Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung der Anspruchsdauer des Teilarbeitslosengeldes
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anspruchsdauer für Teilarbeitslosengeld streitig.
Der am 12. August 1939 geborene Kläger ist von Beruf Musiklehrer. Er war seit dem 1. August 1974 als Musiklehrer zu 50 % (BAT-Tarif) bei der Kreisjugendmusikschule W./Jugendmusikschule S. beschäftigt. Dieses Arbeitverhältnis endete am 31. August 2002,
danach bezog der Kläger ab 1. September 2002 eine 2/3 Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Daneben war er vom 1.
November 1982 bis 31. August 2004 bei der Jugendmusikschule in D. tätig. Nach Aufgabe dieses Arbeitsverhältnisses wurde ihm
eine Vollrente gewährt.
Des Weiteren war der Kläger vom 1. Oktober 1993 bis zum 30. September 2001 auch bei der Musikschule M. als Oboenlehrer tätig.
Die Musikschule hatte ihm mit Kündigungsschreiben vom 30. August 2001 zum 30. September 2001 gekündigt, da für Oboenunterricht
eine zu geringe Nachfrage von lediglich einer Unterrichtseinheit pro Woche bestehe. Die Zahl der Unterrichtseinheiten hatte
ursprünglich vier pro Woche betragen. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung der Stadtpflege M. hatte zuletzt in den Jahren
1998 bis 1999 der Lehrumfang zwischen 5 und 7 Stunden pro Woche (bei 30 Stunden pro Woche bei einem vollen Deputat) betragen
und seit November 1999 bzw. Mai 2001 nur noch 3 bzw. 2 Stunden pro Woche.
Der Kläger meldete sich daraufhin am 18. September 2001 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Teilarbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2001 bewilligte die Beklagte ab 1. Oktober 2001 Teilarbeitslosengeld mit einem wöchentlichen
Leistungssatz von 66,08 DM (täglicher Leistungssatz 9,44 DM, wöchentliches Bemessungsentgelt 140,00 DM, Leistungstabelle 2001,
60 v.H., Leistungsgruppe E/0) mit einer Anspruchsdauer von 180 Kalendertagen. Mit weiterem Bescheid vom 10. Januar 2002 bewilligte
die Beklagte ab 1. Januar 2002 (Umstellung auf Euro) Teilarbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Leistungssatz in Höhe von
nunmehr 33,81 EUR (täglicher Leistungssatz 4,83 EUR, wöchentliches Bemessungsentgelt 70,-- EUR, Leistungstabelle 2002, 60
v.H., im Übrigen unverändert). Zahlungen erfolgten bis einschließlich 29. März 2002, ab 30. März 2002 war der Anspruch erschöpft.
Bereits am 17. Januar 2002 hatte der Kläger gegen den Bewilligungsbescheid vom 20. Dezember 2001 Widerspruch eingelegt mit
der Begründung, es sei verfassungswidrig und diskriminierend für ihn, dass Teilarbeitslosengeld anders als normales Arbeitslosengeld
lediglich für 180 Kalendertage gewährt werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2002 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 10. Juli 2002 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er, wie bereits im Widerspruchsverfahren, geltend gemacht, die Begrenzung auf 180 Kalendertage
beim Teilarbeitslosengeld sei verfassungswidrig und diskriminierend. Mit der Höhe des Teilarbeitslosengeldes werde bereits
der Tatsache Rechnung getragen, dass der Teilarbeitslose noch Einkommen aus anderen Arbeitsverhältnissen erzielen könne. Es
sei aber kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich, weshalb die Anspruchsdauer für Teilarbeitslosengeld auf 180 Kalendertage
begrenzt werde bzw. nicht der Anspruchsdauer für (Voll-) Arbeitslosengeld entspräche.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2003 die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Beklagte
in rechtmäßiger Weise entsprechend der gesetzlichen Regelung in §
150 SGB III Abs.
2 Nr.
3 dem Kläger für 6 Monate bis zur Erschöpfung des Anspruches Teilarbeitslosengeld gewährt habe. Ein darüber hinausgehender
Anspruch des Klägers bestehe nicht, die Regelung sei nach Auffassung des SG weder diskriminierend noch verstoße sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art.
3 Grundgesetz (
GG). Das Teilarbeitslosengeld nach §
150 SGB III sei mit dem Inkrafttreten des
SGB III am 1. Januar 1998 eingeführt worden, um eine Lücke im System der Arbeitslosenversicherung zu schließen, weil bisher derjenige,
der nur eine von mehreren verschiedenen versicherungspflichtigen Beschäftigungen verloren habe, nicht habe arbeitslos werden
können und damit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe erwerben können. Mit §
150 SGB III sollten nun auch Teilzeitarbeitnehmer vor einem wesentlichen Einkommensausfall geschützt werden, den sie nach längerer paralleler
Ausübung von mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen in Folge des Wegfalls einer Beschäftigung erleiden würden.
Da auf dem heutigen Arbeitsmarkt Teilzeitbeschäftigungen in der Regel einfacher zu bekommen seien als Vollzeitbeschäftigungen,
habe es der Gesetzgeber für ausreichend erachtet, dem Arbeitnehmer insoweit Teilarbeitslosengeld für eine kürzere Anspruchsdauer
als normales Arbeitslosengeld zuzubilligen. Diese Regelung erscheine dem SG durchaus sachgerecht und abgewogen und verstoße nicht gegen Art.
3 GG. Ein Verstoß gegen Art.
3 GG wäre lediglich dann anzunehmen, wenn ein gleicher Sachverhalt ungleich oder ein ungleicher Sachverhalt gleich behandelt würde.
Der Kläger als Teilzeitarbeitsloser, der noch aus 2 anderen Teilzeitbeschäftigungen Gehalt beziehe, sei jedoch nicht mit einem
normalen Arbeitslosen zu vergleichen, der nach Eintritt der Arbeitslosigkeit überhaupt keinen Arbeitsverdienst mehr habe und
anders als der Kläger auf das Arbeitslosengeld als Lohnersatz zurückzugreifen habe. Es handele sich insoweit also um unterschiedliche
Sachverhalte, die vom Gesetzgeber auch unterschiedlich behandelt werden könnten. Die Begrenzung der Anspruchsdauer von Teilarbeitslosengeld
auf ein halbes Jahr sei mithin nicht verfassungswidrig (Hinweis auf Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 16. August
2002, Az. L 4 AL 27/01 - Bl. 18 ff. der SG-Akte -).
Der Kläger hat gegen den mit Empfangsbekenntnis seinen Bevollmächtigten am 16. Dezember 2003 zugestellten Gerichtsbescheid
am 15. Januar 2004 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sein Bevollmächtigter geltend, das SG habe mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid zu Unrecht einen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld über 6 Monate hinaus für die
weitere Zeit der Teilarbeitslosigkeit des Klägers bis zum Ablauf des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendete, analog
§
127 Abs.
2 SGB III verneint. Der Kläger sei Musikschullehrer mit 3 versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigungen, wovon eines in der Musikschule
M. seit dem 1. Oktober 1993 bestanden hatte und betriebsbedingt zum 30. September 2001 (also nach 8-jähriger Tätigkeit), gekündigt
worden sei. Dort habe die Arbeitszeit 15 Stunden pro Woche betragen. Nach §
127 Abs.
2 SGB III hätte die Anspruchsdauer des Klägers auf Arbeitslosengeld am 30. September 2001 nach einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
von mindestens 64 Monaten und nach Vollendung des 57. Lebensjahres 32 Monate betragen. Der Kläger werde insoweit als Musikschullehrer,
bei denen Teilzeitbeschäftigungen typisch seien, zu Unrecht schlechter gestellt gegenüber einem Arbeitnehmer mit einer Ganztagsbeschäftigung.
Insoweit verstoße die Begrenzung der Teilarbeitslosengeldbezugsdauer nach §
150 Abs.
2 Nr.
3 SGB III gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art.
3 GG und das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs.
1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes vom 21. Dezember 2000. Danach dürfe ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der
Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Aus dem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis
sei der Kläger betriebsbedingt ausgeschieden und habe aus dem Arbeitsverhältnis wie aus einem Vollzeitarbeitsverhältnis entsprechende
Beiträge an die Beklagte abgeführt. Das Teilarbeitslosengeld werde auch der Höhe nach dem entgangenen Teilarbeitsentgelt berechnet
und stelle somit für einen durch mehrere Teilzeitbeschäftigungen vollbeschäftigten Arbeitnehmer einen Lohnausgleich für den
entgangenen Teillohn dar. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung von vollzeit- und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern
sei weder aus dem Gesetz noch aus dessen amtlicher Begründung zu erkennen. Mit der Einführung von Teilarbeitslosengeld und
der Regelung in §
150 SGB III habe eine Lücke im System der Arbeitslosenversicherung für Personen mit mehreren Teilzeitbeschäftigungen geschlossen und
auch Teilzeitarbeitnehmer vor einem wesentlichen Einkommensausfall geschützt werden sollen. Es habe für diejenigen Arbeitnehmer,
die mehrere beitragspflichtige Beschäftigungen nebeneinander ausübten, der Einkommensausfall bei Verlust einer Stelle durch
Einführung eines Teilarbeitslosengeldes ausgeglichen werden sollen. Dabei sei nicht nachvollziehbar, warum dieser Einkommensausgleich
im Gegensatz zum Arbeitslosengeld beim Teilarbeitslosengeld ungeachtet der Zeitdauer der versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung
nur 6 Monate und nicht längstens 32 Monate betragen solle. Die unterschiedliche Behandlung von Arbeitslosengeld und Teilarbeitslosengeld
bei der Bezugsdauer in der Gesetzesvorlage lapidar damit zu begründen, dass das besondere Risiko der Teilarbeitslosigkeit
von der Versichertengemeinschaft nur für einen begrenzten Zeitraum getragen werden könne, sei nicht haltbar. Denn der Versicherte
mit mehreren Teilzeitbeschäftigungen zahle bei den versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigungen entsprechend der Teilzeitvergütung
Sozialversicherungsbeiträge und habe damit auch Anspruch auf eine längere Bezugsdauer nach längeren Versicherungsverhältnissen.
Unter Berücksichtigung des noch immer für Arbeitslose verschlossenen Teilzeitarbeitsmarktes sei der Hinweis des SG auf S. 5 seines Urteils nicht nachvollziehbar, auf dem heutigen Arbeitsmarkt wären Teilzeitbeschäftigungen in der Regel einfacher
zu bekommen als Vollzeitbeschäftigungen. Deshalb hätte es der Gesetzgeber für ausreichend erachtet, dem Arbeitnehmer Teilarbeitslosengeld
für eine kürzere Anspruchsdauer als bei normalem Arbeitslosengeld zuzubilligen. Die gemäß §
127 Abs.
2 SGB III verlängerte Bezugsdauer des Klägers ende gemäß §
117 Abs.
2 SGB III mit dem 31. August 2004, dem Kalendermonat, in dem der Kläger sein 65. Lebensjahr vollendet habe.
Der Kläger habe in der Zwischenzeit bis zum 31. August 2002 eine halbe BAT-Stelle in der Jugendmusikschule S. innegehabt, danach bis 31. August 2004 (Vollendung des 65 Lebensjahres) eine variable
Teilzeitstelle (ca. ein Fünftel BAT) in D.. Seit dem 1. September 2002 beziehe er eine vorgezogene 2/3-Altersrente und ab 1. September 2004 eine Vollrente.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 2003 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.
Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger
Teilarbeitslosengeld auch für die Zeit vom 30. März 2002 bis einschließlich 31. August 2002 zu gewähren.
hilfsweise,
den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht mit Vorlagebeschluss, wonach die Dauer des Anspruches auf Teilarbeitslosengeld
gemäß §
150 Abs.
2 Nr.
3 SGB III gegen Art.
3 GG und § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz verstoße, gemäß Art.
100 GG zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend bringt sie vor, die Ausführungen des Klägers bezüglich des Teilzeitarbeitsmarktes seien nicht nachvollziehbar,
denn gerade bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit gebe es einen Teilzeitarbeitsmarkt und auf diesem Teilzeitarbeitsmarkt
sei es tatsächlich in der Regel einfacher, eine Teilzeitbeschäftigung zu bekommen als eine Vollzeitbeschäftigung. Gerade die
vorliegende Fallgestaltung biete die klassische Grundlage dafür, dass der Gesetzgeber dem Arbeitnehmer Teilarbeitslosengeld
für eine kürzere Anspruchsdauer als beim normalen Arbeitslosengeld habe zubilligen wollen. Es komme auch nicht darauf an,
ob die Beklagte in der Lage sei, dem Kläger einen Arbeitsplatz zu vermitteln. Denn der Kläger habe in diesem Zusammenhang
auch Eigenbemühungen um einen neuen Arbeitsplatz zu tätigen, wenn und solange er Arbeitslosengeld von der Beklagten beanspruche.
Immerhin könne er 6 Monate lang einen Ersatz für die Teilzeitstelle suchen und habe neben dem Arbeitsentgelt aus der fortbestehenden
Teilzeitbeschäftigung - ohne Anrechnung - Anspruch auf Teilarbeitslosengeld, berechnet nach dem ausgefallenen Teilzeitentgelt.
Nachdem hier gerade der klassische Fall eines Verlustes einer Teilzeitbeschäftigung vorliege, sei dem Antrag auf Aussetzung
des Rechtsstreits und Vorlage beim Bundesverfassungsgericht entgegen zu treten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten
sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach §
144 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegt nicht vor. Der Beschwerdewert in Höhe von 500 EUR ist überschritten. Der Kläger begehrte bei Berufungseinlegung im
Ergebnis die Weiterzahlung von Teilarbeitslosengeld für die Zeit ab 30. März 2002 bis einschließlich 31. August 2004, also
für einen Zeitraum von 2 Jahren und 5 Monaten. Bei einem wöchentlichen Leistungssatz von zuletzt 33,81 EUR ist damit der Beschwerdewert
von 500 EUR bei einem Betrag in Höhe von ca. 4.260 EUR überschritten.
II. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat in rechtmäßiger Weise Teilarbeitslosengeld entsprechend
der gesetzlichen Regelung für maximal 180 Kalendertage bewilligt und auch ausgezahlt, weshalb auch das SG zu Recht die Klage abgewiesen hat.
1.
Anspruch auf Teilarbeitslosengeld hat gemäß § 150 Abs. 1
SGB I in der seit 1. Januar 1998 unverändert geltenden und auch hier in den Jahren 2001/2002 maßgeblichen Fassung ein Arbeitnehmer,
der
1. teilarbeitslos ist,
2. sich teilarbeitslos gemeldet und
3. die Anwartschaftszeit für Teilarbeitslosengeld erfüllt hat.
Für das Teilarbeitslosengeld gelten gemäß §
150 Abs.
2 S. 1
SGB III die Vorschriften über das Arbeitslosengeld und für Empfänger dieser Leistung entsprechend, soweit sich aus den Besonderheiten
des Teilarbeitslosengelds nichts anderes ergibt, mit folgenden Maßgaben:
1. Teilarbeitslos ist, wer eine versicherungspflichtige Beschäftigung verloren hat, die er neben einer weiteren versicherungspflichtigen
Beschäftigung ausgeübt hat, und eine versicherungspflichtige Beschäftigung sucht (S. 2).
2. Die Anwartschaftszeit für das Teilarbeitslosengeld hat erfüllt, wer in der Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist von 2 Jahren
neben der weiterhin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung mindestens 12 Monate eine weitere versicherungspflichtige
Beschäftigung ausgeübt hat. Für die Teilarbeitslosengeld-Rahmenfrist gelten die Regelungen zum Arbeitslosengeld über die Rahmenfrist
entsprechend.
3. Die Dauer des Anspruchs auf Teilarbeitslosengeld beträgt 6 Monate.
Die Nrn. 4 und 5 betreffen die Zuordnung in die Lohnsteuerklasse sowie die Regelungen zum Erlöschen des Anspruchs.
Auf der Grundlage dieser gesetzlichen Regelung hat die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise mit Bescheid vom 20. Dezember
2001 Teilarbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 180 Kalendertagen bewilligt und auch entsprechend dieser Regelung bis
einschließlich 29. März 2002 ausgezahlt.
Diese gesetzliche Regelung ist entgegen der Auffassung des Klägers auch verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz
nach Art.
3 GG.
Art.
3 Abs.
1 GG verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen
keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE
72, 141, 150; 67, 231, 236 m. w. N.).
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG gebietet (anders formuliert) dem Gesetzgeber, unter steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken wesentlich Gleiches gleich
und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365, 385 mit Hinweis auf BVerfGE 1, 14, 52; 13, 46, 53; stRspr). Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber allerdings nur verpflichtet,
wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise
nicht unberücksichtigt bleiben darf (vgl. BVerfGE 98, 365, 385 mit Hinweis auf BVerfGE 1, 264, 275 ff.; 67, 70, 85 ff.). Bei der Ordnung von Massenerscheinungen können typisierende und generalisierende Regelungen notwendig
sein. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden, wenn die Benachteiligung nur eine kleine Zahl
von Personen betrifft und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfGE 98, 365, 385 mit Hinweis auf BVerfGE 79, 87, 100; 91, 93, 115). Stehen die wirtschaftlichen Folgen einer solchen Regelung jedoch in einem Missverhältnis zu den mit der
Typisierung verbundenen Vorteilen, so genügt diese dem Maßstab des Art.
3 Abs.
1 GG nicht (BVerfG aaO. mit Hinweis auf BVerfGE 21, 12, 27 ff.; 48, 227, 229).
Mit der Einführung des Teilarbeitslosengeldes hat der Gesetzgeber die Rechtsstellung derjenigen Arbeitnehmer verbessert, die
mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen nebeneinander ausgeübt haben und eine oder mehrere verlieren, aber trotzdem
immer noch versicherungspflichtig beschäftigt sind. Sie würden ohne die Einführung eines Teilarbeitslosengeldes trotz Beitragszahlung
kein Arbeitslosengeld bekommen, da sie im Rechtssinne nicht arbeitslos sind (§
118 Abs.
1 Nr.
2 SGB III). Ihnen bietet das Teilarbeitslosengeld für eine begrenzte Zeit (6 Monate) einen angemessenen Ersatz des wegen der eingetretenen
Teilarbeitslosigkeit ausgefallenen Arbeitsentgelts (vgl. Brandt in Niesel,
SGB III §
150 Rdnr. 1 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien).
Im Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Reformgesetz - AFRG) ist hierzu ausgeführt (BT-Drucksache 13/4941 S. 181 zu § 151):
Die neue Regelung soll Arbeitnehmern, die eine von mehreren nebeneinander ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigungen
verlieren, durch das Teilarbeitslosengeld für eine begrenzte Zeit einen angemessenen Ersatz des wegen der eingetretenen Teilarbeitslosigkeit
ausfallenden Arbeitsentgelts bieten. Damit wird eine Lücke im System der Arbeitslosenversicherung für Personen geschlossen,
die mehrere Beschäftigungsverhältnisse nebeneinander ausüben.
Nach bisherigem Recht war der Bezug von Arbeitslosengeld ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer eine von zwei Beschäftigungsverhältnissen,
die beide die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit begründeten, verlor, da er mit dem verbleibenden Beschäftigungsverhältnis
die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit nicht erfüllte.
Die Befristung des Anspruchs soll dem Arbeitnehmer für einen angemessenen Zeitraum die Möglichkeit bieten, einen der verlorenen
Beschäftigung gleichwertigen Ersatz zu finden. Gelingt dieses dem Teilarbeitslosen nicht, so kann davon ausgegangen werden,
dass der Arbeitsmarkt für entsprechende Tätigkeiten verschlossen ist (zu § 151 zu Nummer 3).
Wie und in welchem Umfang der Gesetzgeber die Rechtsstellung der Teilarbeitslosen in diesem Sinne verbessert (wenn er das
will), liegt in seinem gesetzgeberischen Ermessen. Er ist auch von Verfassungs wegen keineswegs verpflichtet, die gesetzliche
Ausformung des Teilarbeitslosengeldes in jeder Hinsicht derjenigen des Arbeitslosengeldes anzugleichen. Da es um unterschiedliche
Lebenssachverhalte, nämlich um Vollarbeitslosigkeit zum einen und (bloße) Teilarbeitslosigkeit zum anderen, geht, darf er
daran anknüpfend eine differenzierte Regelung treffen. Das gilt nicht nur für die Entstehung und den Umfang des jeweiligen
Anspruchs, sondern auch für die Gründe, die zum Erlöschen des Anspruchs führen.
Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Klägers eine andere Behandlung des Teilzeitarbeitslosen gegenüber dem Vollzeitarbeitslosen
auch vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass der Teilzeitarbeitslose neben der Teilzeitarbeitslosigkeit noch weiterhin Einnahmen
aus weiteren Teilzeitbeschäftigungen hat, folglich der Einnahmeausfall beim Teilzeitarbeitslosen nicht so gravierend ist wie
bei einem Vollzeitbeschäftigten, der seine Vollzeittätigkeit komplett verliert und damit auch vollständig jegliche Einnahmen
aus Arbeit. Die folglich ungleichen Sachverhalte rechtfertigen es damit auch diese ungleich zu behandeln, nämlich der Gestalt,
dass anders als beim Arbeitslosengeld beim Teilarbeitslosengeld die Anspruchsdauer grundsätzlich auf 180 Kalendertage (6 Monate)
beschränkt ist. Besonders ist hier des Weiteren zu berücksichtigen, dass gerade der Bereich der Musiklehrer fast ausschließlich
durch Teilzeitbeschäftigungen geprägt ist, wie sich nicht nur beispielhaft im Fall des Klägers selbst zeigt, der zeitweise
insgesamt 3 Teilzeitbeschäftigungen hatte, nämlich neben den zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung weiterhin bestehenden Beschäftigungsverhältnissen
bei der Musikschule W./S. und der Musikschule D. noch bis zum 30. September 2001 die weitere Tätigkeit bei der Musikschule
M.. Daher ist zur Überzeugung des Senats der Gesetzgeber - wie sich auch den Materialien entnehmen lässt - in durchaus vertretbarer
Weise davon ausgegangen, dass im Teilzeitbereich auch für den Betroffenen eine wesentlich größere Möglichkeit besteht, kurzfristig
die eingetretene Lücke wieder zu schließen, weshalb es auch vor diesem Hintergrund gerechtfertigt ist, den Leistungszeitraum
beim Teilarbeitslosengeld auf 180 Tage zu beschränken.
Nicht außer Acht gelassen werden kann auch, dass gerade die vom Kläger angesprochenen Regelung in §
127 Abs.
2 SGB III (in der Zwischenzeit wird diese Regelung mit Wirkung zum 1. Januar 2005 durch Hartz IV deutlich gekürzt), wonach ältere Arbeitnehmer,
die auch entsprechend lange in Beschäftigungsverhältnissen standen, eine entsprechend längere Anspruchsdauer für Arbeitslosengeld
für sich in Anspruch nehmen können, zum einen vor dem Hintergrund gesehen werden muss, dass gerade ältere Arbeitnehmer erfahrungsgemäß
größere Schwierigkeiten haben, wieder in ein neues Arbeitsverhältnis zu gelangen und es deswegen als gerechtfertigt angesehen
wurde, diesen im Hinblick auf ihre lange Beitragszahlung und ihr Lebensalter für eine längere Zeit Arbeitslosengeld zu gewähren.
Der Kläger kann zwar auf der einen Seite für sich auch in Anspruch nehmen, zum Zeitpunkt der Kündigung des Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses
bei der Musikschule M. zum 30. September 2001 schon 62 Jahre alt gewesen zu sein und auch eine entsprechende längere Beschäftigungsdauer
geltend machen zu können. Auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen, dass anders als im Ausgangsfall eines entsprechenden
Arbeitslosen im vergleichbaren Alter und mit vergleichbarer Vorbeschäftigungszeit, der sein Vollzeitarbeitsverhältnis verloren
hat, der Kläger gerade noch zwei weitere Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse nach wie vor inne hatte und aus diesen auch weiterhin
entsprechendes Arbeitsentgelt erzielen konnte.
Weiter zu berücksichtigen ist, dass ausweislich der oben zitierten Begründung im Gesetzesentwurf der Grund für die Befristung
des Anspruches auf sechs Monate die Annahme war, dass dieser Zeitraum eine angemessene Zeit darstellt, einen der verlorenen
Beschäftigung gleichwertigen Ersatz zu finden. Andernfalls ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers davon auszugehen, dass
der Arbeitsmarkt für entsprechende Tätigkeiten verschlossen ist.
In diesem Zusammenhang ist auch noch darauf hinzuweisen, dass es sich gerade bei den Beschäftigungen für Musikschullehrer
fast ausschließlich um Teilzeitarbeitsverhältnisse handelt. Dem Senat ist dies aus eigener Kenntnis bekannt (der Berichterstatter
ist - wie er in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat - als Gemeinderat seiner Heimatgemeinde Mitglied in der Verbandsversammlung
des mit einer Nachbargemeinde gegründeten Zweckverbandes Musikschule). Vor diesem Hintergrund ist die vom Gesetzgeber getroffene
Einschätzung, dass bei einem Teilzeitarbeitslosen ein Zeitraum von sechs Monaten als ausreichend und angemessenen angesehen
wird, um innerhalb dieser Zeit ein Ersatzbeschäftigungsverhältnis wieder zu erlangen, jedenfalls für die Berufsgruppe der
Musiklehrer, der der Kläger angehört, nicht zu beanstanden.
Die vom Kläger gewünschte Verlängerung der Bezugsdauer von Teilarbeitslosengeld würde ihn aber im Vergleich zu den Vollzeitarbeitslosen
in ungerechtfertigter Weise besser stellen. Denn diesen ist nach Ablauf des sechsten Monats der Arbeitslosigkeit jede Beschäftigung
zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen höher ist als das Arbeitslosengeld. Ein bisher vollzeitbeschäftigter Musiklehrer
müsste die vom Kläger weiterhin ausgeübten Teilzeitarbeitsverhältnisse in S. und D. annehmen und sich damit zufrieden geben.
Während der Vollzeitarbeitslose nur 60 % seines bisherigen Nettoentgelts als Arbeitslosengeld erhält, verbleiben dem Kläger
aus den zwei von ihm weiterhin ausgeübten Arbeitsverhältnissen mehr als 60 % seiner bisherigen Nettobezüge, so dass ein zusätzliches
Teilarbeitslosengeld ihn noch länger und damit unverhältnismäßig besser stellen würde. Jedenfalls wird der Kläger durch die
Bezugsdauer von nur sechs Monate im Vergleich zu den anderen Arbeitlosen nicht benachteiligt.
Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass zur Überzeugung des Senates das Teilzeitarbeitslosengeld vom Sachverhalt nicht
vergleichbar den Fällen eines Arbeitslosengeldes aufgrund des Verlustes einer Vollzeittätigkeit ist, weshalb auch die unterschiedliche
Anspruchsdauer aus den oben genannten Gründen gerechtfertigt ist und keinesfalls einen Verstoß gegen Art.
3 GG darstellt, weshalb der Senat auch keine Veranlassung gesehen hat, die Streitsache auszusetzen und dem Verfassungsgericht
gemäß Art.
100 GG vorzulegen.
2. Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass der Kläger bis 31. August 2002 eine halbe BAT-Stelle in der Jugendmusikschule S.inne hatte, danach bis 31. August 2004, dem Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres,
eine variable Teilzeitstelle (ca. ein Fünftel BAT) in D.. Zusätzlich bezieht er seit dem 1. September 2002 eine vorgezogene 2/3-Altersrente und ab 1. September 2004 eine Vollrente.
Im Hinblick darauf dürfte dem Kläger ohnehin Teilarbeitslosengeld - wenn man überhaupt seiner Argumentation bezüglich einer
längeren Bezugsanspruchsdauer folgen wollte - bis maximal 31. August 2002 zugestanden haben. Denn ab dem 1. September 2002
wäre aufgrund der vorgezogenen 2/3-Altersrente gemäß §
142 Abs.
1 S. 1 Nr.
4 SGB III der Anspruch zum Ruhen gekommen, da diese Regelung auch für Teilrenten (§
42 SGB VI) gilt.
Im Streit steht somit lediglich noch der Zeitraum vom 30. März 2002 bis einschließlich 31. August 2002 (also 5 Monate bzw.
ca. 22 Wochen) was bei einer wöchentlichen Leistung in Höhe von 33,81 EUR einen Betrag in einer Größenordnung von ca. 700
EUR ausmachen würde.
Aus all diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.