingreen,
SGB V, 2. Aufl. §
140a Rn. 1 m.w.N.). In §
140a SGB V finden sich dabei die grundlegenden Begriffs- und Inhaltsbestimmungen der integrierten Versorgung, während §
140b SGB V Einzelheiten zu den Vertragspartnern und -inhalten enthält; die §§ 140c und d
SGB V regeln die Vergütung der integrierten Versorgung, deren Anschubfinanzierung sowie die Bereinigung der Gesamtvergütung.
Auch die Versicherten können sich grundsätzlich auf die Inhalte eines Vertrages der integrierten Versorgung berufen (vgl.
ebenso Engelhard, in: Hauck/Noftz,
SGB V, K §
140a, Erg-Lfg 12/10, Rn. 45 ff.). Dies folgt aus §
140a Abs.
1 Satz 3 und 4
SGB V, der eine Versorgung der Versicherten aus einem solchen Vertrag nach Inhalt und Umfang in Bezug nimmt und folglich auch ein
Recht des Versicherten zur Berufung auf die dort verbindlich festgelegten Leistungen zu Lasten ihrer Krankenkasse schafft.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass überhaupt ein Vertrag - wirksam - geschlossen wurde, der als ein solcher der integrierten
Versorgung im Sinne der §§ 140a ff.
SGB V zu qualifizieren ist und zum Inhalt die begehrte Leistung für die Versicherten vorsieht, dass die Krankenkasse der betreffenden
Versicherten Vertragspartnerin des Vertrages ist (§
140b Abs.
1 und
2 SGB V) und dass die betreffende Person in die Versorgung eingewilligt hat (§
140a Abs.
2 SGB V).
Ohne Zweifel liegt in der von der Klägerin am 19. und 26. September 2008 unterschriebenen "Teilnahme- und Einverständniserklärung"
eine Erklärung im letztgenannten Sinne vor. Allerdings ist höchst zweifelhaft, ob der von der Klägerin in Bezug genommene
"Vertrag zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff.
SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) (...), dem Berufsverband
Heileurythmie e.V. (BVHE) (...), dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) (...) und dem Berufsverband
Rhythmische Massage e.V. (BVRM) (...) sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen" einen wirksam geschlossenen Integrationsvertrag
im Sinne der einschlägigen Vorschriften darstellt. Schon der wirksame Vertragsschluss ist jedenfalls anhand des von der Beklagten
vorgelegten Vertragstextes nicht nachvollziehbar. Der Text trägt keinerlei Datum und auch keine Unterschrift vertretungsberechtigter
Personen der im Vertragsrubrum aufgeführten Vertragsparteien (vgl. zum Erfordernis eines - schon - wirksam geschlossenen Vertrags:
BSG, Urteil vom 11. Februar 2011, B 1 KR 11/10 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Zudem ist anhand des Vertragstextes nicht erkennbar, dass die Beklagte
Vertragspartnerin des Vertrages ist. §
140b Abs.
1 SGB V sieht vor, dass die einzelnen Krankenkassen mit verschiedenen Leistungserbringern Verträge abschließen. Der hier von der
Beklagten vorgelegte Vertragstext weist jedoch einen Vertragsschluss unter vier Leistungserbringern aus, dem einzelne Krankenkassen
(nach Maßgabe des § 12 des Vertrages) beitreten können. Ob diese Verfahrensweise überhaupt die Voraussetzungen eines Vertragsschlusses
im Sinne des §
140b SGB V erfüllt, ist schon zweifelhaft, weil die Krankenkassen am Inhalt des Vertrages selbst gar nicht mitgewirkt haben, sondern
lediglich beitreten können. Ein Beitritt konkret der Beklagten ergibt sich anhand der von ihr selbst vorgelegten Unterlagen
jedenfalls nicht.
Zudem ist zweifelhaft, ob es sich vorliegend der Sache nach überhaupt um einen Vertrag der intergierten Versorgung handelt.
Da vorliegend eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung im Sinne einer stärkeren Zusammenarbeit unterschiedlicher
medizinischer Fachrichtungen von vornherein nicht in Betracht kommt, der Vertrag vielmehr eine einzige Fachrichtung, nämlich
die anthroposophische Medizin, im Blick hat, müsste der Vertrag eine leistungssektorenübergreifende Versorgung zum Inhalt
haben. Auch dies dürfte indes nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG nicht der Fall sein. Das BSG hat entschieden, dass der
Begriff der Leistungssektoren i.S. des §
140a Abs.
1 Satz 1
SGB V zwar nicht gesetzlich definiert, jedoch sein Inhalt anhand einer am Zweck der integrierten Versorgung orientierten Auslegung
zu bestimmen ist (vgl. auch zum Folgenden BSG, Urteil vom 06. Februar 2008 - B 6 KA 5/07 R - SozR 4-2500 § 140a Nr. 2). Die Zielrichtung dieser Versorgungsform besteht aber vor allem darin, die starren Grenzen zwischen
ambulanter und stationärer Versorgung zu durchbrechen und den Krankenkassen die Möglichkeit zu eröffnen, außerhalb der bisherigen
Regelversorgung eine alternative Versorgungsstruktur zu entwickeln. Es soll eine Verzahnung der verschiedenen Leistungssektoren
stattfinden, zum einen, um eine wirtschaftlichere Versorgung zu ermöglichen, zum anderen aber auch, um für die Versicherten
die medizinischen Behandlungsabläufe zu verbessern, z.B. Wartezeiten, Doppeluntersuchungen und Behandlungsdiskontinuitäten
zu vermeiden (vgl. Baumann [geb. Beule], jurisPK-
SGB V, §
140a RdNr. 2). Ausgehend von dieser allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes ist der Begriff der "leistungssektorenübergreifenden
Versorgung" funktionell zu bestimmen. Ausgangspunkt ist jeweils das Leistungsgeschehen und dessen inhaltlicher Schwerpunkt.
"Übergreifend" ist dementsprechend eine Versorgung, die Leistungsprozesse, die in der traditionellen Versorgung inhaltlich
und institutionell getrennt sind, nunmehr verknüpft. Behandlungsansatz und Ausrichtung des einzelnen Leistungsprozesses (z.B.
hausärztliche Versorgung, ambulante Versorgung insgesamt, operative Behandlung, medizinische Rehabilitation) geben den entscheidenden
Hinweis darauf, ob einzelne Behandlungsmaßnahmen Teil desselben Leistungssektors sind oder unterschiedlichen Sektoren angehören.
Vorliegend soll durch den Vertrag indes nur intensiviert werden, was bereits vorher traditionell und einheitlich dem Bereich
der ambulanten Versorgung zuzuordnen war. Auch zuvor kam die Verordnung von Heilmitteln der Art nach, wie sie der hier zur
Beurteilung stehende Vertragstext in Bezug nimmt (Massage, Maltherapie), im Rahmen der Verordnung durch den behandelnden niedergelassenen
Arzt in Betracht. Den Anforderungen des BSG an eine leistungssektorenübergreifende Regelung dürfte dies wohl nicht genügen.
(2) Diesen Bedenken brauchte der Senat jedoch nicht weiter nachzugehen. Denn in jedem Falle ergab sich auch anhand des Inhalts
des Vertrages - unterstellt man einen den §§ 140a und b
SGB V entsprechenden wirksamen Vertragsschluss - kein Anspruch der Klägerin auf die Versorgung mit Phlogenzym. Dies ergibt sich
anhand einer Zusammenschau der Regelungen des § 1 über den Vertragsgegenstand, des § 2 über die Versorgungsinhalte, des §
7 über die Vergütung der ärztlichen Leistungen und des Anhangs 5 zum Vertrag.
§ 1 des Vertrages benennt den Vertragsgegenstand. Danach soll durch den Vertrag "der Zugang zu adäquater Beratung und Behandlung
mit Anthroposophischer Medizin im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung und der Versorgung mit Heilmitteln der Anthroposophischen
Medizin verbessert werden". In § 1 Abs. 2 des Vertrags ist überdies genau erläutert, was der Ansatzpunkt der anthroposophischen
Therapie ist, nämlich eine ganzheitliche Heilmethode, die Selbstordnungs- und Selbstheilungskräfte aktivieren soll. Da den
Vertrag anthroposophisch behandelnde Ärzte und Anwender von Heilmitteln als Vertragsparteien geschlossen haben, wird deutlich
- was auch der Text unter Bezugnahme allein auf Heilmittel bestätigt -, dass es um die Einrichtung einer engeren Zusammenarbeit
von ärztlicher Versorgung und Heilmittelerbringern geht. In diesem Zusammenhang seien anthroposophische Therapieformen (Heilmittel)
indiziert. Den Inhalt der Arzneimittelversorgung hat diese Regelung demgegenüber gar nicht im Blick. Auch soweit in § 2 ("Versorgungsinhalte")
aufgezeigt wird, dass sich die anthroposophische Medizin in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Ärzten und Therapeuten zur
"ärztlichen medikamentösen Therapie, Kunsttherapie, Heileurythmie und Rhythmischen Massagen (...)" eigne, ist erneut nur deutlich
gemacht, dass eine Verzahnung der ärztlichen Versorgung (und zwar auch dort, wo eine medikamentöse Therapie erbracht wird)
mit der Versorgung durch Heilmittelerbringer gemeint ist. Nicht wird hierdurch ein Anspruch des Versicherten auf Versorgung
auch mit Arzneimitteln der anthroposophischen Medizin begründet, die über den üblichen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung
hinausgeht. Es spricht vielmehr die Aufschlüsselung dessen, was unter ärztlichen Leistungen gemeint ist (vgl. § 2 Abs. 3 aaO.),
deutlich dagegen: Hier ist nur pauschal von Behandlung, Beratung und Kommunikation mit den Heilmittelerbringern die Rede.
Die Versorgung mit "anthroposophischen Arzneimitteln" innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung ist daher nicht Gegenstand
dieser Regelung. Auch die Vergütungsvorschrift in § 7 des Vertrages geht auf die Vergütung ärztlicher Leistungen, nicht dagegen
auf die Versorgung mit Arzneimitteln ein. All dies kann nicht anders verstanden werden, als dass der Vertrag hinsichtlich
der Arzneimittelversorgung vollständig auf die vertragsärztliche Regelversorgung aufsetzt. Anderes ergibt sich insbesondere
auch nach Maßgabe von Anlage 5 des Vertragstextes ("Behandlungskomplex Anthroposophische Medizin") nicht. Dort wird lediglich
aufgeführt, dass im Rahmen der medikamentösen Therapie "neben den vom Patienten oral eingenommenen Medikamenten (Dilutionen,
Tabletten, Triturationen)" auch andere Behandlungsmethoden (Wickel, Salben u.Ä. sowie Injektionen) in Betracht kommen. Welche
medikamentöse Therapie denn damit im Einzelnen gemeint sein soll, ist nicht aufgelistet. Eine Erweiterung der Liste verordnungsfähiger
Arzneimittel ist aus diesen vage gehaltenen Formulierungen jedenfalls nicht herzuleiten.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein abweichendes Verständnis schließlich auch nicht als Annex daraus, dass
eine anthroposophische Versorgung nur im Sinne einer umfassenden, automatisch alle solchen Behandlungsformen umfassenden Versorgung
gemeint sein könne. Eine solche, über den Inhalt der gesetzlich vorgesehenen Versorgung weit hinausgehende Regelung müsste
sich aus dem Vertragstext deutlich ergeben. Dies liegt auch der einschlägigen Rechtsprechung des BSG zugrunde (vgl. etwa BSG
vom 06. Februar 2008 - B 6 KA 27/07 R - SozR 4-2500 § 140d Nr. 1). Auch dort war durch das BSG festgestellt worden, dass eine Gesamtverantwortung des Hausarztes
für die Behandlung der Versicherten, insbesondere aber ihre Versorgung mit Arzneimitteln nicht vereinbart wurde, eine solche
also nicht an die Stelle der vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Versorgungsbereich trat, sondern letztere nur
partiell ausgeweitet und optimiert werden sollte. Mangels ausdrücklicher anderweitiger Regelungen hat das BSG daher auch im
dortigen Fall die Regelversorgung in der Arzneimittelversorgung für maßgeblich erachtet. Anderes kann auch im konkreten Fall
nicht gelten. Auch hier erschöpft sich der Regelungsgehalt aus der Perspektive des behandelnden Arztes allein in der zusätzlichen
Vergütung bestimmter hausärztlicher Koordinierungsaufgaben und der Kooperation mit Heilmittelerbringern. Der Vertragstext
enthält demgegenüber keinerlei konkrete Angaben zu einzelnen Behandlungsmethoden, Arzneimitteln o.Ä.
(3) Lediglich ergänzend wird angeführt, dass eine solche vertragliche Regelung im Übrigen wohl auch von den gesetzlich zulässigen
Möglichkeiten der §§ 140a ff.
SGB V nicht erfasst wäre. Aus einem nach Maßgabe der dortigen Regelungen rechtswidrigen Vertragsinhalt könnte die Klägerin als
Versicherte zu Lasten ihrer Krankenkasse daher ohnehin keinen Leistungsanspruch ableiten.
Der bis 31. Dezember 2010 geltende §
140a Abs.
1 Satz 5
SGB V war die einzige Regelung zur Arzneimittelversorgung im Rahmen der integrierten Versorgung. Nach ihr sollte eine von den Vertragsparteien
erforderlich gehaltene Arzneimittelversorgung auf der Grundlage von Verträgen gemäß §
130a Abs.
8 SGB V erfolgen. Dies setzt grundsätzlich die Einbeziehung auch von Apotheken in die Vertragsvereinbarung voraus. Ein entsprechender
Rabattvertrag wurde jedoch hier von den Vertragsparteien nicht geschlossen.
Im Übrigen wäre sie wohl auch mit den weiteren gesetzlichen Anforderungen an einen zulässigen Vertragsinhalt nicht vereinbar.
Auch im Rahmen der integrierten Versorgung haben die Versicherten nämlich einen Anspruch darauf, dass die Versorgung dem allgemeinen
Stand der medizinischen Erkenntnisse und des medizinischen Fortschritts entspricht (vgl. BT-Drucks 14/1245, S. 92). Daher
müssen Vertragspartner der Krankenkassen die Erfüllung der Leistungsansprüche der Versicherten auch im Rahmen der integrierten
Versorgung uneingeschränkt gewährleisten (vgl. Engelhard, in: Hauck/Noftz, §
140b Rn. 37 ff.). Deshalb enthält §
140b Abs.
3 SGB V eine Reihe grundsätzlicher Anforderungen, die im Wesentlichen den für die im herkömmlichen System tätigen Leistungserbringer
geltenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. So haben sich insbesondere gemäß §
140b Abs.
3 Satz 1
SGB V die Vertragspartner der Krankenkassen in den Verträgen zu einer qualitätsgesicherten, wirksamen, ausreichenden, zweckmäßigen
und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten zu verpflichten. Nach Satz 2 aaO. ist dabei insbesondere der Stand der medizinisch
gesicherten Erkenntnisse zu berücksichtigen. Ermächtigungen zur Abweichung von gesetzlichen Bestimmungen enthält die Regelung
des §
140b Abs.
4 SGB V. Sie erlaubt in Satz 1 aaO. den Vertragspartnern, unter bestimmten Voraussetzungen von konkret benannten Regelungen des Leistungserbringungsrechts
(nicht: des Leistungsrechts) abzuweichen. Abweichungen im Leistungsrecht werden demgegenüber nur durch §
140b Abs.
3 Satz 4
SGB V vorgegeben. Diese Regelung nimmt allerdings nur neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in Bezug und eröffnet insoweit
in der ambulanten Behandlung einen größeren Spielraum zur Einbeziehung auch von nicht durch den GBA ausdrücklich befürworteter
Behandlungsmaßstäbe in die Versichertenversorgung. Anhand einer Zusammenschau dieser Regelungen wird jedoch zugleich deutlich,
dass mangels ausdrücklicher Ausnahmeregelung schon fraglich ist, ob innerhalb der Versorgung mit Arzneimitteln überhaupt über
den gesetzlich vorgesehenen Leistungskatalog hinausgegangen werden darf. Jedenfalls aber - sollte dies noch bejaht werden
können - könnte eine solche "Ausnahme" allenfalls unter konkreter Benennung einzelner Präparate zulässig sein. Dies lässt
sich anhand einer systematischen Zusammenschau mit §
140b Abs.
3 Satz 4
SGB V gewinnen, denn danach können auch neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Vertragsbestandteil werden, was jedoch denklogisch
voraussetzt, dass diese im Vertragstext konkret benannt sind. Nicht dagegen kommt eine generelle Einbeziehung aller "anthroposophischen
Arzneimittel" in Betracht.
cc) Kam damit ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym im insoweit maßgeblichen Zeitraum Ende 2008 unter keinem
erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht, kann sie auch nicht nach Maßgabe von §
13 Abs.
3 Satz 1
SGB V Kostenerstattung verlangen.
b) Mit Blick auf die vorangegangenen Ausführungen kann die Klägerin im Übrigen auch für die Zukunft nicht die von ihr begehrte
Versorgung mit Phlogenzym verlangen, weil aus sachlich-rechtlichen Gründen ein entsprechender Versorgungsanspruch der Klägerin
nicht in Betracht kommt.
Dies gilt auch hier unabhängig davon, ob die Klägerin eine Versorgung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften oder eine
solche der integrierten Versorgung gewählt hat, so dass auch hier dahinstehen kann, ob überhaupt ein Vertrag über die integrierte
Versorgung mit anthroposophischer Medizin wirksam geschlossen wurde. Denn auch nach Maßgabe der jetzt gültigen gesetzlichen
Regelungen (§§
27,
31 und
34 SGB V in Verbindung mit der jetzt gültigen Fassung der AMR vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 [BAnz 2009, Nr. 49a], zuletzt
geändert am 23. Juni 2011 [BAnz Nr. 118, S. 2 796]) ist eine Versorgung mit Phlogenzym nicht vorgesehen. Wie zuvor Abschnitt
F, schließt jetzt § 12 in Verbindung mit Anlage I der AMR eine entsprechende Versorgung mit diesem Arzneimittel nach wie vor
aus. Insbesondere sind die bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen nach wie vor nicht solche, die vom GBA für schwerwiegend
befunden werden. Nach § 12 Abs. 6 AMR in der aktuellen Fassung können der Klägerin daher auch Arzneimittel der anthroposophischen
Medizin nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden.
Für einen Anspruch auf die Versorgung mit Phlogenzym auf der Grundlage eines Integrationsvertrags gilt das unter a) bb) Gesagte.
Es fehlt insoweit an einer einen solchen Anspruch begründenden vertraglichen Regelung, die wohl im Übrigen auch mit den Vorschriften
der §§ 140a ff.
SGB V nicht vereinbar wäre.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat hat seine Entscheidung auf eine Auslegung der einzelnen Vertragsklauseln,
also des Vertragstextes selbst gestützt und daher die angeschnittenen grundlegenden Fragestellungen zum Inhalt von Integrationsverträgen
dahingestellt sein lassen. Die Frage, ob der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog
der gesetzlichen Krankenversicherung rechtmäßig ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung, da insoweit bereits das genannte
Urteil des BSG vorliegt.