Anspruch auf Funktionstraining unter therapeutischer Anleitung in der Krankenversicherung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Kosten zu erstatten, die ihr durch
die Teilnahme an dem von der Rheumaliga Baden-Württemberg e.V. (im Folgenden: Rheumaliga) wöchentlich durchgeführten Funktionstraining
in der Zeit vom 01. November 2001 bis 30. April 2002 entstanden sind.
Die am 1934 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet u.a. an einem chronisch rezidivierenden
Hals-, Becken- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom sowie an einer rezidivierenden Schmerzsymptomatik im Bereich der Hüfte und der
Kniegelenke.
Im Oktober 2001 beantragte sie bei der Beklagten, ihre Teilnahme am Funktionstraining der Rheumaliga in Form von Trocken-
und Warmwassergymnastik zu fördern. Sie legte der Beklagten hierzu die entsprechenden Formularanträge vor, in denen der behandelnde
Internist Dr. L. im Rahmen einer Folgebescheinigung jeweils bestätigt hatte, dass aufgrund der bestehenden Funktionseinschränkungen
("Wirbelsäulenleiden") die Teilnahme am Funktionstraining zur Sicherung des erreichten Rehabilitationsziels notwendig sei.
Verordnet wurde gleichzeitig ein entsprechendes Training in Form von Trocken- und Warmwassergymnastik, und zwar jeweils einmal
wöchentlich für die Dauer von sechs Monaten. Nachdem die Beklagte der Klägerin ein entsprechendes Training bereits seit 1996
gewährt hatte, wandte sie sich zur Prüfung der Erforderlichkeit der Weiterbewilligung an Dr. L., der unter dem 12. Oktober
2001 u.a. darlegte, das Funktionstraining solle "aufgrund der zusätzlich bestehenden Erkrankungen" der Klägerin unter ärztlicher
Aufsicht absolviert werden. Die Beklagte veranlasste die Stellungnahme des Dr. B. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
Baden-Württemberg (MDK) in L., der keine dringende medizinische Notwendigkeit für eine weitere Förderung bei der Klägerin
sah. Diese könne die erlernten Übungen jetzt selbstständig oder in eigener finanzieller Verantwortung in Gruppen weiterführen.
Gründe, weshalb das Training unter ärztlicher Aufsicht erfolgen müsse, seien nicht ersichtlich.
Mit Bescheid vom 06. November 2001 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung ab, aufgrund
der langjährigen Teilnahme am Rehabilitationssport könne ein vergleichbares regelmäßiges Bewegungstraining nunmehr in Eigenverantwortung
durchgeführt werden; eine ärztliche Aufsicht während der Übungen sei nicht mehr notwendig. Im Widerspruchsverfahren führte
Dr. L. mit Schreiben vom 26. November 2001 aus, die Klägerin leide unter degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie einer
atypischen rheumatoiden Arthritis, wobei eine aseptische Hüftkopfnekrose hinzugekommen sei. Nach der Empfehlung des Orthopäden
seien physikalische Maßnahmen dringend erforderlich. Dies könne sowohl im Rahmen einer physikalischen Therapie als auch zusätzlich
durch Übungen bei der Rheumaliga erfolgen. Hierzu legte er diverse Arztbriefe vor. Die Beklagte veranlasste die weitere Stellungnahme
des Dr. B. vom 10. Dezember 2001, der bei der bestehenden Coxalgie bei Hüftkopfnekrose, Gonarthrose und Periarthropathie humeroscapularis
links eine undifferenzierte Gruppengymnastik medizinisch nicht als indiziert ansah; zweckmäßig sei vielmehr eine diagnosebezogene
Verordnung von Krankengymnastik. Die Klägerin machte geltend, auf das Funktionstraining (Wasser- und Trockengymnastik) unter
fachlicher Anleitung dringend angewiesen zu sein. Schließlich erhielten in ihren Gruppen auch alle Mitglieder anderer Krankenkassen
das Funktionstraining weiterhin bewilligt. Mit Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses
vom 28. Februar 2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer am 28. März 2002 beim Sozialgericht (SG) Heilbronn erhobenen Klage. Sie verwies auf ihre Erkrankungen und Beschwerden, die der laufenden ärztlichen und medizinischen
Behandlung und Betreuung bedürften. Dazu gehörten auch die Bewegungsübungen im Funktionstraining, die sie laufend auch zu
Hause in Form von Trockengymnastik ausführe. Insoweit praktiziere sie bereits die Hilfe zur Selbsthilfe. Das sich verändernde
Krankheitsbild verlange jedoch die dauernde Anleitung und besonders auch die Kontrolle der Bewegungsübungen durch eine medizinische
Fachkraft. Soweit der vom SG hinzugezogene Sachverständige Dr. Gn. sie aufgrund ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten für in der Lage erachtet
habe, die im bisherigen Funktionstraining erlernten Übungen eigenständig und alleine durchzuführen, sei zu beachten, dass
der Sachverständige diese Einschätzung durch seine Hinweise selbst eingeschränkt habe, dass gruppentherapeutische Ansätze
mittel- bis langfristig aufgrund der Gruppendynamik eindeutig überlegen seien und bei eigenständiger Durchführung von krankengymnastischen
Übungen die Kontroll- und Überwachungsfunktion durch geschultes Personal entfalle.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und unter Aufrechterhaltung ihres bisherigen Standpunktes
entgegen. Sie machte geltend, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin nach sechs Jahren Funktionstraining zur Selbstübung
nicht fähig sein solle. Das Gegenteil habe auch der gerichtliche Sachverständige Dr. Gn. bestätigt. Zentrale Aufgabe der am
Funktionstraining beteiligten Therapeuten sei es, Übungen anzubieten, die Versicherte ohne Gefahr für ihre Gesundheit in eigener
Verantwortung ausführen könnten. Die Förderung des Funktionstrainings sei für den normal schweren Fall eine Einstiegsförderung
zur Heranführung an die entsprechenden Übungen, die dann in Eigenverantwortung erfolgen könnten. Entsprechend sei auch in
der am 01. Januar 1994 in Kraft getretenen Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining (Gesamtvereinbarung
1994) ausdrücklich von Hilfe zur Selbsthilfe die Rede. Sie verwies auf die Ausführungen des Bundesministeriums für Gesundheit
und des Bundesversicherungsamts zum Zweck des Funktionstrainings in ihren Schreiben vom 11. Oktober 2001 bzw. 13. Februar
2002, die sie in Kopie vorlegte.
Das SG hörte Dr. L. unter dem 30. April 2002 schriftlich als sachverständigen Zeugen und erhob das Gutachten des Dr. Gn., Facharzt
für Orthopädie in der Salinenklinik Bad Rappenau, vom 17. September 2002. Mit Urteil vom 09. Oktober 2003 verurteilte es die
Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 06. November 2001 sowie des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2002, die Teilnahme
der Klägerin an einem wöchentlichen Funktionstraining für die Dauer von sechs Monaten ab 08. Oktober 2001 zu fördern und ließ
die Berufung zu. Zur Begründung führte es aus, die Erkrankungen der Klägerin machten eine Teilnahme an einem Funktionstraining
aus medizinischer Sicht notwendig, um eine weitere Verschlimmerung des Gesundheitszustandes und insbesondere einer Verringerung
der körperlichen Belastbarkeit entgegenzuwirken. Die Klägerin könne das Funktionstraining nicht selbst betreiben, da es sich
um eine Leistung handle, die zum einen eine ärztliche Überwachung von Risikopatienten gewährleiste und zum anderen die gruppendynamischen
Prozesse im Sinne einer Motivation des Patienten ausnütze. Schon der Umstand, dass die Leistung als Gruppenleistung ausgestaltet
sei, stehe dem Argument entgegen, dass das Funktionstraining auch alleine betrieben werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten
der Begründung wird auf den Inhalt des der Beklagten am 22. Januar 2004 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.
Dagegen richtet sich die am 23. Dezember 2003 schriftlich durch Fernkopie beim Landessozialgericht eingelegte Berufung der
Beklagten, mit der sie die Anwendung des §
26 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB IX) durch das SG rügt. Das Funktionstraining solle weder die übliche Heilmitteltherapie ersetzen, noch handle es sich um eine Leistung, die
eine ärztliche Überwachung von Risikopatienten gewährleiste. Zu Unrecht gehe das SG auch davon aus, dass das Funktionstraining für die Klägerin notwendig sei; insoweit verwechsele es Nützlichkeit (Geeignetheit)
mit Notwendigkeit. Zudem seien keine Gründe ersichtlich, die einer eigenständigen Durchführung des Funktionstrainings durch
die Klägerin entgegenstünden. Etwas anderes lasse sich auch nicht dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Gn. entnehmen, der
die Frage nach der Fähigkeit zur eigenständigen Durchführung der erlernten Übungen unmissverständlich mit "Ja" beantwortet
habe. Dass die Förderung von Funktionstraining lediglich eine gewisse Einstiegsförderung darstelle, ergebe sich aus § 3 der
Gesamtvereinbarung 1994, in der ausdrücklich auf die Eigenverantwortung Bezug genommen werde. Auch in der Rahmenvereinbarung
über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 01. Oktober 2003 (Rahmenvereinbarung 2003) habe dieser Grundsatz
der Eigenverantwortung Ausdruck gefunden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 09. Oktober 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, ihr EUR 63,70 zu zahlen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Das SG habe zu Recht ausgeführt, dass ein in Eigenregie durchgeführtes Funktionstraining wegen der fehlenden Kontrolle und Überwachung
den gewünschten Rehabilitationszweck nicht erreichen könne und das entsprechende Training unter Anleitung schon deshalb medizinisch
notwendig sei. Demnach gehe auch die Ansicht der Beklagten, nach fünf Jahren der Unterweisung könne sie die entsprechenden
Übungen eigenständig durchführen, an der Sache vorbei. Der Rehabilitationszweck könne letztlich nur mit einem Funktionstraining
unter Anleitung erreicht werden. Sie legte Rechnungen der Rheumaliga, u.a. die Rechnung vom 18. Juni 2002 über EUR 63,70 für
die 13-malige Teilnahme an Wassergymnastik im Zeitraum vom 01. November 2001 bis 30. April 2002 vor, für die sie die Erstattung
der entstandenen Kosten begehre.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der
Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §
151 Abs.
1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß
§
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist aufgrund der Zulassung durch das SG in der angefochtenen Entscheidung statthaft und zulässig; sie ist darüber hinaus auch begründet.
Das SG hätte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 06. November 2001 und des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2002
nicht verurteilen dürfen, die Teilnahme der Klägerin an einem wöchentlichen Funktionstraining für die Dauer von sechs Monaten
ab 08. Oktober 2001 zu fördern. Denn die Beklagte hatte mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht entschieden, dass die Klägerin
für die Zeit ab Oktober 2001 für die Dauer von sechs Monaten keinen Anspruch auf weitere Förderung von Funktionstraining hatte.
Die Klägerin kann von der Beklagte daher auch nicht die Kosten erstattet verlangen, die ihr durch die Teilnahme an der von
der Rheumaliga angebotenen Wassergymnastik im Zeitraum von 01. November 2001 bis 30. April 2002 entstanden sind.
Gemäß §
11 Abs.
2 Satz 1
SGB V haben Versicherte auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere
ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern,
auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mindern. Zu diesen ergänzenden Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung zur medizinischen Rehabilitation gehört nach §
44 Abs.
1 Nr.
4 SGB IX, der seit 01. Juli 2001 an die Stelle des §
43 Nr. 1 letzter Halbsatz
SGB V getreten ist und mit dem das Recht an die damalige Praxis angepasst worden war (BT-Drucks. 14/1245 S. 66), ärztlich verordnetes
Funktionstraining in Gruppen unter fachkundiger Anleitung und Überwachung. Dabei wird vorausgesetzt, dass diese Leistung im
Sinne des §
12 Abs.
1 SGB V ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig ist. Für die Prüfung der Notwendigkeit des Funktionstrainings ist für
die hier streitige Zeit ab November 2001 noch die auf der Grundlage des § 5 Abs. 6 Satz 3 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) getroffene Gesamtvereinbarung 1994 weiterhin heranzuziehen. Diese Gesamtvereinbarung bezweckte, dass auch Funktionstraining
nach einheitlichen Grundsätzen gewährt und gefördert wird, und war bis zu ihrer Überarbeitung durch die Rahmenvereinbarung
2003, die am 01. Oktober 2003 in Kraft getreten ist und für alle ab 01. Oktober 2003 ausgestellten ärztlichen Verordnungen
gilt, hier zur Konkretisierung des Anspruchs aus §
44 Abs.
1 Nr.
4 SGB IX weiterhin maßgebend (vgl. Schellhorn/Stähler in Handkommentar zum
SGB IX §
44 Rdnr. 11; von der Heide in Praxiskommentar zum Behindertenrecht [SGB IX], § 44 Rdnr. 3).
Dem Anspruch der Klägerin auf Förderung des Funktionstrainings stand in der streitigen Zeit entgegen, dass bei ihr Gymnastik
in der Gruppe, sei es in Form von Trocken- oder Wassergymnastik, unter Beachtung des § 3 Abs. 2 der Gesamtvereinbarung 1994
nicht mehr notwendig war. Insoweit hat die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass Funktionstraining nach § 3 Abs. 1 Satz
6 der Gesamtvereinbarung 1994 auch Hilfe zur Selbsthilfe war, insbesondere um die eigene Verantwortung des Behinderten für
seine Gesundheit und seine Motivation zum angemessenen täglichen Bewegungstraining zu stärken und ihn zur Selbstübung zu befähigen.
Mithin erscheint diese ergänzende Leistung nicht als Dauerleistung, die losgelöst von dieser Zweckbestimmung zu gewähren ist.
Zwar gab es nach der Gesamtvereinbarung 1994 keine zeitlichen Höchstgrenzen für die Förderung in der gesetzlichen Krankenversicherung,
wie sie jetzt in Nr. 4.4 der Rahmenvereinbarung 2003 im Grundsatz enthalten sind, doch bestimmte § 3 Abs. 2, dass die Notwendigkeit
für die Durchführung von Funktionstraining so lange vorliegt, wie der Behinderte während des Funktionstrainings der Anleitung
durch den Therapeuten bedarf, also noch nicht über Fertigkeiten in den Bewegungsabläufen verfügt, die ihn in die Lage versetzen,
das Funktionstraining selbstständig durchzuführen. Vorliegend ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin im
November 2001 über die Fertigkeiten in den Bewegungsabläufen verfügt hat, die sie in die Lage versetzt haben, das Funktionstraining
selbstständig durchzuführen. Denn die Klägerin war zuvor bereits langjährig im Rahmen der entsprechenden Gymnastik in der
Gruppe durch eine Therapeutin angeleitet worden und konnte diese erlernten Übungen aufgrund ihrer körperlichen und geistigen
Fähigkeiten nunmehr eigenständig und alleine durchführen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen
Dr. Gn., der die diesbezüglich an ihn gerichtete Frage ohne Einschränkungen mit "Ja" beantwortete. Auch die Klägerin hat im
Rahmen ihrer Klagebegründung selbst dargelegt, dass sie die im Funktionstraining (Trockengymnastik) erlernten Übungen laufend
auch zu Hause ausführe und sie daher die geforderte Selbsthilfe bereits praktiziere. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang
geltend gemacht hat, das sich verändernde Krankheitsbild verlange jedoch die dauernde Anleitung und Kontrolle durch eine medizinische
Fachkraft, ist darauf hinzuweisen, dass nicht ersichtlich ist, dass die Erkrankungen der Klägerin einer derart schnellen Veränderung
unterliegen, dass eine wöchentliche Anpassung der Übungen notwendig wäre. Doch selbst wenn dies gleichwohl der Fall wäre,
wäre die Gymnastik in der Gruppe ohnehin nicht das geeignete Mittel der Behandlung, da im Rahmen eines Teilnehmerkreises von
bis zu 15 Personen eine individuelle Anleitung, wie sie dann geboten wäre, nicht gewährleistet werden könnte. Auch der Umstand,
dass das Krankheitsbild der Klägerin einer laufenden Veränderung unterliegt, stellt daher keine hinreichende Rechtfertigung
für die weitere Förderung des Funktionstrainings durch die Beklagte dar. Dieser Gesichtspunkt bietet allenfalls Anlass für
die Verordnung einer gezielten Behandlung in Form von Krankengymnastik durch einen zugelassenen Leistungserbringer. Soweit
das SG aus dem Umstand, dass es sich bei der Leistung Funktionstraining um eine Gruppenleistung handelt, abgeleitet hat, diese Leistung
könne der Sache schon deshalb nicht in Eigenregie durchgeführt werden, hat es unbeachtet gelassen, dass zwar die entsprechende
Kassenleistung als Leistung in der Gruppe ausgestaltet ist, das Ziel des zugrundeliegenden Konzepts jedoch das Heranführen
an bewegungstherapeutische Übungen ist und das Erlernen derselben, um die Verantwortlichkeit für die Gesundheit und die Motivation
für ein tägliches Training zu fördern. Dies schließt sowohl ein, dass der Versicherte befähigt und motiviert wird, die erlernten
Übungen in Eigenregie, gegebenenfalls auch in einem Kreis ähnlich betroffener Versicherter, durchzuführen, als auch, dass
dieser sich im Hinblick auf die erzielten Erfolge dazu entschließt, sich einer fachlich geleiteten Gruppe in eigener Verantwortung
und auf eigene Kosten anzuschließen. Zutreffend hat der Sachverständige Dr. Gn. darauf hingewiesen, dass gruppentherapeutische
Ansätze aufgrund der Gruppendynamik einem Programm, für das sich der Betroffene eigenständig motivieren muss, eindeutig überlegen
sind; allerdings rechtfertigt auch dieser Umstand nicht die Fortführung der Förderung einer nicht als Dauerleistung konzipieren
Leistung. Denn der Versicherte ist nach erfolgreicher Teilnahme an einem von Kassenseite geförderten Funktionstraining nicht
gehindert, auf eigene Kosten an der von der Rheumaliga angebotenen Trocken- oder Warmwassergymnastik weiterhin teilzunehmen.
Soweit der Sachverständige Dr. Gn. darauf hingewiesen hat, dass bei der eigenständigen Durchführung krankengymnastischer Übungen
die Kontroll- und Überwachungsfunktion durch geschultes Personal entfällt und sich einschleichende Fehler nicht korrigiert
werden können bzw. auf Änderungen des Krankheitsverlaufs nicht adäquat reagiert werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass
Funktionstraining nur eine ergänzende Leistung der Rehabilitation darstellt und gerade nicht die an sich angezeigte Verordnung
von Heilmitteln ersetzen soll. Bei Änderungen des Krankheitsverlaufs oder Veränderungen in Funktionsausfällen ist daher ohnehin
eine ärztliche Inanspruchnahme angezeigt, im Rahmen derer dann über die konkret angezeigten Maßnahmen zu entscheiden ist.
Ärztliche Leistungen einschließlich individuell auf das entsprechende Krankheitsbild abgestimmte Heilmittel sollen durch die
Förderung von Funktionstraining in der Gruppe nämlich gerade nicht ersetzt werden.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.