Keine Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenversicherung für eine ambulant durchgeführte Schweißdrüsenkürettage
Tatbestand
Der Kläger begeht die Erstattung von Kosten einer Schweißdrüsenkürettage i.H.v. 3.135,- EUR.
Der 1998 geborene Kläger war bis zum 04.07.2016 bei der Beklagten krankenversichert. Ab dem 15.09.2014 nahm er am Kostenerstattungsverfahren
teil, wobei ihm unter dem 08.09.2014 von der Beklagten mitgeteilt worden ist, dass Kosten für zugelassene Leistungen und Behandlungsmethoden
erstattet werden, die von einem Vertragsarzt erbracht werden.
Am 01.03.2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Genehmigung für die Durchführung einer Schweißdrüsensaugkürettage.
Hierzu legte er einen Kostenvoranschlag der G. P. GmbH (G Klinik), einer Klinik, in der vornehmlich urologische, aber auch
schönheitschirurgische Eingriffe durchgeführt werden, vom 24.02.2016 vor, in der die Kosten der Operation wegen der Diagnose
L 74.9 (Krankheit der ekkrinen Schweißdrüse, n.n.b.) nach Ziff. 5-911.3b des Operation- und Prozedurenschlüssel (OPS) bei
einer voraussichtlichen Aufenthaltsdauer von einem Tag auf 3.135,- EUR beziffert worden sind. Ferner legte der Kläger eine
ärztliche Stellungnahme des Dr. M., Arzt an der G Klinik, vom 24.02.2016 vor, in der ausgeführt ist, dass der Kläger seit
der Pubertät an einer lokalisierten Hyperhidrose beider Achselhöhlen leide. Nach anfänglicher insuffizienter Therapie mit
medizinischen Deo-Sprays und Therapieversagen weiterer konservativer Methoden durch den Hausarzt werde, da die Folgen einer
Dauertherapie mit Botulinumtoxin nicht abzusehen seien, eine Schweißdrüsensaugkürettage empfohlen. Diese stellte bei Erfolg
eine dauerhafte Therapie dar und sei nicht nur aus Kostengründen einer lebenslangen Botox-Therapie vorzuziehen.
Mit Bescheid vom 02.03.2016 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme ab. Bei der G Klinik handle es
sich, so die Beklagte begründend, um eine Privatklinik, die nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sei. Es stünden
genügend geeignete Einrichtungen zur Verfügung, die für die Behandlung des Klägers eine Kassenzulassung vorzuweisen hätten.
Seitens der G Klinik wurde am 10.03.2016 telefonisch mitgeteilt, dass sich der Kläger auf jeden Fall operieren lassen werde.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg
(MDK), für den Dr. J.-Sch. unter dem 14.03.2016 ausführte, dass bei einer primären Hyperhidrose eine topische Therapie mit
Antiperspirantien, eine chemische Denervierung mit Botulinumtoxin A, eine Leitungswasseriontophorese und eine systematische
Therapie möglich seien. Erst nach Ausschöpfung der konservativen Therapien werde nach den Leitlinien der Deutschen Dermatologischen
Gesellschaft (DDG) eine chirurgische Therapie empfohlen. Diese sei in der Form einer Excision oder Sympathektomie durchzuführen.
Eine subkutane Kürettage sei hingegen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) ausdrücklich ausgeschlossen.
Unter dem 24.03.2016 übersandte der Kläger sodann die Rechnung der G Klinik vom 21.03.2016, in der die Kosten der stationär
am 12.03.2016 für einen Tag durchgeführten Operation nach 5-911.3b OPS auf 3.135,- EUR beziffert worden sind.
Mit Bescheid vom 29.03.2016 entschied die Beklagte, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei, da im Fall des Klägers keine
Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung vorliege, weshalb eine medizinische Notwendigkeit zur Durchführung
einer Operation nicht bestanden habe.
Hiergegen erhob der Kläger am 20.04.2016 Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, die Voraussetzungen für die Übernahme
der Kosten der Schweißdrüsenkürettage lägen vor. Es handle sich hierbei um eine anerkannte Behandlungsmethode. Auch liege
eine Erkrankung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Die Therapieform sei in den Leitlinien der DDG zur Behandlung
der primären Hyperhidrose detailliert beschrieben. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine weitere Begutachtung durch den MDK, für den Dr. U. am 27.04.2016 ausführte, dass genaue
Angaben zur bisherigen Therapie, insb. ein dermatologischer Fachbericht fehlten. Eine Vorstellung in einer Spezialambulanz
sei nicht erfolgt. Die Schweißdrüsenabsaugung sei eine neue Behandlungsmethode, für die eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses
(GBA) nicht vorliege. Da auch eine lebensbedrohliche Situation nicht vorgelegen habe, könne eine Kostenübernahme nicht empfohlen
werden.
Gestützt hierauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2016 zurück. Die G Klinik sei eine Privatklinik
und kein zugelassenes Krankenhaus, weswegen die Behandlungskosten nicht getragen werden könnten. Die medizinische Notwendigkeit
der Behandlung in dieser Klinik sei nicht erkennbar. Ein Notfall habe nicht vorgelegen. Überdies sei die subkutane Kürettage
im EBM ausdrücklich ausgeschlossen.
Hiergegen erhob der Kläger am 30.09.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung er vorbrachte, er leide seit vielen Jahren an einer sehr belastenden Überproduktion der Schweißdrüsen,
die mit konservativen Behandlungsmethoden nicht hätte eingedämmt werden können. Die geltend gemachte Kostenerstattung entfalle
vorliegend nicht deshalb, weil die G Klinik eine Privatklinik sei, da die Behandlung im Rahmen des gesetzlichen Krankenversicherungssystems
erfolgt sei. Die Schweißdrüsenkürettage sei als anerkannte Methode anzusehen. Hierzu wurde eine Dissertation vorgelegt.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies hierzu auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides. Sie betont, dass die Schweißdrüsenkürettage
eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.04.2017 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, die Kosten der ambulant
durchgeführten Schweißdrüsenkürettage erstattet zu erhalten. Auch im Kostenerstattungsverfahren nach §
13 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) bestehe ein Anspruch auf Kostenerstattung nur dann, wenn der Versicherte einen materiellen Anspruch auf die begehrte Leistung
habe. Dies sei bei der durchgeführten Schweißdrüsenkürettage nicht der Fall. Die Operation sei, obschon auf der Rechnung "stationär"
vermerkt sei, ambulant durchgeführt worden, da der Kläger ausschließlich am 12.03.2016 einen Tag in der Klinik verbracht habe.
Als ambulante Operation könne die Operation, da sie nicht im Katalog ambulant durchführbarer Operationen aufgelistet sei,
nicht auf Kostenlast der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden.
Gegen den am 24.04.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24.05.2017 Berufung eingelegt. Er sei, so der Kläger
begründend, stationär behandelt worden. Er habe nach der Operation unter Überwachung (im Hinblick auf die erfolgte Narkose)
gestanden. In der Klinik werde jeweils nach der Operation entschieden, ob der Patient eine Nacht zur Überwachung in der Klinik
verbleibe oder ob er ohne Risiko entlassen werden könne. Er betont ferner, dass es sich bei der durchgeführten Kürettage um
eine anerkannte Behandlungsmethode bei einer Schweißdrüsenüberproduktion handele. In der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2019
wurde schließlich mitgeteilt, dass die Geschäftsführer der G Klinik verwandtschaftlich mit dem Kläger verbunden seien, Dr.
H. I. und St. I. seien die Eltern, H. W. der Großvater des Klägers. Die Rechnung betr. die Schweißdrüsenkürettage sei von
den Eltern des Klägers beglichen worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13.04.2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides
vom 29.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2016 zu verurteilen, ihm die Kosten der durchgeführten Schweißdrüsenkürettage
in Höhe von 3.135,- EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist sie auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei
der Beklagten geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2019 geworden sind, sowie das
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2019 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (vgl. §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig, insb. statthaft, da der nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR bei einer streitigen Erstattungsforderung von 3.135,- EUR überschritten
ist.
Die Berufung führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der durchgeführten
Schweißdrüsenkürettage i.H.v. 3.135,- EUR.
Gem. §
13 Abs.
1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§
2 Abs.
2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit das
SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch dies vorsehen. §
13 Abs.
2 Satz 1
SGB V bestimmt hierzu, dass Versicherte anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen können. Dies hat der Kläger
unternommen; er nahm ab dem 15.09.2014 am Kostenerstattungsverfahren teil.
Der Versicherte, der das Verfahren der Kostenerstattung gewählt hat, verschafft sich die Leistung durch Abschluss eines privatrechtlichen
Vertrages mit dem Leistungserbringer. Da Kostenerstattung "anstelle der Sach- oder Dienstleistung" gewählt werden kann, löst
die Wahl der Kostenerstattung den Leistungsanspruch des Versicherten nicht aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung
heraus (Schifferdecker in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, §
13 SGB V, Rn. 32 m.w.N). Die beschaffte Leistung bleibt daher bzgl. Inhalt und Umfang mit der Sachleistung verknüpft. Weder wird der
Leistungskatalog, noch der Kreis der Leistungserbringer erweitert. Krankenkassen müssen daher nur Kosten solcher selbst beschaffter
Behandlungen erstatten, die sie allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (Bundessozialgereicht [BSG], Urteil
vom 08.09.2009 - B 1 KR 1/09 R -, in juris).
Nach §
13 Abs.
2 Satz 5
SGB V dürfen im Rahmen der Kostenerstattung nicht im 4. Kapitel genannte Leistungserbringer (u.a. zugelassene Ärzte oder Krankenhäuser,
die zur Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen sind) nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch
genommen werden. Rechtssystematisch bedeutet das kostenerstattungsrechtlich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis von zugelassenen
und nicht zugelassenen Leistungserbringern. Damit soll, wie sich aus Satz 6 (a.a.O.) ergibt, vor allem die Sicherheit der
gesetzlichen Standards der Versorgungsqualität gewährleistet werden. Die Gesetzesbegründung zu §
13 Abs.
2 SGB V betont insoweit, dass nicht im Vierten Kapitel genannte Berufsgruppen, die nicht die dort aufgeführten Voraussetzungen zur
Teilnahme an der Versorgung Versicherter zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen, wie z.B. Heilpraktiker,
auch gegen Kostenerstattung nicht in Anspruch genommen werden können (BT-Drs. 15/1525 S. 80, zu Nummer 4 (§
13)). Der 3. Abschnitt des 4. Kapitels des
SGB V beschreibt insofern in §
108 SGB V, dass die Krankenkassen Krankenhausbehandlungen nur durch zugelassene Krankenhäuser erbringen lassen. Hierunter rechnet die
G Klinik nicht, da sie weder eine Hochschulklinik ist, in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen ist
noch ein Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hat.
Die G Klinik ist mithin kein zugelassener Leistungserbringer.
Nach §
13 Abs.
2 Satz 6
SGB V kann die nach §
13 Abs.
2 Satz 5
SGB V erforderliche Zustimmung erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieses Leistungserbringers
rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Ist dies zu bejahen, ist von der Krankenkasse
eine Ermessensentscheidung zu treffen, die im gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann. Eine derartige Zustimmung liegt
vorliegend nicht vor, da die Beklagte die Übernahme der Kosten mit Bescheid vom 02.03.2016 ausdrücklich abgelehnt hat. Zwar
kann die Zustimmung durch richterlichen Ausspruch ersetzt werden (Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss
vom 14.07.2009 - L 8 SO 209/08 ER -, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.04.2017 - L 11 KR 816/17 ER-B -, beide in juris ), eine Ersetzung der Zustimmung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist jedoch nicht möglich, da
der Bescheid vom 02.03.2016 vom Kläger nicht angefochten worden ist; der Widerspruch vom 20.04.2016 bezog sich ausdrücklich
nur gegen den Bescheid vom 29.03.2016 und war überdies in Bezug auf den Bescheid vom 02.03.2016 nicht innerhalb der Widerspruchsfrist
von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheides (vgl. §
84 Abs.
1 Satz 1
SGG) erhoben. Da der Bescheid mithin bestandskräftig geworden ist, ist er in der Sache bindend (vgl. §
77 SGG).
Mithin lag zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Behandlung keine Zustimmung der Beklagten für die Behandlung in der nicht
zum Kreis der zugelassenen Krankenhäuser rechnenden G Klinik vor, sodass eine Kostenerstattung bereits deswegen ausscheidet.
Überdies bestand vorliegend auch kein materiell-rechtlicher Anspruch auf Übernahme der Kosten der Behandlung in der durchgeführten
Form. Nach §
27 Abs.
1 Satz 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach §
27 Abs.
1 Satz 2 Nr.
5 SGB V u.a. auch die Krankenhausbehandlung. Diese wird nach §
39 Abs.
1 Satz 1
SGB V vollstationär, stationsäquivalent, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht.
Nach §
27 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, die nach §
39 SGB V vollstationär, stationsäquivalent, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht wird. Versicherte haben
Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus
erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich
häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall
nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere
ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre
Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation
(§
39 Abs.
1 Satz 3
SGB V). Daneben können in Krankenhäusern seit dem 01.01.1993 auf Grundlage des §
115b SGB V auch ambulante Operationen durchgeführt werden. Der Aufenthalt des Versicherten im Krankenhaus zur Durchführung einer Operation
bedeutet deswegen im Unterschied zu Zeiten vor dem 01.01.1993 noch keine vollstationäre Behandlung; hinzukommen müssen weitere
Erfordernisse, die eine solche Behandlung von einer ambulanten oder jedenfalls teilstationären Behandlung abgrenzen. Dazu
ist die Durchführung einer sog. Vollnarkose aber ebenso wenig ausreichend wie die postoperative Lagerung des Patienten in
einem Ruhebett. Ebenso wenig begründet die mehrstündige postoperative Überwachung schon eine stationäre Behandlung. Auch die
etwaige Unterzeichnung eines Krankenhausvertrages, in dem eine stationäre Behandlung vereinbart ist, ist nicht geeignet, eine
stationäre Behandlung zu begründen. Erforderlich ist vielmehr die "physische und organisatorische Eingliederung des Patienten
in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses" (BT-Drucks 12/3608, S. 82 zu §
39 SGB V), die sich zeitlich über mindestens einen Tag und eine Nacht erstreckt. Ein operativer Eingriff findet demnach ambulant i.S.d.
§
115b SGB V und nicht stationär statt, wenn der Patient weder die Nacht vor noch die Nacht nach dem Eingriff im Krankenhaus verbringt
(BSG, Urteil vom 08.09.2004 - B 6 KA 14/03 R - und vom 19.09.2013 - B 3 KR 34/12 R -, beide in juris). Da der Kläger ausweislich der Rechnung vom 21.03.2016 nur einen Tag, am 12.03.2016, in der G Klinik verweilte,
hat er dort nicht übernachtet, weswegen der Eingriff, entgegen der Bezeichnung in der Rechnung, nicht stationär, sondern ambulant
erfolgt ist. Anhaltspunkte dafür, dass ursprünglich geplant gewesen ist, dass der Kläger nach Durchführung des Eingriffs über
Nacht verbleiben sollte, aber sodann gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder
verlassen hat (sog. "abgebrochene" stationäre Behandlung) liegen nicht vor.
Die Abrechenbarkeit der Operation unterliegt mithin den Vorgaben des §
115b SGB V und der dortigen Prämisse, dass der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die
Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen einen Katalog ambulant durchführbarer
Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe vereinbaren. Dieser Katalog ist in der Anlage 1 zum Vertrag über ambulant
durchführbare Operationen (AOP-Vertrag) beinhaltet, der erstmals zum 01.01.2014 geschlossen worden ist. Ob eine Operation
auf Kostenlast der gesetzlichen Krankenkassen ambulant erbracht werden darf, hängt mithin davon ab, ob die Operation dort
aufgelistet ist. Da indes in der ab dem 25.01.2016 geltenden Katalog-Fassung der OPS Code 5-911 nicht enthalten ist, durfte
die Schweißdrüsenkürettage nicht ambulant auf Kostenlast der Beklagten durchgeführt werden.
Da bereits hiernach die begehrte Kostenerstattung aus mehreren Gründen ausscheidet, kann der Senat bestehende Zweifel daran,
ob dem Kläger tatsächlich durch die durchgeführte Operation eine Kostenbelastung entstanden ist, unaufgeklärt lassen. Eine
Kostenerstattung nach §
13 Abs.
2 SGB V setzt voraus, dass eine tatsächliche Kostenbelastung des Versicherten, mindestens in Gestalt einer entsprechenden Verbindlichkeit
besteht, weil andernfalls mit Hilfe der Vorschrift die krankenversicherungsrechtliche Bindung an die zulässigen Formen der
Leistungserbringung umgangen werden könnte. Die diesbezüglichen Zweifel des Senats gründen in dem, in der mündlichen Verhandlung
vom 20.03.2019 bestätigten Umstand, dass die Geschäftsführer der G Klinik, Dr. H. I. und St. I., die Eltern des Klägers sind.
Dass diese den Rechnungsbetrag tatsächlich beim Kläger, der zum Zeitpunkt der Durchführung der Operation gerade sein 18. Lebensjahr
vollendet hatte, ggf. mit Mitteln der Zwangsvollstreckung eingefordert hätten, erscheint dem Senat unwahrscheinlich. Zwar
ist insofern zu berücksichtigen, dass in der Situation, dass die Eltern die Rechnung des Versicherten beglichen haben, der
Versicherte berechtigt ist, den Aufwand seiner Eltern wie eigene Aufwendungen geltend zu machen, da diese im Rahmen ihrer
familiären Fürsorge gehandelt haben (vgl. BSG, Urteil vom 16.09.2004 - B 3 KR 19/03 R - in juris), indes ist auch der diesbezügliche Vortrag, die Eltern des Klägers hätten den Rechnungsbetrag an die G Klinik
entrichtet, nicht belegt.
Mithin besteht kein Anspruch des Klägers darauf, dass ihm die Beklagte den Betrag von 3.135,- EUR zu erstatten hat.
Der Bescheid der Beklagten vom 29.03.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 13.04.2017 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.