Auswirkungen der Laborreform in der Vertragsärztlichen Versorgung
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind die Gesamthonoraransprüche der Kläger in den Quartalen 3/99 und 4/99 im Hinblick auf die zum
1. Juli 1999 in Kraft getretene Laborreform streitig.
Die Kläger nehmen als Fachärzte für Laboratoriumsmedizin bzw. Mikrobiologie und Infektions- epidemiologie in Gemeinschaftspraxis
mit Sitz in L. an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten teil. Sie werden ausschließlich auf Überweisung tätig
und erbringen weit überwiegend Leistungen des Kapitels O III des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen
(EBM).
Die Umsatzzahlen und Fallzahlen der von den Klägern betriebenen Gemeinschaftspraxis stellen sich in Bezug auf die Primär-
und Ersatzkassen betreffend wie folgt dar:
Quartal Fallzahl Fallzahl der Honorar Honorar Summe Fallwert
Fachgruppe Primärkassen Ersatzkassen in DM in DM
1/97 99.440 35.867 4.927.815,62 2.624.485,53 7.552.301,15 75,95
2/97 103.664 37.134 5.030.608,34 2.835.818,77 7.866.427,11 75,88
3/97 99.059 43.015 4.810.573,83 2.690.495,11 7.501.068,94 75,72
4/97 102.462 41.097 5.478.649,10 3.004.874,74 8.483.523,84 82,80
1/98 125.455 45.743 4.362.844,89 1.865.295,04 6.228.139,93 49,64
2/98 101.732 41.032 4.342.500,45 2.861.282,64 7.203.783,09 70,81
3/98 103.255 40.054 4.408.217,99 2.182.407,16 6.590.625,15 92,88
4/98 107.831 42.123 5.234.205,88 2.883.891,42 8.118.097.30 75,28
1/99 108.447 42.257 4.871.100,25 2.202.407,21 7.073.507,46 65,23
2/99 104.084 36.021 4.668.025,20 2.916.320,13 7.584.345,33 72,87
3/99 88.006 24.769 3.170.478,68 1.669.213,36 4.839.691,94 54,99
4/99 90.518 27.009 3.213.540,10 1.723.190,63 4.936.730,73 54,76
Zum 1. Juli 1999 wurde die sog. Laborreform durchgeführt. Leitgedanke dieser Reform war, bei gleicher Leistungsqualität stärkere
Anreize zum medizinisch notwendigen Umgang mit Laborleistungen zu geben und die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit den
Veranlassern zuzuordnen. Im Zusammenhang damit wurden folgende Gebührennummern eingeführt:
Geb.-Nr. 3450
Laborgrundgebühr, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit Ausnahme von Überweisungsfällen mit Auftragsleistungen
(aufgeschlüsselt nach Arztgruppen)
Mit der Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 sind für die aufgeführten Arztgruppen die ärztlichen Leistungen des Kapitels O mit
Ausnahme der Kosten für die laboratoriumsmedizinischen Analysen abgegolten. Diese Kosten sind nach den vertraglich vereinbarten
Kostenbeträgen neben der Laborgrundgebühr oder für sich allein berechnungsfähig (vgl. Kostenliste für allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen-
Anhang zu Abschnitt OI/OII - Geb.-Nrn. 3500 bis 3890 EBM)
Geb.-Nr. 3452
Wirtschaftliche Erbringung und/oder Veranlassung von Leistungen des Kapitels O, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit
Ausnahme von Überweisungsfällen mit Auftragsleistungen
(aufgeschlüsselt nach Arztgruppen)
Ergänzt werden diese neu geschaffenen Abrechnungsgebühren durch ein Laborbudget, das in Kapitel O I/II EBM "Allgemeine Laboruntersuchungen"
bzw. wortgleich in Kapitel O III EBM "Spezielle Laboruntersuchungen" wie folgt lautet:
Für die Kosten eigenerbrachter, von Laborgemeinschaften bezogener oder als Auftragsleistung überwiesener kurativ-ambulanter
Laboratoriumsuntersuchungen nach dem vertraglichen Anhang zu Abschnitt O I/II (bzw. O III) wird je Arztpraxis (Abrechnungsnummer)
und Abrechnungsquartal eine begrenzte Gesamtpunktzahl gebildet, deren Höhe sich aus dem Produkt aus arztgruppenbezogener Fallpunktzahl
und der Zahl kurativ-ambulanter Fälle der Arztpraxis ergibt. In die Berechnung der begrenzten Gesamtpunktzahl gehen nicht
ein alle Überweisungsfälle zur ausschließlichen Erbringung von Leistungen der Kapitel O und P, kurativ-ambulante Behandlungsfälle
zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen und Fälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitels
U - mit Ausnahme der Pauschalerstattungen nach Nrn. 7180, 7181 und 7215 - abgerechnet werden.
Dieser Gesamtpunktzahl steht ein Punktzahlvolumen gegenüber, das sich aus der Umrechnung der DM-Beträge der eigenerbrachten,
bezogenen oder überwiesenen kurativ-ambulanten Laboratoriumsuntersuchungen des vertraglichen Anhangs zu Abschnitt O I/II ergibt.
Die Umrechnung in Punkte erfolgt (1999) durch Multiplikation mit dem Faktor 13,5 für das OI/OII Labor bzw. 16,1 für das O
III Labor, wobei auf ganze Zahlen auf- oder abgerundet wird.
Überschreitet die Summe dieser Punkte die begrenzte Gesamtpunktzahl der Arztpraxis, werden die überschreitenden Punkte von
dem dieser Praxis zustehenden Punktzahlvolumen, das sich aus Nr. 3452 ergibt, abgezogen.
Bei der Berechnung der begrenzten Gesamtpunktzahl und bei der Berechnung des Punktzahlvolumens nach Satz 3 bleibt die Zahl
der Behandlungsfälle mit den nachfolgend aufgeführten Krankheitsfällen (hier in der vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2001 gültigen
Fassung) unberücksichtigt:
Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen,
orale Antikoagulantientherapie Mukoviszidose, präoperative Labordiagnostik vor ambulanten oder belegärztlichen Eingriffen
in Narkose oder in rückenmarksnaher Regionalanästhesie, chronische Niereninsuffizienz mit einer endogenen Kreatinin-Clearance
> 25ml/min, Erkrankungen unter systemischer Zytostatika-Therapie und/oder Strahlentherapie, Nachsorge nach Organtransplantation
oder Transplantation von Knochenmark (auch Zellseparation) unter immunsuppressiver Therapie, therapiebedürftige HIV-Infektionen,
manifester Diabetes mellitus, rheumatoide Arthritis (PCP) einschließlich Sonderformen und Kollagenosen unter immunsuppressiver
oder immunmodelierender Langzeit- Basistherapie.
Daneben sind unter anderem für die Ärzte für Laboratoriumsmedizin folgende weitere Geb.-Nrn. geschaffen worden:
Geb.-Nr. 3454
Grundpauschalen für Ärzte für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Transfusionsmedizin und ermächtigte
Fachwissenschaftler der Medizin bei Probeneinsendung, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall mit Auftragsleistung(en) des Kapitels
O
für bis zu 6000 Behandlungsfälle mit Auftragsleistungen des Kapitels O 65 Punkte
für den 6001. bis 12.000. Behandlungsfall mit Auftragsleistungen des Kapitels O 10 Punkte
für jeden weiteren Behandlungsfall mit Auftragsleistungen des Kapitels O 2 Punkte
Geb.-Nr. 3456
Grundpauschale für Ärzte aus nicht in Nr. 3454 aufgeführten Arztgruppen bei Probeneinsendungen, je kurativ-ambulanten Behandlungsfall
mit Auftragsleistung(en) des Kapitels O
für bis zu 12.000 Behandlungsfälle mit Auftragsleistungen des Kapitels O 15 Punkte
für jeden weiteren Behandlungsfall mit Auftragsleistungen des Kapitels O 3 Punkte
Bei Gemeinschaftspraxen ist die fallzahlbezogene Abstaffelung der Grundpauschalen nach den Nrn. 3454 und 3456 je beteiligten
Arzt anzuwenden.
Bei Gemeinschaftspraxen zwischen den in den Nrn. 3454 und 3456 genannten Arztgruppen ist für die Höhe der Leistungsbewertung
und Abstaffelung die Regelung nach Nr. 3454 anzuwenden.
Die Leistungen nach den Nrn. 3450, 3454 und 3456 sind im Behandlungsfall nicht nebeneinander berechnungsfähig.
Bezüglich der Leistungen ab den Nrn. 3500 (allgemeine Laboratoriumsuntersuchungen) beziehungsweise 3901 (spezielle Laboratoriumsuntersuchungen)
wurden Festbeträgen in DM (bzw. jetzt in EUR) aufgenommen.
Es wurden zur Absicherung der Laborreform folgende Änderungen des Bundesmantelvertrages vorgenommen:
- Beschränkung der Überweisungsart zur Durchführung von Laborleistungen auf die art- und umfangs- bzw. indikationsdefinierte
Auftragsleistung - § 24 BMV-Ä
- Einführung eines eigenen Abrechnungsscheines für Labor-Auftragsleistungen (Muster 10) - § 24 BMV-Ä
- Wegfall der Möglichkeit des Bezuges von Laborleistungen von anderen Vertragsärzten und von an der vertragsärztlichen Versorgung
teilnehmenden Einrichtungen - § 25 BMV-Ä
- Definition der Laborgemeinschaft - § 25 Abs.. 3 BMV-Ä.
Die Honorare der Kläger in den Quartalen 3/99 und 4/99 waren erheblich niedriger als im jeweiligen Vorjahresquartal:
Quartal 3/98: 7.114.790,-- DM
Quartal 3/99: 4.927.247,04 DM
Veränderung: - 30,07 %
Quartal 4/98: 8.298.967,45 DM
Quartal 4/99: 5.266.691,48 DM
Veränderung: - 36,54 %.
Die Kläger erhoben gegen die Honorarbescheide für die hier streitigen Quartale 3/99 und 4/99 vom 12. Januar 2000 bzw. 10.
April 2000 jeweils Widerspruch mit der Begründung, angesichts der deutlichen Honorarverluste bei gleichzeitig gestiegenen
Kosten und der nur sehr begrenzten Möglichkeit weiterer Rationalisierung und einer Kostenquote ihrer Praxis von deutlich über
85 % gelangten sie nunmehr in die Verlustzone. Dies gelte umso mehr, als der Scheinschnitt in den vergangen fünf Jahren bereits
auf fast die Hälfte gesunken sei. Betroffen sei besonders der nicht kostendeckende Ansatz für viele Laborparameter, die Kürzung
der Versandpauschale sowie die starke Reduzierung der Anforderungsfrequenz und die damit verbundenen ungünstigen Serienlängen
mit deutlich höheren Kosten pro Parameter. Die Vergütungsregelungen seien daher rechtswidrig.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 20. März 2000 (Quartal 3/99) und 26. Juni 2000 (Quartal 4/99) wies der Vorstand der Beklagten
die Widersprüche jeweils zurück. Zur Begründung führte er aus, Grundlage der Honorarverteilung sei der EBM. Dieser sei ab
dem 1. Juli 1999 im Kapitel O völlig neu konzipiert. An die Vorgaben des EBM sei die Beklagte bei der Honorarverteilung gebunden.
Eine Veränderung der dort festgelegten Regelungen im Rahmen der Honorarverteilung wäre ein unzulässiger Eingriff in das Bewertungsgefüge.
Die Beklagte habe die Gesamthonorarabrechnungen der Kläger unter Berücksichtigung aller einschlägigen Bestimmungen ordnungsgemäß
erstellt. Im Übrigen habe der einzelne Vertragsarzt keinen Anspruch auf eine bestimmte Höhe seines Honorars, sondern lediglich
ein Anrecht auf einen angemessenen Anteil an der zu verteilenden Gesamtvergütung.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. März 2000 betreffend das Quartal 3/99 haben die Kläger am 17. April 2000 (S 5 KA 2383/00) und gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Juni 2000 betreffend das Quartal 4/99 am 13. Juli 2000 (S 5 KA 4013/00) jeweils Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Das SG hat die Klagen mit Beschluss vom 26. März 2001 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Zur Begründung ihrer Klage haben die Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, aufgrund der bundesweit existenzgefährdenden
Honorarrückgänge bei Laborärzten habe der Bewertungsausschuss die Kostenerstattungen für Laboranalysen des Kapitels O EBM
ab dem 1. Januar 2000 um pauschal 24 % angehoben und zum 1. April 2000 zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um die Zahl der durchgeführten
Laboranalysen wieder zu erhöhen (Deutsches Ärzteblatt 1997, Heft 9, Seite A-555 ff., 559 ff.). Sie beanspruchten daher eine
kostendeckende Vergütung auch für die Quartale 3/99 und 4/99. Mit der Neufassung des Kapitels O EBM durch die Laborreform
habe der Normgeber eine Mengenreduzierung um ca. 15 % angestrebt. Grundlage der Festsetzung der Kostenerstattungsbeträge für
die analytischen Leistungsteile seien betriebswirtschaftliche Kalkulationen aufgrund eines von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
(Beigeladene Ziffer 1) in Auftrag gegebenen Konzeptes der Unternehmensberatung M. gewesen. Der Wirtschaftlichkeitsbonus für
Nichtlaborärzte als Einsender habe bundesweit zu einem Rückgang der Aufträge für medizinisch indizierte Untersuchungen geführt
und ebenfalls zu der eingetretenen Kostenunterdeckung beigetragen. Aufgrund der neuen Form der Budgetierung seien außerdem
bundesweit bei Laborärzten Honorarrückgänge von 40 bis 45 % eingetreten. Wegen des hohen Fixkostenanteils laboratoriumsmedizinischer
Untersuchungen seien die Kosten je Untersuchung infolge des gravierenden Rückgangs der Leistungsmenge deutlich höher als bis
zum 30. Juni 1999. Die festgesetzten Kostenerstattungsbeträge seien damit zu niedrig. Die Rückgänge der Serienlängen seien
auch nicht durch das Ansammeln von Proben kompensierbar, insbesondere weil ein erheblicher Teil der Proben verderblich sei.
Darüber hinaus sei auch der vom Bewertungsausschuss gewählte betriebswirtschaftliche Ansatz fehlerhaft. Denn die Vergütung
der Parameter sei auf der Grundlage der Durchschnittskosten der 50 % kostengünstigsten Praxen errechnet. Mit diesen Kostenerstattungen
könnten deshalb 75 % aller Laborarztpraxen nicht kostendeckend arbeiten. Im Übrigen sei zu bestreiten, dass die Kostenerstattung
für die Laboranalysen auf einer Mischkalkulation beruhten. Die drohenden Folgen der Neufassung des Kapitels O III EBM seien
dem Bewertungsausschuss und den Vertragspartnern bereits vor dem Inkrafttreten der Änderungen bekannt gewesen, insbesondere
aufgrund einer Veröffentlichung von Merten/Früh in Der Internist, Heft 3/99, Seite M 73 ff.. Auch hätten die Berufsverbände
der Laborärzte die Beigeladene Ziffer 1 rechtzeitig auf Mängel der Neufassung des Kapitels O EBM aufmerksam gemacht. Außerdem
habe der Bewertungsausschuss zahlreiche Höchstwertregelungen vorgesehen, denen zufolge bestimmte Untersuchungen nur bis zu
einer Obergrenze je Behandlungsfall und Quartal vergütet würden. Bei Überschreitung dieser Leistungen erhielten sie erbrachte
Leistungen nicht mehr vergütet. Ferner habe der Bewertungsausschuss Abstaffelungen der Kostenerstattung bei den festen DM-Beträgen
vorgesehen und die Transportkostenpauschale nur noch einmal je Behandlungsfall als abrechenbar gefasst. Diese Maßnahmen hätten
insgesamt zu einem Honorarrückgang ihrer Praxis von jeweils mehr als 30 % gegenüber den Quartalen 3/98 und 4/98 geführt.
Zu den nicht zumutbaren Kostenunterdeckungen wäre es in dem festzustellenden Ausmaß auch nicht gekommen, wenn die Vertragspartner
der Bundesmantelverträge die Gesamtleistungen entsprechend den Vorgaben in §
87 Abs.. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) weiterhin in Punkten bewertet hätten, weil dann der Mengenrückgang durch einen höheren Punktwert ausgeglichen worden wäre.
Mit der Festsetzung der DM-Beträge der Kostenerstattungen für Laboranalysen hätten der Bewertungsausschuss und die Vertragspartner
jedenfalls in den hier streitigen Quartalen den ihnen zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten. Zwar komme es bei
Pauschalerstattungen grundsätzlich nicht darauf an, ob diese im Einzelfall die konkreten Kosten abdeckten; in den hier streitigen
Quartalen seien die festgesetzten Kostenerstattungen aber rechtsmissbräuchlich niedrig, gemessen am typischen Aufwand einer
Laborarztpraxis. Zudem beträfen sie nicht nur einen Randbereich, sondern gerade den Kernbereich der Tätigkeit der Laborärzte.
Bereits der am 1. Januar 2000 eingeführte pauschale Aufschlag von 24 % auf sämtliche Kostenerstattungen belege die Rechtswidrigkeit.
Die Unterdeckung ihrer Kosten müssten sie - die Kläger - auch nicht als Erprobungsregelung hinnehmen, denn betriebswirtschaftlich
errechnete Kostenerstattungen für Leistungen seien einer Erprobung von vornherein nicht zugänglich, weil solche nur entweder
richtig oder falsch berechnet sein könnten. Im Übrigen habe eine tatsächliche Unsicherheit bei der Festsetzung der Kostenerstattungen
für Laboranalysen nicht vorgelegen, nachdem sowohl der Beklagten als auch der Beigeladenen Ziffer 1 bereits im Frühjahr 1999
die Fehlerhaftigkeit der Berechnung bekannt gewesen sei. Wenn aber der Normgeber ohne Rücksicht auf die sich konkret abzeichnenden
Folgen eine Regelung in Kraft setze, könne er sich nicht darauf berufen, wegen eines ungesicherten Sachverhalts zunächst Erfahrungen
sammeln zu müssen.
Außerdem habe der Normgeber eine Vielzahl neuartiger Regelungen in die Kapitel O und U EBM gleichzeitig und ohne Ermittlung
möglicher Folgen eingeführt, insbesondere auch nicht die Konsequenzen aus der Neufassung der Leistungslegende der Gebührennummer
7103 EBM (Versandpauschale) bereits im Quartal 2/99 auf das Honorar der Laborärzte abgewartet. Die wechselseitigen Einflüsse
der verschiedenen Maßnahmen seien von vornherein offensichtlich unkalkulierbar und mit dem Risiko eines unverhältnismäßigen
Honorarverlustes der Laborärzte verbunden gewesen. Der Normgeber hätte daher Auffangregelungen etwa in Form "umgekehrter Abstaffelungsregelungen"
erlassen müssen, um schwerwiegende Folgen zu vermeiden. Dieses Unterlassen stehe der Hinnahme der Neuregelung als Erprobungsregelung
ebenfalls entgegen. Jedenfalls aber bestehe eine Verpflichtung der Beklagten zur Nachbesserung der Kostenerstattungen bereits
ab dem zweiten Halbjahr 1999 (Hinweis auf SG Reutlingen, Urteil vom 25. September 2002 - S 1 KA 1959/00 -). Eine solche wäre der Beklagten auch deshalb ohne Nachteile für andere Arztgruppen möglich, weil die Höhe der Gesamtvergütungen
in diesem Zeitraum unverändert geblieben seien. Der erst zum 1. Januar 2000 erfolgte pauschale Aufschlag auf die Kostenerstattungen
sei offensichtlich unverhältnismäßig.
Die Neufassung des Kapitels O EBM sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie unverhältnismäßig in ihre Berufsausübungsfreiheit
eingreife. Sie sei schon nicht verhältnismäßig, weil aufgrund der gewählten Berechnungsgrundlage die überwiegende Anzahl der
Laborarztpraxen nicht kostendeckend arbeiten könne. Dies werde noch durch die Kumulierung von Budgetierungen, Abstaffelung,
strukturellen Vergütungsänderungen und Höchstwertregelungen verschärft. So habe die Firma M. bereits in ihrem Abschlussbericht
vom 30. April 1998 darauf hingewiesen, ein Teil der Fixkosten der Laborärzte sei nur mittelfristig abbaubar und deshalb eine
schrittweise Einführung der Mengenbegrenzung empfohlen. Den betroffenen Ärzten sei daher von vornherein ein Gegensteuern mit
sofortiger Wirkung nicht möglich gewesen. Aufgrund der weit überproportionalen Leistungsmengenrückgänge seien als Folge der
Laborreform bei den Kassenärztlichen Vereinigungen Überschüsse entstanden, die weit über das beabsichtigte Honorareinsparvolumen
von 15 % hinausgegangen seien. Da die von den Krankenkassen geleisteten Gesamtvergütungen nach der Laborreform nicht reduziert
worden seien, hätten sich auch keine Einsparungen zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherung ergeben. Damit habe die Laborreform
im zweiten Halbjahr 1999 allein zu einer Honorarumverteilung innerhalb der Ärzteschaft geführt. Der Beklagten sei es daher
möglich, die übermäßigen Auswirkungen der Laborreform insoweit zu berücksichtigen.
Unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Kalkulationen der Kostenerstattungsbeträge für die Laborleistungen sei der Honorarverteilungsmaßstab
(HVM) der Beklagten rechtswidrig und diese zur Aufstockung ihres Honorars verpflichtet. Die Beklagte habe für die Fachgruppe
der Laborärzte einen leistungsbezogenen Teiltopf anstelle eines arztgruppenspezifischen Teiltopfes gebildet, aus dem sie auch
die Laborgrundgebühr und den Wirtschaftlichkeitsbonus vergüte. Damit könnten die Leistungsveranlasser durch Nichterteilung
von Untersuchungsaufträgen ihr Honorar in Form höherer Punktwerte steigern ohne Kompensation bei den Leistungserbringern.
Dies schließe die zusätzliche Deckelung des Punktwertes auf zehn Pfennig gemäß Nr. 8.1 der Anlage I zum HVM weitestgehend
aus. Dagegen habe beispielsweise die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein in ihrem HVM arztgruppenbezogene Teiltöpfe für
Laborärzte beibehalten. Aufgrund des Rückgangs bei den Kostenerstattungen seien die Punktwerte für die ärztlichen Leistungen
erheblich angestiegen und damit die negativen Auswirkungen von vornherein begrenzt worden. Andere Kassenärztliche Vereinigungen,
etwa die in Nordbaden (Anmerkung: diese ist zwischenzeitlich in der jetzigen beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg
ebenso wie die ursprünglich hier beklagte Kassenärztliche Vereinigung Nord-Württemberg aufgegangen), hätten den pauschalen
Aufschlag von 24 % auf die Kostenerstattungen auf das zweite Halbjahr 1999 ausgedehnt. Weitere Kassenärztliche Vereinigungen
hätten Vergleichslösungen gefunden.
Die Beigeladene Ziffer 1, deren Vortrag sich die Beklagte angeschlossen hat, ist wie die Beklagte dem entgegengetreten. Sie
hat darauf hingewiesen, allein der Umfang der Honorarrückgänge der Kläger belege nicht die Rechtswidrigkeit der Bewertungsfestsetzung.
Vielmehr beruhten die Honorarrückgänge der Laborärzte in erster Linie auf einem Rückgang der Überweisungsfälle von 29 % im
Quartal 3/99 und von 28 % im Quartal 4/99 und könnten sich weiter verstärken, wenn die einreichenden Ärzte je Überweisungsfall
weniger Laboruntersuchungen als früher anforderten. Der Rückgang der Probeneinsendungen sei jedoch grundsätzlich eine bezweckte
Folge der Laborreform. Auch die Einführung des Aufschlags von pauschal 24 % auf die Kostenerstattungen für Analyseleistungen
zum 1. Januar 2000 belege nicht eine rechtsmissbräuchliche und rechtswidrige Festsetzung der Kostenerstattungen des Kapitels
O EBM durch die Laborreform. Denn die Bewertungen beruhten auf den Erhebungen realer Kosten in medizinischen Laboratorien.
Das aus mehreren betriebswirtschaftlichen Alternativen gewählte Prinzip der Heranziehung der Durchschnittskosten der kostengünstigsten
Praxen verdeutliche den Willen des Bewertungsausschusses, die Erbringer von Laboranalysen zu konsequenter Wirtschaftlichkeit
anzuhalten. Im Übrigen bestehe auch bei diesem Auswahlprinzip eine mischkalkulatorische Bandbreite der Bewertungen, die allen
Praxen zugute komme. Das Ausmaß der Rückgänge der Untersuchungszahlen sei nicht vorhersehbar gewesen, denn das Verhalten der
veranlassenden Ärzte habe der Bewertungsausschuss nicht prognostizieren können. Erste Schnellauswertungen in zwei Kassenärztlichen
Vereinigungen im Januar 2000 hätten einen stärkeren Rückgang der Untersuchungszahlen nach dem 30. Juni 1999 als erwartet ergeben.
Deshalb habe der Bewertungsausschuss ab dem 1. Januar 2000 befristet einen Pauschalaufschlag von 24 % für O III-Analysen beschlossen.
Eine frühere Korrektur sei nicht möglich gewesen, weil erste Abrechnungsergebnisse aus dem Quartal 3/99 erst im Januar 2000
verfügbar gewesen seien. Einzelnen frühzeitigen Berichten über die Auswirkung der Laborreform habe mangels repräsentativer
Daten allein Hinweischarakter zukommen können. Die Ausarbeitung von Merten/Früh weise zudem methodische Mängel auf. Schließlich
sei die Behauptung der Kläger, mit der vom Bewertungsausschuss gewählten Kostenermittlungsalternative könnten 75 % der Laborarztpraxen
nicht kostendeckend arbeiten, nicht zwingend, weil diese ganz verschiedene Schwerpunktbereiche mit mehr oder weniger günstiger
Kostenstruktur aufwiesen. Aufgrund u. a. des hohen Mengenzuwachses von rund 12,5 % jährlich in den Jahren 1988 bis 1996 sei
der Bewertungsausschuss dem Vorschlag der Unternehmensberatung M., die Mengenbegrenzung in zwei Schritten einzuführen, nicht
gefolgt. Im Übrigen sei die Tatsache der Mengenbegrenzung der ärztlichen Öffentlichkeit bereits seit Mai 1998 durch eine Veröffentlichung
im Deutschen Ärzteblatt (DÄ 1998, Jahrgang 95, Heft 22, Seite A-1356) bekannt gewesen. Sie habe mithin mehr als ein Jahr Zeit
gehabt, sich hierauf einzustellen. Soweit die Kläger rückwirkend eine Besserstellung ihrer Fachgruppe verlangten, führe dies
gegebenenfalls zu Belastungen anderer Arztgruppen.
Die Beigeladene Ziffer 2 hat ferner noch ausgeführt, entgegen der Ansicht der Kläger seien betriebswirtschaftliche Berechnungsmethoden
nur eine Hilfestellung, die aber keine abschließend einzig richtige Berechnung in jedem Fall ergäbe. Daher sei die vom Bewertungsausschuss
gewählte Ausgangsberechnung als nicht rechtsmissbräuchlich im Rahmen der Erprobungsregelung hinzunehmen. Ihre Pflicht zur
Beobachtung und gegebenenfalls Nachbesserung der Auswirkungen der Laborreform seien die Vertragspartner rechtzeitig und ausreichend
nachgekommen.
Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 30. September 2003 abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die angefochtenen
Gesamthonorarabrechnungsbescheide rechtmäßig seien und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzten. Unter Berücksichtigung
der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass es den Gerichten ausnahmsweise und nur in engen Grenzen
gestattet sei, in das Bewertungsgefüge der vertragsärztlichen Gebührenversorgung einzugreifen und Voraussetzung für ein Eingriffsrecht
zudem ein bewusstes und zielgerichtetes Handeln des Bewertungsausschusses u. a. voraussetze, bestünden keine Anhaltspunkte
für eine willkürliche oder die Laborärzte bewusst benachteiligende Regelung. Die Festsetzung der Kostensätze für das Allgemein-(Kapitel
O I/II EBM) und das Speziallabor (Kapitel O III EBM) sowie die Transportkostenpauschale nach Gebührennummer (Geb.-Nr.) 7103
EBM wie auch die sonstigen Neuregelungen des Kapitels O EBM zum 1. Juli 1999 seien nicht rechtswidrig. U. a. habe auch das
BSG (SozR 3-2500 § 87 Nr. 16) bereits die zum 1. April 1994 in Kraft getretene Laborbegrenzung der pro Arztpraxis und Abrechnungsquartal
abrechnungsfähigen Basislaborleistungen als rechtmäßig gebilligt. Verglichen mit der früher geltenden Rechtslage, bei der
dem einzelnen Arzt ein Budget aus Fallpunktzahl multipliziert mit der Zahl der abrechnungsfähigen Fälle eingeräumt worden
sei, bestehe zu der hier im Streit stehenden Regelung kein grundsätzlicher Unterschied. Dies gelte jedenfalls für die Ärzte,
die überdurchschnittlich mehr Leistungen erbringen würden als der Durchschnitt ihrer Fachgruppe. Auch bei ihnen sei früher
nach Überschreitung der durch das Budget vorgegebenen Leistungsmenge der durchschnittliche Punktwert gesunken, was auch bei
der jetzigen Regelung erfolge. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass bisher trotz Überschreitens des Budgets die bis
zur Budgetgrenze erworbenen Punktwerte auch vergütet worden seien, während sie sich beim Laborbudget mit zunehmender Überschreitung
verringerten. Dies ändere aber nichts am Charakter einer Abstaffelungsregelung, es handele sich insoweit lediglich um eine
verschärfte Abstaffelungsregelung. Verschärfte Abstaffelungsregelungen bewirkten eine höhere Motivation, die Budgetgrenzen
einzuhalten und diese eben nicht zu überschreiten. Dass diese Abstaffelungsregelung auch für Ärzte gelte, die Leistungen veranlassten,
werde von den Klägern rechtlich nicht in Frage gestellt (Nachtrag: Diese Ausführungen betreffen insbesondere den Wirtschaftlichkeitsbonus).
Solche Abstaffelungsregelungen habe die Rechtsprechung schon seit langem gebilligt (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 12).
Die getroffenen Regelungen im EBM seien aber nicht nur dem Grunde nach von §
87 Abs.
2 a Satz 7
SGB V gerechtfertigt, der Bewertungsausschuss habe vielmehr mit seiner konkreten Ausgestaltung (BSG SozR 3-2500 § 83 Nr. 1) des
Laborbudgets auch keine sonstigen Rechte der Kläger verletzt. Im Rahmen der Laborreform sei eine Neubewertung der Laborleistungen
auf betriebswirtschaftlicher Basis erfolgt, um zwischenzeitliche Entwicklungen in Diagnostik und Medizintechnik auch in der
Vergütung widerzuspiegeln. Diese (vom SG im Einzelnen dargestellte) Berechnung sei nicht zu beanstanden. Ebenso wenig sei die Festlegung der Transportkostenpauschale
nach Geb.-Nr. 7103 EBM mit einer fallbezogenen Vergütung von 5,10 DM im Rahmen der zulässigen Pauschalierungen rechtswidrig.
Im Hinblick auf den geringeren Verwaltungsaufwand als bei einer material- bzw. versandbezogenen Vergütung je Einsendung sei
diese Regelung nicht zu beanstanden. Die Kläger hätten insoweit auch konkret nichts weiter vorgetragen.
Auch die Festsetzung der bundesweit einheitlichen DM-Kostensätze sei vor dem oben dargestellten Hintergrund nicht zu beanstanden.
Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Festlegung derartiger Kostensätze eine normative Tätigkeit des Bewertungsausschusses
darstelle. Es handele sich um gerichtlich nicht voll nachprüfbare Tatsachenfeststellungen (Hinweis auf BSG Urteil vom 15.
Mai 2002 - B 6 KA 33/01 R - und - B 6 KA 21/00 R - zu den Kostensätzen beim Praxisbudget Fachgruppe der Hautärzte). Dem Bewertungsausschuss stehe als Normgeber ein weiter
Gestaltungs- und Regelungsspielraum zu. Er sei deshalb befugt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität eine
Regelung zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Den Gerichten sei eine Überprüfung verwehrt, ob der Bewertungsausschuss
die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden habe (BSG SozR 3-2500 § 87 Nrn. 15 und 16).
Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens bestünden für das SG keine Anhaltspunkte für eine willkürliche oder die Laborärzte bewusst benachteiligende Regelung. Auch die Kläger hätten insoweit
nichts konkret vorgetragen. Insbesondere sei die Laborreform nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die Kostensätze des Speziallabors
auf der Basis der kostengünstigeren Hälfte der Praxen und ohne längere Übergangsfristen kalkuliert worden seien.
Entgegen der Ansicht der Kläger könne auch der Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung bei der Prüfung der Laborreform
hinsichtlich der Kostenerstattungssätze, die die Kläger hier vorrangig beanstandeten, nicht von vornherein außer Betracht
bleiben. So könnten auch betriebswirtschaftliche Berechnungen nicht nur entweder falsch oder richtig sein, denn wie die Beigeladene
Ziffer 2 zutreffend dargelegt habe, handele es sich hierbei nur um Hilfsmittel, die aber keine abschließend einzig richtige
Berechnung in jedem Einzelfall ergeben würden, weil bei dem Erlass der maßgeblichen Vorschriften sich deren Auswirkungen regelmäßig
nicht bis in die letzte Einzelheit übersehen ließen. Daher müssten auch gröbere Typisierungen und geringere Differenzierungen
zunächst hingenommen werden. So seien auch vor Einführung der Laborreform zahlreiche Rechnungen auf der Basis von Prognosen
erforderlich gewesen, die zwangsläufig mit Unsicherheitsfaktoren behaftet gewesen seien.
Schließlich sei auch nichts dafür ersichtlich, dass sich der Bewertungsausschuss bei Einführung der Laborreform von sachfremden
Erwägungen hätte leiten lassen, möge auch die Laborreform dazu dienen, illegale Absprachen zwischen Laborfachärzten und einsendenden
Ärzten (mit Hinweis auf Kasseler Kommentar, §
87 SGB V Rdnr. 15 a sowie DÄ 1998, Jg. 95, Heft 22, Seite A-1356) zu verhindern, denn es sei ein legitimes Ziel, derartige Absprachen
zu unterbinden. Zwar dürften die Kläger nur auf Überweisung tätig sein, der Überweisungsauftrag sei aber durch die Laborreform
nicht verändert worden. Insoweit habe der Normgeber durch das Laborbudget für Eigen- und Auftragsleistung und durch das Bonussystem
den Klägern allenfalls Erwerbschancen beschnitten, nicht aber ihre berufliche Tätigkeit als solche eingeschränkt. Auch insoweit
würden sich mithin sachfremde Erwägungen für die Einführung der Laborreform nicht erkennen lassen.
Mit dem besonders weiten Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses bei der Neugestaltung komplexer Materien unter dem
Gesichtpunkt der Anfangs- und Erprobungsregelungen korrespondiere aber auch eine Beobachtungs- und gegebenenfalls Nachbesserungspflicht
des Normgebers, wenn sich beim Vollzug von ursprünglich gerechtfertigten Regelungen herausstelle, dass die die Norm legitimierenden
Gründe weggefallen oder deren Auswirkungen für andere Normadressaten unzumutbar geworden seien. Dieser Nachbesserungspflicht
sei der Bewertungsausschuss nach Ansicht des SG im Bezug auf die Kostenerstattungssätze zum 1. Januar 2000 rechtzeitig nachgekommen. Da nicht absehbar gewesen sei, in welchem
Umfang der (beabsichtigte) Rückgang der Laborleistungen insgesamt eintreten würde, hätten die Kosten zunächst bezogen auf
eine feste Leistungsmenge festgelegt werden müssen. Eine Änderung im Hinblick auf die Kosten sei bereits zum 1. Januar 2000
und damit nach äußerst kurzer Beobachtungszeit, insbesondere bereits nach Beendigung der Honorarabrechnungen der Vertragsärzte
für das erste Quartal nach Einführung der Laborreform, vorgenommen worden, indem auf die Kosten pauschal ein prozentualer
Aufschlag von 24 % erfolgt sei bis zu maximal 450.000 Leistungen nach dem Abschnitt O III EBM (vgl. DÄ 2000, Jg. 97 Seite
A-559 ff.). Hintergrund dieser Änderung sei es gewesen, dass aufgrund der eingetretenen Leistungsmengenreduktion die Fixkosten
auf geringere Serienlängen hätten umgelegt werden müssen. Während zunächst mit einem Mengenrückgang von 15 % kalkuliert worden
sei, sei es tatsächlich sofort zu Mengenrückgängen zwischen 40 und 50 % gekommen. Dass damit die Kalkulation der Kostensätze
nicht mehr gestimmt habe, bedürfe keiner weiteren Ausführungen.
Eine wie von den Klägern im Ergebnis geforderte rückwirkende Anhebung der Kostenansätze in Höhe des ab dem 1. Januar 2000
eingeführten pauschalen "Zuschlags" von 24 % auch für die Quartale 3/99 und 4/99 sei jedoch nach Auffassung des SG entgegen der Ansicht des SG Reutlingen (vgl. dortiges Urteil vom 25. September 2002 - S 1 KA 1959/00 -) nicht geboten. Andernfalls würde nämlich das Recht des Normgebers zum Erlass von Neugestaltungsregelungen komplexer Materien
unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelungen letztlich entwertet.
Schließlich verstoße die Honorierung der Leistungen nach Abschnitt O EBM auch nicht gegen das aus §
72 Abs.
2 SGB V herzuleitende Gebot der Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung. Nach der Rechtsprechung des BSG sei das Gebot nicht
bereits dann verletzt, wenn die Leistungen der Kläger nicht "angemessen" vergütet würden, sondern erst und nur dann, wenn
die laborärztliche Versorgung der Versicherten insgesamt infolge unzureichender Vergütungen gefährdet wäre. Ungeachtet der
von den Klägern hierzu vorgetragenen und aufgrund der aktenkundigen Gesamthonorarabrechnungsbescheide nachzuvollziehenden
Umsatzeinbußen im Umfang von mehr als 30 % in den hier streitigen Quartalen gegenüber den jeweiligen Vorjahresquartalen würden
sich hierfür jedoch keine Anhaltspunkte ergeben. Soweit es aufgrund der Neuregelung des Laborbereichs zu einer sachlich nicht
begründeten Überreaktion der veranlassenden Ärzte gekommen sein sollte, habe der Bewertungsausschuss hierauf insbesondere
durch eine Ausweitung der Ausnahmeindikationen sowie durch einen prozentualen Aufschlag auf die Analysekosten reagiert und
sei somit seiner Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht - wie oben bereits ausgeführt - nachgekommen. Im Übrigen bestehe
aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens auch kein Anhalt dafür, dass die veranlassenden Ärzte seit Einführung der Laborreform
medizinisch notwendige Laborleistungen nicht mehr in Auftrag geben würden und deswegen eine Mangelversorgung der Bevölkerung
mit Laborleistungen eingetreten wäre. Überlegungen, die anordnenden Ärzte würden medizinisch Notwendiges nicht mehr veranlassen,
stellten eine durch nichts gerechtfertigte Unterstellung dar. Der Gesetzgeber gehe nach wie vor davon aus, dass die Mehrzahl
der Ärzte wirtschaftlich handele und das medizinisch Notwendige veranlasse und medizinisch Gebotenes nicht um der Honorierung
willen unterlasse, die Ärzteschaft sich also an den medizinischen Notwendigkeiten orientiere und sich korrekt verhalte.
Auch würden die streitigen Regelungen nicht gegen höherrangiges Recht, namentlich das Grundrecht der Kläger auf Berufsausübungsfreiheit
gemäß Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) verstoßen. Die hier streitigen Vorschriften stellten Regelungen der Berufsausübung der Vertragsärzte dar. Derartige Regelungen
müssten, auch wenn sie in der gewählten Gestaltungsform (Praxisbudget - Laborbudget/Wirtschaftlichkeitsbonus) prinzipiell
zulässig seien, den allgemeinen bei Eingriffen in die Berufsfreiheit zu beachtenden Grundsätzen der Geeignetheit, Erforderlichkeit
und Verhältnismäßigkeit (Mittel-Zweck-Relation) genügen und in ihrer Ausgestaltung die Unterschiede berücksichtigen, die typischerweise
innerhalb der betroffenen Berufsgruppe bestünden.
Dass die vorliegende Regelung geeignet sei zu einer Eingrenzung der Mengenentwicklung im Bereich der Laboratoriumsleistungen
zu führen, sei zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Maßnahme stelle auch das mildeste Mittel dar. Der Verweis der
Kläger auf die Einführung von Auffangtatbeständen, etwa in Form von "umgekehrten Abstaffelungsregelungen", verfange insoweit
nicht, denn zum Zeitpunkt der Einführung der Laborreform seien die hiermit verbundenen Auswirkungen insbesondere auf die Gesamthonorarsituation
der Laborärzte sowie das Verhalten der einsendenden Ärzte nicht in allen Einzelheiten überschaubar gewesen. Die Regelung sei
schließlich im weiteren Sinne auch verhältnismäßig, weil sie an das bisherige Abrechnungsverhalten der Ärzte anknüpfe, die
tatsächlich erbrachten Leistungen mit festen DM-Werten (seit dem 1. Januar 2002 EUR-Werten) vergüte und den wirtschaftlich
handelnden Arzt begünstige. Die Regelungen des Kapitel O EBM seien schließlich auch zumutbar, ungeachtet der hier geltend
gemachten Umsatzrückgänge der Kläger im hier streitigen Quartal. Diese seien nämlich solange unbeachtlich, wie das Honorarvolumen
der Laborärzte insgesamt nicht wesentlich unter dem durchschnittlichen Honorar der untersten Vertragsarztgruppe liege. Dass
diese Grenze im Quartal 3/99 überschritten gewesen sei, hätten auch die Kläger nicht vorgetragen.
Schließlich hätten die Kläger auch mit Blick auf die Regelungen in Nr. 8 der Anlage 1 zum HVM der Beklagten keinen Anspruch
auf Neubescheidung ihrer Honoraransprüche in den streitigen Quartalen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die
dortigen Regelungen seien - entgegen der Ansicht der Kläger - rechtmäßig. Sie hielten sich insbesondere im Rahmen der der
Beklagten in §
85 Abs.
4 S. 3
SGB V auferlegten Verpflichtung, bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Vertragsarztes zugrunde
zu legen und alle ärztlichen Leistungen grundsätzlich mit einem einheitlichen Punktwert zu honorieren. Aus dieser grundsätzlichen
Bestimmung ergebe sich aber auch mit Blick auf den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit und den Grundsatz der leistungsproportionalen
Vergütung nicht, dass Art und Umfang der ärztlichen Leistungen das alleinige Verteilungskriterium bilden müssten. Vielmehr
könne die kassenärztliche Vereinigung im Rahmen ihrer Satzungsautonomie daneben auch andere Umstände und Gesichtspunkte berücksichtigen,
auch wenn dadurch im Ergebnis von den Bewertungen des EBM abgewichen werde (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 4 m.w.N.). Die Regelungen
in Nr. 8 der Anlage 1 zum HVM dienten der Absicherung des durch die Laborreform zum 1. Januar 1997 neu geschaffenen Vergütungsgefüges.
Die Kläger hätten gegen die Beklagte im Rahmen der Honorarverteilung keinen Anspruch auf Aufstockung ihres Honorars im streitigen
Quartal. Soweit die ärztlichen Veranlassungen von Laborleistungen zu einem Honorarrückgang der Kläger in Folge zurückgehender
Überweisungszahlen geführt habe, sei der Beklagten eine Honoraraufstockung schon deswegen verwehrt, weil sie nur solche Leistungen
vergüten dürfe, die der einzelne Vertragsarzt auch tatsächlich erbracht habe. Eine Verpflichtung zur Stützung des Punktwertes
für die im Rahmen der Grundpauschale abrechenbaren Leistungen der Laborärzte scheitere nach Ansicht des SG daran, dass die Beklagte nicht gehalten sei, dieser Fachgruppe die Sorge um ihre wirtschaftlichen Existenz abzunehmen. Vielmehr
habe der Vertragsarzt das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit grundsätzlich selbst zu tragen.
Die Kläger haben gegen das ihren Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 10. Oktober 2003 zugestellte Urteil am 5. November
2003 Berufung eingelegt. Die Kläger wiederholen im Wesentlichen ihren bereits vor dem SG geltend gemachten ausführlichen Vortrag, im Rahmen dessen sie insbesondere rügen, dass ihrer Meinung nach die Vertragsparteien
der Bundesmantelträge auf Grund des bekannten Risikos starker Leistungsmengenrückgänge und des Zusammenhangs zwischen Leistungsmenge
und notwendiger Höhe der Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen verpflichtet gewesen wären, für den Fall derartiger Leistungsmengenrückgänge
von vornherein Auffangregelungen hinsichtlich der Kostenerstattungen zu treffen. Weiterhin machen sie geltend, dass die Vertragsparteien
der Bundesmantelverträge jedenfalls verpflichtet gewesen wären, die zum 1. Januar 2000 aufgrund der anerkannten Unterdeckung
der tatsächlichen Kosten eines wirtschaftlich arbeitenden Laboratoriums vorgenommene Aufstockung der Kostenerstattungen um
24 % im Sinne einer rückwirkenden Nachbesserung schon ab dem 1. Juli 1999 vorzunehmen. Ferner machen sie geltend, dass die
Beklagte jedenfalls zu einer rückwirkenden Aufstockung der Kostenerstattungen verpflichtet wesen sei, um eine für ein wirtschaftlich
arbeitendes Durchschnittlabor annähernd kostendeckende Höhe der Kostenerstattungen zu erreichen. Die Kläger vertreten hierbei
die Auffassung, dass die Beklagte in dem mehrstufigen Bewertungs- und Honorierungssystem des gesetzlichen Krankenversicherungsrechts
jedenfalls deshalb zu einer Nachbesserung verpflichtet gewesen sei, weil die von den Krankenkassen an sie entrichtete Gesamtvergütung
im Quartal 3/99 nicht reduziert worden sei, keine neuen Leistungen aus der Gesamtvergütung zu finanzieren gewesen seien, aufgrund
der stärker als erwartet zurückgegangenen Leistungsmengen erhebliche Überschüsse gegenüber dem Einsparungsziel von 15 % entstanden
seien und andere Kassenärztliche Vereinigungen dementsprechend auch Aufstockungen der Kostenerstattungen vorgenommen hätten.
Die Prozessbevollmächtigten der Kläger verwahren sich gegen die Beweislast und verweisen auf den Beschuss der 2. Kammer des
1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22.10.2004 - 1 BvR 550/04, demzufolge das erkennende Gericht unabhängig von etwaigen Beweisanträgen anhand objektiver Kriterien festzustellen hat,
ob der Normgeber sich innerhalb der bestehenden Grenzen des Art.
12 Abs.
1 i.V.m. Art.
3 Abs.
1 GG bewegt und ob er zutreffend typisiert und pauschaliert hat.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. September 2003 aufzuheben sowie die Honorarabrechnungsbescheide vom 12. Januar
2000 und 10. April 2000 sowie die Widerspruchsbescheide vom 20. März 2000 und vom 26. Juni 2000 abzuändern und die Beklagte
zu verpflichten, über die Honoraransprüche der Kläger für die Quartale 3/99 und 4/99 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Senats erneut zu entscheiden
sowie
die Revision zuzulassen,
hilfsweise
1) es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass die Kostenerstattungen für die Laboranalysen des Abschnitts
O III EBM nach den Vertragsgebührenordnungen in der am 01.07.1999 in Kraft getretenen Fassung unter Zugrundelegung der Durchschnittskosten
der 50 % kostengünstigeren der untersuchten Laborarztpraxen vereinbart worden sind
durch
a) Auswertung des Abschlussberichts der Unternehmensberatung M. & Co vom 30.04.1998 für die Kassenärztliche Bundesvereinigung,
bereits vorgelegt
b) Einholung einer amtlichen Auskunft des Bewertungsausschusses, einzuholen über die Geschäftsführung des Bewertungsausschusses,
Kassenärztlichen Bundesvereinigung, vertreten durch den Vorstand, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
2) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass mit den aufgrund der Durchschnittskosten der 50 % kostengünstigeren
der untersuchten Laborarztpraxen vereinbarten Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen aus mathematisch betriebswirtschaftlich
zwingenden Gründen 75 % der Facharztpraxen zum Kalkulationszeitpunkt nicht kostendeckend arbeiten konnten
durch
Sachverständigengutachten.
3) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass zwischen der Zahl der in Auftrag gegebenen Laboranalysen
und der zur Kostendeckung erforderlichen Höhe der Kostenerstattungen in festen DM-Beträgen aufgrund der vorhandenen, nicht
kurzfristig absenkbaren Fix- oder Overhead-Kosten ein mathematisch betriebswirtschaftlicher Zusammenhang dergestalt besteht,
dass bei einem Rückgang der Zahl der angeforderten Laboranalysen die Kosten für die Durchführung der einzelnen Analysen steigen
und deshalb auch die Höhe der Kostenerstattungen steigen muss
durch
Sachverständigengutachten.
4) Es soll Beweis erhoben werden, über die Behauptung der Kläger, dass die Kostenerstattungen für die Laboranalysen des Abschnitts
O III EBM nach den Vertragsgebührenordnungen in der im zweiten Halbjahr 1999 gültigen Fassung für ein wirtschaftlich arbeitendes
Facharztlaboratorium in typischen Fällen durchschnittlich um 29 % zu niedrig bemessen gewesen seien
durch
Sachverständigengutachten.
5) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass es im zweiten Halbjahr 1999 zu einem Rückgang der Meldungen
für meldepflichtigen Erkrankungen beim Robert-Koch-Institut gekommen sei
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft des Robert-Koch-Instituts, Nordufer 20, 13353 Berlin.
6) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass der Rückgang der Positiv-Meldungen über meldepflichtige
Erkrankungen beim Robert-Koch-Institut im zweiten Halbjahr 1999 nur durch die Nichtdurchführung von Laboruntersuchungen bei
unter anmeldepflichtigen Erkrankungen leidenden Patienten im zweiten Halbjahr 1999 verursacht worden sein kann,
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft des Robert-Koch-Instituts, Nordufer 20, 13353 Berlin.
7) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, das bundesweite Durchschnittseinkommen aus vertragsärztlicher
Tätigkeit habe im Jahr 1999 je Arzt bei 75.000 Euro p. a. gelegen,
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, vertreten durch den Vorstand, Herbert-Lewin-Plazt
2, 10623 Berlin.
8) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass im zweiten Halbjahr 1999 bundesweit die Honorarumsätze
bei Fachärzten von Laboratoriumsmedizin und für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie um 40 - 45 % zurückgegangen sind
durch
Zeugnis des Herrn Dr. med. A. K., zu laden über die Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
9) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge bereits
vor Inkrafttreten der so genannten Laborreform am 01.07.1999 auf das Risiko von höheren als der beabsichtigten Rückgänge der
Leistungsmenge und der daraus resultierenden Folgen für die notwendige Höhe der Kostenerstattungen hingewiesen worden sind
durch
a) Zeugnis des Herrn Dr. med. A. K., zu laden über die Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
b) Zeugnis des Herrn Dr. med. K. L., L..
10) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass die so genannten Fix- oder Overhead-Kosten erst mit
erheblicher zeitlicher Verzögerung von einem Facharztlaboratorium abgebaut werden können
durch
Sachverständigengutachten.
11) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass eine Kalkulation von Kostenerstattungen oder Bewertungen
ärztlicher Leistungen nach den Durchschnittskosten der 50 % kostengünstigeren der leistungserbringenden Praxen außerhalb der
Kalkulation der Kostenerstattungen des Abschnitts O EBM a. F. bisher nicht erfolgt ist,
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft des Bewertungsausschusses, einzuholen über die Geschäftsführung des Bewertungsausschusses,
Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin.
12) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass für den Fall nicht einkalkulierter Rückgänge der Menge
der angeforderten Laboranalysen von den Parteien der Vertragsgebührenordnungen aufgrund der durch derartige Mengenrückgänge
reduzierten Ausgaben für Kostenerstattungen Auffangregelungen betreffend die Höhe der Kostenerstattungen dergestalt hätten
vereinbart werden können, dass bei Unterschreitung der kalkulierten Leistungsmengen proportional pauschale Zuschläge auf die
Kostenerstattungen in Kraft gesetzt worden wären, ohne dass dies die beabsichtigten Gesamtausgaben und die vereinbarten Einsparungen
von 15 % der Kosten für O III-Leistungen des EBM a. F. beeinflusst hätte
durch
Einholung eines Sachverständigengutachtens.
13) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass im zweiten Halbjahr 1999 durch die Neufassung des Kapitel
O EBM und die Vertragsgebührenordnungen keine Einsparungen zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen, sei es in Form von Reduzierung
der Gesamtvergütungen, sei es in Form der Finanzierung zusätzlicher Leistungen oder in sonstiger Weise erzielt worden sind,
die dem tatsächlichen Rückgang der Leistungsmenge und der damit einhergehenden Ausgabenreduzierungen für Laboranalysen entsprechen
durch
Einholung amtlicher Auskünfte
- der AOK Baden-Württemberg, Heilbronner Straße 184, 70191 Stuttgart,
- BKK Landesverband Baden-Württemberg, Stuttgarter Straße 105, 70806 Kornwestheim.
14) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, die Kassenärztliche Vereinigung Nordbaden habe im zweiten
Halbjahr 1999 wegen der Rückgänge der Menge der Laboranalysen und der nicht kostendeckenden Höhe der Kostenerstattungen für
die Laboranalysen nach den Vertragsgebührenordnungen pauschale Aufschläge auf die Kostenerstattungen für die Laboranalysen
in Höhe von 24 % gezahlt,
durch
Zeugnis des Herrn Dr. med. G. G., M..
15) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, im Zuständigkeitsbereich der KV Nordrhein sei der Rückgang
der Zahl der Laboranalysen und die dadurch verursachten Honorarumsatzrückgänge und Kostenunterdeckungen im zweiten Halbjahr
1999 mittels eines höheren Punktwerts für die laborärztlichen Leistungen in dem gebildeten arztgruppenbezogenen Teilbudget
kompensiert werden
durch
Einholung einer amtlichen Auskunft der KV Nordrhein, vertreten durch den Vorstand, Emanuel-Leutze-Str. 8, 40547 Düsseldorf.
16) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass - ebenso wie ab dem I. Quartal 2000 - das mit der so
genannten Laborreform verfolgte Einsparziel von 15% der Ausgaben für Laborleistungen auch bei einer pauschalen Aufstockung
der Kostenerstattungen für die Laboranalysen im zweiten Halbjahr 1999 um 24 % erreicht worden wäre
durch
Sachverständigengutachten.
17) Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung der Kläger, dass die Beklagte bereits im Quartal III/1999 Rückstellungen
aus den leistungsbezogenen Teilbudgets für Laborleistungen gebildet und somit das in dem Teilbudget zur Verfügung stehende
Honorar nicht insgesamt an die leistungserbringenden Ärzte ausgeschüttet hat
durch
Zeugnis des früheren Hauptgeschäftsführers der Beklagten Herrn Herrles, zu laden über die Beklagte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen habe sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend und führt ergänzend aus, dass entgegen dem umfangreichen Vorbringen der Kläger es gerade nicht im Voraus absehbar
gewesen sei, in welchem Umfang die Laborreform Auswirkungen auf das Leistungsverhalten der betroffenen Ärzte haben würde.
Es sei insoweit auch nicht zu beanstanden, wenn sofort nach Bekannt werden erster konkreter Ergebnisse, und dies sei das Vorliegen
der ersten Abrechnungen nach den neuen Laborregelungen, vom Normgeber reagiert und korrigiert werde. Genau dies sei hier mit
einer Anpassung zum erstmöglichen Termin 1. Januar 2000 erfolgt. Das SG habe auch hier unter dem Aspekt der Anfangs- und Erprobungsregelung es für zulässig erachtet, dass die Korrektur nicht rückwirkend
zum 1. Juli 1999 vorgenommen worden sei. Entgegen der Auffassung der Kläger existierten für derartige Regelungen gerade typischerweise
keine eindeutig richtigen bzw. falschen Vorgehensweisen, der Normgeber habe vielmehr ein Ermessen bei der Ausgestaltung der
Regelung und könne insoweit auch verallgemeinern. Die vom Bewertungsausschuss angenommenen Grundlagen für die Neuregelung
des Laborkapitels seien keineswegs von vornherein falsch und schon gar nicht erkennbar falsch gewesen.
Entgegen der Auffassung der Berufungskläger sei es auch keineswegs rechtsfehlerhaft gewesen, dass der Bewertungsausschuss
bei der Kalkulation der Kostensätze als Basis die kostengünstigere Hälfte der Praxen herangezogen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des umfangreichen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten
der Beklagten (zwei Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund gemäß §
144 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegt nicht vor. Die Kläger machen bezüglich den beiden hier streitigen Honorarbescheiden jeweils Einkommenseinbußen aufgrund
der Laborreform in einer Größenordnung von mindestens 30 %, d. h. in einer Größenordnung von ca. 2,2 Millionen DM bzw. ca.
1,12 Millionen EUR und 3 Millionen DM bzw. 1,53 Millionen EUR geltend.
Streitgegenstand sind die Gesamthonorarbescheide der Kläger für die Quartale 3/99 und 4/99 vom 10. Januar 2000 und 10. April
2000 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. März 2000 und 26. Juni 2000. Die Bescheide wurden von den Klägern in
vollem Umfang angefochten. Die Kläger haben zwar zur Begründung mehrfach darauf hingewiesen, es gehe ihnen in erster Linie
um die Rechtswidrigkeit der ihres Erachtens zu geringen Kostenerstattung für Leistungen des Speziallabors. Eine Beschränkung
der Berufung etwa auf Abänderung der Abrechnung der GNRn. 3500 bis 3890 EBM für die technischen Untersuchungsleistungen des
OI/II Labors oder der GNRn. 3901 bis 4823 EBM für die des OIII Labors, die die konkreten Gebühren für die verschiedenen Laboruntersuchungen
in DM-Beträgen festgelegt haben, ist weder in dem angekündigten noch in dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag
erfolgt. Vielmehr haben die Kläger nur allgemein eine Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats begehrt.
Zwar ist auch im Vertragsarztrecht eine Teilanfechtung eines Bescheides möglich, die allerdings in dem Rechtsschutzbegehren
entsprechend zum Ausdruck kommen muss. Von einer solchen Teilanfechtung kann hier nicht ausgegangen werden, denn die Kläger
haben in ihren umfangreichen Schriftsätzen alle Aspekte der Laborreform mit unterschiedlichen Begründungen mehr oder weniger
ausführlich angegriffen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Kläger alles zugesprochen haben möchten, was ihnen auf Grund
des gegebenen Sachverhaltes zusteht (BSG Urt. v. 23. Februar 2005 - B 6 KA 77/03 R). Die den angefochtenen Honorarbescheiden zu Grunde liegenden oder sie beeinflussenden Gebührenvorschriften des EBM sind
deswegen vom Senat zu überprüfen, soweit sie zum 1. Juli 1999 als Folge der Laborreform neu gefasst oder neu in den EBM aufgenommen
wurden.
Die Berufung der Kläger ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Die im EBM im Kapitel O I-III geregelte Laborreform ist rechtmäßig und verletzt die Kläger
nicht in ihren Rechten. Die angefochtenen Bescheide beruhen auf rechtmäßigen Normsetzungsverträgen. Weder der EBM noch der
HVM der Beklagten waren in den streitigen Quartalen 3/99 und 4/99 rechtswidrig oder unvollständig.
Unstreitig ist im vorliegenden Falle, dass die angefochtenen Bescheide die Honoraranforderungen der Kläger für die Quartale
3/99 und 4/99 sachlich und rechnerisch zutreffend wiedergeben. Beanstandet wird nicht eine fehlerhafte Anwendung der den Honorarbescheiden
zu Grunde liegenden Gebührenordnungsnummern des EBM, gerügt wird die Rechtswidrigkeit dieser Vorschriften in ihrem Zusammenspiel
als Regelungsgeflecht, weil sie bei gleichzeitiger Anwendung im Gesamtergebnis aus der Sicht der Kläger zu unzumutbaren Einkommenseinbußen
führen.
Der Bewertungsausschuss war von Gesetzes wegen berechtigt, die seit 1. Juli 1999 gültigen, hier angefochtenen Vorschriften
zu erlassen. Die Regelungen sind von gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen gerechtfertigt und halten sich innerhalb dieser
Ermächtigungsgrundlagen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht liegt nicht vor.
I. Die Vorschriften der Laborreform erweisen sich gegenüber den überweisenden Ärzten als rechtmäßig.
Wie der Senat mit Urteil vom 9. April 2003 (- L 5 KA 1753/01 -bestätigt mit Urteil des BSG vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R -in Juris; zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR und BSGE) entschieden hat, ist die Ausgestaltung des O I/II Laborbudgets
aus Sicht der Ärzte, die die Geb.-Nrn. 3450 und 3452 abrechnen können, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat entschieden,
dass es sich bei den Regelungen in Geb.-Nrn. 3450 und 3452 EBM um ein einheitliches Budget handelt. Das BSG hat diese Entscheidung
bestätigt und hierzu im Einzelnen in seinem Urteil vom 23. Februar 2005 (B 6 KA 55/03 R) ausgeführt:
Die Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 EBM-Ä, der Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM-Ä und die Abschmelzungsregelung in
den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä stehen in einem unmittelbaren Kontext. Sie stellen drei Elemente eines
einheitlichen Gebührenkomplexes dar. Die Nrn. 3450 und 3452 EBM-Ä haben dieselbe im Zusammenhang mit Laboruntersuchungen anfallenden
spezifisch ärztlichen Leistungen zum Gegenstand, nämlich die Stellung der Indikation zu und die Veranlassung von Laboruntersuchungen
sowie gegebenenfalls die Befundung und Interpretation der Laborergebnisse. Dabei knüpft Nr. 3452 EBM-Ä speziell an die Wirtschaftlichkeit
der Entscheidung, Laboranalysen zu erbringen oder zu veranlassen, an. Wirtschaftlichkeitsbonus und Abschmelzungsregelung stellen
sich als untrennbare Teile einer einheitlichen Regelung dar.
Diese Kombination von Gebührentatbeständen (Nr. 3450 und 3452 EBM-Ä) und Abschmelzungsregelung (Absätze 1 bis 4 der Präambeln
zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä) ist durch die gesetzliche Ermächtigung in §
87 SGB V in der bei Erlass der streitigen Regelung geltenden Fassung des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes (2. GKV-NOG) vom 23. Juni 1997
(BGBl I 1520) gedeckt.....
Für die Einführung neuer Gebührentatbestände in den Nrn. 3450 und 3452 EBM-Ä verfügte der Bewertungsausschuss über eine ausreichende
Ermächtigungsgrundlage in §
87 Abs.
2, Abs.
2a SGB V. In diesen Gebührentatbeständen erfolgte zunächst eine Bewertung ärztlicher Leistungen. Erstmals wurden die intellektuellen
Leistungen, die der behandelnde Arzt bei der Indikation zu und Veranlassung von Laboranalysen sowie der Befundung und Interpretation
von Laborergebnissen erbringt, eigenständig bewertet. Der Arzt erhält nunmehr für die Entscheidung über die Erforderlichkeit
einer Laboranalyse in jedem Behandlungsfall auch dann eine Vergütung, wenn er unter Würdigung der sonstigen Untersuchungsergebnisse
nach den Regeln der Stufendiagnostik auf eine Laboruntersuchung verzichtet. Daher wird in den Fällen, in denen es zu keiner
Laboruntersuchung kommt, nicht etwa eine Nicht-Leistung des Arztes vergütet, sondern eine fachlich-intellektuelle Leistung,
die auch dem Verzicht auf eine Laboranalyse regelmäßig vorangehen muss. Dass in den Nrn. 3450 und 3452 EBM-Ä alle ärztlichen
Leistungen im Zusammenhang mit Laboruntersuchungen in zwei Gebührentatbeständen zusammengeführt werden, entspricht §
87 Abs.
2a Satz 1
SGB V. Der vom Bewertungsausschuss gewählten Regelungstechnik steht auch nicht §
87 Abs.
2a Satz 2
SGB V entgegen. Denn in den Nrn. 3450 und 3452 werden nicht ohne medizinische Notwendigkeit Einzelleistungen aufgeführt. Vielmehr
wird ein einheitlicher Leistungskomplex aus rein technischen Gründen aufgespalten, um einen Anknüpfungspunkt für die Abschmelzungsregelung
der Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä zu erhalten. Das gleiche Ergebnis hätte auch bei der Verschmelzung
der beiden Gebührentatbestände erzielt werden können, wenn in den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä das
der Nr. 3450 EBM-Ä entsprechende Punktzahlenvolumen als Untergrenze der Abschmelzung festgeschrieben worden wäre.
Eine Bewertung ärztlicher Leistungen iS des §
87 Abs.
2 SGB V erfolgt auch durch die Abschmelzungsregelung in den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä. Bei dieser handelt
es sich um einen untrennbaren Teil des Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM-Ä, der - wie ausgeführt - wiederum zusammen
mit der Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 EBM-Ä eine Einheit bildet. Diese einheitlichen Regelungen beinhalten eine von §
87 Abs.
2 SGB V zugelassene, ergänzende Form der Leistungsbewertung zur Mengen- und Fallzahlsteuerung. Der Bewertungsausschuss ist nicht
auf einen numerus clausus von Regelungstechniken zur Mengen- und Fallzahlbegrenzung festgelegt; er ist berechtigt, das ärztliche
Leistungsverhalten auch durch solche ergänzenden Bewertungsformen zu steuern, die sich nicht als Abstaffelung iS des §
87 Abs.
2a Satz 7
SGB V oder als Obergrenze iS des §
87 Abs.
2a Satz 8
SGB V - jeweils idF des 2. GKV-NOG - qualifizieren lassen. Voraussetzung ist allerdings immer, dass eine derartige Steuerung über
die Beschreibung und Bewertung ärztlicher Leistungen erfolgt. Entgegen der Auffassung der Revision wird durch die Abschmelzungsregelung
in den Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä eine Bewertung ärztlicher Leistungen vorgenommen. Eine Bewertung
ärztlicher Leistungen stellt es nämlich auch dar, wenn ihr wirtschaftlicher Wert abhängig von der Einhaltung eines Punktzahlkontingents
sinkt. Insoweit besteht zwischen Abschmelzung, Abstaffelung und Obergrenzen kein grundsätzlicher Unterschied. Allerdings erfordert
eine Bewertung, dass zwischen den ärztlichen Leistungen und dem für sie festgelegten Punktzahlkontingent ein innerer Zusammenhang
besteht. Ein solcher Zusammenhang liegt nicht nur dann vor, wenn das Kontingent aus den Punktzahlen für die jeweilige ärztliche
Leistung gebildet wird, wie das bei Abstaffelungen oder Obergrenzen der Fall ist, sondern auch dann, wenn in das Kontingent
die (weiteren) Kosten eingehen, die durch den Arzt in diesem Behandlungsfall ausgelöst werden. Dabei spielt es keine Rolle,
durch wen diese weiteren Leistungen abgerechnet werden. So wie es dem Bewertungsausschuss nicht verwehrt ist, die Veranlassung
von Leistungen, die von Dritten erbracht werden, zum Gegenstand eines Gebührentatbestands zu machen, ist er auch befugt, bei
der Bewertung der Leistung des Veranlassers die damit verursachten weiteren Kosten zu berücksichtigen. Dass es sich dabei
um eine Leistungsbewertung handelt, wird durch den durch das GKVRefG 2000 eingeführten §
87 Abs.
2c SGB V bestätigt, in dem von einer "Bewertung der Leistungen ... durch Einführung einer veranlasserbezogenen Vergütungsregelung"
die Rede war. Die hier streitige Abschmelzungsregelung kann sich allerdings auf diese mit Wirkung vom 1. Januar 2000 speziell
für medizinisch-technische Großgeräte eingeführte Bestimmung nicht stützen. Dies ändert aber nichts daran, dass veranlasserbezogene
Punktzahlkontingente nicht anders als Abstaffelungen und Obergrenzen zu den mengensteuernden Maßnahmen gehören, zu denen der
Bewertungsausschuss in §
87 Abs.
2, Abs.
2a SGB V ermächtigt ist.
Der zum 1. Juli 1999 in das Laborkapitel des EBM-Ä eingeführte Gebührenkomplex bestehend aus der Laborgrundgebühr (Nr. 3450
EBM-Ä), dem Wirtschaftlichkeitsbonus (Nr. 3452 EBM-Ä) und der Abschmelzungsregelung (Präambeln zu den Abschnitten O I/II und
O III EBM-Ä) ist nicht nur von seiner Art her durch die Ermächtigungsgrundlage in §
87 Abs.
2, Abs.
2a SGB V gedeckt, sondern entspricht auch in seiner Ausgestaltung den gesetzlichen Vorgaben und ist mit der Verfassung vereinbar.
Entgegen den Einwänden der Revision ist die Abschmelzungsregelung, die der Bewertungsausschuss in den Präambeln zu den Abschnitten
O I/II und O III EBM-Ä eingeführt hat, auch geeignet, die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern. Sie bewirkt
Anreize dahingehend, die Erbringung und Veranlassung von Laboranalysen unter Beachtung von Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten,
nämlich, ob sie notwendig, zweckmäßig und ausreichend sind (vgl. §
12 Abs.
1 SGB V), zu überdenken. Diese Anreizwirkung entfaltet sie bei allen Ärzten, bei denen es nicht von vornherein ausgeschlossen ist,
dass sie das am Fachgruppendurchschnitt orientierte Punktzahlkontingent überschreiten. Ohne die Abschmelzungsregelung käme
dem Wirtschaftlichkeitsbonus dagegen keine Wirkung in der Weise zu, die Erbringung und Veranlassung von Laboranalysen unter
Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten kritisch zu prüfen.
Die Einhaltung der begrenzten Gesamtpunktzahl (iS des Absatzes 1 der Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä)
ist auch vom einzelnen Arzt beeinflussbar. Die zur Verfügung stehende Gesamtpunktmenge für Laborleistungen lässt sich nämlich
durch Vervielfältigung der praxisindividuellen Fallzahl mit den im EBM-Ä festgelegten Punktzahlen jederzeit unschwer ermitteln.
Wann dieses Punktzahlkontingent überschritten ist und die Abschmelzungsregelung greift, hängt von den Kosten der erbrachten,
bezogenen oder veranlassten Laboranalysen ab. Soweit der Arzt nicht ohnehin diese Kosten kennt, kann er auf ein hierfür eingerichtetes
Berichtssystem zurückgreifen (dazu Köhler, DÄ 1999 S A-65, 66). Es widerspricht nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot, dass der
EBM-Ä die Gewährung des Wirtschaftlichkeitsbonus nicht davon abhängig macht, dass zuvor in jedem einzelnen Behandlungsfall
geprüft wird, ob die Entscheidung über die Erbringung oder Veranlassung von Laboranalysen wirtschaftlich war. Eine derartige
Regelung wäre unpraktikabel. Es ist vielmehr zulässig, dass im EBM-Ä Durchschnittswerte zur Bestimmung eines allgemeinen Maßstabs
der Wirtschaftlichkeit herangezogen werden.
II. Der Gebührenkomplex aus Laborgrundgebühr nach Nr. 3450 EBM-Ä, dem Wirtschaftlichkeitsbonus nach Nr. 3452 EBM-Ä und der
Abschmelzungsregelung in den Präambeln zu den Abschnitten O erweist sich auch gegenüber den Laborärzten als rechtmäßig. Sie
greifen nicht rechtswidrig in die Berufsausübungsfreiheit der Laborärzte ein.
1.) Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Regelungsgeflechtes der Laborreform ist zu beachten, dass die Laborleistungen
in Auftrag gebenden Ärzte von der Laborreform weit weniger stark betroffen werden als die Fachärzte für Laboratoriumsmedizin,
Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie (Laborärzte). Während die Laboruntersuchungen für den Hausarzt oder den Facharzt
nur einen Teil des Spektrums seiner beruflichen Tätigkeit ausmachen, in dem vom BSG entschiedenen Fall betrug der Nachteil
aus der Nichtinanspruchnahme des Wirtschaftlichkeitsbonus lediglich ca. 3 % der Gesamthonorarsumme, werden die Laborärzte,
die praktisch vollständig von Überweisungen anderer Ärzte abhängig sind, in ihrer Berufsausübung umfassend betroffen, weil
das Überweisungsverhalten ihrer Auftraggeber durch den genannten Gebührenkomplex, insbesondere den Wirtschaftlichkeitsbonus
sich erheblich verändert hat, sodass Zahl und Wert der ihnen erteilten Aufträge erheblich zurückgegangen sind, was im vorliegenden
Fall aus der Tabelle S. 2 deutlich hervorgeht.
Für die Rechtmäßigkeit der hier angegriffenen Gebührenordnungsvorschriften kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des
BSG allein darauf an, ob die Regelungen objektiv sachlich gerechtfertigt sind. Ihnen müssen objektiv ausreichende Erwägungen
zu Grunde liegen, und die zur Erreichung der verfolgten Ziele müssen angemessen sein. Auf die Überlegungen des Normgebers
im Einzelnen kommt es nicht an. Ihn trifft grundsätzlich keine Begründungspflicht (BSG Urt. v. 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03
Abschnitte 3f und 4c). Die Laborreform war bezüglich des oben genannten Gebührenkomplexes objektiv sachlich gerechtfertigt.
Sie diente der Durchsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Dies ergibt sich aus dem gesamten Zuschnitt und den Auswirkungen
der neu geschaffenen Gebührenziffern und geht auch aus den Überlegungen hervor, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung
gegenüber dem Länderausschuss niedergelegt hat (vgl. die Darlegungen über ein "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen"
SG -Akte Bl. 27 - 39).
Zu Beweggründen und Motiven des Bewertungsausschusses oder der Partner der Bundesmantelverträge sind weitere Ermittlungen
insoweit auch im Lichte der Entscheidung des BVerfG vom 22. Oktober 2004 - 1 BvR 528/04 nicht erforderlich. Diese Entscheidung verpflichtet die Gerichte lediglich, die Übereinstimmung mit den bestehenden rechtlichen
Grenzen und die Richtigkeit von Typisierungen und Pauschalierungen zu überprüfen und dabei von Amts wegen in Ermittlungen
einzutreten. Ermittlungen von Amts wegen sind aber grundsätzlich nur dort erforderlich, wo Anlass zu weiterer Prüfung besteht.
Dies ist hier bezüglich des Ziels der erhöhten Wirtschaftlichkeit im Zusammenhang mit Laborleistungen nicht der Fall, weil
dieses Ziel nicht zweifelhaft ist. Wie das BSG im Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R eingehend dargelegt hat, bestand das Ziel der Laborreform darin, dem im
SGB V an mehreren Stellen verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot auch im Bereich der Veranlassung von Laborleistungen größere Bedeutung
zukommen zu lassen. Das BSG hat dazu in dem genannten Urteil folgendes ausgeführt:
Die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung ist dem Bewertungsausschuss als Ziel der Ausgestaltung des EBM-Ä bereits allgemein
in §
12 Abs.
1, §
70 Abs.
1 und §
72 Abs.
2 SGB V vorgegeben; §
87 Abs.
2 Satz 2
SGB V bezieht sich hierauf und präzisiert die Zielvorgabe. Mit dem Ziel wirtschaftlicher Leistungserbringung hat der Gesetzgeber
dem Bewertungsausschuss auch aufgegeben, für die Wirtschaftlichkeit der Veranlassung von Leistungen zu sorgen. Dazu besteht
insbesondere deshalb Anlass, weil die Wirtschaftlichkeit der Veranlassung ärztlicher Leistungen mit den traditionellen Instrumenten
der Wirtschaftlichkeitsprüfung schwer zu beeinflussen ist. Die Abrechnung der vom Vertragsarzt selbst erbrachten ärztlichen
Leistungen wie die Veranlassung nichtärztlicher Leistungen - zB die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln - können mit einer
gewissen Praktikabilität und Effizienz nach Durchschnittswerten (vgl §
106 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) geprüft werden. Für die Veranlassung solcher Leistungen, die von anderen
Vertragsärzten erbracht und als eigene Leistungen abgerechnet werden, hat sich das bislang als kaum durchführbar erwiesen.
Da ein Vertragsarzt berechtigt ist, radiologische, pathologische und labormedizinische Leistungen an alle zugelassenen Vertragsärzte
zu überweisen, erweist sich die Zusammenfassung derartiger Leistungen, ihre Zuordnung zu einem veranlassenden Arzt und ein
daran anschließender Durchschnittsvergleich als besonders schwierig. Eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der diese Leistungen
erbringenden Radiologen, Pathologen und Laborärzte wird im Regelfall inhaltlich dadurch begrenzt, dass diese an die ihnen
erteilten Überweisungsaufträge gebunden sind und deshalb den Umfang ihrer Leistungen nur in gewissem Maße steuern können.
Um diese "Lücke" bei der Durchsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes effektiv und ohne zu großen Verwaltungsaufwand zu schließen,
darf der Bewertungsausschuss bei der Leistungsbewertung sowohl ein wirtschaftliches Verhalten des Arztes bei der Veranlassung
von (weiteren) Leistungen berücksichtigen als auch die Kosten, die er durch die Veranlassung von (weiteren) Leistungen verursacht,
in Punktzahlkontingente einbeziehen. Damit entspricht sowohl der Wirtschaftlichkeitsbonus (Nr. 3452 EBM-Ä) als auch die Abschmelzungsregelung
(Präambeln zu den Abschnitten O I/II und O III EBM-Ä) grundsätzlich dem Wirtschaftlichkeitsgebot.
Einkommenseinbußen von Laborärzten als Folge eines wirtschaftlichen Verhaltens der überweisenden Ärzte sind grundsätzlich
nicht zu beanstanden. Alles andere wäre eine Vergeudung der ohnedies schon knappen Mittel. Ein Anspruch darauf, entgegen dem
allgemeinen, in §§
12 Abs.
1,
72 Abs.
2 und
92 Abs.
1 SGB V verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot des
SGB V Untersuchungen erbringen und abrechnen zu können, besteht nicht. Der Bewertungsausschuss hat bei der Ausgestaltung des Gebührenkomplexes
aus Laborgrundgebühr, Wirtschaftlichkeitsbonus und Abschmelzungsregelung im Laborkapitel des EBM-Ä seinen Regelungsspielraum
somit nicht überschritten. Insbesondere hat er - wie aus der zitierten Entscheidung folgt - nicht Bedeutung und Tragweite
des Wirtschaftlichkeitsgebots verkannt.
Laborärzte müssen also grundsätzlich Umsatzeinbußen hinsichtlich Fallzahl und - durch die Reduzierung der Zahl der zu messenden
Parameter - des Fallwerts hinnehmen. Ein Vertrauensschutz besteht insoweit nicht. Denn der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit
gehört zu den grundlegenden Rechtsgrundsätzen, der das gesamte Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durchzieht. Ihre
Berufsausübungsfreiheit als Vertragsärzte ist von vornherein darauf beschränkt, dass sie nur die in einem Einzelfall erforderlichen,
geeigneten und auch sonst wirtschaftlichen Untersuchungen erbringen dürfen. Die Beseitigung von Missständen und die Reduzierung
des Maßes ihrer Tätigkeit auf das Gebot des Erforderlichen kann sie somit nicht in ihrer Berufsausübungsfreiheit einschränken.
Es gibt keinen Anspruch auf Versorgung mit unwirtschaftlichen Aufträgen.
2.) Hiergegen kann nicht eingewendet werden, die überweisenden Ärzte würden entgegen ärztlicher Notwendigkeit von gebotenen
Laboruntersuchungen absehen, um sich den Wirtschaftlichkeitsbonus zu sichern. Es kann nicht angenommen werden, dass medizinisch
notwendige Leistungen nicht veranlasst werden. Ärzte sind gehalten, die wirtschaftlichen, notwendigen und erforderlichen Behandlungsmaßnahmen
zu erbringen. Dazu gehören auch Laboruntersuchungen. Ein Arzt, der die erforderlichen Untersuchungen nicht vornimmt, läuft
Gefahr, sich Schadensersatzansprüchen auszusetzen oder im schlimmsten Fall sogar sich strafbar zu machen. Die z.T. von den
Laborärzten ihren Kollegen unterstellte Behandlungsweise übersieht das Verantwortungsbewusstsein der ganz weit überwiegenden
Vielzahl der überweisenden Ärzte gegenüber ihren Patienten. Insoweit handelt es sich um Spekulationen über das Verhalten von
Vertragsärzten, die schon im Ansatz nicht geeignet sind, eine Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen
plausibel zu machen (vgl. hierzu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 35 S. 211).
Die Kläger übersehen des Weiteren, dass bei zahlreichen schweren Krankheiten, die besonders viele und aufwändige Laboratoriumsuntersuchungen
erfordern, kein Grund besteht, notwendige Untersuchungen zu unterlassen, weil die entsprechenden Laboratoriumsleistungen nicht
in das Budget eingerechnet werden (vgl. die Ausnahmekataloge der einleitenden Bestimmungen zu den O I/II und O III Laboratoriumsuntersuchungen).
Wenn durch die Regelungen des "Wirtschaftlichkeitsbonus" erreicht wird, dass nur noch zielgerichtet und wohlüberlegt Laborleistungen
in Auftrag gegeben werden, so ist dies im Interesse der finanziellen Stabilität des Systems des
SGB V sachgerecht und wünschenswert und liegt mithin im Gemeinwohlinteresse.
3.) Es ist grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, dass der Bewertungsausschuss eine Reduzierung der Einkommen der Laborärzte
um 15 % und eine Verstetigung der Einkünfte auf diesem reduzierten Niveau angestrebt hat.
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und dem dort der Leistungserbringung dienenden Vertragsarztrecht stellt die
Verfolgung der Aufgabe, die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit dieses Sozialleistungssystems zu erhalten, ein sensibles,
weil hochrangig einzustufendes Gemeinschaftsgut dar. Hierzu hat das BSG in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 nochmals darauf
verwiesen, dass das BVerfG in ständiger Rechtsprechung formuliere, die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen
Krankenversicherung sei eine Gemeinwohlaufgabe, welche der Gesetzgeber nicht nur verfolgen könne, sondern der er sich nicht
einmal entziehen dürfe (stRspr seit BVerfGE 68, 193, 218). In seinem Beschluss vom 20. März 2001 hat das BVerfG den Zusammenhang zwischen der Entscheidung des Gesetzgebers für
die Gewährleistung der Gesundheitsversorgung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems und der Stabilität der GKV noch einmal
verdeutlicht: "Soll die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Hilfe eines Sozialversicherungssystems erreicht werden,
stellt auch dessen Finanzierbarkeit einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang dar, von dem sich der Gesetzgeber bei der
Ausgestaltung des Systems und der damit verbundenen Steuerung des Verhaltens der Leistungserbringer leiten lassen darf" (BVerfGE
103, 172, 185 = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 S 27). An anderer Stelle formuliert das BVerfG, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit der gesetzlichen
Krankenversicherung müsse erhalten und deren finanzielle Stabilität als Voraussetzung ihrer Funktionsfähigkeit gesichert bleiben
(vgl BVerfG [Kammer], NJW 1997, 2444, 2445 = SozR 3-2500 § 47 Nr. 8 S 19). Daraus ergibt sich zunächst, dass es für die Frage, ob Vergütungsansprüche von Leistungserbringern
im Hinblick auf die Sicherung der Stabilität der gegenwärtig bestehenden GKV beschränkt und eingeschränkt werden können, nicht
darauf ankommt, ob der Gesetzgeber das gegenwärtig praktizierte Krankenversicherungssystem von Verfassungs wegen einführen
und unverändert beibehalten musste. Verfolgt der Gesetzgeber im Rahmen eines insgesamt verfassungsmäßigen Sozialversicherungssystems
das von der Verfassung vorgegebene Ziel einer gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung, kann die Verfassungskonformität
gesetzlicher Vergütungsregelungen nicht mit dem Hinweis in Frage gestellt werden, das Ziel einer angemessenen Gesundheitsversorgung
sei nach den Vorgaben des
GG auch auf anderem Wege als im Rahmen des gegenwärtig praktizierten GKV-Systems erreichbar. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang
auch, ob allein mit den gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften über die Vergütung der ärztlichen Leistungen die finanzielle
Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung in notwendigem Maße gesichert werden kann oder nicht. Das BVerfG hat ausgeführt,
dass jeder einzelne Schritt, mit dem der Gesetzgeber die Sicherung von Leistungsfähigkeit und finanzieller Stabilität der
GKV zu erreichen sucht, von erheblicher Bedeutung ist, auch wenn eine einzelne Maßnahme immer nur einen Teilbetrag zur Verwirklichung
des Gesamtziels leisten kann. Die öffentlichen Belange verlieren nicht an Gewicht, wenn sie sich nur durch eine Vielzahl kleiner
Schritte verwirklichen lassen (BVerfGE 103, 172, 192 f. = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 S 33).
Entsprechend dieser Rechtsprechung durfte der Bewertungsausschuss im Interesse der Stabilisierung der Einkommen der übrigen
Ärzte darauf hinwirken, dass die erhebliche Steigerung der Ausgaben für Laborleistungen eingeschränkt und - angesichts des
Grundsatzes der Beitragssatzstabilität und der damit verbundenen faktischen Festschreibung der Gesamtvergütungen - auf einem
im wesentlichen gleich bleibenden Niveau festgeschrieben wird.
Wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung in Ihrer Stellungnahme vom 17. April 1998 über ein "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen"
dargelegt hat, ist die Menge der OIII Leistungen von 1988 bis 1996 um jährlich 12,5 % angewachsen und damit fast anderthalbmal
so schnell wie der Durchschnitt aller ärztlicher Leistungen. Äußere Faktoren können dieser Quelle nach nicht dafür verantwortlich
gemacht werden: Weder die Anzahl Erkrankter in der Bevölkerung noch die Nachfrage nach teuren Tests stiegen in auffälligem
Maße - rapide gewachsen ist jedoch die Anzahl abgerechneter Fälle und auch die Anzahl abgerechneter Parameter pro Fall nahm
zu.
Den aus dieser Entwicklung sich ergebenden Verwerfungen entgegenzusteuern ist Aufgabe des Bewertungsausschusses. Denn entweder
folgt das Geld der erhöhten Leistung der Laborärzte, dann führt dies bei der auf Grund des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität
praktisch unveränderten Gesamtvergütung dazu, dass die Laborärzte Umsatz und Gewinn zu Lasten der anderen ärztlichen Berufsgruppen
steigern mit der Folge, dass die Honorarverteilung sich von dem Ziel eines einheitlichen ärztlichen Einkommens für alle Fachgruppen
noch weiter entfernt und dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zuwider läuft, oder die Laborärzte sind auf HVM-Ebene
budgetiert, was bei einer Leitungsmengensteigerung zu einem erheblichen Punktwertverfall mit der Gefahr der ruinösen Abgabe
von Leistungen unterhalb der Gestehungskosten führen muss. Diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten ist sachgerecht und liegt
im Interesse einer funktionierenden Versorgung.
Durch den Rückgang des Umsatzes werden die Laborärzte in ihrem Anspruch auf angemessene Vergütung nicht beeinträchtigt. Denn
der Umsatzrückgang wird durch das weitere Ziel der Laborreform, den Laborärzten ein anderen Arztgruppen vergleichbares Einkommen
zu sichern, abgefedert. Bleibt somit für die Laborärzte als Ergebnis der Reform ein Einkommen (Gewinn vor Steuern), das dem
anderer Arztgruppen entspricht, so kann sich trotz Umsatzrückgängen dadurch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation
ergeben. Unter dem Gesichtspunkt der Honorarverteilungsgerechtigkeit ist dies alles nicht zu beanstanden.
III. Gegen die Aufteilung der Vergütung der Laborärzte in einen ärztlichen und einen technischen Honoraranteil (sog. Vergütungssplitting)
bestehen im Grundsatz keine Bedenken.
Bei der Ausgestaltung der Laborreform hat der Bewertungsausschuss zwei Ziele verfolgt: zum einen sollten die ärztlichen Einkommen
gesichert werden und zwar in einer Höhe, die dem Einkommen von Ärzten anderer Fachgebiete entspricht. Wie aus den von den
Klägern vorgelegten Unterlagen der KBV (Bl. 27-39 SG-Akte) hervorgeht, war beabsichtigt, einen Betrag von knapp 150.000 DM - wie bei allen anderen Arztgruppen auch - als angemessenen
Arztlohn zu Grunde zu legen. Um diese Einkommen zu sichern, hat der Bewertungsausschuss mit GNr. 3554 für die Ärzte des Speziallabors
eine entsprechende Vergütungsregelung geschaffen. Diese sichert das Einkommen aus der ärztlichen Tätigkeit ab. Zwischen der
Bewertung der ärztlichen Leistungen und dem für sie festgelegten Punktzahlkontingent besteht auch ein innerer Zusammenhang
(vgl. dazu BSG Urt. v. 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R). Dass diese Regelung rechtswidrig sein könnte, ist nicht ersichtlich und wird noch nicht einmal von den Klägern behauptet.
Zum anderen wurden für die technischen Laborkosten (das sind die Kosten für den Transport und die Annahme der Proben, sowie
die eigentliche Analyse, inklusive der vorbereitenden Tätigkeiten), und zwar für jede einzelne Untersuchung gesondert, Erstattungsbeträge
in festen DM (inzwischen Euro-) Beträgen eingeführt (vgl. dazu GNRn 3500 bis 3890 und 3901 bis 4823 EBM-Ä in der seit 1. Juli
19999 geltenden Fassung). Diese Neuregelung sollte im Interesse der Laborärzte dafür sorgen, dass die mit den durchgeführten
Laboruntersuchungen verbundenen Kosten ihnen durch Einräumung eines festen, wenn auch knapp kalkulierten Betrages vollständig
erstattet werden. Auch dagegen bestehen grundsätzlich keine Bedenken: Soweit Laborärzte in der Vergangenheit im Einzelfall
durch eine gute Organisation ihres Labors bei hohen Fallzahlen gut verdient haben und diese Verdienstquelle durch die jetzt
knapp kalkulierten konkreten Geldbeträge entfallen ist, werden die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt. Denn mit den Vergütungsregelungen
des EBM sollen ärztliche Leistungen entschädigt werden, nicht aber die Managementleistung in Bezug auf einen effizienten Betrieb
eines unter Umständen einem Gewerbebetrieb ähnlichen Labors. Ob damit, wie Mertens/Früh J Lab Med 2001, 25, 7 meinen, jeder
Anreiz entfällt, die für einen Laborbetrieb erforderlichen Investitionen aufzubringen, kann ebenso unbeantwortet bleiben wie
seine Kritik, ohne wirtschaftlichen Gewinn werde das mit dem Betrieb eines Labors erhebliche Unternehmerrisiko nicht mehr
ausgeübt. Denn zum einen betreiben die Kläger ein vollständig ausgestattetes Labor, zum anderen muss der Bewertungsausschuss
die Folgen seiner Entscheidungen beobachten und ggfs. langfristig darauf reagieren. Für die hier streitigen ersten beiden
Quartale nach In-Kraft-Treten der Laborreform stellen sich diese Probleme (noch) nicht.
Die Trennung eines Vergütungsanteils für die ärztlichen Leistungen einerseits und einen Anteil, der dem Arzt die entstehenden
Unkosten erstattet, ist logisch und im Grundsatz nicht zu beanstanden. Es gibt insoweit keine Gesichtspunkte für eine Überschreitung
des dem Bewertungsausschuss eingeräumten Ermessens. Die dem Bewertungsausschuss eingeräumte Steuerungsbefugnis ermöglicht
es ihm, durch ergänzende Bewertungsformen die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern und Verteilungseffekte
mit dem Ziel einer angemessenen Vergütung der ärztlichen Leistungen herbeizuführen (Urteil des 6. Senats des BSG vom 9. Dezember
2004 - B 6 KA 44/03 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen; BSGE 88, 126, 129 f. = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 147 f.). Auch wenn der Bewertungsausschuss damit nicht auf einen numerus clausus von Regelungstechniken
festgelegt ist, so hat die Steuerung des Leistungsverhaltens doch immer über die Beschreibung und Bewertung der vertragsärztlichen
Leistungen zu erfolgen (vgl BSGE 78, 98, 105 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 12 S 41).
Die Regelung unterscheidet sich insofern von anderen und auch den bisherigen Vergütungsregelungen, als bisher das ärztliche
Einkommen und die damit verbundenen Unkosten dem Arzt über den festgelegten Punktwert erstattet wurden. Bei einer EKG-Untersuchung
wird nicht zwischen dem Unkostenaufwand und dem ärztlichen Einkommen unterschieden, vielmehr werden beide Faktoren über den
Punktwert vergütet. Obwohl mit der Einführung fixer Kostenerstattungsbeträgen von der bis dahin üblichen Art der Erfassung
und Vergütung ärztlicher Leistungen abgewichen und eine neue Vergütungsart eingeführt wurde, bestehen dagegen keine Bedenken.
Es gibt keine Gründe die bisherige Art der Vergütung in allen ärztlichen Bereichen beizubehalten. Es muss dem Bewertungsausschuss
überlassen bleiben, auf welche Art und Weise er Aufwand, Unkosten oder Betriebskosten, die bei den ärztlichen Leistungen der
verschiedenen Fachgruppen anfallen, berücksichtigt.
Entgegen der Auffassung der Kläger liegt insoweit auch keine Verletzung von §
87 Abs.
2 Satz 1
SGB V vor. Soweit dort eine Bestimmung der ärztlichen Leistungen in Punkten vorgeschrieben ist, bezieht sich dies ausdrücklich
auf ärztliche Leistungen. Diese werden im Falle der Laborärzte über GNR 3454 EBM in Punkten bewertet. Eine Verpflichtung,
die Hilfsleistungen von Mitarbeitern oder die Gerätekosten in Punkten zu bewerten, ergibt sich aus dieser Vorschrift gerade
nicht. Da die technischen Untersuchungsleistungen im Labor im Allgemeinen von angestellten Mitarbeiter/innen durchgeführt
werden - anders sind die enorm hohen Fallzahlen überhaupt nicht zu bewältigen -, besteht auch keine rechtliche Notwendigkeit,
sie in Punkten zu bewerten.
Grundsätzlich bestehen gegen die Laborreform, so wie sie vom Bewertungsausschuss konzipiert und mit Wirkung zum 1. Juli 1999
beschlossen wurde, keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
IV. Die konkrete Höhe der Erstattungsbeträge für die technischen Untersuchungen nach GNRn. 3901 bis 4823 EBM war in den hier
streitigen Quartalen 3/99 und 4/99 nicht rechtswidrig.
Die Einwendungen der Kläger greifen nicht durch, wenn sie die Höhe der technischen Erstattungsbeträge als um mindestens 24%
zu niedrig beanstandet. Der Umstand, dass die Gruppe der Laborärzte durch den unerwartet starken Rückgang der Fallzahl erhebliche
Einbußen erleiden mussten, macht die Labortreform nicht im nachhinein rechtswidrig. Der Bewertungsausschuss ist seiner Beobachtungs-
und Reaktionspflicht nachgekommen, indem er nach Kenntnis der ersten Zahlen sofort reagiert und ab 1. Januar 2000 eine 24%ige
Erhöhung der Erstattungsbeträge vorgeschrieben hat. Die konkrete Höhe der Erstattungsbeträge für die technischen Untersuchungen
des OIII Labors nach GNRn. 3901 bis 4823 EBM -Ä müssen die Kläger für das hier streitige Quartal 4/99 hinnehmen.
1.) Wie jedem anderen Normsetzer steht auch dem Bewertungsausschuss bei der ihm überantworteten Rechtssetzung Gestaltungsfreiheit
zu. Bei den auf der Grundlage des §
87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten Bestimmungen des EBM handelt es sich um untergesetzliche Rechtsnormen in der Form
der Normsetzungsverträge (vgl. z.B. BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 18; siehe auch Urt. vom 9. Dezember - B 6 KA 44/03 R-). Der Gestaltungssielraum eines Normgebers ist umso mehr zu beachten, wenn - sei es auch nur mittelbar - Regelungen über
die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme im Streit sind oder wenn es um die Bewältigung komplexer Sachverhalte geht,
wie sie vielfach im KV- und Vertragsarztrecht - so auch hier - anzutreffen sind.
Mit der oben bereits angesprochenen weiten Gestaltungsfreiheit des Normsetzers korrespondiert eine eingeschränkte Überprüfungsbefugnis
der Gerichte. So dürfen die Entscheidungen des Bewertungsausschusses nur im Ausnahmefall korrigiert werden (BSG SozR 3-2500
§ 87 Nr. 34 S. 192). Das vom Bewertungsausschuss erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck nur erfüllen,
wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Überprüfung ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt,
ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten und seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt
hat (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 21 S. 109 m.w.N.). Dies hat das BSG in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 nochmals ausdrücklich
bestätigt und ausgeführt, dem Bewertungsausschuss als Normgeber stehe bei der Erfüllung des ihm in §
87 Abs.
1 SGB V übertragenen Auftrags ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 22. Oktober 2004 - 1 BvR 528/04 ua - juris; BSGE 79, 239, 242 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 14 S 49; BSGE 83, 218, 219 f. = SozR aaO. Nr. 21 S 108 f.; BSGE 88, 126, 133 f. = SozR aaO. Nr. 29 S 152 f.; BSGE 89, 259, 264 = SozR aaO. Nr. 34 S 192). Dieser ist grundsätzlich auch von der Rechtsprechung zu respektieren, die daher Regelungen
des EBM nur in Ausnahmefällen korrigieren darf. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Bewertungsausschuss seinen Regelungsspielraum
überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgeübt hat, indem er etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei
der Honorierung bewusst benachteiligt hat oder sich sonst erkennbar von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (BVerfG [Kammer],
Beschluss vom 22. Oktober 2004, aaO.; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 21 S 109; BSGE 88, 126, 133 = SozR aaO. Nr. 29 S 152). Eine strengere gerichtliche Kontrolle hat das BSG auch dann für geboten erachtet, wenn das
eigene Normprogramm des EBM auf tatsächliche Verhältnisse Bezug nimmt; allerdings beschränkt sich diese strengere Kontrolle
darauf, ob der Bewertungsausschuss alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben behandelt hat und ob seine Festsetzungen inhaltlich
frei von Willkür sind (BSGE 89, 259, 265 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 34 S 193 für die Kostensätze der Praxisbudgets). Dagegen ist es nicht Aufgabe der Gerichte, ihre
eigenen Vorstellungen von der Sachgerechtigkeit der Bewertung einer Leistung oder eines Leistungskomplexes an die Stelle der
Beurteilung durch den Bewertungsausschuss zu setzen. Nach diesen Maßstäben hat das BSG bereits in anderem Zusammenhang die
Beschränkung der Zahl abrechenbarer Leistungen je Behandlungsfall als rechtmäßig angesehen. Das BSG hat dies als "Teilbudget"
bezeichnet und hervorgehoben, dass solche "kleinen Budgets" von der Gestaltungsfreiheit des EBM-Normgebers gedeckt sind und
deren Bemessung nicht allein unter fachmedizinischen Aspekten beurteilt werden kann (BSGE 88, 126, 134-136 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 S 153-156). Dies gilt ebenso für die Begrenzungen der Gesamtscanzahlen und Sequenzzahlen
bei CT- und MRT-Leistungen (so schon Urteile vom 20. Oktober 2004 - B 6 KA 26/03 R und B 6 KA 31/03 R).
2.) Soweit die Kläger geltend machen, die festgesetzten DM-Beträge (jetzt in EUR) seien schon viel zu niedrig angesetzt worden,
weil man sich nicht bei der Festsetzung hätte auf die 50% der kostengünstigeren Laborpraxen stützen und deren durchschnittliche
Kosten als Maßstab hätte heranziehen dürfen, kann der Senat dem nicht folgen. Zunächst ist hierzu auszuführen, dass die Festlegung
derartiger Kostensätze eine normative Tätigkeit des Bewertungsausschusses darstellt. Es handelt sich um gerichtlich nicht
voll nachprüfbare Tatsachenfeststellungen (siehe BSG Urteil vom 15. Mai 2002 - B 6 KA 33/01 R - in SozR 3-2500 § 87 Nr. 34 = BSGE 89, 259 und - B 6 KA 21/00 R - zu den Kostensätzen beim Praxisbudget Fachgruppe der Hautärzte). Dem Bewertungsausschuss steht als Normgeber - wie bereits
oben ausgeführt - ein weiter Gestaltungs- und Regelungsspielraum zu. Er ist deshalb befugt, im Interesse der Überschaubarkeit
und Praktikabilität eine Regelung zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Den Gerichten ist eine Überprüfung
verwehrt, ob der Bewertungsausschuss die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BSG SozR
3-2500 § 87 Nrn. 15 und 16).
Die betroffenen Laborarztpraxen waren - entgegen den Einlassungen der Kläger - zumindest schon ein Jahr vor Einführung der
Laborreformen über die voraussichtlichen Maßnahmen informiert (siehe "Bericht zur Neugestaltung des "Labors": Die KBV will
Missstände offensiv angehen" vom 29. Mai 1998 in: Deutsches Ärzteblatt Jahrgang 95, 1998, Seite A-1356, in dem u. a. bereits
auf den Bericht von M. - "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen" vom 30. April 1998 - und die dortige Kalkulationsgrundlage,
nämlich die "kostengünstigere Hälfte" der untersuchten Praxen, Bezug genommen und bereits darauf hingewiesen wird, dass im
Hinblick darauf unwirtschaftlich arbeitende Leistungserbringer effizienter werden müssen), sodass sie sich entsprechend vorbereiten
und ihre Kostenstrukturen überprüfen konnten. Zum weiteren ist für den Senat überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb der
Bewertungsausschuss sich bei der Festsetzung der Festbeträge an den Kostensätzen teurerer, kostenintensiverer Praxen hätte
orientieren und damit - um es ganz deutlich zu sagen - ungünstige und ineffiziente Organisations- und Kostenstrukturen hätte
noch belohnen müssen. Der Bewertungsausschuss ist insoweit noch hinter den vom BSG angedeuteten Maßstäben zurückgeblieben,
das im Urteil vom 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03 R - Umdruck S. 57 auf eine optimale wirtschaftliche Praxisausrichtung abgestellt hat.
Bei der vom Bewertungsausschuss gefundenen Lösung, den Durchschnitt der preisgünstigeren Hälfte der geprüften Labors festzusetzen,
bleibt immer noch ein Anteil von 25 % der Laboratorien, die aus der reinen Labortätigkeit durch den optimalen Einsatz sächlicher
Mittel und ihres Personals immer noch zusätzlich zur ärztlichen Leistung Gewinn erzielen. Diesen Anteil zu erhöhen bestand
jedenfalls unter dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit kein Anlass. Eine 50% Regelung, wie sie den Klägern vorschwebt,
würde zu einer im Verhältnis zu anderen Arztgruppen nicht gerechtfertigten Einkommenserhöhung bei der besseren Hälfte der
Laborärzte führen und bei den anderen Laborärzten den Druck zur Ausschöpfung aller Rationalisierungsreserven mindern.
3.) Auch der Umstand, dass der Bewertungsausschuss den Rückgang der Fallwerte und der Fallzahlen für Laborärzte nicht in der
später eingetretenen Größenordnung vorhergesehen hat, und als Folge dessen die ursprüngliche Kalkulationsbasis für die Höhe
der Erstattungsbeträge insoweit zum Wegfall kam, ist rechtlich unbeachtlich. Zwar ist davon auszugehen, dass die Erstattungsbeträge
im Durchschnitt um 24 % auch in den streitigen Quartalen 3/99 und 4/99 zu gering waren, denn sonst hätte der Bewertungsausschuss
für die Quartale ab 1/00 die Erstattungsbeträge nicht um diesen Betrag erhöht, dies macht die Erstattungsbeträge in den hier
allein streitigen Quartalen 3/99 und 4/99 indes (noch) nicht rechtswidrig.
Die GNRn. 3901 bis 4823 EBM sind unter dem Gesichtspunkt der Anfangs- und Erprobungsregelung zu rechtfertigen. Dem Bewertungsausschuss
stand eine Beobachtungs- und Reaktionsphase zu (vgl. etwa BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 16 m.w.N.)
Auch das SG hat in dem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass auch betriebswirtschaftliche Berechnungen nicht nur entweder falsch
oder richtig sein können, sondern es sich hierbei nur um Hilfskriterien handelt, die aber keine abschließend einzig richtige
Berechnung in jedem Einzelfall ergeben, weil beim Erlass der maßgeblichen Vorschriften sich deren Auswirkungen regelmäßig
nicht bis in die letzte Einzelheit übersehen lassen. Daher müssen auch größere Typisierungen und geringere Differenzierungen
zunächst hingenommen werden. So waren auch vor Einführung der Laborreform zahlreiche Berechnungen auf der Basis von Prognosen
erforderlich, die zwangsläufig mit Unsicherheitsfaktoren behaftet waren. Diese Unsicherheiten hätten wie bei jeder Prognose
sogar dann bestanden, wenn der Bewertungsausschuss an den Rahmenbedingungen nichts geändert hätte. Auf Grund der tiefgreifenden
Neuregelungen war die Unsicherheit sehr hoch und hatten die einzelnen Kostensätze zwangsläufig daher Erprobungscharakter.
Dies war dem Bewertungsausschuss auch durchaus bewusst, denn bereits in der Gemeinsamen Empfehlung der Spitzenverbände der
Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Weiterentwicklung des EBM für die Vereinbarung von Gesamtvergütungen
im Jahr 1999 (Deutsches Ärzteblatt -DÄ- 1999, Jahrgang 96, Seite A-86) verpflichteten sich die Partner dieser Vereinbarung
in § 2, die Auswirkungen der Reform des Kapitels O EBM im Hinblick auf die Versorgung der Versicherten mit labormedizinischen
Leistungen, den Fortschritt der medizinischen Wissenschaft und Technik in Laboratoriumsmedizin und die Veränderungen der Kosten
für die Erbringung von Laborleistungen künftig sorgfältig zu analysieren.
Der Bewertungsausschuss ist seiner Verpflichtung zur Nachbesserung nachgekommen und hat unverzüglich, nachdem die ersten verlässlichen
Zahlen vorlagen zum 1. Januar 2000 bereits mit dem 24-prozentigen Aufschlag für bis zu maximal 450.000 Leistungen nach dem
Abschnitt O III EBM (Beschluss vom 16. Februar 2000, siehe DÄ 2000, Jahrgang 97, Seite A-555/A-559 ff.) reagiert, wobei auch
ausdrücklich ausgeführt wurde, dass diese Korrekturen vorgenommen worden seien, weil "der Leistungsmengenrückgang der Leistungen
des Speziallabors sowie die daraus resultierenden Honorarverluste für die Labore höher sind als erwartet". Darüber hinaus
wurden zusätzlich ab dem 1. April 2000 die auf Grund bestimmter Indikationen nicht auf das Budget abzurechnenden Leistungen
ausgeweitet (s. DÄ aaO.).
Umgekehrt kann aber keineswegs - wie von den Klägern vertreten - dies als Beleg dafür herangezogen werden, der Bewertungsausschuss
sei von vorneherein von völlig falschen Zahlen ausgegangen und habe dies auch erkennen können. Es konnte sich bei den zuvor
ermittelten Zahlen zu den Kostenstrukturen und zum notwendigen Kostendeckungsgrad nur um Orientierungsgrößen handeln, und
zwar auf der Basis einer angenommenen Mengenreduzierung um 15%, und damit auch nur um eine Prognoseentscheidung. Dass der
Bewertungsausschuss auf dieser Basis die entsprechenden Festsetzungen vorgenommen hat, ist daher nicht zu beanstanden. Von
Willkür oder Missbrauch kann insoweit keine Rede sein.
Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die von den Klägern genannte Darstellung von Merten/Früh in ihrem Aufsatz (Der Internist
3/99 M70/M73). Diese Darstellung kann nicht als verlässliche Berechnungsgrundlage angesehen werden. Es handelt sich lediglich
um die Auswertung einer einzelnen Laborarztpraxis, die Auswahlkriterien der Einsender je Arztgruppe sind nicht beschrieben,
ebenso wenig ob und in welchem Umfang in den hohen Fallwerten unwirtschaftliche Leistungen enthalten sind. Außerdem sagen
hohe Prozentwerte für prognostizierte Umsatzeinbußen nichts aus, wenn die Ausgangsbasis nicht definiert ist. Auch kann ein
überdurchschnittlicher Mengenrückgang auf Unwirtschaftlichkeit in der Vergangenheit beruhen, die gerade als Folge der Einführung
der veranlasserbezogenen Budgets abgestellt wurde.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass zunächst primäre Ursache für die deutlichen Umsatzeinbußen bei den Laborärzten in den
Quartalen 3/99 und 4/99 nicht die Höhe der Kostensätze (bzw. Festbeträge) sondern die drastisch zurückgegangenen Aufträge
sind, was folgerichtig bei kleineren Serien zu höheren "Stückkosten" führte, die durch die ursprünglich festgesetzten Festbeträge
wohl in der Tat nicht mehr abgedeckt waren. Der Bewertungsausschuss war bei der Festsetzung der Festbeträge (gerade auch auf
der Grundlage des Berichtes von M. "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen", S.8 - Bl.126 SG-Akte) von einem Rückgang des Auftragsvolumens von (nur) 15% ausgegangen.
Wie das BSG entschieden hat, brauchte der Berufungsausschuss grundsätzlich keine Ermittlungen anzustellen (vgl. dazu zusammenfassend
BSG Urt. v. 9. Dezember 2004 -B 6 KA 36/03 R [unter 3f iVm 4c]). Vorliegend hat der Berufungsausschuss aber umfangreiche Untersuchungen veranlasst. Es war also nicht
so, dass der Bewertungsausschuss lediglich sich auf subjektive Erfahrungen und Einschätzungen oder Erkenntnisse vom Hörensagen
verlassen hat. Vielmehr hat er sehr konkrete Studien und Untersuchungen durch renommierte, betriebswirtschaftlich erfahrene
Beratungsfirmen veranlasst, um die Verhältnisse im Laborbereich für alle Beteiligten zumutbar und tragfähig zu gestalten.
Wären die Fallzahlen in dem prognostizierten Umfang zurückgegangen, wären die Berechnungen des Bewertungsausschusses nicht
zu beanstanden gewesen. Das einzige, was so nicht vorhersehbar war und von dem Bewertungsausschuss so nicht richtig vorhergesehen
wurde, war der erhebliche Rückgang der Fallzahlen und - zu einem geringeren Anteil - der Fallwerte. Im Rückgang von Fallzahlen
und Fallwerten spiegelt sich zugleich auch das durch die Reform verbesserte wirtschaftliche Verhalten der überweisenden Fachärzte
wider. Anders gesagt, der Berufungsausschuss hat das Ausmaß der bis dahin versteckten Unwirtschaftlichkeit nicht zutreffend
prognostiziert. Dies macht seine Reform nicht rechtswidrig. Es handelt sich um den typischen Fall der Fehlprognose, bei der
nachgebessert werden muss und hier auch unverzüglich nachgebessert worden ist.
Aus dem gesagten folgt, dass die Klägerbevollmächtigten mit ihrer Ansicht, die Laborärzte seien vom Bewertungsausschuss in
missbräuchlicher Absicht bzw. (objektiv) willkürlich zum Spielball gebührenordnungspolitischer Experimente gemacht worden,
sowohl von der Wortwahl als auch von der Sache her falsch liegen.
V. 1.) Der Bewertungsausschuss brauchte für die Laborärzte keine Ausnahmeregeln vorsehen
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Bewertungsausschuss generell nicht verpflichtet wäre, Ausnahmeregelungen vorzusehen.
Vielmehr ist es seine Aufgabe, den mit jeder notwendig typisierenden und generalisierenden Regelung im Einzelfall möglicherweise
einhergehenden Verwerfungen in angemessener Weise Rechnung zu tragen, um im Einzelfall für den Arzt unverhältnismäßige und
somit gegen sein Grundrecht aus Art
12 Abs.
1 GG verstoßende Ergebnisse zu vermeiden (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 23 S 121). Die der Rechtsnorm zugrunde liegenden Einschätzungen und/oder Prognosen sind jedoch solange hinzunehmen, solange
sie offensichtlich nicht fehlerhaft sind, d.h. sie vernünftiger Weise keine Grundlage für normative Maßnahmen abgeben können
(vgl. BSG Urteil vom 8. März 2000 - B 6 KA 12/99 R - in SozR 3-2500 § 72 Nr. 11 m.w.N.). Unter welchen Voraussetzungen der Bewertungsausschuss Ausnahmen vorsehen muss hat das
BSG in dem Urteil vom 23. Februar 2005 - B 6 KA 55/03 R im Einzelnen dargestellt:
Ausnahmebestimmungen bei der Neugestaltung von Leistungsbeschreibungen und der Einführung von mengensteuernden Bewertungsformen
sind Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und können ua den unvermeidbaren Unsicherheiten bei weit reichenden
Neuregelungen im ärztlichen Vergütungsrecht Rechnung tragen (vgl BSGE 87, 112, 113 f. = SozR 3-2500 § 87 Nr. 26 S 135 f. zu den zum 1. Juli 1996 im EBM-Ä eingeführten Teilbudgets). Daraus ist indessen
nicht abzuleiten, dass der Bewertungsausschuss gehalten wäre, bei jeder Änderung des EBM-Ä Ausnahme- und Übergangsregelungen
in der Weise zu normieren, dass bestimmte Praxen, auf die sich die Neuregelung nachteilig auswirken könnte, von der Umstellung
ausgenommen werden (Hervorgehoben durch den erk. Senat). Ob und welche Ausnahmeregelungen von Verfassungs wegen erforderlich
sind, beurteilt sich in erster Linie nach der Wirkungsbreite und Eingriffsintensität einer jeweiligen Regelung. Daher sind
bei Budgetierungen nahezu des gesamten ärztlichen Leistungsumfangs Ausnahmeregelungen eher erforderlich als bei Fallzahlkontingenten,
die nur eng begrenzte Leistungsbereiche betreffen.
In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass der Bewertungsausschuss Verwerfungen nur dann begegnen kann, wenn diese vorhersehbar
sind. Der Bewertungsausschuss war bei der Festsetzung der Festbeträge (gerade auch auf der Grundlage des Berichtes von M.
"Neues Vergütungssystem für Laborleistungen", S.8 - 27-39 SG-Akte) von einem Rückgang des Auftragsvolumens von (nur) 15% ausgegangen. Angesichts dieser- wie oben dargelegt - auch für
die Fachgruppe der Laborärzte zumutbaren Umsatzeinschränkung und der sorgfältigen Vorbereitung der Laborreform braucht er
nicht eine generelle Härteklausel für den unvorhergesehenen Fall einer für einzelne Praxen oder Fachgruppen unzumutbaren Entwicklung
zu treffen. Es reicht in diesen Fällen grundsätzlich aus, die Entwicklung zu beobachten und danach - wie geschehen - zu reagieren.
2. Soweit als Folge der zu geringen Höhe der Erstattungsbeträge für analytische Leistungen eine Kostenunterdeckung für die
Dauer von zwei Quartalen eingetreten ist, ist dies für die Laborärzte noch zumutbar. Die Kläger werden dadurch nicht in ihren
Grundrechten aus Art.
12 GG verletzt.
Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die zunächst bei den Klägern unstreitig aufgetretenen Umsatzeinbußen in einer Größenordnung
von 30 % bzw. 36,5% in den Quartalen 3/99 und 4/99 auf Grund des ab dem 1. Januar 2000 für das Quartal 1/00 erfolgten 24-prozentigen
Zuschlags auf die Kostenerstattungen für Laboranalysen und weiterer Anpassungen ab 1. April 2000 zumindest zum Teil ausgeglichen
wurden und die Kläger im Zusammenhang damit auch nicht mehr geltend machen, weiter in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht
zu sein.
Hinzu kommt, dass die Gruppe der Laborärzte, die nicht den Budgetierungsregeln des EBM unterlegen ist, in der Vergangenheit
ihre Umsätze als Gruppe jedes Jahr im Durchschnitt um 12,5 % erhöhen konnte. Damit war für die Leistungen der Laborärzte ein
immer größerer Teil der Gesamtvergütung aufzubringen, sodass die Umsatzsteigerungen der Laborärzte zu Umsatzminderungen anderer
Arztgruppen geführt haben. Wie der drastische Rückgang der Fallzahlen und der Fallwerte gezeigt hat, beruhte dieses Wachstum
auf teilweise unwirtschaftlichem Verhalten der Vertragsärzte. Mit diesem Wachstum dürften - allein wegen der geringeren Unkosten
bei größeren Serienlängen - aber auch vergleichsweise höhere Gewinne aus ärztlicher Tätigkeit insgesamt im Durchschnitt der
Fachgruppe erzielt worden sein. Es ist also davon auszugehen, dass Laborärzte über Jahre hinweg vergleichsweise höhere Einkünfte
aus ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit erzielen konnten als andere ärztliche Fachgruppen und zwar genau aus den 15 % des Umsatzvolumens,
um die der Bewertungsausschuss die Laborkosten insgesamt reduzieren wollte. In der genanten Ausarbeitung der KBV vom 17. April
1998 über ein "Neues Vergütungssystem für Laborleistungen" heißt es:
"Durch die Neubewertung von EBM-Leistungen werden im OIII- Bereich 95 Millionen DM freigesetzt: die Abwertung bisher überbewerteter
Parameter ergibt eine Ausgabensenkung um 102 Millionen DM, gegenzurechnen sind 7 Millionen aus der Aufwertung bislang unterbewerteter
Parameter".
Angesichts dieses Umstandes bestand für den Bewertungsausschuss keine Notwendigkeit im EBM eine rückwirkende Erhöhung der
Laborkostenerstattungen vorzusehen. Wer wie die Laborärzte offensichtlich jahrelang die Möglichkeit hatte, überdurchschnittliche
Gewinne zu erzielen, wird durch eine vorübergehende, nur zwei Quartale dauernde Kostenunterdeckung nicht so hart getroffen,
dass dies für ihn unzumutbar wäre. Die Richtigkeit dieser Entscheidung zeigt der weitere Verlauf: Von einem Sterben der Labors
als Folge vorübergehend unzureichender Vergütung ist nichts bekannt.
Die Laborärzte wurden somit durch die aus dem Verhältnis von Anfangs- und Erprobungsregel einerseits und Beobachtungs- und
Nachbesserungspflicht andererseits sich notwenig ergebende kurze Phase fehlerhafter Vergütung nicht unzumutbar hart betroffen
und damit auch nicht in ihrem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit beeinträchtigt.
Einkommenseinbußen der Laborärzte sind somit von diesen jedenfalls so lange hinzunehmen, als ihr Einkommen nicht deutlich
unter den Durchschnitt der Einkommen anderer Ärzte absinkt. Als Maßstab hierfür ist nicht der Zeitraum eines Quartals oder
auch von zwei Quartalen anzunehmen, abzustellen ist vielmehr auf einen deutlich längeren Zeitraum, mindestens von einem Jahr
(so BSG Urt. v. 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03 R Umdruck S. 50/51). Die Verluste im Quartal 3/99 und 4/99 sind nur dann unzumutbar, wenn sie nicht durch Gewinne in der Zeit
zuvor kompensiert werden konnten oder die spätere laborärztliche Tätigkeit durch aufgelaufene Verluste finanziell erheblich
beeinträchtigen. Dass sich die Verluste aus den hier streitigen Quartalen für die Kläger in diesem Sinne im Ergebnis unzumutbar
ausgewirkt haben, ist nicht vorgetragen. Die Kläger haben zwar vorgetragen, welche Verschiebungen zu Lasten der Laborärzte
hinsichtlich der hier streitigen Quartale 3/99und 4/99 eingetreten sein sollen und in welchen konkreten Beträgen sich dies
bei ihnen ausgewirkt hat (vgl. Tabelle S. 2), sie haben es aber abgelehnt, die Höhe ihres ärztlichen Einkommens bzw. eventuelle
negative Einkünfte aus vertragsärztlicher Tätigkeit konkret zu Begründung einer für sie unzumutbaren Vergütungssituation darzulegen.
3. Ausgehend hiervon teilt der Senat nicht die Auffassung der Kläger, die Fehlprognose des Bewertungsausschusses hinsichtlich
des Ausmaßes an Unwirtschaftlichkeit mache die Festsetzungen der Kostenerstattungsbeträge der Höhe nach rechtswidrig. Sind
somit die zur Anwendung gekommenen Gebührenordnungsnummern des EBM rechtmäßig, so besteht keine Notwendigkeit sich damit auseinanderzusetzen,
ob der Bewertungsausschuss mit Wirkung für die Quartale 3/99 und 4/99 hätte rückwirkend Regelungen zum Ausgleich der erlittenen
Einbußen treffen müssen oder ob er bereits bei In-Kraft-Treten der Laborreform zum 1. Juli 1999 für den Fall eines Prognoseirrtums
Vorsorge hätte treffen müssen und wenn ja, in welcher Weise.
VI. Die Kläger haben aber auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Nachbesserung im Bereich der HVM-Ebene. Die Beklagte
war hierzu nicht verpflichtet.
Sind die Regelungen des EBM in den Quartalen 3/99 und 4/99 nach dem Gesagten auch gegenüber den Klägern rechtmäßig, besteht
schon aus diesem Grund keine Verpflichtung der Beklagten zum Ausgleich der Kostenunterdeckung, die durch zu geringe Kostenerstattung
für analytisch-technische Laborleistungen entstanden ist.
Auch sonst kann der Senat sich der Auffassung der Kläger über die Notwendigkeit solcher ergänzenden Regelungen nicht anschließen.
Der Umstand, dass verschiedene andere KVen ihre Laborärzte auf HVM-Ebene gestützt haben, sagt noch nichts darüber aus, ob
dies überhaupt rechtmäßig war. Jedenfalls musste die Beklagte diesen Beispielen nicht folgen.
1.) Ob der HVM der Beklagten eine allgemeine Härteklausel enthält für Praxen, die von EBM-Änderungen in unzumutbarer Weise
in ihrer Existenz betroffen sind, kann offen bleiben. Denn die Kläger haben einen solchen Antrag nicht gestellt. Sie haben
in ihrer gesamten Begründung im Klage- und im Berufungsverfahren allein darauf abgestellt, dass die Fachgruppe in unzumutbarer
Weise durch die beanstandeten Regelungen belastet wird und es unzumutbar sei, Opfer eines Prognoseirrtums des Bewertungsausschusses
zu werden. Dass die Kläger selbst durch die beanstandete Höhe der Kostenerstattungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen
sind und deshalb Sonderzahlungen aus Härtefallgründen benötigen, ist von ihnen nicht geltend gemacht worden. Ein entsprechender
Antrag ist bei der Beklagten auch nicht gestellt worden, sodass hierüber auch nicht zu entscheiden ist (vgl. dazu BSGH Urt.
v. 9. Dezember 2004 - B 6 KA 36/03 R Umdruck S. 10/11).
2.) So weit die Kläger des Weiteren rügen, der HVM sei rechtswidrig, weil die Beklagte für die Fachgruppen der Laborärzten
einen leistungsbezogenen Teiltopf an Stelle eines arztgruppenspezifischen Teiltopfes gebildet habe, aus dem sie Laborgrundgebühr
und Wirtschaftlichkeitsbonus vergüte mit der Folge, dass die Leistungsveranlasser durch Nichterteilung von Untersuchungsaufträgen
ihr Honorar in Form höherer Punktwerte steigern könnten, ohne dass es zu einer Kompensation bei den Leistungserbringern käme,
und dies die zusätzliche Deckelung des Punktwertes auf 10 Pfennig gemäß Nr. 8.1 der Anlage I zum HVM weitestgehend ausschließe,
kann der Senat auch diesem Einwand nicht folgen.
Die Nummer 8 der Anlage 1 zum HVM der Beklagten in der 1999 maßgeblichen Fassung lautet:
8. Honorarverteilung bei Laborleistungen für die Quartale ab 3/99
8.1 Abweichend von den Nrn. 2.4, 2.5, 3.3 bis 3.5 und 4.4 wird für die Leistungen der Ärzte für Laboratoriumsmedizin bzw.
für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie sowie für - so weit sie von übrigen Ärzten abgerechnet werden - Leistungen des
Kapitels O EBM (einschließlich der Pauschalerstattungen des Kapitels U) und der Nrn. 169 und 176 EBM ein eigener Honorartopf
gebildet. DM-Werte (EUR-Werte) werden vorweg abgezogen und wie anerkannt vergütet; der Punktwert ergibt sich durch Division
des verbleibenden Betrages durch die anerkannten Punktzahlen. Der Punktwert darf maximal 10 Dpf. (0,05 EUR) betragen. Bei
einem sich rechnerisch ergebenden höheren Punktwert wird der verbleibende Restbetrag dem Honorarausgleichsfonds zugeführt.
8.2 Der Honorartopf nach Nr. 8.1 ergibt sich, in dem die nach Nr. 7 ermittelten Ausgangswerte für die Quartale ab 3/99 um
den Anteil für die Leistungen nach Nr. 8. 1 bereinigt werden; die Fortentwicklung erfolgt anhand der Veränderungsrate des
nach Kopfpauschalen ermittelten Gesamtvergütungsteils.
8.3 Soweit in den Fallpunktzahlen für das Individualbudget (Nr. 4.4.1 und 4.5.1) Laborleistungen enthalten sind, erfolgt eine
Bereinigung der Fallpunktzahlen unter Anwendung des Korrekturfaktors.
Auch hier gilt zunächst zum Gestaltungsspielraum des Normgebers das bereits oben zum Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses
bezüglich des EBM gesagte.
Wenn der Normgeber des HVM sich bei den Laborleistungen für einen leistungsbezogenen Teiltopf an Stelle eines arztgruppenbezogenen
Teiltopfes entscheidet, ist dies nicht zu beanstanden. Da Laborleistungen außer in Laborarztpraxen in einem gewissen Umfang
auch von den übrigen niedergelassenen Vertragsärzten erbracht werden, ist die Zusammenfassung über Arztgruppen hinweg nicht
als willkürlich oder widersinnig einzustufen. Es ist vielmehr durchaus sinnvoll diesen Leistungsbereich zusammenzufassen und
die Ärzte, die durch Laboraufträge Kosten verursachen, mit dem Wirtschaftlichkeitsbonus zu einem wirtschaftlicheren Verhalten
zu animieren und den Wirtschaftlichkeitsbonus folgerichtig aus den Mitteln, die durch das nunmehr "wirtschaftlichere" Verhalten
der Ärzte eingespart werden, zu finanzieren.
Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Punktwert gemäß Nr. 8.1 der Anlage I zum HVM auf 10 Pfennig gedeckelt wurde. Da
gerade mit diesen Regelungen letztlich über die Mengenreduzierung insgesamt im Bereich der Laborleistungen eine Kostenentlastung
erreicht werden sollte, hätte es keinen Sinn gemacht, die eigentlich durch die Mengenreduzierung beabsichtigte Entlastung
gewissermaßen durch die Hintertür über nach "oben offene" Punktwerte wieder zurückzugeben und damit die letztlich angestrebte
Entlastung zunichte zu machen.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger nicht eine hierdurch entstehende unzureichende Vergütung ihrer ärztlichen
Leistungen aus den GNRn 3454 EBM rügen. Es besteht insoweit kein Anlass zu der Annahme, dass das Ziel der Laborreform, dem
Grundsatz, die ärztlichen Leistungen der Ärzte aller Fachgruppen im Wesentlichen gleich zu entlohnen, auch für Laborärzte
Geltung zu verschaffen, durch die genannte HVM-Regelung zu Lasten der Laborärzte unterlaufen worden wäre. Die Kläger meinen
vielmehr, dass die Verluste aus den von ihnen betriebenen technischen Labortätigkeiten durch entsprechend höhere Gewinne aus
ärztlicher Tätigkeit hätten kompensiert werden müssen. Sie verlangen im Ergebnis eine Quersubventionierung der Kosten des
technischen Labors durch das ärztliche Einkommen und damit eine Abkehr von dem im EBM vorgesehenen Vergütungssplitting. Die
Kläger verkennen, dass die Beklagte bei Erlass des HVM gem. §
82 Abs.
1 Satz 2 iVm §
87 Abs.
1 Satz 1
SGB V an den EBM gebunden ist und der HVM die Ziele des EBM nicht unterlaufen darf. Gerade dies verlangen sie aber mit ihrer Forderung
nach einseitiger Erhöhung der ärztlichen Einkommen aus Labortätigkeit.
Aus den gleichen Gründen ist es der Beklagten verwehrt, die bundeseinheitlich ermittelten Kostensätze einseitig um 24 % zu
erhöhen. Wäre dies erlaubt, hätte der Bewertungsausschuss die Festsetzung der Höhe der Erstattungsbeträgen gleich den regionalen
Kassenärztlichen Vereinigungen übertragen können. Die Höhe der Erstattungsbeträge im EBM sind für die Beklagte verbindlich;
Regelungen, die regionale Abweichungen erlauben (wie etwa früher bei der Höhe der Praxisbudgets), fehlen in den entsprechenden
Vorschriften des EBM.
VII. Das Recht der Laborärzte auf angemessene Vergütung wird durch die streitigen Gebührenordnungsregelungen auch nicht beeinträchtigt.
Auch ein Anspruch der Kläger auf höheres Honorar für die streitigen Quartale 3/99 und 4/99 aus §
72 Abs.
2 SGB V kommt ebenso wenig in Betracht. Das BSG hat hierzu in seinem Urteil vom 9. Dezember 2004 (betreffend die Arztgruppe der Radiologen
-B 6 KA 44/03 R-) ausgeführt:
Der Kläger macht einen weiter gehenden Honoraranspruch aus §
72 Abs.
2 SGB V bzw aus §
2 Abs.
1 Buchst a der Satzung der Beklagten geltend. Er stützt dies auf einen Anspruch auf angemessene Vergütung seiner vertragsärztlichen
Leistungen, die sich grundsätzlich auf einen Gewinn aus vertragsärztlicher Tätigkeit (also nach Abzug der Praxiskosten, aber
vor Steuern) in Höhe von 180.000 DM pro Jahr bzw 45.000 DM pro Quartal belaufe.
a) Nach §
72 Abs.
2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch
schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen
vergütet werden. Aus dieser Bestimmung kann ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche
Tätigkeiten erst dann in Betracht kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche
Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche
Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (BSGE 75, 187, 189 ff. = SozR 3-2500 § 72 Nr. 5 S 6 ff.; BSG SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 S 5 f.; BSGE 88, 20, 24 = SozR 3-2500 § 75 Nr. 12 S 70; BSGE 88, 126, 136 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 S 155; s zuletzt BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004 - B 6 KA 30/03 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Bei einer zu niedrigen Bewertung lediglich einzelner Leistungen oder
Leistungskomplexe ist dies regelmäßig nicht der Fall (vgl BSG SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 S 6; SozR 3-5533 Nr. 763 Nr. 1 S 6).
Die an dieser Rechtsprechung geübte Kritik (Wimmer in: Sodan [Hrsg], Finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung
und Grundrechte der Leistungserbringer, 2004, S 45, 48 ff.; ders, NZS 1999, 480 ff.; ders, MedR 1998, 533 ff.; Sodan, GesR 2004, 305, 307; Isensee, VSSR 1995, 321 ff.) veranlasst den Senat nicht dazu, diese zu ändern. Wortlaut, Systematik und Zweck des Gesetzes stehen der Annahme entgegen,
dem einzelnen Vertragsarzt könne aus §
72 Abs.
2 SGB V allgemein ein Rechtsanspruch auf eine Vergütung in einer bestimmten Höhe gegen die KÄV zustehen.
Schon dem Wortlaut nach ist §
72 Abs.
2 SGB V nicht als Anspruchsgrundlage ausgestaltet (so auch Spoerr, MedR 1997, 342, 343). §
72 Abs.
2 SGB V enthält danach nur ein an die KÄVen und die Krankenkassen-Verbände gerichtetes Gebot, wie die Verträge über die vertragsärztliche
Versorgung auszugestalten sind. §
72 Abs.
2 SGB V formuliert insoweit kein konkretes Normprogramm, sondern lediglich eine abstrakte Zielvorgabe. Angemessenheit ist ein hochabstrakter
Begriff (vgl Isensee, VSSR 1995, 321, 322 f.). Er bedarf der Konkretisierung, damit erkennbar wird, welche Vergütungshöhe dem Gesetz entspricht. Hierfür hat das
Gesetz einen prozeduralen Weg gewählt. Dies zeigt sich bereits an §
72 Abs.
2 SGB V, in dem die Angemessenheit der Vergütung als Ziel einer vertraglichen Regelung vorgegeben wird.
Für die vertragliche Regelung der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen sieht das Gesetz ein komplexes System vor. Danach
honorieren die Krankenkassen nicht gesondert jede einzelne ärztliche Leistung, sondern entrichten mit befreiender Wirkung
für die gesamte vertragsärztliche Versorgung eine Gesamtvergütung (§
85 Abs.
1 Satz 1
SGB V). Die Höhe der Gesamtvergütung sowie deren Veränderung wird in einem Gesamtvertrag von den KÄVen und Landesverbänden der
Krankenkassen bzw den Verbänden der Ersatzkassen vereinbart (§
85 Abs.
3 iVm §
83 Abs.
1 Satz 1
SGB V). Kommt eine solche Vereinbarung auf diesem Wege nicht zu Stande, kann das Schiedsamt angerufen werden (§
89 Abs.
1, Abs.
1a SGB V). Nur die vereinbarte oder die durch Schiedsspruch festgesetzte Gesamtvergütung kann die KÄV auf der Grundlage des §
85 Abs.
4 SGB V an die Vertragsärzte verteilen; Nachforderungen der KÄVen an die Krankenkassen sind grundsätzlich ausgeschlossen (vgl BSG
SozR 3-2500 § 85 Nr. 30 S 228 f.). Lediglich in der besonderen, nicht auf andere Konstellationen übertragbaren Situation der
Vergütung psychotherapeutischer Leistungen hat der erkennende Senat im Hinblick auf die von den Partnern des Bewertungsausschusses
in diesem speziellen Fall gemeinsam zu tragende Verantwortung für ein angemessenes Vergütungsniveau der zeitgebundenen und
genehmigungsbedürftigen psychotherapeutischen Leistungen die Möglichkeit angesprochen, nachträglich die Höhe der Gesamtvergütung
zu modifizieren (BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 8, jeweils RdNr. 35). Von Bedeutung für die Vergütung des einzelnen Vertragsarztes ist darüber hinaus
auch der von der KÄBV und den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch den Bewertungsausschuss vereinbarte Bewertungsmaßstab
(§
87 Abs.
1 SGB V); denn von den darin enthaltenen Bewertungsrelationen darf in den Verteilungsmaßstäben und den anderen die Vergütung betreffenden
Regelungen nicht abgewichen werden. Die angemessene Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen ist nach den Vorstellungen
des Gesetzgebers Ergebnis dieses komplexen Konkretisierungsprozesses.
Bei dem Ziel einer angemessenen Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen in §
72 Abs.
2 SGB V handelt es sich um eine Vorgabe für die Regelung der vertraglichen Beziehungen zwischen den KÄVen und den Krankenkassenverbänden,
mithin für die Ausgestaltung der Normenverträge, durch die diese Regelung erfolgt. Die Partner dieser Verträge verfügen dabei
zwar über Spielräume, sind aber nicht frei. Zu den Belangen, die sie bei der Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen zu
einem sachgerechten Ausgleich bringen müssen, zählt §
72 Abs.
2 SGB V auch die Angemessenheit der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen. Es handelt sich dabei aber nur um einen von mehreren
Gesichtspunkten, der in die erforderliche Gesamtabwägung einzustellen ist. §
72 Abs.
2 SGB V nennt bereits mit der Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten unter
Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse eine weitere - aus mehreren Teilaspekten
zusammengesetzte - Zielvorgabe. Darüber hinaus enthält das Gesetz, insbesondere in §§
70,
71 SGB V, noch weitere Gesichtspunkte, die in unterschiedlicher Weise bei der Vereinbarung der Verträge nach §
72 Abs.
2 SGB V von den Gesamtvertragspartnern zu berücksichtigen sind. Von zentraler Bedeutung ist insoweit der Grundsatz der Beitragssatzstabilität
(§
71 Abs.
1 Satz 1
SGB V). Dieser normiert eine verbindliche gesetzliche Vorgabe für den Inhalt von Vergütungsvereinbarungen, der im Verhältnis zu
den anderen Kriterien für die Festsetzung der Gesamtvergütung sogar Vorrang zukommt (BSGE 86, 126, 135 ff. = SozR 3-2500 § 85 Nr. 37 S 296 ff.). Aus einer die Verwirklichung unterschiedlicher, teilweise gegenläufiger Belange
und Interessen durch vertragliche Normsetzung dirigierenden Bestimmung, wie sie §
72 Abs.
2 SGB V darstellt, lassen sich subjektive Rechte einzelner Normunterworfener im Regelfall nicht ableiten.
Die fehlende Eignung des §
72 Abs.
2 SGB V als generelle Anspruchsgrundlage auf eine bestimmte Vergütung, die uU höher ist als in den maßgeblichen gesetzlichen und
untergesetzlichen Vorschriften vorgesehen, zeigt sich schon darin, dass Vergütungsansprüche dem Vertragsarzt nur gegenüber
seiner KÄV zustehen, während Normadressaten des §
72 Abs.
2 SGB V die Partner der Gesamtverträge sind. Diese könnten aber die Obliegenheit, beim Abschluss von Vergütungsvereinbarungen nach
§
83 Abs.
1, §
85 Abs.
1 und Abs.
3 SGB V auf eine angemessene Vergütung ärztlicher Leistungen hinzuwirken, allenfalls dann verletzen, wenn flächendeckend und unabhängig
von Besonderheiten in einzelnen Regionen und/oder bei einzelnen Arztgruppen ein Vergütungsniveau zu beobachten wäre, das mangels
ausreichenden finanziellen Anreizes zu vertragsärztlicher Tätigkeit zur Beeinträchtigung der vertragsärztlichen Versorgung
der Versicherten führt. Eine solche Situation hat in den streitbefangenen Quartalen nicht bestanden.
Nichts anderes gilt auch hier für die Gruppe der Laborärzte.
VIII. Der von den Klägern (hilfsweise) beantragten weiteren Beweiserhebungen bedurfte es nicht.
Die beantragten Beweiserhebungen waren schon deshalb nicht erforderlich, weil wie bei jeder Normgebung dem - von den betroffenen
Klägern insoweit im Kern postulierten - Verlangen nach Transparenz und Offenlegung der Erwägungen des Normgebers im Rahmen
einer gerichtlichen Überprüfung Grenzen gesetzt sind. Die Begründung von Akten der Rechtsetzung ist weder einfachgesetzlich
(vgl § 39 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -, § 35 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -) noch aus Gründen des Verfassungsrechts geboten. Nur wenn Grundrechtsbeeinträchtigungen von gewisser Intensität zu besorgen
sind, muss ein Normgeber Annahmen und Wertungen, die ihn zur Schaffung einer Regelung bestimmt haben, spätestens in einem
Gerichtsverfahren offen legen (so BVerfGE 85, 36, 57 zur Festsetzung von Studienplatzkapazitäten durch Verordnung; vgl. auch BVerfGE 54, 173, 197; 66, 155, 179 f.). Außerhalb dieses Bereichs - wie hier beim Streit über eine - wie oben ausführlich begründet - nicht
statusrelevante Mengensteuerung- ist der Normgeber auf die Rüge hin, eine von ihm geschaffene Bestimmung verstoße gegen höherrangiges
Recht, dagegen nicht generell verpflichtet, seinen Prozess der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in allen Einzelheiten
offen zu legen; dieses gilt jedenfalls dann, wenn überhaupt tragende sachliche Gründe erkennbar sind, die die Regelung als
nicht willkürlich erscheinen lassen (zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 29 und 34 mwN; siehe auch Urteil vom 9. Dezember
2004 -B 6 KA 44/03 R-). Solche Gründe liegen hier aber wie dargelegt vor (vgl auch Urteil des Senats vom 16. Juli 2003 - L 5 AL 2361/02).
Den Beweisanträgen war davon abgesehen auch sonst nicht zu folgen:
Zu 1.-4.: Der Senat hat sich mit diesem Vorbringen auseinandergesetzt, es als wahr unterstellt, ihm jedoch keine rechtserhebliche
Bedeutung beigemessen.
Zu 5-6: Den Ursachen eines eventuellen Rückgangs meldepflichtiger Erkrankungen braucht nicht weiter nachgegangen zu werden.
Den Ärzten kann weder in ihrer Gesamtheit noch hinsichtlich eines nennenswerten Teils unterstellt werden, dass sie die notwendigen
Untersuchungen aus finanziellen Gründen unterlassen. Außerdem würde dies nicht zwingend eine Änderung der Laborreform zur
Folge haben, sondern nur die Notwendigkeit belegen, Anreize für die niedergelassenen Ärzten in den EBM einzuführen, damit
sie ihren Meldepflichten korrekt nachkommen.
Zu 7.: Diese Tatsache ist nicht beweisbedürftig. Sie ergibt sich aus den von den Klägern vorgelegten Unterlagen und ist vom
Senat als richtig unterstellt worden.
Zu 8.: Der Senat ist eben so wie der Bewertungsausschuss von dem ebenfalls vorgetragenen Rückgang von 39 % (15 % geplanter
Umsatzrückgang zuzüglich 24 % Erhöhung auf die bei Speziallabors überwiegenden OIII Leistungen) ausgegangen. Der Umsatzrückgang
sagt im Übrigen nichts über den Gewinn aus ärztlicher Tätigkeit aus. Auch ein höherer Rückgang der Umsätze wäre für die Fachgruppe
angesichts der früheren überhöhten Einkünfte nicht unzumutbar.
Zu 9-12: Der Senat hat keine hiervon abweichenden Feststellungen getroffen. Das Vorbringen ist teilweise rechtlich unerheblich,
teilweise werden die vorgetragenen Tatsachen rechtlich anders gewürdigt.
Zu 13: Dass die Gesamtvergütungen wegen des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität praktisch unverändert geblieben sind, ist
eine allgemeinkundige Tatsache.
Zu 14-16: Auf dieses Vorbringen kam es nach der Rechtsauffassung des Senats nicht an.
Zu 17: Dieses Vorbringen ist rechtlich irrelevant, denn der HVM der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bildung
von Rückstellungen erweist sich - aus nachträglicher Sicht - als überflüssige Vorsichtsmaßnahme, wenn daraus später keine
Konsequenzen gezogen werden.
IX. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs.
1 und 4
SGG in der bis zum 2. Januar 2002 geltenden Fassung, da das gerichtliche Verfahren vor diesem Tag anhängig geworden ist.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache gem. §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zuzulassen. Außerdem haben die Bevollmächtigten des Klägers glaubhaft dargelegt, dass noch zahlreiche Streitsachen von Laborärzten
betreffend die Quartale 3 und 4/99 anhängig sind.