Gründe:
I. Die Antragsteller sind als Laborärzte zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie betreiben ein Großlabor. Mit Bescheid
vom 12. Mai 2004 nahm die Antragsgegnerin eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal 1/2004 vor. Abgelehnt wurde
die Vergütung von 2058 Ansätzen der Gebührennummer 4468 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM), davon 1723, bei denen
ein Lymphozyten-Transformations-Test bei Verdacht auf chronische Borreliose, kurz LTT-Borrelia berechnet worden war, und 335
weitere Fälle, die nicht LTT-Borrelia betrafen und Streitgegenstand eines anderen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sind.
Zur Begründung hieß es, die Borreliose-LTT sei als wissenschaftliche Untersuchung anzusehen und daher nicht über die gesetzliche
Krankenversicherung abrechnungsfähig.
Gegen die sachlich-rechnerische Berichtigung legten die Antragsteller Widerspruch ein. Zur Begründung hieß es, die Antragsgegnerin
versuche, den Inhalt der Gebühren-Nummer 4468 EBM ("Lymphozyten-Transformations-Test, einschl. Kontrollkultur[en] ggf. mit
mehreren Mitogenen und/oder Antigenen") zu ändern. Dazu fehle ihr die Zuständigkeit. Die Begründung, wissenschaftliche Untersuchungen
seien nicht zu Lasten der Krankenversicherung abrechenbar, sei unhaltbar, weil alle Laborleistungen nach Abschnitt O des EBM
wissenschaftliche Untersuchungen wären. Die eingeholten Stellungnahmen der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände (GFB)
und der Landesarbeitsgruppe Borreliose und FSME Baden-Württemberg e.V. seien Einzelauffassungen Privater und daher unmaßgeblich.
Der den Antragstellern entstehende Schaden sei erheblich und nicht kompensierbar.
Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2004, zugestellt am Folgetag, als unbegründet
zurück. Die Abrechnung der Gebührenziffer 4468 EBM bei LTT-Borrelia sei abzulehnen, weil er nur bei speziellen wissenschaftlichen
Fragestellungen sinnvoll eingesetzt werden könne, nicht aber bei der Routinediagnostik. Für den Nachweis von Borrelia burgdorferi-Antikörpern
und von Borrelia-Antikörpern seien außerdem die Gebührenziffern 4551 und 4635 vorrangig, eine analoge Abrechnung unzulässig.
Dagegen haben die Antragsteller am Montag, dem 11. Oktober 2004 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und gleichzeitig Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Sie haben verlangt, die aufschiebende Wirkung
ihrer Klage anzuordnen und die Antragsgegnerin hilfsweise zu verpflichten, ihnen die Einbehalte als zinsloses Darlehen zur
Verfügung zu stellen. Die Antragsteller haben zum Teil wiederholend vorgetragen, der Antragsgegnerin fehle die sachliche Zuständigkeit
zu einer Uminterpretation des EBM; auch stütze sie sich auf veraltete bzw. nicht offengelegte Stellungnahmen, in denen jeweils
nicht dargestellt sei, dass der LTT-Borreliose den Leistungsinhalt der Nr. 4468 EBM nicht erfülle. Das Labor der Antragsteller
werde auf konkrete Anforderungen von Vertragsärzten tätig, Wirtschaftlichkeitsfragen seien gegebenenfalls an diese zu richten.
Durch den Berichtigungsbescheid würden Honorare von 264.308,20 EUR pro Quartal (1723 Fälle à 153,40 EUR) entzogen und die
Antragsteller gezwungen, diese Laboruntersuchungen abzulehnen, so dass ihre Kunden dauerhaft an Konkurrenten verloren gingen.
Die Zahlung könne bei einer abschließenden Entscheidung zulasten der Antragsteller immer noch von ihnen zurückverlangt werden.
Die Antikörperbestimmungen der Nummern 4551 EBM und 4635 EBM enthielten eine ganz andere Diagnostik. Die Antragsteller haben
ein Privatgutachten des Prof. Dr. R. vom Beirat der Borreliose Gesellschaft e.V. vom 5. November 2004 über die labormedizinischen
Untersuchungen bei Lyme-Borreliose mit LTT vorgelegt. Hier heißt es, der LTT sei für die Routinediagnostik unverzichtbar und
für die Beurteilung des Krankheitszustandes bei der Lyme-Borreliose von unschätzbarem Wert. Mit der Bestimmung der Immunantwort
auf zellulärer Ebene sei die Diagnose einer Lyme-Borreliose um vieles sicherer geworden als zuvor, da der LTT Bedingungen
erfülle, die die Methoden der Infektionsserologie nicht zu leisten vermöchten. Weiter vorgelegt haben die Antragsteller eine
Präsentation aus einem Symposium zu zeckenübertragenen Erkrankungen zur diagnostischen Qualität der Borrelienserologie. Die
Mitarbeiter eines Labors für Infektionsserologie und eine Studiengruppe zur bakteriologischen Infektionsserologie berichten
hier über sieben Ringversuche von mehreren hundert Labors, die zusammenfassend von erheblich voneinander abweichenden Testergebnissen
und großen Zahlen falsch-positiver wie falsch-negativer Testergebnisse berichten. Als Schlussfolgerung heißt es, eine weitere
Standardisierung der Borrelienserologie sei dringend notwendig.
Die Antragsgegnerin hat dagegen gehalten, die Antragsteller dürften den LTT, hier in 1661 Fällen, nicht widerspruchslos erbringen,
wenn er unnütz sei. Eine Leistungspflicht bestehe nicht für Leistungen, die im konkreten Behandlungszusammenhang in offenkundigem
Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft stünden. Auf die Übernahme erkennbar nicht erforderlicher Leistungen
durch die Versichertengemeinschaft dürften die Antragsteller nicht vertrauen. Die LTT-Borrelia sei nach dem Kommentar von
Wezel/Liebold keine Kassenleistung, sondern iGeL-Leistung.
Die Antragsgegnerin hat weiterhin eine von ihr eingeholte gutachterliche Stellungnahme von Dr. J., B. H., vom 16. November
2004 vorgelegt. Dr. J. kam zu dem Ergebnis, dass eine Indikation für den LTT dann bestehe, wenn eine Borreliose klinisch nahe
liege und die Serologie negativ oder nicht eindeutig sei, so zum Beispiel im Rahmen einer Verlaufskontrolle. Unter Bezugnahme
auf Prof. Dr. K., I. Krankenhaus in B. heißt es hier weiter, die LTT sei ein sehr aufwändiger, nicht standardisierter und
oftmals unspezifischer Test zur Untersuchung der zellulären Immunantwort gegenüber einen definierten Antigen bzw. in der Diagnostik
der Lyme-Borreliose. Mit einem positiven LTT könne nicht zwischen einer aktiven Lyme-Borreliose und einem Zustand nach einer
früheren, überwundenen Lyme-Erkrankung differenziert werden. Ob die LTT im klinischen Alltag zur Diagnosefindung beitrage,
scheine sehr fraglich; die Gefahr falsch positiver Ergebnisse sei außerdem sehr groß. LTT solle daher zur Diagnostik einer
Lyme-Borreliose nicht eingesetzt werden.
Das Sozialgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 22. Dezember 2004 abgelehnt. Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 12.
Mai 2004 sei offen und die Frage, ob die Gebühren-Nummer 4468 EBM von den Antragstellern zu Recht angesetzt worden sei, dem
Hauptsacheverfahren vorzubehalten. Eine unbillige Härte könne nicht erkannt werden, weil die finanzielle Situation des Labors
nicht substantiiert dargelegt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlusses wird auf die Entscheidung des SG verwiesen.
Gegen den am 3. Januar 2005 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 28. Januar 2005 Beschwerde eingelegt, der das
SG mit Beschluss vom 2. Februar 2005 nicht abgeholfen hat.
Die Antragsteller beantragen,
1. Der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Dezember 2004 wird aufgehoben.
2. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid v. 12. Mai 2004, betreffend die sachlich-rechnerische Berichtigung
für das Quartal 1/2004 zu Geb.-Nr. 4468 EBM wird bzgl. der Absetzung 1.723 Fälle LTT-Borrelien angeordnet.
3. Hilfsweise wird die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragstellern die Einbehalte i.H.v. 264.308,20 EUR unter Vorbehalt
auszuzahlen oder als zinsloses Darlehen zur Verfügung zu stellen.
4. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend. Die Antragsgegner hätten ihre finanzielle Situation nicht substantiiert
dargelegt.
Die Antragsteller haben eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, wonach das Labor einen kontinuierlichen Umsatzverlust
von ca. 300.000 EUR im Quartal trotz großer Umsätze mittelfristig nicht kompensieren könne. Es sei offensichtlich, dass Einnahmeausfälle
von rund 1 Million Euro im Jahr nicht aufgefangen werden könnten. Im Parallelverfahren L 5 KA 562/05 ER-B wurde bekannt, dass bei den Antragstellern im Quartal 1/2004 Honorareinnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit von insgesamt
2.731.475,32 EUR anfielen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter
Instanz und die von der Beklagen vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Nach §
86 b Abs.
1 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende
Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Eine sachlich-rechnerische Berichtigung, wie sie hier
mit Bescheid vom 12. Mai 2004 durch die Antragsgegnerin vorgenommen wurde, ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar (§
85 Abs.
4 Satz 9
Fünftes Sozialgesetzbuch -
SGB V-). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der mittlerweile erhobenen Klage kommt in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige,
nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Eine Anordnung der Aussetzung der sofortigen
Vollziehung ergeht damit nach Ermessen und aufgrund einer Interessenabwägung, wenn das Interesse des belasteten Adressaten
des angegriffenen Verwaltungsaktes an der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise die vom Gesetzgeber als Regelfall angeordnete
sofortige Vollziehung überwiegt.
Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12. Mai 2004 ist, und insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts,
auf welche verwiesen wird, an, offen. Mit dem Sozialgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass im Eilverfahren nicht
geklärt werden kann, welche der sachlich-rechnerischen Berichtigungen zu Recht oder zu Unrecht erfolgt sind. Der Fall weist
mehrere Besonderheiten auf, zu denen ohne weiteren rechtlichen Vortrag und ggfs gerichtliche Ermittlungen nicht Stellung genommen
werden kann. Ganz offensichtlich handelt es sich bei dem LTT Borrelia um eine neue Untersuchungsmethode im Sine des §
135 SGB V, zu der der Gemeinsame Bundesausschuss aber bislang noch nicht Stellung genommen hat. Solche Leistungen sind grundsätzlich
nicht vergütungsfähig. Vor diesem Gremium wäre die Diskussion um die wissenschaftliche Eignung und Zweckmäßigkeit des genannten
Tests bei Verdacht auf Lyme-Borreliose zu führen. Ganz offensichtlich wurden diese Tests aber von der Beklagten in der Vergangenheit
den Klägern und anderen Laborärzten vergütet, was die Frage des Vertrauensschutzes jedenfalls für die Vergangenheit aufwirft.
Merkwürdig ist auch, dass ein Großlabor knapp 10 % seines Umsatzes mit Untersuchungen für eine vergleichsweise seltene Erkrankung
erwirtschaftet, obwohl mit den Untersuchungen nach Geb.-Nr. 4451 und 4635 EBM andere deutlich billigere Untersuchungen für
dieselbe Krankheit zur Verfügung stehen. Dies wirft die Frage auf, ob diese Untersuchung tatsächlich von den beauftragenden
Ärzten angefordert worden ist und/oder ob hier eine Auslegung eines Zielauftrags durch die Kläger in ihrem Sinne erfolgt ist,
mit dem Ziel, eine für sie besonders ertragsstarke Gebührennummer möglichst häufig abrechnen zu können. Beides würde der Vergütung
der angeforderten Leistungen entgegenstehen. Zuletzt würde sich die nachgelagerte Frage nach der Wirtschaftlichkeit (Notwendigkeit
bzw. Zweckmäßigkeit) der Leistungserbringung stellen.
Dies alles kann hier offen bleiben. Denn jedenfalls ist der Vollzug der sachlich-rechnerischen Berichtigung für die Antragsteller
keine unbillige Härte. Im vorliegenden Eilverfahren sind noch (streitig) 1.723 oder (unstreitig) 1.661 Einzelfälle der Abrechnung
mit einem Honorarvolumen von insgesamt 264.308,20 EUR bzw. 254.797,40 EUR im Streit. Das sind des 9,7 % bzw. 9,3 % des Quartalsumsatzes
der Kläger in 1/04. Weniger als 10 % des Umsatzes (nicht des Gewinns) sind als nur vorläufige Einbuße nach Auffassung des
Senats noch zumutbar, zumal die Kläger nun auch wissen, dass sie künftig die LTT-Borrelia nicht mehr abrechnen können. Sie
können hierauf durch die Reduzierung der Unkosten reagieren, sodass ihnen zukünftig lediglich der Gewinn, mithin nur ein Bruchteil
des entgangenen Umsatzes aus diesen Untersuchungen entgeht. Zwar haben die Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung
abgegeben, wonach sie einen kontinuierlichen Umsatzverlust von 300.000 EUR im Quartal mittelfristig nicht verkraften könnten,
diese Angabe wird aber weder zeitlich (wie lang ist "mittelfristig"?) noch inhaltlich mit Belegen, Steuerbescheiden oder Gewinnrechnungen
substantiiert. Ernsthafte wirtschaftliche Probleme werden somit trotz Hinweises des Senats auf Bedenken, ob eine unbillige
Härte vorliege, nicht nachgewiesen. Das Argument des dauerhaften Verlusts von Kunden an Konkurrenzunternehmen ist dann nicht
richtig, wenn die Antragsgegnerin - wovon der Senat wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Verwaltung ausgeht - auch
anderen Labors die Abrechnung der Gebühren-Nummer 4468 EBM versagt. Es ist den Antragstellern mithin zuzumuten, insoweit eine
Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Der hilfsweise gestellte Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Auszahlung des ursprünglich einbehaltenen Betrags
unter Vorbehalt oder als zinsloses Darlehen ist unzulässig. Denn mit ihm verfolgen die Antragsteller im Ergebnis dasselbe,
wie mit dem Hauptantrag, nämlich von den finanziellen Folgen der sachlich-rechnerischen Berichtigung bis zur Entscheidung
in der Hauptsache vorläufig nicht belastet zu werden. Die mit dem Hauptantrag verfolgte Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung der mittlerweile erhobenen Klage würde im Falle ihres Erfolgs dazu führen, dass die Antragsgegnerin die Einbehalte
an die Antragsteller, gegebenenfalls unter bestimmten, vom Gericht festzulegenden Auflagen, auszuzahlen hätte und dasselbe
wird mit dem Hilfsantrag nur mit anderen Worten verlangt. Hat der Senat über diesen im Ergebnis identischen Antrag aber schon
als Hauptantrag entschieden, braucht er ihn nicht nochmals als Hilfsantrag neu beurteilen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197 a SGG in Verbindung mit §
154 Abs.
1 VwGO.
Der Streitwert war auf 132.154,10 EUR festzusetzen. Gemäß § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) bestimmt sich der Streitwert nach der Bedeutung der Sache für die Antragsteller. Streitig waren hier, so behaupten die Antragsteller,
sachlich-rechnerische Berichtigungen in 1723 Fällen zu je 153,40 EUR, zusammen 264.308,20 EUR. Die Antragsgegnerin berechnet
zwar nur 1661 Fälle, entscheidend ist jedoch die Zusammenstellung der Antragsteller, da diese den Streitgegenstand bestimmen.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hälfte des Streitwerts
der Hauptsache anzunehmen, so dass auf die Hälfte des Betrags von 264.308,20 EUR, mithin 132.154,10 EUR als Streitwert des
Verfahrens einstweiligen Rechtsschutzes zu erkennen war.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).