Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der teilstationären Krankenhausbehandlung eines Mitglieds der Beklagten.
Die Klägerin ist Trägerin eines zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhauses (§
108 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch,
SGB V). Der 1989 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte und seit der Kindheit an Psoriasis guttata leidende
M. G. (im Folgenden: Versicherter) wurde vom 07.11.2013 bis 28.11.2013 im Krankenhaus der Klägerin teilstationär behandelt.
Im Entlassungsbericht vom 05.12.2013 ist ausgeführt, die teilstationäre Aufnahme sei bei ambulanter Therapieresistenz und
gleichzeitig deutlicher Exazerbation der Hautveränderungen zur intensivierten dermatologischen Externa- und Balneo-Photo-Therapie
unter teilstationären Bedingungen erfolgt. Nach Angaben des Klägers sei es seit 4 Wochen zu einer erneuten Verschlechterung
des Hautbefundes gekommen. Man habe eine topische Therapie mit Cignolin in aufsteigender Konzentration bis 2% in Paste vorgenommen.
Am Capillitium sei ein steroid- und lygalhaltiges Externum angewendet worden. In den Intertrigines sei der Versicherte antientzündlich
und antiseptisch mit einer triamcinolonhaltigen Fuchsinlösung behandelt worden. Parallel habe man eine SS-UVB-Balneo-Photo-Therapie
mit 5% Sole bis zu einer Kumulativdosis von 7,04 J/cm² eingeleitet. Weiterhin habe der Kläger peroral Antihistaminika bei
starkem Pruritus erhalten. Als Zwischenpflege habe eine aqua-urea-haltige Mandelölsalbe und DAC-Basis-Creme gedient. Unter
der Therapie habe sich eine deutliche Befundregredienz gezeigt. Man empfehle die Fortführung der Lokaltherapie am gesamten
Integument und regelmäßige hautärztliche Kontrollen.
Mit Rechnung vom 10.12.2013 stellte die Klägerin der Beklagten für die Krankenhausbehandlung des Versicherten eine Vergütung
i.H.v. 5.518,66 EUR in Rechnung.
Die Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
Rh.-Pf. (MDK) aber mit einer Abrechnungsprüfung. In der MDK-Stellungnahme vom 05.05.2014 führte Dr. E. aus, die Aufnahme des
Versicherten in das Krankenhaus zur teilstationären Behandlung sei nicht notwendig gewesen. Die Therapie hätte ambulant geplant
und durchgeführt werden können.
Mit Schreiben vom 25.08.2014 erhob die Klägerin (Abteilung Medizin-Controlling des Krankenhauses) Widerspruch gegen die Stellungnahme
des MDK. Sie trug vor, eine Ganzkörper-Cignolinbehandlung in aufsteigender Dosierung bis 2% mit gleichzeitiger Balneo-Photo-Therapie
sowie zusätzlicher Behandlung am Abend sei unter ambulanten Bedingungen nicht möglich und werde auch von keinem hier niedergelassenen
Dermatologen angeboten. Da der Versicherte eine ambulante Therapieresistenz mit zunehmender Exacerbation gezeigt habe, sei
die teilstationäre Behandlung indiziert gewesen; sie habe auch zum Therapieerfolg geführt.
Am 18.09.2014 verrechnete die Beklagte einen Betrag i.H.v. 5.518,66 EUR mit unstreitigen Forderungen der Klägerin.
In der weiteren MDK-Stellungnahme vom 10.08.2015 führte die Ärztin B. aus, neue medizinische Aspekte seien mit dem Widerspruch
des Krankenhauses nicht geltend gemacht worden. Die Behandlung des Versicherten hätte im ambulanten Setting beim Facharzt
durchgeführt werden können; eine teilstationäre Krankenausbehandlung sei nicht notwendig gewesen. Über die vom Krankenhaus
angeführten organisatorischen Gründe müsse die Beklagte entscheiden.
Am 30.11.2016 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie trug vor, in K. und Umgebung gebe es keinen niedergelassenen Dermatologen, der die beim Versicherten durchgeführte
aufwändige Behandlung (äußere Anwendung von Cignolin kombiniert mit einer Balneo-Therapie) ambulant erbringe. Die Behandlungsdauer
im teilstationären Bereich betrage mindestens 6 Stunden. Die teilstationäre Behandlung in der Hautklinik gehöre seit dem 01.01.2005
zum Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Zu diesem Zeitpunkt sei eine ergänzende Vereinbarung nach §
109 Abs.
1 Satz 5
SGB V in Kraft getreten.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie trug vor, für die Behandlung des Versicherten (topische Therapie mit Cignolin, Anwendung
einer kortisonhaltigen Salbe, Balneo-Photo-Therapie) sei weder die ständige Anwesenheit von Ärzten und Pflegepersonal noch
die besondere apparative Ausstattung eines Krankenhauses notwendig gewesen. Die Behandlungsmaßnahmen hätten in der vertragsärztlichen
Versorgung (Hautarztpraxis, MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum)) erbracht werden können; es liege eine primäre Fehlbelegung
vor.
Das SG erhob das Gutachten des Prof. Dr. Sch. (Ärztlicher Leiter der Hautklinik des Klinikums N.-N.) vom 07.03.2017. Darin ist ausgeführt,
der Versicherte habe unter einem akuten Schub einer exanthematischen Psoriasis (Psoriasis guttata) mit multiplen disseminierten,
geröteten und schuppenden Hauterscheinungen im Bereich der gesamten Haut, inklusive des Gesichts und der Kopfhaut, verbunden
mit starkem Juckreiz, gelitten. Aufgrund dieser Symptome sei eine intensive dermatologische Behandlung zur Linderung der Beschwerden
dringend geboten gewesen. Die im Rahmen des teilstationären Aufenthalts durchgeführte multimodale Dermatotherapie mit verschiedenen
Externa und insbesondere mit aufsteigender Dosierung von Dithranol sowie unterstützender Balneo-Photo-Therapie könne in dieser
Intensität im Rahmen einer ambulanten Behandlung nicht erbracht werden. Hierzu sei vielmehr eine tägliche ärztliche Visite
mit Beurteilung der Hauterscheinungen und Anpassung der Lokaltherapie sowie der Dosis der UV-Therapie notwendig, damit einerseits
die gewünschte Wirksamkeit erzielt werde und andererseits unerwünschte Nebenwirkungen, wie Reizungen der umgebenden Haut durch
zu hohe Dithranolkonzentrationen und Verbrennungen durch zu hohe Dosen der UV-Therapie vermieden werden könnten.
Die Beklagte trug abschließend vor, Balneo-Photo-Therapie werde von zwei Vertragsarztpraxen in K. angeboten. Die Anwendung
von Salben und die Gabe von Medikamenten sei ebenfalls ambulant möglich.
Mit Urteil vom 06.06.2017 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin 5.518,66 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.09.2014
zu zahlen. Zur Begründung führte das SG aus, die teilstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten sei gemäß §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich gewesen. Der Klägerin stehe hierfür die mit Rechnung vom 10.12.2013 geltend gemachte Vergütung zu (vgl. §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Fallpauschalenvereinbarung 2013; zur Anwendung dieser Vorschriften auf die teilstationäre Krankenhausbehandlung
Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19.04.2016, - B 1 KR 21/15 R -, in juris Rdnr. 16). Die Fortsetzung der ambulanten Behandlung hätte zur Erreichung der Therapieziele nicht ausgereicht.
Das gehe aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. überzeugend hervor. Bei der teilstationären Krankenhausbehandlung seien zahlreiche,
aufeinander abgestimmte Maßnahmen durchgeführt worden. Man habe eine topische Behandlung mit Cignolin-Paste in aufsteigender
Konzentration vorgenommen. Außerdem sei der Versicherte mit einem steroid- und lygalhaltigen Externum sowie einer triamcinolonhaltigen
Fuchsinlösung behandelt worden. Parallel dazu habe eine Balneo-Therapie stattgefunden. Der Versicherte habe zusätzlich Antihistaminika
eingenommen. Für die Zwischenpflege sei eine aqua-urea-haltige Mandelölsalbe und eine DAC-Basis-Creme angewendet worden. Prof.
Dr. Sch. habe nachvollziehbar dargelegt, dass eine multimodale Therapie dieser Art im Rahmen einer ambulanten Behandlung nicht
erbracht werden könne. Um den Heilerfolg zu erzielen und unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden sei die permanente Überwachung
des Versicherten und ggf. die Anpassung der Therapie notwendig gewesen. Im Hinblick darauf hätten die Krankenhausärzte bei
der Beurteilung ex ante davon ausgehen dürfen, dass der Versicherte eines interdisziplinären Ansatzes bedurft habe, der so
nur im Rahmen einer teilstationären Krankenhausbehandlung möglich sei. Dies habe sich rückblickend auch als richtig erwiesen.
Der Zinsanspruch folge aus §
112 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V i.V.m. §
19 Abs.
3 des Landesvertrags.
Gegen das ihr am 12.06.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.07.2017 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges
Vorbringen. Prof. Dr. Sch. habe in seinem Gutachten die permanente Überwachungsbedürftigkeit des Versicherten nicht angenommen;
er habe nur tägliche Visiten zur Anpassung der Lokaltherapie und der Dosis der UV-Therapie gefordert. Aus seinem Gutachten
gehe auch nicht hervor, dass für die Behandlung des Versicherten, die nach Ansicht des MDK ambulant planbar und durchführbar
gewesen wäre, die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses vonnöten gewesen sei. Tägliche Visiten und
Therapieanpassungen, Balneotherapie sowie Salbenanwendung und Arzneimittelgabe seien auch bei ambulanter Leistungserbringung
möglich. Balneo-Therapie werde von drei Vertragsarztpraxen in K. ambulant angeboten. Die ambulante Balneo-Photo-Therapie gehöre
nach der Leitlinie für die Psoriasis-Behandlung zum Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der Versicherte
sei durch die Hausärztin und nicht durch einen Dermatologen zur teilstationären Behandlung eingewiesen worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.06.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Erforderlichkeit einer teilstationären Krankenhausbehandlung setze permanente
Überwachungsbedürftigkeit des Patienten nicht voraus. Für die beim Versicherten durchgeführte multimodale Behandlung mit unterschiedlichen
Externa, aufsteigender Dosierung von Dithranol und unterstützender Balneo-Therapie sei die medizinisch-organisatorische Infrastruktur
des Krankenhauses erforderlich gewesen; Prof. Dr. Sch. habe das in seinem Gutachten überzeugend festgestellt. Bei der Therapieanpassung
im Krankenhaus habe man auf die dort unmittelbar vorrätigen unterschiedlichen Salben zurückgreifen können. Bei ambulanter
Leistungserbringung hätten jeweils ärztliche Verordnungen zur Beschaffung oder Herstellung der Salben in einer Apotheke ausgestellt
werden müssen. Die Salbenapplikation habe durch ausgebildetes Pflegepersonal vorgenommen werden müssen. Die Salben seien extrem
aggressiv; bei Selbstanwendung durch den Patienten bestehe ein hohes Risiko massivster Verbrennungen. Die Behandlung mit Cignolin
stelle eine hautreizende Therapie dar, die bei starker Salbenkonzentration zur Ablösung der Haut führen könne. Gerade gesunde
Haut reagiere empfindlich, weshalb die Behandlung durch medizinisch geschulte Fachkräfte in aufsteigender Konzentration unter
maximaler Schonung gesunder Hautstellen durchgeführt werden müsse. Die tägliche Kontrolle der Haut auf Wirksamkeit der Therapie
und auf Überreizung sei unumgänglich. Kleidung, die mit der Salbe in Kontakt komme, werde durch nicht auswaschbare Verfärbung
zerstört. Das Angebot ambulanter Balneo-Therapie sei unerheblich, da die Balneo-Therapie nur einen Teil der beim Versicherten
durchgeführten multimodalen Behandlung darstelle. Die Ganzkörperbehandlung mit Salben, die zum Teil sehr lange dauern könne
und den Hauptbestandteil der multimodalen Therapie ausmache, werde in Hautarztpraxen nicht durchgeführt. Dies sei nur in einem
Krankenhaus möglich, weswegen die Patienten von den Fachärzten auch zur stationären Behandlung eingewiesen würden. Beim Versicherten
sei nicht eine (ambulant mögliche) PUVA-Therapie (Psoralen- und UVA-Phototherapie), sondern eine Schmalspektrum-UVB-Behandlung
durchgeführt worden, die fünfmal wöchentlich stattfinde; davor werde jeweils ein Solebad vorgenommen. Diese Behandlung, die
ohnehin nur einen Teil der multimodalen Gesamtbehandlung ausgemacht habe, werde in der vorliegenden Form ambulant nicht angeboten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die
Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das SG hat sie zu Recht zur Zahlung der von der Klägerin geforderten Vergütung verurteilt.
Wie aus dem Gutachten des Prof. Dr. Sch. vom 07.03.2017 und dem Entlassungsbericht des Krankenhauses vom 05.12.2013 hervorgeht,
hat der Versicherte seinerzeit unter einem akuten Psoriasis-Schub mit multiplen disseminierten, geröteten und schuppenden
Hauterscheinungen im Bereich der gesamten Haut mit dringendem Behandlungsbedarf gelitten. Erforderlich gewesen ist eine intensive,
täglich mehrstündige und kontinuierlich anzupassende und abzustimmende multimodale Ganzkörper-Therapie durch ärztliches und
fachlich entsprechend qualifiziertes Pflegepersonal (unter Zugriff auf im Krankenhaus unmittelbar verfügbare Arzneimittel),
die als ambulante vertragsärztliche Behandlung so nicht hätte erbracht werden können. Der Senat entnimmt das dem überzeugenden
Gutachten des Prof. Dr. Sch ... So hat nicht nur eine (unstreitig ambulant erbringbare und von Vertragsarztpraxen angebotene)
Balneo-Photo-Therapie stattgefunden. Diese Behandlungsmaßnahme hat nur einen Bestandteil der multimodalen Therapie dargestellt,
die zusätzlich aus der Anwendung von Cignolin in aufsteigender Konzentration, aus der Anwendung eines steroid- und lygalhaltigen
Externums am Capillitium, aus einer antientzündlichen und antiseptischen Behandlung mit Fuchsinlösung in den Intertrigines
sowie aus der Gabe von Antihistaminika und der Anwendung von Salben bestanden hat (Entlassungsbericht vom 05.12.2013). Eine
multimodale Ganzköper-Therapie dieser Art erfordert, wie Prof. Dr. Sch. schlüssig dargelegt hat, nicht zuletzt wegen des Risikos
erheblicher Nebenwirkungen (wie Verbrennungen durch aggressive Salben und Hautablösungen) der intensiven ärztlichen und pflegerischen
Überwachung und kontinuierlichen Therapieanpassung, die im notwendigen Maß bei einer ambulanten Leistungserbringung nicht
gewährleistet ist. Das Erfordernis teilstationärer Krankenhausbehandlung folgt damit aus der Eigenart der beim Versicherten
konkret durchgeführten Behandlung und ihren Erfordernissen und nicht aus etwaigen Defiziten in der ambulanten vertragsärztlichen
Versorgung (vgl. dazu Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2015, - L 1 KR 97/14 -, in juris). Der Auffassung des MDK kann sich der Senat nicht anschließen; die MDK-Stellungnahmen bzw. -gutachten vom 05.05.2014
und vom 10.08.2015 beschränken sich auf die thesenartige Behauptung ambulant möglicher Leistungserbringung ohne nähere Begründung
im Hinblick auf den vorliegenden Einzelfall.
Die Streitwertfestsetzung geruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).