Auswirkungen der Laborreform in der Vertragsärztlichen Versorgung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Gesamthonoraranspruch des Klägers für das Quartal 4/99 im Hinblick auf die zum 1. Juli 1999
in Kraft getretene Laborreform streitig.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Laboratoriumsmedizin in U./D. an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten teil.
Er wird ausschließlich auf Überweisung tätig und erbringt ganz überwiegend Leistungen des Kapitels O III des Einheitlichen
Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM).
Die Umsatzzahlen und Fallzahlen der vom Kläger betriebenen Praxis stellen sich für die Primär- und Ersatzkassen betreffend
wie folgt dar:
Quartal Fallzahl Honorar Honorar Summe in DM Fallwert in DM
Primärkassen Ersatzkassen
1/97 16.239 609.805,18 270.314,45 880.119,63 54,20
2/97 15.936 611.941,40 264.990,19 876.931,59 55,02
3/97 15.619 659.655,29 287.030,94 946.686,23 60,61
4/97 16.769 773.137,57 336.416,47 1.109.554,04 66,17
1/98 16.346 735.297,62 294.496,36 1.029.793,98 62,99
2/98 15.415 714.382,55 311.229,73 1.025.612,28 66,53
3/98 15.867 697.727,09 293.467,26 991.194,35 62,47
4/98 16.772 790.288,22 345.791,52 1.136.079,74 67,74
1/99 16.439 691.541,70 300.531,80 992.073,50 60,35
2/99 15.609 665.193,37 294.925,95 960.119,32 61,51
3/99 12.061 345.801,96 146.343,13 492.145,09 40,80
4/99 13.102 368.893,37 150.414,80 519.308,17 39,64
1/00 13.864 422.339,91 165.593,10 587.933,01 42,41
2/00 12.695 394.687,46 150.950,36 545.637,82 42,98
Zum 1. Juli 1999 wurde die sog. Laborreform durchgeführt. Leitgedanke dieser Reform war, bei gleicher Leistungsqualität stärkere
Anreize zum medizinisch notwendigen Umgang mit Laborleistungen zu geben und die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit den
Veranlassern zuzuordnen. Im Zusammenhang damit wurden folgende Gebührennummern eingeführt:
Geb.-Nr. 3450
Laborgrundgebühr, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit Ausnahme von Überweisungsfällen mit Auftragsleistungen
(aufgeschlüsselt nach Arztgruppen)
Mit der Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 sind für die aufgeführten Arztgruppen die ärztlichen Leistungen des Kapitels O mit
Ausnahme der Kosten für die laboratoriumsmedizinischen Analysen abgegolten. Diese Kosten sind nach den vertraglich vereinbarten
Kostenbeträgen neben der Laborgrundgebühr oder für sich allein berechnungsfähig (vgl. Kostenliste für allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen-
Anhang zu Abschnitt OI/OII - Geb.-Nrn. 3500 bis 3890 EBM)
Geb.-Nr. 3452
Wirtschaftliche Erbringung und/oder Veranlassung von Leistungen des Kapitels O, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit
Ausnahme von Überweisungsfällen mit Auftragsleistungen
(aufgeschlüsselt nach Arztgruppen)
Ergänzt werden diese neu geschaffenen Abrechnungsgebühren durch ein Laborbudget, das in Kapitel O I/II EBM "Allgemeine Laboruntersuchungen"
bzw. wortgleich in Kapitel O III EBM "Spezielle Laboruntersuchungen" wie folgt lautet:
Für die Kosten eigenerbrachter, von Laborgemeinschaften bezogener oder als Auftragsleistung überwiesener kurativ-ambulanter
Laboratoriumsuntersuchungen nach dem vertraglichen Anhang zu Abschnitt O I/II (bzw. O III) wird je Arztpraxis (Abrechnungsnummer)
und Abrechnungsquartal eine begrenzte Gesamtpunktzahl gebildet, deren Höhe sich aus dem Produkt aus arztgruppenbezogener Fallpunktzahl
und der Zahl kurativ-ambulanter Fälle der Arztpraxis ergibt. In die Berechnung der begrenzten Gesamtpunktzahl gehen nicht
ein alle Überweisungsfälle zur ausschließlichen Erbringung von Leistungen der Kapitel O und P, kurativ-ambulante Behandlungsfälle
zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen und Fälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitels
U - mit Ausnahme der Pauschalerstattungen nach Nrn. 7180, 7181 und 7215 - abgerechnet werden.
Dieser Gesamtpunktzahl steht ein Punktzahlvolumen gegenüber, das sich aus der Umrechnung der DM-Beträge der eigenerbrachten,
bezogenen oder überwiesenen kurativ-ambulanten Laboratoriumsuntersuchungen des vertraglichen Anhangs zu Abschnitt O I/II ergibt.
Die Umrechnung in Punkte erfolgt (1999) durch Multiplikation mit dem Faktor 13,5 für das OI/OII Labor bzw. 16,1 für das O
III Labor, wobei auf ganze Zahlen auf- oder abgerundet wird.
Überschreitet die Summe dieser Punkte die begrenzte Gesamtpunktzahl der Arztpraxis, werden die überschreitenden Punkte von
dem dieser Praxis zustehenden Punktzahlvolumen, das sich aus Nr. 3452 ergibt, abgezogen.
Bei der Berechnung der begrenzten Gesamtpunktzahl und bei der Berechnung des Punktzahlvolumens nach Satz 3 bleibt die Zahl
der Behandlungsfälle mit den nachfolgend aufgeführten Krankheitsfällen (hier in der vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2001 gültigen
Fassung) unberücksichtigt:
Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen,
orale Antikoagulantientherapie Mukoviszidose, präoperative Labordiagnostik vor ambulanten oder belegärztlichen Eingriffen
in Narkose oder in rückenmarksnaher Regionalanästhesie, chronische Niereninsuffizienz mit einer endogenen Kreatinin-Clearance
> 25ml/min, Erkrankungen unter systemischer Zytostatika-Therapie und/oder Strahlentherapie, Nachsorge nach Organtransplantation
oder Transplantation von Knochenmark (auch Zellseparation) unter immunsuppressiver Therapie, therapiebedürftige HIV-Infektionen,
manifester Diabetes mellitus, rheumatoide Arthritis (PCP) einschließlich Sonderformen und Kollagenosen unter immunsuppressiver
oder immunmodelierender Langzeit- Basistherapie.
Daneben sind unter anderem für die Ärzte für Laboratoriumsmedizin folgende weitere Geb.-Nrn. geschaffen worden:
Geb.-Nr. 3454
Grundpauschalen für Ärzte für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Transfusionsmedizin und ermächtigte
Fachwissenschaftler der Medizin bei Probeneinsendung, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit Auftragsleistung(en) des Kapitels
O
für bis zu 6000 Behandlungsfälle mit Auftragsleistungen des Kapitels O 65 Punkte
für den 6001. bis 12.000. Behandlungsfall mit Auftragsleistungen des Kapitels O 10 Punkte
für jeden weiteren Behandlungsfall mit Auftragsleistungen des Kapitels O 2 Punkte
Geb.-Nr. 3456
Grundpauschale für Ärzte aus nicht in Nr. 3454 aufgeführten Arztgruppen bei Probeneinsendungen, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall
mit Auftragsleistung(en) des Kapitels O
für bis zu 12.000 Behandlungsfälle mit Auftragsleistungen des Kapitels O 15 Punkte
für jeden weiteren Behandlungsfall mit Auftragsleistungen des Kapitels O 3 Punkte
Bei Gemeinschaftspraxen ist die fallzahlbezogene Abstaffelung der Grundpauschalen nach den Nrn. 3454 und 3456 je beteiligten
Arzt anzuwenden.
Bei Gemeinschaftspraxen zwischen den in den Nrn. 3454 und 3456 genannten Arztgruppen ist für die Höhe der Leistungsbewertung
und Abstaffelung die Regelung nach Nr. 3454 anzuwenden.
Die Leistungen nach den Nrn. 3450, 3454 und 3456 sind im Behandlungsfall nicht nebeneinander berechnungsfähig.
Bezüglich der Leistungen ab den Nrn. 3500 (allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen) beziehungsweise 3901 (spezielle Laboratoriumsuntersuchungen)
wurden Festbeträgen in DM (bzw. jetzt in EUR) aufgenommen.
Es wurden zur Absicherung der Laborreform folgende Änderungen des Bundesmantelvertrages vorgenommen:
- Beschränkung der Überweisungsart zur Durchführung von Laborleistungen auf die art- und umfangs- bzw. indikationsdefinierte
Auftragsleistung - § 24 BMV-Ä
- Einführung eines eigenen Abrechnungsscheines für Labor-Auftragsleistungen (Muster 10) - § 24 BMV-Ä
- Wegfall der Möglichkeit des Bezuges von Laborleistungen von anderen Vertragsärzten und der an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Einrichtungen - § 25 BMV-Ä
- Definition der Laborgemeinschaft - § 25 Abs.. 3 BMV-Ä.
Die Honorare des Klägers für die Quartale 3/99 und 4/99 waren erheblich niedriger als im jeweiligen Vorjahresquartal:
Quartal 3/98: 991.470,12 DM
Quartal 3/99: 487.985,05 DM
Veränderung: - 52,04 %
Quartal 4/98: 1.156.585,11 DM
Quartal 4/99: 519.308,17 DM
Veränderung: - 55,10 %
Der Kläger erhob am 16. Mai 2000 Widerspruch gegen den Honorarbescheid für das hier streitige Quartal 4/99 vom 17. April 2000.
Zur Begründung machte er geltend, die Vergütungsregelungen seien hinsichtlich der Höhe der Kostensätze rechtswidrig. Bei Laborleistungen
seien die Kosten je Leistungseinheit von der Leistungsmenge abhängig. Bei der Ermittlung der Kostensätze ab 1. Juli 1999 sei
man von einer bestimmten Leistungsmenge ausgegangen, wobei man angenommen habe, dass es infolge der Änderung des Vergütungssystems
zu einem Mengenrückgang um etwa 15 % kommen werde. Tatsächlich sei die Leistungsmenge jedoch generell um 40 bis 50 % zurückgegangen,
in seiner Praxis sogar um 53 %. Wegen des Fixkostenanteils seien die Kostensätze nun deutlich zu niedrig. Hinzu komme, dass
die Beklagte in ihrem Bereich die Einsparungen im Labor auf andere Arztgruppen umverteile, insbesondere über die Privilegierung
des Wirtschaftlichkeitsbonus. Dies sei willkürlich. Insbesondere fehle eine Differenzierung zwischen Eigenleistungen erbringenden
Ärzten und auftragsgebundenen Laborfachärzten (bzw. Fachwissenschaftlern).
Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Südwürttemberg (Rechtsvorgängerin der Beklagten) wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 19. Juli 2000 zurück. Seit der Einführung der Laborreform habe der Kläger tatsächlich einen eklatanten Honorarverlust
zu verzeichnen. Richtig sei auch, dass der Bewertungsausschuss die Kostensätze mit Wirkung zum 1. Januar 2000 um 24 % angehoben
habe, in Anerkennung dessen, dass die zunächst zugrunde gelegten Kostensätze zu niedrig gewesen seien. Für die Quartale 3/99
und 4/99 müsse sich die Beklagte jedoch an die Vorgaben des EBM halten. Weder der EBM noch der HVM der Beklagten erlaube eine
höhere Vergütung.
Hiergegen hat der Kläger am 1. August 2000 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die zum 1. Juli 1999 eingeführten und im streitigen Quartal zugrunde gelegten
Kostensätze der O III-Laborleistungen seien zu niedrig, was ihn als Laborarzt besonders hart treffe und unzumutbar und daher
auch rechtswidrig sei. Der Laborreform habe eine Untersuchung der Firma M. & Co mit dem Abschlussbericht vom 30. April 1998
zugrunde gelegen. Daraus ergebe sich, dass 90 % des Gesamthonorars im Bereich des Speziallabors auf den Kostenanteil und 10
% auf den ärztlichen Anteil entfielen. Die Vergütung der Parameter habe man auf der Grundlage der durchschnittlichen Gesamtkosten
der 50 % kostengünstigsten Praxen errechnet, was bedeute, dass von vorneherein die überwiegende Anzahl der Praxen jedenfalls
ohne einen Anpassungszeitraum nicht kostendeckend habe wirtschaften können. Ferner hätten den Kalkulationen bestimmte "Serienlängen"
zugrunde gelegen, die sich aufgrund des tatsächlichen Mengenrückgangs als zu hoch erwiesen hätten. Es sei unbestritten, dass
die ab 1. Juli 1999 eingeführten Kostensätze zu niedrig gewesen seien. Der Bewertungsausschuss habe daher am 16. Februar 2000
mit Wirkung ab 1. Januar 2000 einen prozentualen Aufschlag in Höhe von 24 % bei den Kosten der O III-Leistungen beschlossen
(Deutsches Ärzteblatt 2000, Jg.97, Heft 9, S. A-555 ff.). Außerdem seien zum 1. April 2000 zusätzliche Ausnahmeindikationen
beschlossen worden, bei deren Vorliegen die in Auftrag gegebenen Laboruntersuchungen nicht auf die Budgets angerechnet würden.
Ergänzend müsse berücksichtigt werden, dass zum 1. Juli und teilweise bereits zum 1. April 1999 zusätzlich zu den Budgets
und zum Vergütungssplitting eine Reihe weiterer, die Honorare der Laborärzte senkender Maßnahmen beschlossen worden sei (Höchstwertregelungen,
Abstaffelungen, Versandkosten).
Aus all dem ergebe sich, dass die Höhe der Kostenerstattungen im streitigen Quartal missbräuchlich niedrig festgesetzt worden
sei. Bei einer Pauschalerstattung komme es zwar grundsätzlich nicht darauf an, ob sie im Einzelfall die konkreten Kosten abdecke.
Im vorliegenden Fall sei sie aber, gemessen am typischen Aufwand, missbräuchlich niedrig und betreffe zudem den Kernbereich
der Tätigkeit der Laborärzte. Dies müssten die betroffenen Ärzte auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erprobungsregelung
hinnehmen. Das ergebe sich schon daraus, dass Kostenerstattungen nur entweder richtig oder falsch berechnet sein könnten.
Jedenfalls sei aber hier von vornherein klar gewesen, dass angesichts der komplexen und neuartigen Regelungen die tatsächlichen
Auswirkungen nur mit einem ganz erheblichen Unsicherheitsfaktor hätten prognostiziert werden können. Der Normgeber hätte deshalb
Regelungen vorsehen müssen, um schwerwiegende Folgen aufzufangen. Außerdem habe bereits die Firma M. & Co in ihrem Abschlussbericht
vom 30. April 1998 darauf hingewiesen, dass ein Teil der Kosten nur mittelfristig abbaubar sei, und deshalb eine schrittweise
Einführung der Mengenbegrenzung empfohlen. Den betroffenen Ärzten sei also von vorneherein ein "Gegensteuern" nicht mit sofortiger
Wirkung möglich gewesen.
Der Beklagten sei es auch durchaus möglich, diese Situation zu berücksichtigen. So hätte beispielsweise die KV Nordrhein in
ihrem HVM arztgruppenbezogene Teiltöpfe für Laborärzte beibehalten. Aufgrund des Rückgangs bei den Kostenerstattungen seien
die Punktwerte für die ärztlichen Leistungen erheblich angestiegen und somit die negativen Auswirkungen von vornherein begrenzt
worden. Andere Kassenärztliche Vereinigungen, etwa die KV Nordbaden, hätten den pauschalen Aufschlag von 24 % auf die Kostenerstattungen
auf das zweite Halbjahr 1999 ausgedehnt und weitere KVen schließlich hätten Vergleichslösungen gefunden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, bei den zum 1. Juli 1999 vorgenommenen Änderungen des Kapitels
O habe sich der Bewertungsausschuss im Rahmen des ihm bei der Normsetzung zustehenden Ermessens gehalten. Die bisherige Regelung
sei unbefriedigend gewesen. Die Menge der OIII-Laborleistungen sei von 1988 bis 1996 jährlich um 12,5 % angewachsen, ohne
dass dies sachlich zu belegen gewesen wäre. Dem habe der Bewertungsausschuss entgegen treten dürfen. Die beschlossenen Maßnahmen
seien auch geeignet das Ziel zu erreichen. Sie seien schließlich auch sachgerecht, eine deutliche Reduzierung der Vergütung
sei durchaus beabsichtigt gewesen. Selbst wenn die Neuregelung im typischen Fall dazu geführt haben sollte, dass die Kosten
des Laborarztes kaum oder nicht mehr voll gedeckt worden seien, wäre sie jedenfalls in den ersten Quartalen nicht rechtswidrig
oder nichtig. In einem solchen Fall habe der Bewertungsausschuss nach §
87 Abs.
2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuches - Krankenversicherung - (
SGB V) zu reagieren und die erforderlichen Korrekturen zu treffen. Daher habe er zum 1. Januar 2000 die Vergütung auf der Kostenseite
um 24 % angehoben. Die Gültigkeit der Regelung für die Quartale 3/99 und 4/99 werde hierdurch jedoch nicht berührt. Von einer
missbräuchlichen Verfahrensweise des Bewertungsausschusses könne nicht die Rede sein. Die Neuregelung sei nach umfangreichen
Vorarbeiten erfolgt. Aus der bereits im Frühjahr 1999 erfolgten Kritik an den beabsichtigten Maßnahmen ergebe sich noch nicht,
dass die Prognosen tatsächlich unrichtig gewesen seien. Denn im Laufe von Neuregelungen von Gebührenordnungsvorschriften würden
von interessierter Seite regelmäßig Gegenrechnungen aufgestellt. Unter diesen Umständen habe die Laborreform jedenfalls als
Erprobungsregelung im streitigen Quartal Bestand. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, in ihrem HVM Regelungen zum
Ausgleich der Honorareinbußen im zweiten Halbjahr 1999 zu schaffen. Betroffen seien die Laborärzte nur für die Dauer von zwei
Quartalen. Der Bewertungsausschuss selbst habe insoweit keine Notwendigkeit für eine rückwirkende Korrektur gesehen, auch
die Beklagte sehe diese Notwendigkeit nicht.
Mit Urteil vom 25. September 2002 hat das SG der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, über die Honoraransprüche des Klägers erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung
des SG zu entscheiden. Das SG hat hierbei die Auffassung vertreten, dass, ausgehend von den vom BSG aufgestellten Grundsätzen zur nur sehr eingeschränkten
Überprüfungsbefugnis bezüglich der normativen Bestimmungen des EBM wie auch der vom BSG ferner in weitem Umfang anerkannten
so genannten Anfangs- und Erprobungsregelung, die zum 1. Juli 1999 in Kraft getretene Laborreform nicht schon deshalb rechtswidrig
sei, weil die Kostensätze des Speziallabors auf der Basis der kostengünstigeren Hälfte der Praxen und ohne längere Übergangsfristen
kalkuliert worden seien. Dies erscheine durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt. Zu nennen seien hier die hohen Steigungsraten
der Speziallabors in den Jahren vor der Laborreform einerseits und die Ziele der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven
sowie der Mengenbegrenzung, genauer der Mengenreduzierung, andererseits.
Auch müsse nach Auffassung des SG der Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung bei der Prüfung der Laborreform hinsichtlich der Kostensätze, um die
es hier vorrangig gehe, nicht von vorneherein außer Betracht bleiben. Das Gegenteil ergebe sich auch nicht daraus, dass betriebswirtschaftliche
Berechnungen nur entweder falsch oder richtig sein könnten. Denn hier seien Berechnungen auf der Basis von Prognosen erforderlich
gewesen, die zwangsläufig unsicher gewesen seien. Diese Unsicherheit hätte wie bei jeder Prognose sogar dann bestanden, wenn
an den Rahmenbedingungen nichts geändert worden wäre. Aufgrund der tief greifenden Neuregelungen sei die Unsicherheit sehr
hoch gewesen und hätten die einzelnen Kostensätze zwangsläufig Erprobungscharakter.
Der Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung sei auch nicht deshalb von vorneherein ausgeschlossen, weil strukturell
unzulässige Regelungen bereits zur Rechtswidrigkeit der Reform führen würden, ohne dass es auf die Auswirkungen infolge zunächst
unüberschaubarer tatsächlicher Einwirkungen ankomme. Eine solche rechtliche Situation sei nicht gegeben. Insbesondere wende
sich der Kläger im vorliegenden Verfahren auch überhaupt nicht gegen die Neuregelung insoweit, als sie zu einem Rückgang der
Leistungsmenge geführt habe; er mache nur die Rechtswidrigkeit der Vergütung geltend.
Indessen könne im vorliegenden Fall die Rechtmäßigkeit der im streitigen Quartal geltenden Kostensätze der Leistungen des
Speziallabors bzw. des von der Beklagten insgesamt festgesetzten Honorars nicht mit dem Argument der Anfangs- und Erprobungsregelung
begründet werden. Diese Anfangs- und Erprobungsregelung sei mit einer Beobachtungs- und ggf. Nachbesserungspflicht des Normgebers
verbunden. In den bisher in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen sei die Nachbesserungspflicht auf die Zukunft bezogen
worden und dem Betroffenen zugemutet worden, bis dahin ein höheres Maß an Nachteilen in Kauf zu nehmen (mit Hinweis auf BSG
SozR 3 - 2500 § 85 Nr. 26). Die Auswirkungen der Neuregelung der Vergütung von Laborleistungen ab 1. Juli 1999 seien für die
betroffenen Laborärzte aber derart krass gewesen, dass eine Korrektur nur mit Wirkung für die Zukunft nicht ausreiche. Es
sei zwischen den Beteiligten unstreitig und bedürfe auch keiner näheren Begründung, dass die tatsächliche Entwicklung ab dem
Quartal 3/99 anders als vermutet verlaufen sei. Während mit einem Mengenrückgang von 15 % kalkuliert worden sei, sei es tatsächlich
sofort zu Rückgängen zwischen 40 % und 50 %, beim Kläger sogar um mehr als 50 % gekommen. Es bedürfe daher auch keiner weiteren
Darlegung, dass damit die Kalkulation der Kostensätze nicht mehr gestimmt habe. Das ergebe sich schon aus dem Beschluss des
Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000, mit dem ausdrücklich Korrekturen vorgenommen wurden, weil "der Leistungsmengenrückgang
der Leistungen des Speziallabors sowie die daraus resultierenden Honorarverluste für Labore höher sind als erwartet". Dabei
seien die Kostensätze ganz erheblich erhöht worden, nämlich um einen pauschalen prozentualen Aufschlag in Höhe von 24 %, und
seien zusätzlich (ab 1. April 2000) die aufgrund bestimmter Indikationen nicht auf das Budget anzurechnenden Leistungen ausgeweitet
worden. Die extreme Abweichung der tatsächlichen Auswirkungen von der Prognose habe nicht nur einzelne Leistungen oder Randbereiche
betroffen sondern vielmehr den ganz überwiegenden Teil des Gesamthonorars der Laborärzte. Die anlässlich der Laborreform durchgeführten
Kostenanalysen hätten für den O III-Bereich einen Kostenanteil von 90 % ergeben. Schließlich seien auch alle und nicht nur
einzelne Laborärzte betroffen gewesen.
Die Korrektur durch den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16. Februar 2000 sei (ohne nähere Begründung) erst mit Wirkung
ab 1. Januar 2000 erfolgt. Aus den jedoch oben dargelegten Gründen sei die Vergütungsregelung für Laborärzte, wie sie hier
im Falle des Klägers im streitigen Quartal angewendet worden sei, trotz des relativ kurzen Zeitraums ihrer Anwendung von einem
halben Jahr rechtswidrig und hätte eine rückwirkende Änderung erfordert. Denn bei den hohen Umsatzzahlen selbst eines relativ
kleinen Speziallabors, wie es der Kläger betreibe, seien die Verluste in absoluten Zahlen beträchtlich und seien zudem plötzlich
eingetreten, sodass auch irgendwelche unternehmerische Reaktionen erst mit Verzögerung in Betracht gekommen wären.
Das SG lasse im übrigen offen, auf welche Weise die rückwirkende Nachbesserung zu geschehen habe. Da es um eine rückwirkende Maßnahme
für einen beschränkten Zeitraum gehe, mit der letztlich wirtschaftlich unzumutbare Auswirkungen für einen außerdem kleinen
Kreis von Ärzten ausgeglichen werden sollten, erscheine es nicht zwingend, dass dies nur durch Änderung des EBM geschehen
könne. Aufgrund des Zusammenwirkens von EBM und HVM erscheine die Nachbesserung sowohl auf der EBM-Ebene als auch auf der
HVM-Ebene möglich.
Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 21. Februar 2003 zugestellte Urteil am 14. März 2003 Berufung eingelegt.
Zur Begründung macht die Beklagte geltend, entgegen der Auffassung des SG sei die vom Bewertungsausschuss beschlossene Neuregelung der Vergütung der Laborleistungen zum 1. Juli 1999 rechtmäßig. Dies
gelte insbesondere für die allein streitige Festsetzung der Kostensätze für den analytischen Honoraranteil. Dies habe unter
dem Gesichtspunkt des Anfangs- und Erprobungsrechts des Bewertungsausschusses im streitgegenständlichen Zeitraum Bestand.
Bei der zum 1. Juli 1999 vorgenommenen Änderung des Kapitels O habe sich der Bewertungsausschuss im Rahmen des ihm bei der
Normsetzung zustehenden Ermessens gehalten. Die bisherige Regelung habe nicht mehr befriedigt, die Laborleistungen, insbesondere
auch die im O III-Bereich, hätten erhebliche Kosten mit steigender Tendenz verursacht. Schon wie sich aus dem vom Kläger selbst
vorgelegten Bericht der KBV ergebe, sei die Menge an O III-Leistungen von 1996 bis 1998 jährlich um 12,5 % angewachsen, ohne
dass die Berechtigung dieser Leistungsexplosion sachlich zu belegen gewesen wäre. In Südwürttemberg habe die Leistungsmengenausweitung
vom Quartal 4/97 zum Quartal 4/98 sogar um die 39 % betragen. Der Bewertungsausschuss sei aus Rechtsgründen nicht gehindert
gewesen, dieser Entwicklung entgegen zu treten. Auch habe die Absicht der Senkung der Laborkosten um 15 % einer zulässigen
Steuerungsabsicht entsprochen. Die vom Bewertungsausschuss beschlossenen Maßnahmen, insbesondere die Aufteilung in einen ärztlichen
und einen analytischen Honoraranteil und die Einführung erbringer- und veranlasserbezogener Budgets mit Bonussystem sei auch
geeignet dieses Ziel zu erreichen. Sie hätten nach Art und Inhalt den Vorgaben des §
87 SGB V entsprochen und seien gerade auch in dieser Form sachgerecht. Zu Recht habe das SG zunächst auch auf die ständige Rechtsprechung des BSG zu dem nur eingeschränkten Überprüfungsrecht durch die Gerichte verwiesen
und ebenso darauf, dass das BSG in ständiger Rechtsprechung in weitem Umfang Anfangs- und Erprobungsregelungen anerkenne,
nach denen dem Normgeber - EBM- oder HVM-Geber - bei der Neuregelung komplexer Materien auch unter diesem Gesichtspunkt ein
Gestaltungsspielraum zustehe, weil sich häufig bei Erlass der maßgeblichen Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen
Einzelheiten übersehen ließen und daher auch gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen zunächst hingenommen werden
müssten.
Das SG habe auch noch überzeugend dargelegt, dass die Laborreform nicht schon deshalb rechtswidrig sei, weil die Kostensätze des
Speziallabors auf der Basis der kostengünstigeren Hälfte der Praxen und ohne längere Übergangsfristen kalkuliert worden seien.
Dies erscheine durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt, wie die hohen Steigerungsraten der Speziallabors in den Jahren vor
der Laborreform einerseits und die Ziele der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven sowie der Mengenbegrenzung, genauer
der Mengenreduzierung andererseits.
In keiner Weise überzeugend seien aber die Ausführungen im weiteren des SG-Urteils, wonach das Anfangs- und Erprobungsrecht des Bewertungsausschusses, welches die Rechtmäßigkeit der Kostensätze im
streitgegenständlichen Quartal begründen würde, verneint worden sei. Erstaunlich sei hierbei, dass das SG zuvor selbst die Argumente geliefert habe, die das Vorliegen einer Anfangs- und Erprobungsregelung belegten. So führe es
auf Seite 9 seiner Urteilsgründe aus, dass es im vorliegenden Fall nicht um betriebswirtschaftliche Berechnungen gehe, die
entweder nur richtig oder nur falsch sein könnten. Denn hier seien vielmehr Berechnungen auf der Basis von Prognosen erforderlich
gewesen, die zwangsläufig unsicher gewesen seien. Diese Unsicherheit hätte wie bei jeder Prognose sogar dann bestanden, wenn
an den Rahmenbedingungen nichts geändert worden wäre.
Letztlich lehne das SG das Vorliegen einer Anfangs- und Erprobungsregelung nur deshalb ab, weil in den bisherigen in der Rechtsprechung entschiedenen
Fällen die Nachbesserungspflicht auf die Zukunft bezogen und dem Betroffenen zugemutet worden sei, bis dahin ein höheres Maß
an Nachteilen in Kauf zu nehmen. Hier aber müsse nach Auffassung des SG eine Aufhebung für die Vergangenheit zwingend erfolgen, da die Laborärzte besonders krass betroffen gewesen seien.
Dies sei aber nach Auffassung der Beklagten eine reine ex post - also nachträgliche Betrachtung - die bei der Frage, ob ein
Anfangs- und Erprobungsrecht des Bewertungsausschusses bestehe, völlig außer Betracht zu bleiben habe. Maßgeblich sei vielmehr
allein die ex ante Sicht. Aus dieser heraus habe der Bewertungsausschuss weder sachwidrig noch rechtsmissbräuchlich gehandelt
noch eine von vorneherein strukturell unzulässige Maßnahme getroffen. Der Bewertungsausschuss habe eine von zahlreichen Faktoren
abhängige Prognoseentscheidung treffen müssen. Die komplexe Neuregelung und so auch die Festlegung der analytischen Honoraranteile
sei erst erfolgt, nachdem gründliche Untersuchungen der Verhältnisse und Vergleichsberechungen gemeinsam mit Laborspezialisten
und Kostenexperten vorgenommen worden seien. Der Kläger mache es sich zu einfach, wenn er dieses Argument mit der Begründung
entkräften möchte, dem Bewertungsausschuss hätten schon im Frühjahr 1999 Zahlen vorgelegen, aus denen sich die Unrichtigkeit
seines Rechenwerkes ergeben habe. Denn im Laufe von Neuregelungen von Gebührenordnungsvorschriften würden von interessierter
Seite regelmäßig Gegenrechnungen aufgestellt, was auch das SG in seinem Urteil nicht bezweifle. Es sei dem Bewertungsausschuss nicht zu verdenken, wenn er sich diesen gegenüber zurückhaltend
verhalte. Einzelnen frühzeitigen Berichten aus Laborarztpraxen über die Auswirkungen der Laborreform habe nur Hinweischarakter
beigemessen werden können, solange repräsentative Daten gefehlt hätten. Hierzu führe die KBV auf Seite 3 ihrer Stellungnahme
vom 19. Dezember 2001 an das SG Stuttgart unter Ziffer 3 in Bezug auf die auch im dortigen Verfahren zitierte Ausarbeitung
von Merten/Früh, die beweisen wolle, dass die Auswirkungen der Laborreform exakt vorhersehbar gewesen seien, folgendes aus:
Die Auswertung einer einzelnen Laborarztpraxis sei nicht repräsentativ, die Auswahlkriterien der Einsender je Arztgruppe seien
nicht beschrieben und die Autoren hätten nicht dargelegt, ob und in welchem Umfang in den hohen Fallwerten unwirtschaftliche
Leistungen enthalten seien. Weiterhin würden die hohen Prozentwerte für prognostizierte Umsatzeinbußen wenig aussagen, wenn
die Ausgangsbasis nicht definiert sei. Ein überdurchschnittlicher Mengenrückgang könne auf Unwirtschaftlichkeit in der Vergangenheit
beruhen, die als Folge der Einführung der veranlasserbezogenen Budgets abgestellt worden sei. Ferner zeige die Arbeit von
Merten/Früh lediglich Möglichkeiten, die unter den Bedingungen der untersuchten Praxis eintreten könnten, für eine Verallgemeinerung
der Prognose fehle aber eine ausreichende Datengrundlage. Schließlich sei die häufig behauptete und auch von Merten/Früh erwartete
Verschlechterung der medizinischen Versorgung durch die Laborbudgetierung nicht belegt.
Der konkrete Einfluss bzw. das genaue Ausmaß der Auswirkungen auf die Serienlängen sei für den Bewertungsausschuss nicht vorhersehbar
gewesen. Erstmals sei eine veranlasserbezogene Budgetierung mit Sanktionen auch für Laboranalysen eingeführt worden, die der
Arzt nicht selbst erbringe, sondern an einen anderen Arzt überweise. Das Verhalten der veranlassenden Ärzte unter diesen neuen
Bedingungen habe nicht prognostiziert werden können, weshalb die Vertragsparteien in einer gemeinsamen Empfehlung beschlossen
hätten, die Auswirkungen der Laborreform sorgfältig zu analysieren und ggf. weitere Maßnahmen zu beschließen. Zu diesem Zweck
seien nach den Ausführungen der KBV Schnellauswertungen in zwei KVen vereinbart worden, die erst im Januar 2000 ergeben hätten,
dass die Untersuchungszahlen nach Einführung der Laborreform durchschnittlich stärker zurückgegangen seien als erwartet. Damit
hätten die auf Leistungshäufigkeiten des Jahres 1998 beruhenden Berechnungsgrundlagen insbesondere bei hochmechanisierten
und bisher häufig erbrachten Analysen nicht mehr zugetroffen, woraufhin mit befristeter Wirkung ab 1. April 2000 der 24-prozentige
Aufschlag für O III-Analysen beschlossen worden sei. Da also erste Abrechnungsergebnisse des Quartals 3/99 erst im Januar
2000 verfügbar gewesen seien, sei eine frühere Korrektur als zum 1. Januar 2000 nicht möglich gewesen.
Zu Recht weise die KBV in ihrer Stellungnahme unter Ziffer 2 c auch darauf hin, dass nicht übersehen werden dürfe, dass die
Serienlänge ein steuerbarer Kostenfaktor sei. Wenn beispielsweise bisher 50 täglich eingehende und am selben Tag untersuchte
Proben eine kostengünstige Serienlänge darstellten, und wenn beispielhaft eine Halbierung der Untersuchungszahlen eingetreten
sei, so bestünde weiterhin im Wesentlichen die gleiche Kostensituation, wenn unter den neuen Bedingungen die 50 Proben jeden
zweiten Tag untersucht würden.
Auch die Unternehmensberatung M. habe durch die Einführung der veranlasserbezogenen Mengenbegrenzung bei vollständiger Realisierung
lediglich einen Umsatzrückgang von 15 % prognostiziert (S. 6 des Abschlussberichts). Dass McKinsey eine zunächst schrittweise
Einführung empfohlen habe, stehe dem Erprobungsrecht des Bewertungsausschusses nicht entgegen. Denn hierbei handele es sich
lediglich um eine Empfehlung. Es liege im gestalterischen Ermessen des Bewertungsausschusses, von dieser Empfehlung abzuweichen,
weil es sinnvoll erschienen sei, die erstrebte Laborreform zum 1. Juli 1999 als seit langem angekündigtes und öffentlich diskutiertes
Maßnahmebündel mit mehreren Zielsetzungen - wie sämtliche EBM-Reformen auch - in einem Zug und nicht als Einzelregelungen
in größeren Zeitabschnitten nacheinander, also in ihrer vollen Wirkung einzuführen, da dann die genauen Auswirkungen am schnellsten
und sichersten sichtbar würden.
Eine deutlichere Reduzierung der Vergütung der Laborleistungen durch die Laborreform sei nach dem oben gesagten durchaus beabsichtigt
gewesen. Dass die Neuregelung dabei über das vom Bewertungsausschuss angestrebte Ziel hinaus gegangen sei, mache es im Erprobungszeitraum
nicht rechtswidrig. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG hätten die betroffenen Vertragsärzte in diesem Zeitraum auch
deutliche Schieflagen im Honorarbereich hinzunehmen (mit Hinweis auf Clemens in Medizinrecht 2000, S. 23). Daher sei es entgegen der Ansicht des SG unschädlich, dass von der Neufestsetzung der Laborkosten alle Laborärzte in nicht unbeträchtlicher Höhe betroffen worden
seien und diese beim Kläger im streitgegenständlichen Quartal sogar zu einer Reduzierung seines Honorar um 55 % im Vergleich
zum Vorjahresquartal geführt habe. Dass obendrein angesichts der gleich bleibenden Gesamtvergütung mit diesem Verlust bei
den Laborärzten ein entsprechender Zuwachs bei anderen Arztgruppen verbunden gewesen sei, sei dem vertragsärztlichen System
immanent und könne entgegen der Auffassung des SG kein zusätzliches Argument für die Rechtswidrigkeit der Vergütung der Laborleistungen im Quartal 4/99 sein.
Der Bewertungsausschuss sei der ihm im Rahmen seines Anfangs- und Erprobungsrechts treffenden Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht
nachgekommen, in dem er bereits ab 1. Januar 2000 eine Korrektur seiner Bewertung vorgenommen habe, indem er einen pauschalen
prozentualen Aufschlag auf die Kostensätze des Abschnitts O III EBM in Höhe von 24 % beschlossen habe. Damit seien die Laborärzte
lediglich für die Dauer von zwei Quartalen, also für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, betroffen gewesen. Nach alledem
sei damit die konkrete Festsetzung der Kostensätze für den analytischen Honoraranteil vom Anfangs- und Erprobungsrecht des
Bewertungsausschusses gedeckt und deshalb die Schaffung und Anwendung einer rückwirkenden Auffangregel weder auf EBM- noch
auf HVM-Ebene erforderlich.
Zu dem noch vom Kläger angesprochenen Gesichtspunkt der Mischkalkulation verkenne dieser, dass mit deren Begriff lediglich
dem generalisierenden Charakter der Schätzung des Bewertungsausschusses Rechnung getragen werden solle, die eben einen größeren,
nicht völlig homogenen Kreis in die Bewertung einbezogen habe und nicht nur Labors mit völlig identischem Leistungsverhalten
und damit exakten Kostenaufwand pro Parameter.
Es sei auch daran festzuhalten, dass die Serienlänge in nicht unbeträchtlichem Umfang steuerbar sei. Es möge zwar sein, dass
manche Proben wegen Eilbedürftigkeit nicht angesammelt werden könnten. Bei zahlreichen anderen Proben sei dies aber durchaus
der Fall.
Schließlich habe entgegen der Auffassung der Kläger M. eine schrittweise Einführung nur empfohlen, keineswegs aber für unabdingbar
erklärt. Daher sei auch nicht zu beanstanden, wenn der Bewertungsausschuss aus den bereits dargestellten, für eine sofortige
Umsetzung sprechenden Rechtsgründen diesen den Vorrang vor betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gegeben habe. Schließlich
sei der Bewertungsausschuss auch nicht gehalten, für den Fall, dass die von ihm getroffene Regelung zu einer höheren Honorareinbuße
als 15 % führen würde, Auffangregelungen zu treffen. Eine solche Auffangregelung hätte es erschwert, den mit der Laborreform
beabsichtigten Zweck zu erreichen, da sie den Druck der Praxen, auf kostengünstige Leistungserbringung zu achten, erheblich
gemindert hätte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. September 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückweisen,
hilfsweise
unter Abänderung des angefochtenen Urteils, den angefochtenen Honorarbescheid für das Quartal 4/1999 vom 17.04.2000 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen über seine Honoraransprüche
erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden,
sowie
die Revision zuzulassen,
weiter hilfsweise
1) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass die Kostenerstattungen für die Laboranalysen des Abschnitts
O III EBM nach den Vertragsgebührenordnungen in der am 01.07.1999 in Kraft getretenen Fassung unter Zugrundelegung der Durchschnittskosten
der 50 % kostengünstigeren der untersuchten Laborarztpraxen vereinbart worden sind
durch
a) Auswertung des Abschlussberichts der Unternehmensberatung M. & Co vom 30.04.1998 für die Kassenärztliche Bundesvereinigung,
bereits vorgelegt
b) Einholung einer amtlichen Auskunft des Bewertungsausschusses, einzuholen über die Geschäftsführung des Bewertungsausschusses,
Kassenärztlichen Bundesvereinigung, vertreten durch den Vorstand, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
2) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass mit den aufgrund der Durchschnittskosten der 50 % kostengünstigeren
der untersuchten Laborarztpraxen vereinbarten Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen aus mathematisch betriebswirtschaftlich
zwingenden Gründen 75 % der Facharztpraxen zum Kalkulationszeitpunkt nicht kostendeckend arbeiten konnten
durch
Sachverständigengutachten.
3) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass zwischen der Zahl der in Auftrag gegebenen Laboranalysen
und der zur Kostendeckung erforderlichen Höhe der Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen aufgrund der vorhandenen, nicht
kurzfristig absenkbaren Fix- oder Overhead-Kosten ein mathematisch betriebswirtschaftlicher Zusammenhang dergestalt besteht,
dass bei einem Rückgang der Zahl der angeforderten Laboranalysen die Kosten für die Durchführung der einzelnen Analysen steigen
und deshalb auch die Höhe der Kostenerstattungen steigen muss
durch
Sachverständigengutachten.
4) Es soll Beweis erhoben werden, über die Behauptung des Klägers, dass die Kostenerstattungen für die Laboranalysen des Abschnitts
O III EBM nach den Vertragsgebührenordnungen in der im zweiten Halbjahr 1999 gültigen Fassung für ein wirtschaftlich arbeitendes
Facharztlaboratorium in typischen Fällen durchschnittlich um 29 % zu niedrig bemessen gewesen seien
durch
Sachverständigengutachten.
5) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass es im zweiten Halbjahr 1999 zu einem Rückgang der Meldungen
für meldepflichtigen Erkrankungen beim Robert-Koch-Institut gekommen sei
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft des Robert-Koch-Instituts, Nordufer 20, 13353 Berlin.
6) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass der Rückgang der Positiv-Meldungen über meldepflichtige
Erkrankungen beim Robert-Koch-Institut im zweiten Halbjahr 1999 nur durch die Nichtdurchführung von Laboruntersuchungen bei
an anmeldepflichtigen Erkrankungen leidenden Patienten im zweiten Halbjahr 1999 verursacht worden sein kann
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft des Robert-Koch-Instituts, Nordufer 20, 13353 Berlin.
7) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, das bundesweite Durchschnittseinkommen aus vertragsärztlicher
Tätigkeit habe im Jahr 1999 je Arzt bei 75.000 Euro p. a. gelegen,
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, vertreten durch den Vorstand, Herbert-Lewin-Plazt
2, 10623 Berlin.
8) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass im zweiten Halbjahr 1999 bundesweit die Honorarumsätze
bei Fachärzten von Laboratoriumsmedizin und für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie um 40 - 45 % zurückgegangen sind
durch
Zeugnis des Herrn Dr. med. A. K., zu laden über die Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
9) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge bereits
vor Inkrafttreten der so genannten Laborreform am 01.07.1999 auf das Risiko von höheren als der beabsichtigten Rückgänge der
Leistungsmenge und der daraus resultierenden Folgen für die notwendige Höhe der Kostenerstattungen hingewiesen worden sind
durch
a) Zeugnis des Herrn Dr. med. A. K., zu laden über die Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
b) Zeugnis des Herrn Dr. med. K. L., L..
10) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass die so genannten Fis- oder Overhead-Kosten erst mit
erheblicher zeitlicher Verzögerung von einem Facharztlaboratorium abgebaut werden können
durch
Sachverständigengutachten.
11) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass eine Kalkulation von Kostenerstattungen oder Bewertungen
ärztlicher Leistungen nach den Durchschnittskosten der 50 % kostengünstigeren der leistungserbringenden Praxen außerhalb der
Kalkulation der Kostenerstattungen des Abschnitts O EBM a. F. bisher nicht erfolgt ist.
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft des Bewertungsausschusses, einzuholen über die Geschäftsführung des Bewertungsausschusses,
Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
12) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass für den Fall nicht einkalkulierter Rückgänge der Menge
der angeforderten Laboranalysen von den Parteien der Vertragsgebührenordnungen aufgrund der durch derartige Mengenrückgänge
reduzierten Ausgaben für Kostenerstattungen Auffangregelungen betreffend die Höhe der Kostenerstattungen dergestalt hätten
vereinbart werden können, dass bei Unterschreitung der kalkulierten Leistungsmengen proportional pauschale Zuschläge auf die
Kostenerstattungen in Kraft gesetzt worden wären, ohne dass dies die beabsichtigten Gesamtausgaben und die vereinbarten Einsparungen
von 15 % der Kosten für O III-Leistungen des EBM a. F. beeinflusst hätte
durch
Einholung eines Sachverständigengutachtens.
13) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass im zweiten Halbjahr 1999 durch die Neufassung des
Kapitel O EBM und die Vertragsgebührenordnungen keine Einsparungen zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen, sei es in Form
von Reduzierung der Gesamtvergütungen, sei es in Form der Finanzierung zusätzlicher Leistungen oder in sonstiger Weise erzielt
worden sind, die dem tatsächlichen Rückgang der Leistungsmenge und der damit einhergehenden Ausgabenreduzierungen für Laboranalysen
entsprechen
durch
Einholung amtlicher Auskünfte
- der AOK Baden-Württemberg, Heilbronner Straße 184, 70191 Stuttgart,
- BKK Landesverband Baden-Württemberg, Stuttgarter Straße 105, 70806 Kornwestheim.
14) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, die Kassenärztliche Vereinigung Nordbaden habe im zweiten
Halbjahr 1999 wegen der Rückgänge der Menge der Laboranalysen und der nicht kostendeckenden Höhe der Kostenerstattungen für
die Laboranalysen nach den Vertragsgebührenordnungen pauschale Aufschläge auf die Kostenerstattungen für die Laboranalysen
in Höhe von 24 % gezahlt.
durch
Zeugnis des Herrn Dr. med. G. G., M..
15) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, im Zuständigkeitsbereich der KV Nordrhein sei der Rückgang
der Zahl der Laboranalysen und die dadurch verursachten Honorarumsatzrückgänge und Kostenunterdeckungen im zweiten Halbjahr
1999 mittels eines höheren Punktwerts für die laborärztlichen Leistungen in dem gebildeten arztgruppenbezogenen Teilbudget
kompensiert worden
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft der KV Nordrhein, vertreten durch den Vorstand, Emanuel-Leutze-Str. 8, 40547 Düsseldorf.
16) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Klägers, dass - ebenso wie ab dem I. Quartal 2000 - das mit der
so genannten Laborreform verfolgte Einsparziel von 15 % der Ausgaben für Laborleistungen auch bei einer pauschalen Aufstockung
der Kostenerstattungen für die Laboranalysen im zweiten Halbjahr 1999 um 24 % erreicht worden wäre
durch
Sachverständigengutachten.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers verwahren sich gegen die Beweislast und verweisen auf den Beschluss der 2. Kammer
des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22.10.2004 (1 BvR 550/04), demzufolge das erkennende Gericht unabhängig von etwaigen Beweisanträgen anhand objektiver Kriterien festzustellen hat,
ob der Normgeber sich innerhalb der bestehenden Grenzen des Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 bewegt und ob er zutreffend
typisiert und pauschaliert hat.
Der Kläger hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Im Weiteren macht er unter anderem wie bereits im Klageverfahren geltend, dass im Hinblick darauf, dass man
für die Festsetzung der Kostenerstattungen die Durchschnittskosten der 50 % kostengünstigeren der untersuchten Laborarztpraxen
festgesetzt habe, betriebswirtschaftlich zwingend zum Kalkulationszeitpunkt 75 % der Laboratorien nicht kostendeckend hätte
arbeiten können. Es möge zwar auch ein zulässiges Ziel sein, die existierenden Praxen zur Rationalisierung zu bewegen, die
zur Erreichung der Kostenquoten der 25 % kostengünstigsten Laboratorien führten. Da diese Maßnahmen jedoch nicht kurzfristig
erfolgen könnten, rechtfertige ein solches Rationalisierungsziel eine entsprechende Kostenkalkulation nur bei einer entsprechend
langen vorherigen offiziellen Vorankündigung. Diese sei nicht erfolgt. Unter diesen Umständen hätten die Kostenerstattungen
nur stufenweise mit entsprechenden Fristen auf das Niveau des Durchschnitts der 50 % kostengünstigeren Praxen festgesetzt
werden dürfen.
Im Übrigen habe der durch die Laborbudgets im Zusammenspiel mit dem Wirtschaftlichkeitsbonus (Geb.-Nr. 3452 EBM) gesetzte
ökonomische Anreiz zur Unterlassung von Laboruntersuchungen bundesweit dazu geführt, dass medizinisch indizierte Untersuchungen
nicht mehr in Auftrag gegeben worden seien. Dies belege der Rückgang der Meldungen für meldepflichtige Erkrankungen beim Robert-Koch-Institut,
Berlin im zweiten Halbjahr 1999.
Die starken Rückgänge der Zahl der Untersuchungsaufträge hätten des Weiteren dazu geführt, dass die mit einer höheren Leistungsmenge
kalkulierten Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen auch für kostengünstige Laboratorien nicht kostendeckend gewesen seien.
Die Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen seien aufgrund der Leistungsmengen des Jahres 1996 kalkuliert worden. Der tatsächlich
eingetretene Rückgang der Leistungsmenge um 40 bis 50 % sei nicht einkalkuliert gewesen. Den Einfluss der Serienlänge auf
die in DM- bzw. Euro-Beträgen erforderlichen Kostenerstattungen könne an zwei Beispielen verdeutlicht werden:
Beispiel 1: Serienlänge 100
a) anteilige Fixkosten (Geräte, Raummiete, Personal, etc.): 550,00 EUR
b) positive und negative Kontrolle: 50,00 EUR
c) variable Kosten: 4,00 EUR pro Test x 100: 400,00 EUR
insgesamt: 1.000,00 EUR :100 = 10,00 EUR Kosten je Untersuchung
Beispiel 2: Serienlänge 50
a) anteilige Fixkosten: 550,00 EUR
b) positive und negative Kontrolle: 50,00 EUR
c) variable Kosten 4,00 EUR pro Test x 50: 200,00 EUR
insgesamt: 800,00 EUR :50 = 16,00 EUR Kosten je Untersuchung
Diese Beispiele verdeutlichten, dass bei einer Halbierung der Serienlänge die in festen DM-Beträgen kalkulierten Kosten wesentlich
höher sein müssten.
Auf das Risiko einer weit höheren Reduzierung der Leistungsmenge als beabsichtigt und auf die Auswirkungen dieser Mengenreduzierung
auf die notwendige Höhe der Kostenerstattungen seien die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge bereits vor In-Kraft-Treten
der Laborreform hingewiesen worden. Bereits vor dem In-Kraft-Treten der Laborreform sei ein dahingehender Beitrag von Merten/Früh
veröffentlicht worden (Aufsatz aus Der Internist 3/99, S. M73 ff., der bereits im SG-Verfahren vorgelegt worden sei). Auch habe der Berufsverband der Laborärzte im Gespräch mit Vertretern der KBV auf die drohenden
Verwerfungen hingewiesen.
Ferner habe die Unternehmensberatung M. bereits in ihrem Abschlussbericht vom 30. April 1998 allein schon mit Rücksicht auf
die angestrebte Reduzierung von ca. 15 % eine schrittweise Einführung der Mengenbegrenzung empfohlen, da ein Teil der Kosten
nur mittelfristig abbaubar sei.
Zumindest aber hätten die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge angesichts des schlicht mathematisch-betriebswirtschaftlichen
Zusammenhangs von Serienlänge und notwendiger Höhe der Kostenerstattungen und des bekannten Risikos der Leistungsmengenrückgänge
Auffangregeln treffen müssen. Problemlos hätte etwa geregelt werden können, dass bei einem Leistungsmengenrückgang um 25 %
ein pauschaler Aufschlag auf die Kostenerstattung von 10 % und beim Mengenrückgang von 40 % ein pauschaler Aufschlag von 24
% auf die Kostenerstattung vorgesehen worden wäre. Derartige Instrumente seien zur Abschöpfung von Wirtschaftlichkeitsvorteilen
aufgrund des bekannten Zusammenhangs zwischen Serienlänge und notwendiger Höhe der Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen
auch im Rahmen der Neufassung des Kapitels O EBM eingesetzt worden. Insbesondere sehe der letzte Absatz der Einleitung zum
Abschnitt O III EBM in Satz 2 eine pauschale Abstaffelung der Kostenerstattungen in DM um 20 %, wenn eine Arztpraxis mehr
als 450.000 Leistungen nach den Geb.-Nrn. 3901 bis 4823 im Quartal abrechne vor. Eine entsprechende Zuschlagsregelung für
die Kostenerstattungen wäre - aufgrund ihres Eingreifens nur im Falle eines Rückgangs der Serienlänge und der damit zwingend
einhergehenden Reduzierung der Ausgaben für die Kostenerstattungen - kostenneutral und - auch und gerade wegen der im zweiten
Halbjahr 1999 unveränderten Höhe der Gesamtvergütungen - ohne Risiko für das Honorar anderer Arztgruppen möglich gewesen.
Auffangregelungen wären auch umso mehr deshalb erforderlich gewesen, weil der Bewertungsausschuss nicht nur zum 1. Juli 1999
neben den Budgets, der Neukalkulation der Kostenerstattungen und den Abstaffelungsregelungen zusätzlich noch verschiedene
Höchstregelungen für Untersuchungen in den EBM eingeführt habe, sondern zuvor schon zum 1. April 1999 die Leistungslegende
der gerade für Laborfachärzte wie den Kläger bedeutsamen Pauschalerstattungen für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie
Versendung bzw. für den Transport von Untersuchungsmaterial (GNR 7103 EBM) neu gefasst und die Regelungen über die Auftragserteilung
präzisiert hatte. Die Kumulierung einer Vielzahl verschiedener Neuregelungen sowie die Einführung der Laborreform zum 1. Juli
1999 ohne Kenntnis der Auswirkungen der Neuregelungen, die schon zum 1. April 1999 eingeführt worden seien, verpflichte erst
recht zu Vorsorgemaßnahmen.
Im Übrigen habe die so genannte Laborreform im streitgegenständlichen zweiten Halbjahr 1999 lediglich zu einer Honorarumverteilung
innerhalb der Ärzteschaft geführt, nicht aber zu Einsparungen. Mit dem Gemeinwohlbelang der Erhaltung der Finanzierbarkeit
der gesetzlichen Krankenversicherung könne die Weigerung, die im zweiten Halbjahr 1999 eingetretene Unterdeckungen der Kosten
zumindest zum Teil auch auszugleichen, mithin nicht begründet werden. Dass die Beklagte sich weigere, für die Quartale 3/99
und 4/99 die zum 1. Januar 2000 pauschal eingeführte Aufstockung der Kostenerstattungen um 24 % zu zahlen, sei vor diesem
Hintergrund nicht nachvollziehbar. Die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge mögen sich im Januar 2000 bei der Entscheidung
über die Aufstockung der Kostenerstattungen von der Überlegung haben leiten lassen, dass die regionalen KVen die im zweiten
Halbjahr 1999 entstandenen Überschüsse für eine entsprechende Regelung auf regionaler Ebene verwenden würden. Andere KVen
wie etwa die KV Nordbaden hätten dies auch getan, und auf die Kostenerstattungen für Laboranalysen im zweiten Halbjahr 1999
einen pauschalen Aufschlag von 24 % vergütet.
Abgesehen davon, dass die Mittel für eine Aufstockung der Kostenerstattungen für die Laboranalysen um 24 % im zweiten Halbjahr
1999 bei der Beklagten aufgrund der in der Höhe unveränderten Gesamtvergütungen vorhanden gewesen wären, würde eine derartige
Nachvergütung nicht dazu führen, dass der Kläger den Honorarumsatz des Vorjahres erreichen würde. Es verbliebe vielmehr ein
erheblicher Honorarumsatzrückgang. So würde sich das O III-Honorar im vierten Quartal 1999 lediglich von 427.136,00 DM auf
679.724,00 DM erhöhen (im Quartal 4/98 betrug es 1.176.435,00 DM.).
Im Ergebnis sei damit festzustellen, dass die hier zugrunde gelegte Kostenkalkulation auch deshalb missbräuchlich niedrig
sei, weil eine evidente Ungleichbehandlung der verschiedenen Arztgruppen bei der Kalkulation vorliege. Denn es sei für keine
andere Arztgruppe bekannt geworden, dass Erstattungen nach dem Durchschnittswert der 50 % kostengünstigeren Praxen kalkuliert
worden wären. Es sei auch nicht ersichtlich, wie die von der Beklagten und dem SG als "sachliche Erwägungen" genannten angeblichen hohen Steigungsraten des Speziallabors in den Jahren vor der Laborreform
einerseits und die Ziele der Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven sowie der Mengenbegrenzung, genauer der Mengenreduzierung,
andererseits diese Form der Kostenkalkulation und ihre Einführung ohne Übergangsregelung als verhältnismäßig und gerechtfertigt
erscheinen lassen könnten.
Auch greife im Übrigen ein Erprobungsrecht - entgegen der Auffassung der Beklagten - hinsichtlich dieser Form der Kostenkalkulation
von vorneherein nicht ein. Denn es sei eine Tatsache, dass ein Durchschnittslabor mit den nach den Durchschnittskosten der
50 % kostengünstigeren Praxen kalkulierten Kostenerstattungen zunächst nicht kostendeckend habe arbeiten können. Ein Erprobungsrecht
greife von vorneherein nur dann ein, wenn eine unsichere Sachlage vorliege und der Normgeber die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen
ausgeschöpft habe (mit Hinweis auf Papier in: Wender/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, Band I 2. Auflage 1995,
§ 18 Rdnr. 18 m. w. N.). Das Ignorieren einer Tatsache könne daher auch in einem Normsetzungsverfahren nicht mit einem Erprobungsrecht
gerechtfertigt werden.
Unverhältnismäßig niedrig und daher rechtswidrig seine Kostenerstattungen für die Laboranalysen aber auch insoweit, als sich
die eingetretenen Rückgänge der Leistungsmenge ausgewirkt hätten. Die Rückgänge der Serienlängen hätten - wie bereits dargestellt
- zu einer zusätzlichen Kostenunterdeckung durch die Kostenerstattung geführt. Ein Erprobungsrecht könnten die Vertragsparteien
der Bundesmantelverträge für die Auswirkungen der Rückgänge der Serienlänge auf die Kostenerstattungen nicht in Anspruch nehmen.
Auch das Erprobungsrecht unterliege immanenten Grenzen. Es stelle keinen Freibrief für Normierung "ins Blaue" hinein dar,
die offenkundig drohende schwerwiegende Konsequenzen für betroffene Arztgruppen sehenden Auges in Kauf nehmen würden. Bei
bekannten Risiken und ersichtlich drohenden schwerwiegenden Auswirkungen auf die Berufsausübung der Normunterworfenen sei
vielmehr jedenfalls dann, wenn dies problemlos möglich sei, der Normgeber zu Auffangregelungen hinsichtlich der zur Erprobung
stehenden Neuregelungen verpflichtet. Denn das Erprobungsrecht diene nicht dazu, den Normgeber zu unverhältnismäßigen Eingriffen
in die Rechte Betroffener zu ermächtigen, obwohl diese vermeidbar seien. Das Erprobungsrecht könne ggf. Normierungen für einen
Übergangszeitraum rechtfertigen, deren Folgen nicht voraussehbar gewesen seien und/oder gegen deren Folgen keine Vorsorge
habe getroffen werden können. Die Verpflichtung zur Auffangregelung habe für den Bewertungsausschuss bei der Einführung der
Veranlasserbudgets und der Kostenerstattungen für die Laboranalysen in festen DM-Beträgen bestanden, nachdem sowohl der schlicht
mathematisch-betriebswirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Zahl der Untersuchungen - der so genannten Serienlänge - und
der notwendigen Höhe der Kostenerstattungen als auch das Risiko nicht beabsichtigter Mengenrückgänge bekannt gewesen sei.
Unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der EBM-Regelungen sei jedenfalls die Beklagte, der im zweiten Halbjahr 1999 die
von den Krankenkassen gezahlten Gesamtvergütungen in unveränderter Höhe zur Verfügung gestanden hätten, zu einer Nachvergütung
verpflichtet. Bei strikter Beachtung des Gleichheitssatzes hätte die Beklagte richtigerweise für die Fachärzte für Laboratoriumsmedizin
und für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie ein arztgruppenbezogenes Teilbudget bilden und dieses nach den Gesamtvergütungsanteilen
der Vorjahre - ggf. vermindert um das mit der "Laborreform" angestrebte Kürzungsvolumen von 15 % - notieren müssen. Mit einem
solchen arztgruppenbezogenen Teilbudget wären die existenzbedrohenden Auswirkungen der Neufassung des Kapitels O EBM im zweiten
Halbjahr 1999 vermieden worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten
sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund gem. §
144 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegt nicht vor. Der Kläger macht bezüglich des hier streitigen Honorarbescheides Einkommenseinbußen aufgrund der Laborreform
in einer Größenordnung von mindestens 50 %, also cirka 500.000,00 DM bzw. 255.000,00 EUR geltend.
Streitgegenstand ist der Gesamthonorarbescheid des Klägers für das Quartal 4/99 vom 17. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19. Juli 2000. Der Bescheid wurde vom Kläger in vollem Umfang angefochten. Der Kläger hat zwar zur Begründung mehrfach
darauf hingewiesen, es gehe ihm in erster Linie um die Rechtswidrigkeit der seines Erachtens zu geringen Kostenerstattung
für Leistungen des Speziallabors. Eine Beschränkung der Berufung etwa auf Abänderung der Abrechnung der GNRn. 3500 bis 3890
EBM für die technischen Untersuchungsleistungen des OI/II Labors oder der GNRn. 3901 bis 4823 EBM für die des OIII Labors,
die die konkreten Gebühren für die verschiedenen Laboruntersuchungen in DM-Beträgen festgelegt haben, ist jedoch nicht erfolgt.
Vielmehr hat der Kläger mit seinem Hilfsantrag nur allgemein eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Senats begehrt. Zwar ist auch im Vertragsarztrecht eine Teilanfechtung eines Bescheides möglich, die allerdings in dem Rechtsschutzbegehren
entsprechend zum Ausdruck kommen muss. Von einer solchen Teilanfechtung kann hier nicht ausgegangen werden, denn der Kläger
hat in seinen umfangreichen Schriftsätzen alle Aspekte der Laborreform mit unterschiedlichen Begründungen mehr oder weniger
ausführlich angegriffen. Zuletzt hat er mit dem Schriftsatz vom 21. Oktober 2005 (Bl. 74 LSG-Akte) darauf hingewiesen, dass
sich der Rechtsstreit nicht auf die Kostenerstattungen für die Laboranalysen beschränkt, sondern die Rechtmäßigkeit des angegriffenen
Bescheids umfassend gerügt werde. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm
auf Grund des gegebenen Sachverhaltes zusteht (BSG Urt. v. 23. Februar 2005 - B 6 KA 77/03 R). Die dem angefochtenen Honorarbescheid zu Grunde liegenden oder ihn beeinflussenden Gebührenvorschriften des EBM sind deswegen
vom Senat zu überprüfen, soweit sie zum 1. Juli 1999 als Folge der Laborreform neu gefasst oder neu in den EBM aufgenommen
wurden.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht der Klage stattgegeben. Die im EBM im Kapitel O I bis O III geregelte Laborreform ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Bescheid beruht auf rechtmäßigen Normsetzungsverträgen. Weder der EBM
noch der HVM der Beklagten waren im streitigen Quartal 4/99 rechtswidrig oder unvollständig.
Unstreitig ist im vorliegenden Falle, dass der angefochtene Bescheid die Honoraranforderungen des Klägers für das Quartal
4/99 sachlich und rechnerisch zutreffend wiedergibt. Beanstandet wird nicht eine fehlerhafte Anwendung der dem Honorarbescheid
zu Grunde liegenden Gebührenordnungsnummern des EBM, gerügt wird die Rechtswidrigkeit dieser Vorschriften in ihrem Zusammenspiel
als Regelungsgeflecht, weil sie bei gleichzeitiger Anwendung im Gesamtergebnis aus der Sicht des Klägers zu unzumutbaren Einkommenseinbußen
führen.
Der Bewertungsausschuss war von Gesetzes wegen berechtigt, die seit 1. Juli 1999 gültigen, hier angefochtenen Vorschriften
zu erlassen. Die Regelungen sind von gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen gerechtfertigt und halten sich innerhalb dieser
Ermächtigungsgrundlagen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht liegt nicht vor.
I. Die Vorschriften der Laborreform erweisen sich gegenüber den überweisenden Ärzten als rechtmäßig.
Wie der Senat mit Urteil vom 9. April 2003 (- L 5 KA 1753/01 -bestätigt mit Urteil des BSG vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R -in Juris; zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR und BSGE) entschieden hat, ist die Ausgestaltung des O I/II Laborbudgets
aus Sicht der Ärzte, die die Geb.-Nrn. 3450 und 3452 abrechnen können, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat entschieden,
dass es sich bei den Regelungen in Geb.-Nrn. 3450 und 3452 EBM um ein einheitliches Budget handelt. Das BSG hat diese Entscheidung
bestätigt und hierzu im Einzelnen in seinem Urteil vom 23. Februar 2005 (B 6 KA 55/03 R) ausgeführt:
Die Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 EBM-Ä, der Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM-Ä und die Abschmelzungsregelung in
den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä stehen in einem unmittelbaren Kontext. Sie stellen drei Elemente eines
einheitlichen Gebührenkomplexes dar. Die Nrn. 3450 und 3452 EBM-Ä haben dieselbe im Zusammenhang mit Laboruntersuchungen anfallenden
spezifisch ärztlichen Leistungen zum Gegenstand, nämlich die Stellung der Indikation zu und die Veranlassung von Laboruntersuchungen
sowie gegebenenfalls die Befundung und Interpretation der Laborergebnisse. Dabei knüpft Nr. 3452 EBM-Ä speziell an die Wirtschaftlichkeit
der Entscheidung, Laboranalysen zu erbringen oder zu veranlassen, an. Wirtschaftlichkeitsbonus und Abschmelzungsregelung stellen
sich als untrennbare Teile einer einheitlichen Regelung dar.
Diese Kombination von Gebührentatbeständen (Nr. 3450 und 3452 EBM-Ä) und Abschmelzungsregelung (Absätze 1 bis 4 der Präambeln
zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä) ist durch die gesetzliche Ermächtigung in §
87 SGB V in der bei Erlass der streitigen Regelung geltenden Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997
(BGBl I 1520) gedeckt.....
Für die Einführung neuer Gebührentatbestände in den Nrn. 3450 und 3452 EBM-Ä verfügte der Bewertungsausschuss über eine ausreichende
Ermächtigungsgrundlage in §
87 Abs.
2, Abs.
2a SGB V. In diesen Gebührentatbeständen erfolgte zunächst eine Bewertung ärztlicher Leistungen. Erstmals wurden die intellektuellen
Leistungen, die der behandelnde Arzt bei der Indikation zu und Veranlassung von Laboranalysen sowie der Befundung und Interpretation
von Laborergebnissen erbringt, eigenständig bewertet. Der Arzt erhält nunmehr für die Entscheidung über die Erforderlichkeit
einer Laboranalyse in jedem Behandlungsfall auch dann eine Vergütung, wenn er unter Würdigung der sonstigen Untersuchungsergebnisse
nach den Regeln der Stufendiagnostik auf eine Laboruntersuchung verzichtet. Daher wird in den Fällen, in denen es zu keiner
Laboruntersuchung kommt, nicht etwa eine Nicht-Leistung des Arztes vergütet, sondern eine fachlich-intellektuelle Leistung,
die auch dem Verzicht auf eine Laboranalyse regelmäßig vorangehen muss. Dass in den Nrn. 3450 und 3452 EBM-Ä alle ärztlichen
Leistungen im Zusammenhang mit Laboruntersuchungen in zwei Gebührentatbeständen zusammengeführt werden, entspricht §
87 Abs.
2a Satz 1
SGB V. Der vom Bewertungsausschuss gewählten Regelungstechnik steht auch nicht §
87 Abs.
2a Satz 2
SGB V entgegen. Denn in den Nrn. 3450 und 3452 werden nicht ohne medizinische Notwendigkeit Einzelleistungen aufgeführt. Vielmehr
wird ein einheitlicher Leistungskomplex aus rein technischen Gründen aufgespalten, um einen Anknüpfungspunkt für die Abschmelzungsregelung
der Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä zu erhalten. Das gleiche Ergebnis hätte auch bei der Verschmelzung
der beiden Gebührentatbestände erzielt werden können, wenn in den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä das
der Nr. 3450 EBM-Ä entsprechende Punktzahlenvolumen als Untergrenze der Abschmelzung festgeschrieben worden wäre.
Eine Bewertung ärztlicher Leistungen iS des §
87 Abs.
2 SGB V erfolgt auch durch die Abschmelzungsregelung in den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä. Bei dieser handelt
es sich um einen untrennbaren Teil des Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM-Ä, der - wie ausgeführt - wiederum zusammen
mit der Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 EBM-Ä eine Einheit bildet. Diese einheitlichen Regelungen beinhalten eine von §
87 Abs.
2 SGB V zugelassene, ergänzende Form der Leistungsbewertung zur Mengen- und Fallzahlsteuerung. Der Bewertungsausschuss ist nicht
auf einen numerus clausus von Regelungstechniken zur Mengen- und Fallzahlbegrenzung festgelegt; er ist berechtigt, das ärztliche
Leistungsverhalten auch durch solche ergänzenden Bewertungsformen zu steuern, die sich nicht als Abstaffelung iS des §
87 Abs.
2a Satz 7
SGB V oder als Obergrenze iS des §
87 Abs.
2a Satz 8
SGB V - jeweils idF des 2. GKV-NOG - qualifizieren lassen. Voraussetzung ist allerdings immer, dass eine derartige Steuerung über
die Beschreibung und Bewertung ärztlicher Leistungen erfolgt. Entgegen der Auffassung der Revision wird durch die Abschmelzungsregelung
in den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä eine Bewertung ärztlicher Leistungen vorgenommen. Eine Bewertung
ärztlicher Leistungen stellt es nämlich auch dar, wenn ihr wirtschaftlicher Wert abhängig von der Einhaltung eines Punktzahlkontingents
sinkt. Insoweit besteht zwischen Abschmelzung, Abstaffelung und Obergrenzen kein grundsätzlicher Unterschied. Allerdings erfordert
eine Bewertung, dass zwischen den ärztlichen Leistungen und dem für sie festgelegten Punktzahlkontingent ein innerer Zusammenhang
besteht. Ein solcher Zusammenhang liegt nicht nur dann vor, wenn das Kontingent aus den Punktzahlen für die jeweilige ärztliche
Leistung gebildet wird, wie das bei Abstaffelungen oder Obergrenzen der Fall ist, sondern auch dann, wenn in das Kontingent
die (weiteren) Kosten eingehen, die durch den Arzt in diesem Behandlungsfall ausgelöst werden. Dabei spielt es keine Rolle,
durch wen diese weiteren Leistungen abgerechnet werden. So wie es dem Bewertungsausschuss nicht verwehrt ist, die Veranlassung
von Leistungen, die von Dritten erbracht werden, zum Gegenstand eines Gebührentatbestands zu machen, ist er auch befugt, bei
der Bewertung der Leistung des Veranlassers die damit verursachten weiteren Kosten zu berücksichtigen. Dass es sich dabei
um eine Leistungsbewertung handelt, wird durch den durch das GKVRefG 2000 eingeführten §
87 Abs.
2c SGB V bestätigt, in dem von einer "Bewertung der Leistungen ... durch Einführung einer veranlasserbezogenen Vergütungsregelung"
die Rede war. Die hier streitige Abschmelzungsregelung kann sich allerdings auf diese mit Wirkung vom 1. Januar 2000 speziell
für medizinisch-technische Großgeräte eingeführte Bestimmung nicht stützen. Dies ändert aber nichts daran, dass veranlasserbezogene
Punktzahlkontingente nicht anders als Abstaffelungen und Obergrenzen zu den mengensteuernden Maßnahmen gehören, zu denen der
Bewertungsausschuss in §
87 Abs.
2, Abs.
2a SGB V ermächtigt ist.
Der zum 1. Juli 1999 in das Laborkapitel des EBM-Ä eingeführte Gebührenkomplex bestehend aus der Laborgrundgebühr (Nr. 3450
EBM-Ä), dem Wirtschaftlichkeitsbonus (Nr. 3452 EBM-Ä) und der Abschmelzungsregelung (Präambeln zu den Abschnitten O I/II und
O III EBM-Ä) ist nicht nur von seiner Art her durch die Ermächtigungsgrundlage in §
87 Abs.
2, Abs.
2a SGB V gedeckt, sondern entspricht auch in seiner Ausgestaltung den gesetzlichen Vorgaben und ist mit der Verfassung vereinbar.
Entgegen den Einwänden der Revision ist die Abschmelzungsregelung, die der Bewertungsausschuss in den Präambeln zu den Abschnitten
O I/II und O III EBM-Ä eingeführt hat, auch geeignet, die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern. Sie bewirkt
Anreize dahingehend, die Erbringung und Veranlassung von Laboranalysen unter Beachtung von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten,
nämlich, ob sie notwendig, zweckmäßig und ausreichend sind (vgl. §
12 Abs.
1 SGB V), zu überdenken. Diese Anreizwirkung entfaltet sie bei allen Ärzten, bei denen es nicht von vornherein ausgeschlossen ist,
dass sie das am Fachgruppendurchschnitt orientierte Punktzahlkontingent überschreiten. Ohne die Abschmelzungsregelung käme
dem Wirtschaftlichkeitsbonus dagegen keine Wirkung in der Weise zu, die Erbringung und Veranlassung von Laboranalysen unter
Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten kritisch zu prüfen.
Die Einhaltung der begrenzten Gesamtpunktzahl (iS des Absatzes 1 der Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä)
ist auch vom einzelnen Arzt beeinflussbar. Die zur Verfügung stehende Gesamtpunktmenge für Laborleistungen lässt sich nämlich
durch Vervielfältigung der praxisindividuellen Fallzahl mit den im EBM-Ä festgelegten Punktzahlen jederzeit unschwer ermitteln.
Wann dieses Punktzahlkontingent überschritten ist und die Abschmelzungsregelung greift, hängt von den Kosten der erbrachten,
bezogenen oder veranlassten Laboranalysen ab. Soweit der Arzt nicht ohnehin diese Kosten kennt, kann er auf ein hierfür eingerichtetes
Berichtssystem zurückgreifen (dazu Köhler, DÄ 1999 S A-65, 66). Es widerspricht nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot, dass der
EBM-Ä die Gewährung des Wirtschaftlichkeitsbonus nicht davon abhängig macht, dass zuvor in jedem einzelnen Behandlungsfall
geprüft wird, ob die Entscheidung über die Erbringung oder Veranlassung von Laboranalysen wirtschaftlich war. Eine derartige
Regelung wäre unpraktikabel. Es ist vielmehr zulässig, dass im EBM-Ä Durchschnittswerte zur Bestimmung eines allgemeinen Maßstabs
der Wirtschaftlichkeit herangezogen werden.
II. Der Gebührenkomplex aus Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 EBM-Ä, dem Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM-Ä und der
Abschmelzungsregelung in den Präambeln zu den Abschnitten O erweist sich auch gegenüber den Laborärzten als rechtmäßig. Sie
greifen nicht rechtswidrig in die Berufsausübungsfreiheit der Laborärzte ein.
1.) Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Regelungsgeflechtes der Laborreform ist zu beachten, dass die Laborleistungen
in Auftrag gebenden Ärzte von der Laborreform weit weniger stark betroffen werden als die Fachärzte für Laboratoriumsmedizin,
Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie (Laborärzte). Während die Laboruntersuchungen für den Hausarzt oder den Facharzt
nur einen Teil des Spektrums seiner beruflichen Tätigkeit ausmachen, in dem vom BSG entschiedenen Fall betrug der Nachteil
aus der Nichtinanspruchnahme des Wirtschaftlichkeitsbonus lediglich ca. 3 % der Gesamthonorarsumme, werden die Laborärzte,
die praktisch vollständig von Überweisungen anderer Ärzte abhängig sind, in ihrer Berufsausübung umfassend betroffen, weil
das Überweisungsverhalten ihrer Auftraggeber durch den genannten Gebührenkomplex, insbesondere den Wirtschaftlichkeitsbonus
sich erheblich verändert hat, sodass Zahl und Wert der ihnen erteilten Aufträge erheblich zurückgegangen sind, was im vorliegenden
Fall aus der Tabelle S. 2 deutlich hervorgeht.
Für die Rechtmäßigkeit der hier angegriffenen Gebührenordnungsvorschriften kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG allein darauf an, ob die Regelungen objektiv sachlich gerechtfertigt sind. Ihnen müssen objektiv ausreichende Erwägungen
zu Grunde liegen, und die zur Erreichung der verfolgten Ziele müssen angemessen sein. Auf die Überlegungen des Normgebers
im Einzelnen kommt es nicht an. Ihn trifft grundsätzlich keine Begründungspflicht (BSG Urt. v. 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03
Abschnitte 3f und 4c). Die Laborreform war bezüglich des oben genannten Gebührenkomplexes objektiv sachlich gerechtfertigt.
Sie diente der Durchsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Dies ergibt sich aus dem gesamten Zuschnitt und den Auswirkungen
der neu geschaffenen Gebührenziffern und geht auch aus den Überlegungen hervor, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung
gegenüber dem Länderausschuss niedergelegt hat (vgl. die Darlegungen über ein "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen"
SG -Akte Bl. 31 - 43).
Zu Beweggründen und Motiven des Bewertungsausschusses oder der Partner der Bundesmantelverträge sind weitere Ermittlungen
insoweit auch im Lichte der Entscheidung des BVerfG vom 22. Oktober 2004 - 1 BvR 528/04 nicht erforderlich. Diese Entscheidung verpflichtet die Gerichte lediglich, die Übereinstimmung mit den bestehenden rechtlichen
Grenzen und die Richtigkeit von Typisierungen und Pauschalierungen zu überprüfen und dabei von Amts wegen in Ermittlungen
einzutreten. Ermittlungen von Amts wegen sind aber grundsätzlich nur dort erforderlich, wo Anlass zu weiterer Prüfung besteht.
Dies ist hier bezüglich des Ziels der erhöhten Wirtschaftlichkeit im Zusammenhang mit Laborleistungen nicht der Fall, weil
dieses Ziel nicht zweifelhaft ist. Wie das BSG im Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R eingehend dargelegt hat, bestand das Ziel der Laborreform darin, dem im
SGB V an mehreren Stellen verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot auch im Bereich der Veranlassung von Laborleistungen größere Bedeutung
zukommen zu lassen. Das BSG hat dazu in dem genannten Urteil folgendes ausgeführt:
Die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung ist dem Bewertungsausschuss als Ziel der Ausgestaltung des EBM-Ä bereits allgemein
in §
12 Abs.
1, §
70 Abs.
1 und §
72 Abs.
2 SGB V vorgegeben; §
87 Abs.
2 Satz 2
SGB V bezieht sich hierauf und präzisiert die Zielvorgabe. Mit dem Ziel wirtschaftlicher Leistungserbringung hat der Gesetzgeber
dem Bewertungsausschuss auch aufgegeben, für die Wirtschaftlichkeit der Veranlassung von Leistungen zu sorgen. Dazu besteht
insbesondere deshalb Anlass, weil die Wirtschaftlichkeit der Veranlassung ärztlicher Leistungen mit den traditionellen Instrumenten
der Wirtschaftlichkeitsprüfung schwer zu beeinflussen ist. Die Abrechnung der vom Vertragsarzt selbst erbrachten ärztlichen
Leistungen wie die Veranlassung nichtärztlicher Leistungen - zB die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln - können mit einer
gewissen Praktikabilität und Effizienz nach Durchschnittswerten (vgl §
106 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) geprüft werden. Für die Veranlassung solcher Leistungen, die von anderen
Vertragsärzten erbracht und als eigene Leistungen abgerechnet werden, hat sich das bislang als kaum durchführbar erwiesen.
Da ein Vertragsarzt berechtigt ist, radiologische, pathologische und labormedizinische Leistungen an alle zugelassenen Vertragsärzte
zu überweisen, erweist sich die Zusammenfassung derartiger Leistungen, ihre Zuordnung zu einem veranlassenden Arzt und ein
daran anschließender Durchschnittsvergleich als besonders schwierig. Eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der diese Leistungen
erbringenden Radiologen, Pathologen und Laborärzte wird im Regelfall inhaltlich dadurch begrenzt, dass diese an die ihnen
erteilten Überweisungsaufträge gebunden sind und deshalb den Umfang ihrer Leistungen nur in gewissem Maße steuern können.
Um diese "Lücke" bei der Durchsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes effektiv und ohne zu großen Verwaltungsaufwand zu schließen,
darf der Bewertungsausschuss bei der Leistungsbewertung sowohl ein wirtschaftliches Verhalten des Arztes bei der Veranlassung
von (weiteren) Leistungen berücksichtigen als auch die Kosten, die er durch die Veranlassung von (weiteren) Leistungen verursacht,
in Punktzahlkontingente einbeziehen. Damit entspricht sowohl der Wirtschaftlichkeitsbonus (Nr. 3452 EBM-Ä) als auch die Abschmelzungsregelung
(Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä) grundsätzlich dem Wirtschaftlichkeitsgebot.
Einkommenseinbußen von Laborärzten als Folge eines wirtschaftlichen Verhaltens der überweisenden Ärzte sind grundsätzlich
nicht zu beanstanden. Alles andere wäre eine Vergeudung der ohnedies schon knappen Mittel. Ein Anspruch darauf, entgegen dem
allgemeinen, in §§
12 Abs.
1,
72 Abs.
2 und
92 Abs.
1 SGB V verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot des
SGB V Untersuchungen erbringen und abrechnen zu können, besteht nicht. Der Bewertungsausschuss hat bei der Ausgestaltung des Gebührenkomplexes
aus Laborgrundgebühr, Wirtschaftlichkeitsbonus und Abschmelzungsregelung im Laborkapitel des EBM-Ä seinen Regelungsspielraum
somit nicht überschritten. Insbesondere hat er - wie aus der zitierten Entscheidung folgt - nicht Bedeutung und Tragweite
des Wirtschaftlichkeitsgebots verkannt.
Laborärzte müssen also grundsätzlich Umsatzeinbußen hinsichtlich Fallzahl und - durch die Reduzierung der Zahl der zu messenden
Parameter - des Fallwerts hinnehmen. Ein Vertrauensschutz besteht insoweit nicht. Denn der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
gehört zu den grundlegenden Rechtsgrundsätzen, der das gesamte Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durchzieht. Ihre
Berufsausübungsfreiheit als Vertragsärzte ist von vornherein darauf beschränkt, dass sie nur die in einem Einzelfall erforderlichen,
geeigneten und auch sonst wirtschaftlichen Untersuchungen erbringen dürfen. Die Beseitigung von Missständen und die Reduzierung
des Maßes ihrer Tätigkeit auf das Gebot des Erforderlichen kann sie somit nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit einschränken.
Es gibt keinen Anspruch auf Versorgung mit unwirtschaftlichen Aufträgen.
2.) Hiergegen kann nicht eingewendet werden, die überweisenden Ärzte würden entgegen ärztlicher Notwendigkeit von gebotenen
Laboruntersuchungen absehen, um sich den Wirtschaftlichkeitsbonus zu sichern. Es kann nicht angenommen werden, dass medizinisch
notwendige Leistungen nicht veranlasst werden. Ärzte sind gehalten, die wirtschaftlichen, notwendigen und erforderlichen Behandlungsmaßnahmen
zu erbringen. Dazu gehören auch Laboruntersuchungen. Ein Arzt, der die erforderlichen Untersuchungen nicht vornimmt, läuft
Gefahr, sich Schadensersatzansprüchen auszusetzen oder im schlimmsten Fall sogar sich strafbar zu machen. Die z.T. von den
Laborärzten ihren Kollegen unterstellte Behandlungsweise übersieht das Verantwortungsbewusstsein der ganz weit überwiegenden
Vielzahl der überweisenden Ärzte gegenüber ihren Patienten. Insoweit handelt es sich um Spekulationen über das Verhalten von
Vertragsärzten, die schon im Ansatz nicht geeignet sind, eine Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen
plausibel zu machen (vgl. hierzu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 35 S. 211).
Der Kläger übersieht des Weiteren, dass bei zahlreichen schweren Krankheiten, die besonders viele und aufwändige Laboratoriumsuntersuchungen
erfordern, kein Grund besteht, notwendige Untersuchungen zu unterlassen, weil die entsprechenden Laboratoriumsleistungen nicht
in das Budget eingerechnet werden (vgl. die Ausnahmekataloge der einleitenden Bestimmungen zu den O I/II und O III Laboratoriumsuntersuchungen).
Wenn durch die Regelungen des "Wirtschaftlichkeitsbonus" erreicht wird, dass nur noch zielgerichtet und wohlüberlegt Laborleistungen
in Auftrag gegeben werden, so ist dies im Interesse der finanziellen Stabilität des Systems des
SGB V sachgerecht und wünschenswert und liegt mithin im Gemeinwohlinteresse.
3.) Es ist grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss eine Reduzierung der Einkommen der Laborärzte
um 15 % und eine Verstetigung der Einkünfte auf diesem reduzierten Niveau angestrebt hat.
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und dem dort der Leistungserbringung dienenden Vertragsarztrecht stellt die
Verfolgung der Aufgabe, die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit dieses Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles,
weil hochrangig einzustufendes Gemeinschaftsgut dar. Hierzu hat das BSG in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 nochmals darauf
verwiesen, dass das BVerfG in ständiger Rechtsprechung formuliere, die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen
Krankenversicherung sei eine Gemeinwohlaufgabe, welche der Gesetzgeber nicht nur verfolgen könne, sondern der er sich nicht
einmal entziehen dürfe (stRspr seit BVerfGE 68, 193, 218). In seinem Beschluss vom 20. März 2001 hat das BVerfG den Zusammenhang zwischen der Entscheidung des Gesetzgebers für
die Gewährleistung der Gesundheitsversorgung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems und der Stabilität der GKV noch einmal
verdeutlicht: "Soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems erreicht werden,
stellt auch dessen Finanzierbarkeit einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang dar, von dem sich der Gesetzgeber bei der
Ausgestaltung des Systems und der damit verbundenen Steuerung des Verhaltens der Leistungserbringer leiten lassen darf" (BVerfGE
103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 S 27). An anderer Stelle formuliert das BVerfG, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen
Krankenversicherung müsse erhalten und deren finanzielle Stabilität als Voraussetzung ihrer Funktionsfähigkeit gesichert bleiben
(vgl BVerfG [Kammer], NJW 1997, 2444, 2445 = SozR 3-2500 § 47 Nr. 8 S 19). Daraus ergibt sich zunächst, dass es für die Frage, ob Vergütungsansprüche von Leistungserbringern
im Hinblick auf die Sicherung der Stabilität der gegenwärtig bestehenden GKV beschränkt und eingeschränkt werden können, nicht
darauf ankommt, ob der Gesetzgeber das gegenwärtig praktizierte Krankenversicherungssystem von Verfassungs wegen einführen
und unverändert beibehalten musste. Verfolgt der Gesetzgeber im Rahmen eines insgesamt verfassungsmäßigen Sozialversicherungssystems
das von der Verfassung vorgegebene Ziel einer gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung, kann die Verfassungskonformität
gesetzlicher Vergütungsregelungen nicht mit dem Hinweis in Frage gestellt werden, das Ziel einer angemessenen Gesundheitsversorgung
sei nach den Vorgaben des
GG auch auf anderem Wege als im Rahmen des gegenwärtig praktizierten GKV-Systems erreichbar. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang
auch, ob allein mit den gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften über die Vergütung der ärztlichen Leistungen die finanzielle
Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung in notwendigem Maße gesichert werden kann oder nicht. Das BVerfG hat ausgeführt,
dass jeder einzelne Schritt, mit dem der Gesetzgeber die Sicherung von Leistungsfähigkeit und finanzieller Stabilität der
GKV zu erreichen sucht, von erheblicher Bedeutung ist, auch wenn eine einzelne Maßnahme immer nur einen Teilbetrag zur Verwirklichung
des Gesamtziels leisten kann. Die öffentlichen Belange verlieren nicht an Gewicht, wenn sie sich nur durch eine Vielzahl kleiner
Schritte verwirklichen lassen (BVerfGE 103, 172, 192 f. = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 S 33).
Entsprechend dieser Rechtsprechung durfte der Bewertungsausschuss im Interesse der Stabilisierung der Einkommen der übrigen
Ärzte darauf hinwirken, dass die erhebliche Steigerung der Ausgaben für Laborleistungen eingeschränkt und - angesichts des
Grundsatzes der Beitragssatzstabilität und der damit verbundenen faktischen Festschreibung der Gesamtvergütungen - auf einem
im wesentlichen gleich bleibenden Niveau festgeschrieben wird.
Wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Ihrer Stellungnahme vom 17. April 1998 über ein "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen"
dargelegt hat, ist die Menge der OIII Leistungen von 1988 bis 1996 um jährlich 12,5 % angewachsen und damit fast anderthalbmal
so schnell wie der Durchschnitt aller ärztlicher Leistungen. Äußere Faktoren können dieser Quelle nach nicht dafür verantwortlich
gemacht werden: Weder die Anzahl Erkrankter in der Bevölkerung noch die Nachfrage nach teuren Tests stiegen in auffälligem
Maße - rapide gewachsen ist jedoch die Anzahl abgerechneter Fälle und auch die Anzahl abgerechneter Parameter pro Fall nahm
zu. Die Beklagte hat für ihren Bereich eine Leistungsmengenausweitung vom Quartal 4/97 auf das Quartal 4/98 sogar um 39 %
vorgetragen.
Den aus dieser Entwicklung sich ergebenden Verwerfungen entgegenzusteuern ist Aufgabe des Bewertungsausschusses. Denn entweder
folgt das Geld der erhöhten Leistung der Laborärzte, dann führt dies bei der auf Grund des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität
praktisch unveränderten Gesamtvergütung dazu, dass die Laborärzte Umsatz und Gewinn zu Lasten der anderen ärztlichen Berufsgruppen
steigern mit der Folge, dass die Honorarverteilung sich von dem Ziel eines einheitlichen ärztlichen Einkommens für alle Fachgruppen
noch weiter entfernt und dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zuwider läuft, oder die Laborärzte sind auf HVM-Ebene
budgetiert, was bei einer Leitungsmengensteigerung zu einem erheblichen Punktwertverfall mit der Gefahr der ruinösen Abgabe
von Leistungen unterhalb der Gestehungskosten führen muss. Diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten ist sachgerecht und liegt
im Interesse einer funktionierenden Versorgung.
Durch den Rückgang des Umsatzes werden die Laborärzte in ihrem Anspruch auf angemessene Vergütung nicht beeinträchtigt. Denn
der Umsatzrückgang wird durch das weitere Ziel der Laborreform, den Laborärzten ein anderen Arztgruppen vergleichbares Einkommen
zu sichern, abgefedert. Bleibt somit für die Laborärzte als Ergebnis der Reform ein Einkommen (Gewinn vor Steuern), das dem
anderer Arztgruppen entspricht, so kann sich trotz Umsatzrückgängen dadurch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation
ergeben. Unter dem Gesichtspunkt der Honorarverteilungsgerechtigkeit ist dies alles nicht zu beanstanden.
III. Gegen die Aufteilung der Vergütung der Laborärzte in einen ärztlichen und einen technischen Honoraranteil (sog. Vergütungssplitting)
bestehen im Grundsatz keine Bedenken.
Bei der Ausgestaltung der Laborreform hat der Bewertungsausschuss zwei Ziele verfolgt: zum einen sollten die ärztlichen Einkommen
gesichert werden und zwar in einer Höhe, die dem Einkommen von Ärzten anderer Fachgebiete entspricht. Wie aus den vom Kläger
vorgelegten Unterlagen der KBV (Bl. 107-109 LSG-Akte) hervorgeht, war beabsichtigt, einen Betrag von knapp 150.000 DM - wie
bei allen anderen Arztgruppen auch - als angemessenen Arztlohn zu Grunde zu legen. Um diese Einkommen zu sichern, hat der
Bewertungsausschuss mit GNr. 3554 für die Ärzte des Speziallabors eine entsprechende Vergütungsregelung geschaffen. Diese
sichert das Einkommen aus der ärztlichen Tätigkeit ab. Zwischen der Bewertung der ärztlichen Leistungen und dem für sie festgelegten
Punktzahlkontingent besteht auch ein innerer Zusammenhang (vgl. dazu BSG Urt. v. 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R). Dass diese Regelung rechtswidrig sein könnte, ist nicht ersichtlich und wird noch nicht einmal von den Klägern behauptet.
Zum anderen wurden für die technischen Laborkosten (das sind die Kosten für den Transport und die Annahme der Proben, sowie
die eigentliche Analyse, inklusive der vorbereitenden Tätigkeiten), und zwar für jede einzelne Untersuchung gesondert, Erstattungsbeträge
in festen DM (inzwischen Euro-) Beträgen eingeführt (vgl. dazu GNRn 3500 bis 3890 und 3901 bis 4823 EBM-Ä in der seit 1. Juli
19999 geltenden Fassung). Diese Neuregelung sollte im Interesse der Laborärzte dafür sorgen, dass die mit den durchgeführten
Laboruntersuchungen verbundenen Kosten ihnen durch Einräumung eines festen, wenn auch knapp kalkulierten Betrages vollständig
erstattet werden. Auch dagegen bestehen grundsätzlich keine Bedenken: Soweit Laborärzte in der Vergangenheit im Einzelfall
durch eine gute Organisation ihres Labors bei hohen Fallzahlen gut verdient haben und diese Verdienstquelle durch die jetzt
knapp kalkulierten konkreten Geldbeträge entfallen ist, wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Denn mit den Vergütungsregelungen
des EBM sollen ärztliche Leistungen entschädigt werden, nicht aber die Managementleistung in Bezug auf einen effizienten Betrieb
eines unter Umständen einem Gewerbebetrieb ähnlichen Labors. Ob damit, wie Mertens/Früh J Lab Med 2001, 25, 7 meinen, jeder
Anreiz entfällt, die für einen Laborbetrieb erforderlichen Investitionen aufzubringen, kann ebenso unbeantwortet bleiben wie
seine Kritik, ohne wirtschaftlichen Gewinn werde das mit dem Betrieb eines Labors erhebliche Unternehmerrisiko nicht mehr
ausgeübt. Denn zum einen betreibt der Kläger ein vollständig ausgestattetes Labor, zum anderen muss der Bewertungsausschuss
die Folgen seiner Entscheidungen beobachten und ggfs. langfristig darauf reagieren. Für das hier streitige erste Quartal nach
In-Kraft-Treten der Laborreform stellen sich diese Probleme (noch) nicht.
Die Trennung eines Vergütungsanteils für die ärztliche Leistungen einerseits und einen Anteil, der dem Arzt die entstehenden
Unkosten erstattet, ist logisch und im Grundsatz nicht zu beanstanden. Es gibt insoweit keine Gesichtspunkte für eine Überschreitung
des dem Bewertungsausschuss eingeräumten Ermessens. Die dem Bewertungsausschuss eingeräumte Steuerungsbefugnis ermöglicht
es ihm, durch ergänzende Bewertungsformen die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern und Verteilungseffekte
mit dem Ziel einer angemessenen Vergütung der ärztlichen Leistungen herbeizuführen (Urteil des 6. Senats des BSG vom 9. Dezember
2004 - B 6 KA 44/03 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen; BSGE 88, 126, 129 f. = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 147 f.). Auch wenn der Bewertungsausschuss damit nicht auf einen numerus clausus von Regelungstechniken
festgelegt ist, so hat die Steuerung des Leistungsverhaltens doch immer über die Beschreibung und Bewertung der vertragsärztlichen
Leistungen zu erfolgen (vgl BSGE 78, 98, 105 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 S 41).
Die Regelung unterscheidet sich insofern von anderen und auch den bisherigen Vergütungsregelungen, als bisher das ärztliche
Einkommen und die damit verbundenen Unkosten dem Arzt über den festgelegten Punktwert erstattet wurden. Bei einer EKG-Untersuchung
wird nicht zwischen dem Unkostenaufwand und dem ärztlichen Einkommen unterschieden, vielmehr werden beide Faktoren über den
Punktwert vergütet. Obwohl mit der Einführung fixer Kostenerstattungsbeträgen von der bis dahin üblichen Art der Erfassung
und Vergütung ärztlicher Leistungen abgewichen und eine neue Vergütungsart eingeführt wurde, bestehen dagegen keine Bedenken.
Es gibt keine Gründe die bisherige Art der Vergütung in allen ärztlichen Bereichen beizubehalten. Es muss dem Bewertungsausschuss
überlassen bleiben, auf welche Art und Weise er Aufwand, Unkosten oder Betriebskosten, die bei den ärztlichen Leistungen der
verschiedenen Fachgruppen anfallen, berücksichtigt.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt insoweit auch keine Verletzung von §
87 Abs.
2 Satz 1
SGB V vor. Soweit dort eine Bestimmung der ärztlichen Leistungen in Punkten vorgeschrieben ist, bezieht sich dies ausdrücklich
auf ärztliche Leistungen. Diese werden im Falle der Laborärzte über GNR 3454 EBM in Punkten bewertet. Eine Verpflichtung,
die Hilfsleistungen von Mitarbeitern oder die Gerätekosten in Punkten zu bewerten, ergibt sich aus dieser Vorschrift gerade
nicht. Da die technischen Untersuchungsleistungen im Labor im Allgemeinen von angestellten Mitarbeiter/innen durchgeführt
werden - anders sind die enorm hohen Fallzahlen überhaupt nicht zu bewältigen -, besteht auch keine rechtliche Notwendigkeit,
sie in Punkten zu bewerten.
Grundsätzlich bestehen gegen die Laborreform, so wie sie vom Bewertungsausschuss konzipiert und mit Wirkung zum 1. Juli 1999
beschlossen wurde, keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
IV. Die konkrete Höhe der Erstattungsbeträge für die technischen Untersuchungen nach GNRn. 3901 bis 4823 EBM war im hier streitigen
Quartal 4/1999 nicht rechtswidrig.
Die Einwendungen des Klägers greifen nicht durch, wenn er die Höhe der technischen Erstattungsbeträge als um mindestens 24%
zu niedrig beanstandet. Der Umstand, dass die Gruppe der Laborärzte durch den unerwartet starken Rückgang der Fallzahl erhebliche
Einbußen erleiden mussten, macht die Labortreform nicht im nachhinein rechtswidrig. Der Bewertungsausschuss ist seiner Beobachtungs-
und Reaktionspflicht nachgekommen, indem er nach Kenntnis der ersten Zahlen sofort reagiert und ab 1.1.2000 eine 24%ige Erhöhung
der Erstattungsbeträge vorgeschrieben hat. Die konkrete Höhe der Erstattungsbeträge für die technischen Untersuchungen des
OIII Labors nach GNRn. 3901 bis 4823 EBM -Ä muss der Kläger für das hier streitige Quartal 4/99 hinnehmen.
1.) Wie jedem anderen Normsetzer steht auch dem Bewertungsausschuss bei der ihm überantworteten Rechtssetzung Gestaltungsfreiheit
zu. Bei den auf der Grundlage des §
87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten Bestimmungen des EBM handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form
der Normsetzungsverträge (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; siehe auch Urt. vom 9. Dezember - B 6 KA 44/03 R-). Der Gestaltungssielraum eines Normgebers ist umso mehr zu beachten, wenn - sei es auch nur mittelbar - Regelungen über
die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme im Streit sind oder wenn es um die Bewältigung komplexer Sachverhalte geht,
wie sie vielfach im KV- und Vertragsarztrecht - so auch hier - anzutreffen sind.
Mit der oben bereits angesprochenen weiten Gestaltungsfreiheit des Normsetzers korrespondiert eine eingeschränkte Überprüfungsbefugnis
der Gerichte. So dürfen die Entscheidungen des Bewertungsausschusses nur im Ausnahmefall korrigiert werden (BSG SozR 3-2500
§ 87 Nr. 34 S. 192). Das vom Bewertungsausschuss erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen,
wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt,
ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten und seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt
hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 21 S. 109 m.w.N.). Dies hat das BSG in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 nochmals ausdrücklich
bestätigt und ausgeführt, dem Bewertungsausschuss als Normgeber stehe bei der Erfüllung des ihm in §
87 Abs.
1 SGB V übertragenen Auftrags ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22. Oktober 2004 - 1 BvR 528/04 ua - juris; BSGE 79, 239, 242 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 14 S 49; BSGE 83, 218, 219 f. = SozR aaO. Nr. 21 S 108 f.; BSGE 88, 126, 133 f. = SozR aaO. Nr. 29 S 152 f.; BSGE 89, 259, 264 = SozR aaO. Nr. 34 S 192). Dieser ist grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren, die daher Regelungen
des EBM nur in Ausnahmefällen korrigieren darf. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum
überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt hat, indem er etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei
der Honorierung bewusst benachteiligt hat oder sich sonst erkennbar von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (BVerfG [Kammer],
Beschluss vom 22. Oktober 2004, aaO.; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 21 S 109; BSGE 88, 126, 133 = SozR aaO. Nr. 29 S 152). Eine strengere gerichtliche Kontrolle hat das BSG auch dann für geboten erachtet, wenn das
eigene Normprogramm des EBM auf tatsächliche Verhältnisse Bezug nimmt; allerdings beschränkt sich diese strengere Kontrolle
darauf, ob der Bewertungsausschuss alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben behandelt hat und ob seine Festsetzungen inhaltlich
frei von Willkür sind (BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 34 S 193 für die Kostensätze der Praxisbudgets). Dagegen ist es nicht Aufgabe der Gerichte, ihre
eigenen Vorstellungen von der Sachgerechtigkeit der Bewertung einer Leistung oder eines Leistungskomplexes an die Stelle der
Beurteilung durch den Bewertungsausschuss zu setzen. Nach diesen Maßstäben hat das BSG bereits in anderem Zusammenhang die
Beschränkung der Zahl abrechenbarer Leistungen je Behandlungsfall als rechtmäßig angesehen. Das BSG hat dies als "Teilbudget"
bezeichnet und hervorgehoben, dass solche "kleinen Budgets" von der Gestaltungsfreiheit des EBM-Normgebers gedeckt sind und
deren Bemessung nicht allein unter fachmedizinischen Aspekten beurteilt werden kann (BSGE 88, 126, 134-136 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 S 153-156). Dies gilt ebenso für die Begrenzungen der Gesamtscanzahlen und Sequenzzahlen
bei CT- und MRT-Leistungen (so schon Urteile vom 20. Oktober 2004 - B 6 KA 26/03 R und B 6 KA 31/03 R).
2.) Soweit der Kläger geltend macht, die festgesetzten DM-Beträge (jetzt in EUR) seien schon viel zu niedrig angesetzt worden,
weil man sich nicht bei der Festsetzung hätte auf die 50% der kostengünstigeren Laborpraxen stützen und deren durchschnittliche
Kosten als Maßstab hätte heranziehen dürfen, kann der Senat dem nicht folgen. Zunächst ist hierzu auszuführen, dass die Festlegung
derartiger Kostensätze eine normative Tätigkeit des Bewertungsausschusses darstellt. Es handelt sich um gerichtlich nicht
voll nachprüfbare Tatsachenfeststellungen (siehe BSG Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 33/01 R - in SozR 3-2500 § 87 Nr. 34 = BSGE 89, 259 und - B 6 KA 21/00 R - zu den Kostensätzen beim Praxisbudget Fachgruppe der Hautärzte). Dem Bewertungsausschuss steht als Normgeber - wie bereits
oben ausgeführt - ein weiter Gestaltungs- und Regelungsspielraum zu. Er ist deshalb befugt, im Interesse der Überschaubarkeit
und Praktikabilität eine Regelung zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Den Gerichten ist eine Überprüfung
verwehrt, ob der Bewertungsausschuss die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BSG SozR
3-2500 § 87 Nrn. 15 und 16).
Die betroffenen Laborarztpraxen waren - entgegen den Einlassungen des Klägers - zumindest schon ein Jahr vor Einführung der
Laborreformen über die voraussichtlichen Maßnahmen informiert (siehe "Bericht zur Neugestaltung des "Labors": Die KBV will
Missstände offensiv angehen" vom 29. Mai 1998 in: Deutsches Ärzteblatt Jahrgang 95, 1998, Seite A-1356, in dem u. a. bereits
auf den Bericht von M. - "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen" vom 30. April 1998 - und die dortige Kalkulationsgrundlage,
nämlich die "kostengünstigere Hälfte" der untersuchten Praxen, Bezug genommen und bereits darauf hingewiesen wird, dass im
Hinblick darauf unwirtschaftlich arbeitende Leistungserbringer effizienter werden müssen), sodass sie sich entsprechend vorbereiten
und ihre Kostenstrukturen überprüfen konnten. Zum weiteren ist für den Senat überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb der
Bewertungsausschuss sich bei der Festsetzung der Festbeträge an den Kostensätzen teurerer, kostenintensiverer Praxen hätte
orientieren und damit - um es ganz deutlich zu sagen - ungünstige und ineffiziente Organisations- und Kostenstrukturen hätte
noch belohnen müssen. Der Bewertungsausschuss ist insoweit noch hinter den vom BSG angedeuteten Maßstäben zurückgeblieben,
das im Urteil vom 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03 R - Umdruck S. 57 auf eine optimale wirtschaftliche Praxisausrichtung abgestellt hat.
Bei der vom Bewertungsausschuss gefundenen Lösung, den Durchschnitt der preisgünstigeren Hälfte der geprüften Labors festzusetzen,
bleibt immer noch ein Anteil von 25 % der Laboratorien, die aus der reinen Labortätigkeit durch den optimalen Einsatz sächlicher
Mittel und ihres Personals immer noch zusätzlich zur ärztlichen Leistung Gewinn erzielen. Diesen Anteil zu erhöhen bestand
jedenfalls unter dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit kein Anlass. Eine 50% Regelung, wie sie dem Kläger vorschwebt,
würde zu einer im Verhältnis zu anderen Arztgruppen nicht gerechtfertigten Einkommenserhöhung bei der besseren Hälfte der
Laborärzte führen und bei den anderen Laborärzten den Druck zur Ausschöpfung aller Rationalisierungsreserven mindern.
3.) Auch der Umstand, dass der Bewertungsausschuss den Rückgang der Fallwerte und der Fallzahlen für Laborärzte nicht in der
später eingetretenen Größenordnung vorhergesehen hat, und als Folge dessen die ursprüngliche Kalkulationsbasis für die Höhe
der Erstattungsbeträge insoweit zum Wegfall kam, ist rechtlich unbeachtlich. Zwar ist davon auszugehen, dass die Erstattungsbeträge
im Durchschnitt um 24 % auch im streitigen Quartal 4/99 zu gering waren, denn sonst hätte der Bewertungsausschuss für die
Quartale ab 1/00 die Erstattungsbeträge nicht um diesen Betrag erhöht, dies macht die Erstattungsbeträge im hier allein streitigen
Quartal 4/99 indes (noch) nicht rechtswidrig.
Die GNRn. 3901 bis 4823 EBM sind unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung zu rechtfertigen. Dem Bewertungsausschuss
stand eine Beobachtungs- und Reaktionsphase zu (vgl. etwa BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 16 m.w.N.)
Auch das SG hat in dem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass auch betriebswirtschaftliche Berechnungen nicht nur entweder falsch
oder richtig sein können, sondern es sich hierbei nur um Hilfskriterien handelt, die aber keine abschließend einzig richtige
Berechnung in jedem Einzelfall ergeben, weil beim Erlass der maßgeblichen Vorschriften sich deren Auswirkungen regelmäßig
nicht bis in die letzte Einzelheit übersehen lassen. Daher müssen auch größere Typisierungen und geringere Differenzierungen
zunächst hingenommen werden. So waren auch vor Einführung der Laborreform zahlreiche Berechnungen auf der Basis von Prognosen
erforderlich, die zwangsläufig mit Unsicherheitsfaktoren behaftet waren. Diese Unsicherheiten hätten wie bei jeder Prognose
sogar dann bestanden, wenn der Bewertungsausschuss an den Rahmenbedingungen nichts geändert hätte. Auf Grund der tiefgreifenden
Neuregelungen war die Unsicherheit sehr hoch und hatten die einzelnen Kostensätze zwangsläufig daher Erprobungscharakter.
Dies war dem Bewertungsausschuss auch durchaus bewusst, denn bereits in der Gemeinsamen Empfehlung der Spitzenverbände der
Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Weiterentwicklung des EBM für die Vereinbarung von Gesamtvergütungen
im Jahr 1999 (Deutsches Ärzteblatt -DÄ- 1999, Jahrgang 96, Seite A-86) verpflichteten sich die Partner dieser Vereinbarung
in § 2, die Auswirkungen der Reform des Kapitels O EBM im Hinblick auf die Versorgung der Versicherten mit labormedizinischen
Leistungen, den Fortschritt der medizinischen Wissenschaft und Technik in Laboratoriumsmedizin und die Veränderungen der Kosten
für die Erbringung von Laborleistungen künftig sorgfältig zu analysieren.
Der Bewertungsausschuss ist seiner Verpflichtung zur Nachbesserung nachgekommen und hat unverzüglich, nachdem die ersten verlässlichen
Zahlen vorlagen zum 1. Januar 2000 bereits mit dem 24-prozentigen Aufschlag für bis zu maximal 450.000 Leistungen nach dem
Abschnitt O III EBM (Beschluss vom 16. Februar 2000, siehe DÄ 2000, Jahrgang 97, Seite A-555/A-559 ff.) reagiert, wobei auch
ausdrücklich ausgeführt wurde, dass diese Korrekturen vorgenommen worden seien, weil "der Leistungsmengenrückgang der Leistungen
des Speziallabors sowie die daraus resultierenden Honorarverluste für die Labore höher sind als erwartet". Darüber hinaus
wurden zusätzlich ab dem 1. April 2000 die auf Grund bestimmter Indikationen nicht auf das Budget abzurechnenden Leistungen
ausgeweitet (s. DÄ aaO.).
Umgekehrt kann aber keineswegs - wie vom Kläger vertreten - dies als Beleg dafür herangezogen werden, der Bewertungsausschuss
sei von vorneherein von völlig falschen Zahlen ausgegangen und habe dies auch erkennen können. Es konnte sich bei den zuvor
ermittelten Zahlen zu den Kostenstrukturen und zum notwendigen Kostendeckungsgrad nur um Orientierungsgrößen handeln, und
zwar auf der Basis einer angenommenen Mengenreduzierung um 15%, und damit auch nur um eine Prognoseentscheidung. Dass der
Bewertungsausschuss auf dieser Basis die entsprechenden Festsetzungen vorgenommen hat, ist daher nicht zu beanstanden. Von
Willkür oder Missbrauch kann insoweit keine Rede sein.
Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die vom Kläger genannte Darstellung von Merten/Früh in ihrem Aufsatz (Der Internist
3/99 M70/M73 - Blatt 156 ff. SG-Akte). Diese Darstellung kann nicht als verlässliche Berechnungsgrundlage angesehen werden. Es handelt sich lediglich um
die Auswertung einer einzelnen Laborarztpraxis, die Auswahlkriterien der Einsender je Arztgruppe sind nicht beschrieben, ebenso
wenig ob und in welchem Umfang in den hohen Fallwerten unwirtschaftliche Leistungen enthalten sind. Außerdem sagen hohe Prozentwerte
für prognostizierte Umsatzeinbußen nichts aus, wenn die Ausgangsbasis nicht definiert ist. Auch kann ein überdurchschnittlicher
Mengenrückgang auf Unwirtschaftlichkeit in der Vergangenheit beruhen, die gerade als Folge der Einführung der veranlasserbezogenen
Budgets abgestellt wurde.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass zunächst primäre Ursache für die deutlichen Umsatzeinbußen bei den Laborärzten in den
Quartalen 3/99 und 4/99 nicht die Höhe der Kostensätze (bzw. Festbeträge) sondern die drastisch zurückgegangenen Aufträge
sind, was folgerichtig bei kleineren Serien zu höheren "Stückkosten" führte, die durch die ursprünglich festgesetzten Festbeträge
wohl in der Tat nicht mehr abgedeckt waren. Der Bewertungsausschuss war bei der Festsetzung der Festbeträge (gerade auch auf
der Grundlage des Berichtes von M. "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen", S.8 - Bl.126 SG-Akte) von einem Rückgang des Auftragsvolumens von (nur) 15% ausgegangen.
Wie das BSG entschieden hat, brauchte der Berufungsausschuss grundsätzlich keine Ermittlungen anzustellen (vgl. dazu zusammenfassend
BSG Urt. v. 9. Dezember 2004 -B 6 KA 36/03 R [unter 3f iVm 4c]). Vorliegend hat der Berufungsausschuss aber umfangreiche Untersuchungen veranlasst. Es war also nicht
so, dass der Bewertungsausschuss lediglich sich auf subjektive Erfahrungen und Einschätzungen oder Erkenntnisse vom Hörensagen
verlassen hat. Vielmehr hat er sehr konkrete Studien und Untersuchungen durch renommierte, betriebswirtschaftlich erfahrene
Beratungsfirmen veranlasst, um die Verhältnisse im Laborbereich für alle Beteiligten zumutbar und tragfähig zu gestalten.
Wären die Fallzahlen in dem prognostizierten Umfang zurückgegangen, wären die Berechnungen des Bewertungsausschusses nicht
zu beanstanden gewesen. Das einzige, was so nicht vorhersehbar war und von dem Bewertungsausschuss so nicht richtig vorhergesehen
wurde, war der erhebliche Rückgang der Fallzahlen und - zu einem geringeren Anteil - der Fallwerte. Im Rückgang von Fallzahlen
und Fallwerten spiegelt sich zugleich auch das durch die Reform verbesserte wirtschaftliche Verhalten der überweisenden Fachärzte
wider. Anders gesagt, der Berufungsausschuss hat das Ausmaß der bis dahin versteckten Unwirtschaftlichkeit nicht zutreffend
prognostiziert. Dies macht seine Reform nicht rechtswidrig. Es handelt sich um den typischen Fall der Fehlprognose, bei der
nachgebessert werden muss und hier auch unverzüglich nachgebessert worden ist.
Aus dem gesagten folgt, dass die Klägerbevollmächtigten mit ihrer Ansicht, die Laborärzte seien vom Bewertungsausschuss in
missbräuchlicher Absicht bzw. (objektiv) willkürlich zum Spielball gebührenordnungspolitischer Experimente gemacht worden,
sowohl von der Wortwahl als auch von der Sache her falsch liegen.
V. 1. Der Bewertungsausschuss brauchte für die Laborärzte keine Ausnahmeregeln vorsehen
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Bewertungsausschuss generell nicht verpflichtet wäre, Ausnahmeregelungen vorzusehen.
Vielmehr ist es seine Aufgabe, den mit jeder notwendig typisierenden und generalisierenden Regelung im Einzelfall möglicherweise
einhergehenden Verwerfungen in angemessener Weise Rechnung zu tragen, um im Einzelfall für den Arzt unverhältnismäßige und
somit gegen sein Grundrecht aus Art
12 Abs.
1 GG verstoßende Ergebnisse zu vermeiden (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23 S 121). Die der Rechtsnorm zugrunde liegenden Einschätzungen und/oder Prognosen sind jedoch solange hinzunehmen, solange
sie offensichtlich nicht fehlerhaft sind, d.h. sie vernünftiger Weise keine Grundlage für normative Maßnahmen abgeben können
(vgl. BSG Urteil vom 8. März 2000 - B 6 KA 12/99 R - in SozR 3-2500 § 72 Nr. 11 m.w.N.). Unter welchen Voraussetzungen der Bewertungsausschuss Ausnahmen vorsehen muss hat das
BSG in dem Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R im Einzelnen dargestellt:
Ausnahmebestimmungen bei der Neugestaltung von Leistungsbeschreibungen und der Einführung von mengensteuernden Bewertungsformen
sind Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und können ua den unvermeidbaren Unsicherheiten bei weit reichenden
Neuregelungen im ärztlichen Vergütungsrecht Rechnung tragen (vgl BSGE 87, 112, 113 f. = SozR 3-2500 § 87 Nr. 26 S 135 f. zu den zum 1. Juli 1996 im EBM-Ä eingeführten Teilbudgets). Daraus ist indessen
nicht abzuleiten, dass der Bewertungsausschuss gehalten wäre, bei jeder Änderung des EBM-Ä Ausnahme- und Übergangsregelungen
in der Weise zu normieren, dass bestimmte Praxen, auf die sich die Neuregelung nachteilig auswirken könnte, von der Umstellung
ausgenommen werden (Hervorgehoben durch den erk. Senat). Ob und welche Ausnahmeregelungen von Verfassungs wegen erforderlich
sind, beurteilt sich in erster Linie nach der Wirkungsbreite und Eingriffsintensität einer jeweiligen Regelung. Daher sind
bei Budgetierungen nahezu des gesamten ärztlichen Leistungsumfangs Ausnahmeregelungen eher erforderlich als bei Fallzahlkontingenten,
die nur eng begrenzte Leistungsbereiche betreffen.
In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass der Bewertungsausschuss Verwerfungen nur dann begegnen kann, wenn diese vorhersehbar
sind. Der Bewertungsausschuss war bei der Festsetzung der Festbeträge (gerade auch auf der Grundlage des Berichtes von M.
"Neues Vergütungssystem für Laborleistungen", S.8 - Bl.126 SG-Akte) von einem Rückgang des Auftragsvolumens von (nur) 15% ausgegangen. Angesichts dieser- wie oben dargelegt - auch für
die Fachgruppe der Laborärzte zumutbaren Umsatzeinschränkung und der sorgfältigen Vorbereitung der Laborreform braucht er
nicht eine generelle Härteklausel für den unvorhergesehenen Fall einer für einzelne Praxen oder Fachgruppen unzumutbaren Entwicklung
zu treffen. Es reicht in diesen Fällen grundsätzlich aus, die Entwicklung zu beobachten und danach - wie geschehen - zu reagieren.
2. Soweit als Folge der zu geringen Höhe der Erstattungsbeträge für analytische Leistungen eine Kostenunterdeckung für die
Dauer von zwei Quartalen eingetreten ist, ist dies für die Laborärzte noch zumutbar. Der Kläger wird dadurch nicht in seien
Grundrechten aus Art.
12 GG verletzt.
Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die zunächst bei dem Kläger unstreitig aufgetretenen Umsatzeinbußen in einer Größenordnung
von über 50 Prozent in den Quartalen 3/99 und 4/99 auf Grund des ab dem 1. Januar 2000 für das Quartal 1/00 erfolgten 24-prozentigen
Zuschlags auf die Kostenerstattungen für Laboranalysen und weiterer Anpassungen ab 1. April 2000 zumindest zum Teil ausgeglichen
wurden und der Kläger im Zusammenhang damit auch nicht mehr geltend macht, weiter in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht
zu sein.
Hinzu kommt, dass die Gruppe der Laborärzte, die nicht den Budgetierungsregeln des EBM unterlegen ist, in der Vergangenheit
ihre Umsätze als Gruppe jedes Jahr im Durchschnitt um 12,5 % erhöhen konnte. Damit war für die Leistungen der Laborärzte ein
immer größerer Teil der Gesamtvergütung aufzubringen, sodass die Umsatzsteigerungen der Laborärzte zu Umsatzminderungen anderer
Arztgruppen geführt haben. Wie der drastische Rückgang der Fallzahlen und der Fallwerte gezeigt hat, beruhte dieses Wachstum
auf teilweise unwirtschaftlichem Verhalten der Vertragsärzte. Mit diesem Wachstum dürften - allein wegen der geringeren Unkosten
bei größeren Serienlängen - aber auch vergleichsweise höhere Gewinne aus ärztlicher Tätigkeit insgesamt im Durchschnitt der
Fachgruppe erzielt worden sein. Es ist also davon auszugehen, dass Laborärzte über Jahre hinweg vergleichsweise höhere Einkünfte
aus ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit erzielen konnten als andere ärztliche Fachgruppen und zwar genau aus den 15 % des Umsatzvolumens,
um die der Bewertungsausschuss die Laborkosten insgesamt reduzieren wollte. In der genanten Ausarbeitung der KBV vom 17. April
1998 über ein "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen" heißt es:
"Durch die Neubewertung von EBM-Leistungen werden im OIII- Bereich 95 Millionen DM freigesetzt: die Abwertung bisher überbewerteter
Parameter ergibt eine Ausgabensenkung um 102 Millionen DM, gegenzurechnen sind 7 Millionen aus der Aufwertung bislang unterbewerteter
Parameter".
Angesichts dieses Umstandes bestand für den Bewertungsausschuss keine Notwendigkeit im EBM eine rückwirkende Erhöhung der
Laborkostenerstattungen vorzusehen. Wer wie die Laborärzte offensichtlich jahrelang die Möglichkeit hatte, überdurchschnittliche
Gewinne zu erzielen, wird durch eine vorübergehende, nur zwei Quartale dauernde Kostenunterdeckung nicht so hart getroffen,
dass dies für ihn unzumutbar wäre. Die Richtigkeit dieser Entscheidung zeigt der weitere Verlauf: Von einem Sterben der Labors
als Folge vorübergehend unzureichender Vergütung ist nichts bekannt.
Die Laborärzte wurden somit durch die aus dem Verhältnis von Anfangs- und Erprobungsregel einerseits und Beobachtungs- und
Nachbesserungspflicht andererseits sich notwenig ergebende kurze Phase fehlerhafter Vergütung nicht unzumutbar hart betroffen
und damit auch nicht in ihrem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt.
Einkommenseinbußen der Laborärzte sind somit von diesen jedenfalls so lange hinzunehmen, als ihr Einkommen nicht deutlich
unter den Durchschnitt der Einkommen anderer Ärzte absinkt. Als Maßstab hierfür ist nicht der Zeitraum eines Quartals oder
auch von zwei Quartalen anzunehmen, abzustellen ist vielmehr auf einen deutlich längeren Zeitraum, mindestens von einem Jahr
(so BSG Urt. v. 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03 R Umdruck S. 50/51). Die Verluste im Quartal 3/99 und 4/99 sind nur dann unzumutbar, wenn sie nicht durch Gewinne in der Zeit
zuvor kompensiert werden konnten oder die spätere laborärztliche Tätigkeit durch aufgelaufene Verluste finanziell erheblich
beeinträchtigen. Dass sich die Verluste aus dem hier streitigen Quartal für den Kläger in diesem Sinne im Ergebnis unzumutbar
ausgewirkt haben, ist nicht vorgetragen. Der Kläger hat zwar vorgetragen, welche Verschiebungen zu Lasten der Laborärzte hinsichtlich
des hier streitigen Quartals 4/99 eingetreten sein sollen und in welchen konkreten Beträgen sich dies beim Kläger ausgewirkt
hat (vgl. Tabelle S. 2), er hat es aber abgelehnt, die Höhe seines ärztlichen Einkommens bzw. eventuelle negative Einkünfte
aus vertragsärztlicher Tätigkeit konkret zu Begründung einer für ihn unzumutbaren Vergütungssituation darzulegen.
3. Ausgehend hiervon teilt der Senat nicht die Auffassung des Klägers, die Fehlprognose des Bewertungsausschusses hinsichtlich
des Ausmaßes an Unwirtschaftlichkeit mache die Festsetzungen der Kostenerstattungsbeträge der Höhe nach rechtswidrig. Sind
somit die zur Anwendung gekommenen Gebührenordnungsnummern des EBM rechtmäßig, so besteht keine Notwendigkeit sich damit auseinanderzusetzen,
ob der Bewertungsausschuss mit Wirkung für die Quartale 3/99 und 4/99 hätte rückwirkend Regelungen zum Ausgleich der erlittenen
Einbußen treffen müssen oder ob er bereits bei In-Kraft-Treten der Laborreform zum 1. Juli 1999 für den Fall eines Prognoseirrtums
Vorsorge hätte treffen müssen und wenn ja, in welcher Weise.
VI. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Nachbesserung im Bereich der HVM-Ebene. Die Beklagte war
hierzu nicht verpflichtet.
Sind die Regelungen des EBM in den Quartalen 3/99 und 4/99 nach dem Gesagten auch gegenüber den Klägern rechtmäßig, besteht
schon aus diesem Grund keine Verpflichtung der Beklagten zum Ausgleich der Kostenunterdeckung, die durch zu geringe Kostenerstattung
für analytisch-technische Laborleistungen entstanden ist.
Auch sonst kann der Senat sich der Auffassung des Klägers über die Notwendigkeit solcher ergänzenden Regelungen nicht anschließen.
Der Umstand, dass verschiedene andere KVen ihre Laborärzte auf HVM-Ebene gestützt haben, sagt noch nichts darüber aus, ob
dies überhaupt rechtmäßig war. Jedenfalls musste die Beklagte diesen Beispielen nicht folgen.
1.) Ob der HVM der Beklagten eine allgemeine Härteklausel enthält für Praxen, die von EBM-Änderungen in unzumutbarer Weise
in ihrer Existenz betroffen sind, kann offen bleiben. Denn der Kläger hat einen solchen Antrag nicht gestellt. Er hat in seiner
gesamten Begründung im Klage- und im Berufungsverfahren allein darauf abgestellt, dass die Fachgruppe in unzumutbarer Weise
durch die beanstandeten Regelungen belastet wird und es unzumutbar sei, Opfer eines Prognoseirrtums des Bewertungsausschusses
zu werden. Dass der Kläger selbst durch die beanstandete Höhe der Kostenerstattungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen
ist und deshalb Sonderzahlungen aus Härtefallgründen benötigt, ist von ihm nicht geltend gemacht worden. Ein entsprechender
Antrag ist bei der Beklagten auch nicht gestellt worden, sodass hierüber auch nicht zu entscheiden ist (vgl. dazu BSGH Urt.
v. 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03 R Umdruck S. 10/11).
2.) So weit der Kläger des Weiteren rügt, der HVM sei rechtswidrig, weil die ärztlichen Leistungen der Fachärzte für Laboratoriumsmedizin,
Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie im Quartal 3/99 und 4/99 nur mit dem durchschnittlichen Auszahlungspunktwert für
Leistungen von an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten, die nicht in Abschnitt 8.1. HVM aufgeführt worden
sind, vergütet worden seien (§ 6 Abs. 7 Satz 4 HVM), kann ihm der Senat nicht folgen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger nicht eine hierdurch entstehende unzureichende Vergütung seiner ärztlichen
Leistungen aus den GNRn 3454 EBM rügt. Es besteht insoweit kein Anlass zu der Annahme, dass das Ziel der Laborreform, dem
Grundsatz, die ärztlichen Leistungen der Ärzte aller Fachgruppen im Wesentlichen gleich zu entlohnen, auch für Laborärzte
Geltung zu verschaffen, durch die genannte HVM-Regelung zu Lasten der Laborärzte unterlaufen worden wäre. Der Kläger meint
vielmehr, dass die Verluste aus den von ihm betriebenen technischen Labortätigkeiten durch entsprechend höhere Gewinne aus
ärztlicher Tätigkeit hätten kompensiert werden müssen. Er verlangt im Ergebnis eine Quersubventionierung der Kosten des technischen
Labors durch das ärztliche Einkommen und damit eine Abkehr von dem im EBM vorgesehenen Vergütungssplitting. Der Kläger verkennt,
dass die Beklagte bei Erlass des HVM gem. §
82 Abs.
1 Satz 2 iVm §
87 Abs.
1 Satz 1
SGB V an den EBM gebunden ist und der HVM die Ziele des EBM nicht unterlaufen darf. Gerade dies verlangt er aber mit seiner Forderung
nach einseitiger Erhöhung der ärztlichen Einkommen aus Labortätigkeit.
Aus den gleichen Gründen ist es der Beklagten verwehrt, die bundeseinheitlich ermittelten Kostensätze einseitig um 24 % zu
erhöhen. Wäre dies erlaubt, hätte der Bewertungsausschuss die Festsetzung der Höhe der Erstattungsbeträgen gleich den regionalen
Kassenärztlichen Vereinigungen übertragen können. Die Höhe der Erstattungsbeträge im EBM sind für die Beklagte verbindlich;
Regelungen, die regionale Abweichungen erlauben (wie etwa früher bei der Höhe der Praxisbudgets), fehlen in den entsprechenden
Vorschriften des EBM.
VII. Das Recht der Laborärzte auf angemessene Vergütung wird durch die streitigen Gebührenordnungsregelungen auch nicht beeinträchtigt.
Auch ein Anspruch des Klägers auf höheres Honorar für die streitigen Quartale 3/99 und 4/99 aus §
72 Abs.
2 SGB V kommt ebenso wenig in Betracht. Das BSG hat hierzu in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 (betreffend die Arztgruppe der Radiologen
-B 6 KA 44/03 R-) ausgeführt:
Der Kläger macht einen weiter gehenden Honoraranspruch aus §
72 Abs.
2 SGB V bzw aus §
2 Abs.
1 Buchst a der Satzung der Beklagten geltend. Er stützt dies auf einen Anspruch auf angemessene Vergütung seiner vertragsärztlichen
Leistungen, die sich grundsätzlich auf einen Gewinn aus vertragsärztlicher Tätigkeit (also nach Abzug der Praxiskosten, aber
vor Steuern) in Höhe von 180.000 DM pro Jahr bzw 45.000 DM pro Quartal belaufe.
a) Nach §
72 Abs.
2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch
schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen
vergütet werden. Aus dieser Bestimmung kann ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche
Tätigkeiten erst dann in Betracht kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche
Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche
Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (BSGE 75, 187, 189 ff. = SozR 3-2500 § 72 Nr. 5 S 6 ff.; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 S 5 f.; BSGE 88, 20, 24 = SozR 3-2500 § 75 Nr. 12 S 70; BSGE 88, 126, 136 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 S 155; s zuletzt BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 6 KA 30/03 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Bei einer zu niedrigen Bewertung lediglich einzelner Leistungen oder
Leistungskomplexe ist dies regelmäßig nicht der Fall (vgl BSG SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 S 6; SozR 3-5533 Nr. 763 Nr. 1 S 6).
Die an dieser Rechtsprechung geübte Kritik (Wimmer in: Sodan [Hrsg], Finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung
und Grundrechte der Leistungserbringer, 2004, S 45, 48 ff.; ders, NZS 1999, 480 ff.; ders, MedR 1998, 533 ff.; Sodan, GesR 2004, 305, 307; Isensee, VSSR 1995, 321 ff.) veranlasst den Senat nicht dazu, diese zu ändern. Wortlaut, Systematik und Zweck des Gesetzes stehen der Annahme entgegen,
dem einzelnen Vertragsarzt könne aus §
72 Abs.
2 SGB V allgemein ein Rechtsanspruch auf eine Vergütung in einer bestimmten Höhe gegen die KÄV zustehen.
Schon dem Wortlaut nach ist §
72 Abs.
2 SGB V nicht als Anspruchsgrundlage ausgestaltet (so auch Spoerr, MedR 1997, 342, 343). §
72 Abs.
2 SGB V enthält danach nur ein an die KÄVen und die Krankenkassen-Verbände gerichtetes Gebot, wie die Verträge über die vertragsärztliche
Versorgung auszugestalten sind. §
72 Abs.
2 SGB V formuliert insoweit kein konkretes Normprogramm, sondern lediglich eine abstrakte Zielvorgabe. Angemessenheit ist ein hochabstrakter
Begriff (vgl Isensee, VSSR 1995, 321, 322 f.). Er bedarf der Konkretisierung, damit erkennbar wird, welche Vergütungshöhe dem Gesetz entspricht. Hierfür hat das
Gesetz einen prozeduralen Weg gewählt. Dies zeigt sich bereits an §
72 Abs.
2 SGB V, in dem die Angemessenheit der Vergütung als Ziel einer vertraglichen Regelung vorgegeben wird.
Für die vertragliche Regelung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen sieht das Gesetz ein komplexes System vor. Danach
honorieren die Krankenkassen nicht gesondert jede einzelne ärztliche Leistung, sondern entrichten mit befreiender Wirkung
für die gesamte vertragsärztliche Versorgung eine Gesamtvergütung (§
85 Abs.
1 Satz 1
SGB V). Die Höhe der Gesamtvergütung sowie deren Veränderung wird in einem Gesamtvertrag von den KÄVen und Landesverbänden der
Krankenkassen bzw den Verbänden der Ersatzkassen vereinbart (§
85 Abs.
3 iVm §
83 Abs.
1 Satz 1
SGB V). Kommt eine solche Vereinbarung auf diesem Wege nicht zu Stande, kann das Schiedsamt angerufen werden (§
89 Abs.
1, Abs.
1a SGB V). Nur die vereinbarte oder die durch Schiedsspruch festgesetzte Gesamtvergütung kann die KÄV auf der Grundlage des §
85 Abs.
4 SGB V an die Vertragsärzte verteilen; Nachforderungen der KÄVen an die Krankenkassen sind grundsätzlich ausgeschlossen (vgl BSG
SozR 3-2500 § 85 Nr. 30 S 228 f.). Lediglich in der besonderen, nicht auf andere Konstellationen übertragbaren Situation der
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen hat der erkennende Senat im Hinblick auf die von den Partnern des Bewertungsausschusses
in diesem speziellen Fall gemeinsam zu tragende Verantwortung für ein angemessenes Vergütungsniveau der zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen die Möglichkeit angesprochen, nachträglich die Höhe der Gesamtvergütung
zu modifizieren (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 8, jeweils RdNr. 35). Von Bedeutung für die Vergütung des einzelnen Vertragsarztes ist darüber hinaus
auch der von der KÄBV und den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss vereinbarte Bewertungsmaßstab
(§
87 Abs.
1 SGB V); denn von den darin enthaltenen Bewertungsrelationen darf in den Verteilungsmaßstäben und den anderen die Vergütung betreffenden
Regelungen nicht abgewichen werden. Die angemessene Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen ist nach den Vorstellungen
des Gesetzgebers Ergebnis dieses komplexen Konkretisierungsprozesses.
Bei dem Ziel einer angemessenen Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen in §
72 Abs.
2 SGB V handelt es sich um eine Vorgabe für die Regelung der vertraglichen Beziehungen zwischen den KÄVen und den Krankenkassenverbänden,
mithin für die Ausgestaltung der Normenverträge, durch die diese Regelung erfolgt. Die Partner dieser Verträge verfügen dabei
zwar über Spielräume, sind aber nicht frei. Zu den Belangen, die sie bei der Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen zu
einem sachgerechten Ausgleich bringen müssen, zählt §
72 Abs.
2 SGB V auch die Angemessenheit der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen. Es handelt sich dabei aber nur um einen von mehreren
Gesichtspunkten, der in die erforderliche Gesamtabwägung einzustellen ist. §
72 Abs.
2 SGB V nennt bereits mit der Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten unter
Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse eine weitere - aus mehreren Teilaspekten
zusammengesetzte - Zielvorgabe. Darüber hinaus enthält das Gesetz, insbesondere in §§
70,
71 SGB V, noch weitere Gesichtspunkte, die in unterschiedlicher Weise bei der Vereinbarung der Verträge nach §
72 Abs.
2 SGB V von den Gesamtvertragspartnern zu berücksichtigen sind. Von zentraler Bedeutung ist insoweit der Grundsatz der Beitragssatzstabilität
(§
71 Abs.
1 Satz 1
SGB V). Dieser normiert eine verbindliche gesetzliche Vorgabe für den Inhalt von Vergütungsvereinbarungen, der im Verhältnis zu
den anderen Kriterien für die Festsetzung der Gesamtvergütung sogar Vorrang zukommt (BSGE 86, 126, 135 ff. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 37 S 296 ff.). Aus einer die Verwirklichung unterschiedlicher, teilweise gegenläufiger Belange
und Interessen durch vertragliche Normsetzung dirigierenden Bestimmung, wie sie §
72 Abs.
2 SGB V darstellt, lassen sich subjektive Rechte einzelner Normunterworfener im Regelfall nicht ableiten.
Die fehlende Eignung des §
72 Abs.
2 SGB V als generelle Anspruchsgrundlage auf eine bestimmte Vergütung, die uU höher ist als in den maßgeblichen gesetzlichen und
untergesetzlichen Vorschriften vorgesehen, zeigt sich schon darin, dass Vergütungsansprüche dem Vertragsarzt nur gegenüber
seiner KÄV zustehen, während Normadressaten des §
72 Abs.
2 SGB V die Partner der Gesamtverträge sind. Diese könnten aber die Obliegenheit, beim Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nach
§
83 Abs.
1, §
85 Abs.
1 und Abs.
3 SGB V auf eine angemessene Vergütung ärztlicher Leistungen hinzuwirken, allenfalls dann verletzen, wenn flächendeckend und unabhängig
von Besonderheiten in einzelnen Regionen und/oder bei einzelnen Arztgruppen ein Vergütungsniveau zu beobachten wäre, das mangels
ausreichenden finanziellen Anreizes zu vertragsärztlicher Tätigkeit zur Beeinträchtigung der vertragsärztlichen Versorgung
der Versicherten führt. Eine solche Situation hat in den streitbefangenen Quartalen nicht bestanden.
Nichts anderes gilt auch hier für die Gruppe der Laborärzte.
VIII. Der vom Kläger (hilfsweise) beantragten weiteren Beweiserhebungen bedurfte es nicht.
Die beantragten Beweiserhebungen waren schon deshalb nicht erforderlich, weil wie bei jeder Normgebung dem - von dem betroffenen
Kläger insoweit im Kern postulierten - Verlangen nach Transparenz und Offenlegung der Erwägungen des Normgebers im Rahmen
einer gerichtlichen Überprüfung Grenzen gesetzt sind. Die Begründung von Akten der Rechtsetzung ist weder einfachgesetzlich
(vgl § 39 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -, § 35 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -) noch aus Gründen des Verfassungsrechts geboten. Nur wenn Grundrechtsbeeinträchtigungen von gewisser Intensität zu besorgen
sind, muss ein Normgeber Annahmen und Wertungen, die ihn zur Schaffung einer Regelung bestimmt haben, spätestens in einem
Gerichtsverfahren offen legen (so BVerfGE 85, 36, 57 zur Festsetzung von Studienplatzkapazitäten durch Verordnung; vgl. auch BVerfGE 54, 173, 197; 66, 155, 179 f.). Außerhalb dieses Bereichs - wie hier beim Streit über eine - wie oben ausführlich begründet - nicht
statusrelevante Mengensteuerung- ist der Normgeber auf die Rüge hin, eine von ihm geschaffene Bestimmung verstoße gegen höherrangiges
Recht, dagegen nicht generell verpflichtet, seinen Prozess der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in allen Einzelheiten
offen zu legen; dieses gilt jedenfalls dann, wenn überhaupt tragende sachliche Gründe erkennbar sind, die die Regelung als
nicht willkürlich erscheinen lassen (zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 und 34 mwN; siehe auch Urteil vom 9. Dezember
2004 -B 6 KA 44/03 R-). Solche Gründe liegen hier aber wie dargelegt vor (vgl auch Urteil des Senats vom 16. Juli 2003 - L 5 AL 2361/02).
Den Beweisanträgen war davon abgesehen auch sonst nicht zu folgen:
Zu 1.-4.: Der Senat hat sich mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt, es als wahr unterstellt, ihm jedoch keine rechtserhebliche
Bedeutung beigemessen.
Zu 5-6: Den Ursachen eines eventuellen Rückgangs meldepflichtiger Erkrankungen braucht nicht weiter nachgegangen zu werden.
Den Ärzten kann weder in ihrer Gesamtheit noch hinsichtlich eines nennenswerten Teils unterstellt werden, dass sie die notwendigen
Untersuchungen aus finanziellen Gründen unterlassen. Außerdem würde dies nicht zwingend eine Änderung der Laborreform zur
Folge haben, sondern nur die Notwendigkeit belegen, Anreize für die niedergelassenen Ärzten in den EBM einzuführen, damit
sie ihren Meldepflichten korrekt nachkommen.
Zu 7.: Diese Tatsache ist nicht beweisbedürftig. Sie ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen und ist vom Senat
als richtig unterstellt worden.
Zu 8.: Der Senat ist eben so wie der Bewertungsausschuss von dem ebenfalls vorgetragenen Rückgang von 39 % (15 % geplanter
Umsatzrückgang zuzüglich 24 % Erhöhung auf die bei Speziallabors überwiegenden OIII Leistungen) ausgegangen. Der Umsatzrückgang
sagt im Übrigen nichts über den Gewinn aus ärztlicher Tätigkeit aus. Auch ein höherer Rückgang der Umsätze wäre für die Fachgruppe
angesichts der früheren überhöhten Einkünfte nicht unzumutbar.
Zu 9-12: Der Senat hat keine hiervon abweichenden Feststellungen getroffen. Das Vorbringen ist teilweise rechtlich unerheblich,
teilweise werden die vorgetragenen Tatsachen rechtlich anders gewürdigt.
Zu 13: Dass die Gesamtvergütungen wegen des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität praktisch unverändert geblieben sind, ist
eine allgemeinkundige Tatsache.
Zu 14-16: Auf dieses Vorbringen kam es nach der Rechtsauffassung des Senats nicht an.
IX. Aus all diesen Gründen kann daher der Senat der Auffassung des SG, dass hier die Rechtmäßigkeit der im streitigen Quartal geltenden Kostensätze der Leistungen des Speziallabors bzw. des von
der Beklagten insgesamt festgesetzten Honorars nicht mit dem Argument der Anfangs- und Erprobungsregelung begründet werden
könnte, nicht folgen. Auch wenn hier zugegebenermaßen die Umsatzeinbußen bei den Laborärzten (in dem vom Senat parallel zu
entscheidenden Fall einer Gemeinschaftspraxis von Laborärzten - L 5 KA 4427/03 - mit ca. 30%) und konkret beim Kläger sehr deutlich (hier gut 50%) ausgefallen sind, rechtfertigt dies zur Überzeugung des
Senats nicht die vom SG vertretene Auffassung, in diesem Falle in Abweichung zur bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung (BSG SozR 3-2500 § 85
Nr. 26) im Rahmen der Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht auch rückwirkend die Betroffenen von den Auswirkungen
der Laborreform deutlich zu entlasten. Nachdem sich dieses "höherem Maß an Nachteilen" auf letztlich zwei Quartale (3/99 und
4/99) beschränkt hat und der Normgeber im übrigen, sobald er das wahre Ausmaß der Belastungen auf Grund der Laborreform für
die betroffenen Laborärzte auf Grund entsprechender verlässlicher Zahlen (betreffend das Quartal 3/99 im Januar 2000) erkannt
hatte, unverzüglich reagiert hat, ist dies zur Überzeugung des Senats nicht zu beanstanden und sind damit im übrigen die hier
konkret eingetretenen Belastungen (noch) hinzunehmen.
X. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs.
1 und 4
SGG in der bis zum 2. Januar 2002 geltenden Fassung, da das gerichtliche Verfahren vor diesem Tag anhängig geworden ist.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache gem. §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zuzulassen. Außerdem haben die Bevollmächtigten des Klägers glaubhaft dargelegt, dass noch zahlreiche Streitsachen von Laborärzten
betreffend die Quartale 3 und 4/99 anhängig sind.