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LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.11.2020 - 5 KR 3211/17
Zur Kündigung eines Versorgungsvertrags nach § 109 Abs. 1 SGB V
Normenkette:
SGB V
§
108
,
SGB V
§
109
,
SGB V
§
110
Vorinstanzen:
SG Freiburg 05.07.2017 S 19 KR 1179/14
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 05.07.2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird endgültig auf 2.500.000,00 € festgesetzt.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Kündigung eines mit den Beklagten geschlossenen Versorgungsvertrages.
Die Klägerin betreibt in H. eine A.klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin sowie eine Klinik für Psychosomatische Rehabilitation. Hinsichtlich der von der Klägerin erbrachten psychosomatischen Rehabilitation besteht ein Versorgungsvertrag über 15 Betten (§ 111 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>). Des Weiteren schloss die Klägerin mit den Beklagten (bzw. ihren Rechtsvorgängern) am 04.06.2004 mit Wirkung zum 01.01.2004 einen Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
SGB V
über (weitere) 15 Betten auf dem Fachgebiet Psychotherapeutische Medizin (zum weiteren Inhalt des Versorgungsvertrags: Bl. 1-5 der Verwaltungsakte der Beklagten zu 2). Das Sozialministerium Baden-Württemberg als zuständige Landesbehörde genehmigte den Versorgungsvertrag am 11.10.2004.
Bereits am 19.11.1999 hatte die Klägerin die Aufnahme ihres Krankenhauses mit 45 Betten in den Krankenhausplan des Landes beantragt. Mit Bescheid vom 27.03.2000 hatte das Regierungspräsidium Freiburg als zuständige Landesbehörde den Antrag abgelehnt. Nach anschließender Verpflichtungsklage zum Verwaltungsgericht (VG) Freiburg (- 3 K 737/04 -, in juris) folgte ein knapp 13 Jahre währender Rechtsstreit, der letztlich vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 14.04.2011 (- 3 C 17/10 -) zurückverwiesen wurde und mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vom 12.02.2013 (- 9 S 1968/11 -, in juris) endete. Das im dortigen Verfahren beklagte Land Baden-Württemberg wurde unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids vom 27.03.2000 verpflichtet, festzustellen, dass die Klägerin mit 35 Betten im Fachgebiet der Psychotherapeutischen Medizin (neue Fachgebietsbezeichnung: Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen ist. Im Übrigen wurde es bezüglich der beantragten weiteren 10 Betten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Feststellung der Aufnahme ihres Krankenhauses im Fachgebiet der Psychotherapeutischen Medizin (neue Fachgebietsbezeichnung: Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) in den Krankenhausplan unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden (der hierzu ergangene ablehnende Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.09.2015 ist in dem beim VG Freiburg anhängigen Verfahren 7 K 2283/15 streitgegenständlich). Mit Feststellungsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 11.04.2013 (nachfolgend: Feststellungsbescheid) wurde die Aufnahme der Klägerin mit Wirkung zum 01.04.2013 als Plankrankenhaus mit 35 Betten für das Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in den Krankenhausplan des Landes festgestellt, verbunden mit der Ankündigung, sobald als möglich eine neue Entscheidung hinsichtlich der übrigen 10 Betten zu treffen.
Die Beklagten beauftragten mit Schreiben vom 04.04.2013 den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit der Begehung der klägerischen Klinik sowie der sozialmedizinischen Bewertung ihrer Leistungsfähigkeit. Dieser forderte nach einer Klinikbegehung weitere Unterlagen, insbesondere Qualifikationsnachweise des medizinischen Personals sowie dessen Arbeitsverträge an, die zur Grundlage der sozialmedizinischen Begutachtung gemacht werden sollten. Nach Aktenlage kam die Klägerin dem nicht bzw. nicht in vollem Umfang nach. Im Fachgutachten vom 27.05.2013 kamen die Sachverständigen des MDK zu dem Ergebnis, dass die in §
107
Abs.
1
SGB V
i.V.m. §
109
Abs.
3
Nr.
1
SGB V
genannten Voraussetzungen gegenwärtig insbesondere mit Blick auf das jederzeit verfügbare ärztliche und medizinisch-technische Personal nicht erfüllt seien. Die Klinik stehe zwar unter ständiger ärztlicher Leitung, es seien aber keine Fachkundenachweise vorgelegt worden. Inwieweit die Klinik über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfüge und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeite, könne anhand der vorliegenden Unterlagen nicht abschließend beurteilt werden, da verschriftlichte Behandlungskonzepte nicht vorhanden seien. Da bezüglich der personellen Ausstattung weder Arbeitsverträge noch Qualifikationsnachweise vorgelegt worden seien und somit nur auf die Angaben der Geschäftsführerin zurückgegriffen werden könne, sei eine Einschätzung, ob die vorgehaltene Personaldecke für die Erfüllung sämtlicher Aufgaben des Versorgungsauftrages ausreiche, nicht möglich. Für eine Gesamtbehandlungszahl von insgesamt 50 akutstationären Patienten sowie zusätzlich 15 Rehabilitanden scheine das vorgehaltene Personal jedoch nicht adäquat dimensioniert. Die Räumlichkeiten der Klinik seien für einen Betrieb von 50 akutstationären und 15 rehabilitationsmedizinischen Betten nicht ausgelegt. Das Gebäude sei nicht barrierefrei und somit für die Behandlung von körperlich erkrankten Patienten, die auch im Bereich der psychosomatischen Erkrankungen zu finden seien, nicht geeignet.
Bereits mit Schreiben vom 20.03.2013 hatten die Beklagten die Klägerin zur Unterzeichnung einer Aufhebungsvereinbarung zum Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
SGB V
vom 04.06.2004 aufgefordert. Zur Begründung führten sie aus, die Aufnahme der Klägerin in den Krankenhausplan mit 35 Betten könne in Umsetzung der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg erst mit Aufhebung des bisherigen Versorgungsvertrages erfolgen. Mit Schreiben vom 11.04.2013 lehnte die Klägerin dies ab. Sie habe einen rechtskräftig festgestellten Aufnahmeanspruch, der unbedingt durch das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 12.02.2013 festgestellt worden sei. Des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages bedürfe es nicht.
Die Beklagten kündigten mit Schreiben vom 19.07.2013, das mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, nach §
110
Abs.
1
Satz 1
SGB V
zum 31.07.2014 den nach §
109
Abs.
1
SGB V
geschlossenen Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 über 15 Betten im Fachgebiet Psychotherapeutische Medizin. Zur Begründung legten sie dar, der über 15 Betten im Fachgebiet Psychotherapeutische Medizin abgeschlossene Versorgungsvertrag sei durch die Aufnahme von 35 Betten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in den Krankenhausplan obsolet geworden und damit aufzuheben. Dies ergebe sich aus dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 12.12.2013. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 9/11 R -, in juris) habe der Betreiber eines Krankenhauses zwar die Wahl, ob er die Zulassung zur Versorgung der Versicherten mit stationären Leistungen durch die Aufnahme in den Krankenhausplan oder durch den Abschluss eines Versorgungsvertrages zu erreichen versuche. Jedoch bedeute dies gleichzeitig, dass sich der Krankenhausbetreiber zwischen den beiden Wegen zu entscheiden habe. Im vorliegenden Fall habe sich die Klägerin für die Aufnahme in den Krankenhausplan entschieden. Der Anspruch auf einen Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
SGB V
könne auch nicht mit einem ungedeckten überregionalen Versorgungsbedarf begründet werden, da das Land durch den VGH verpflichtet worden sei, zur Deckung eines überregionalen Versorgungsbedarfs in der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie 20 Betten der Klinik der Klägerin in den Krankenhausplan aufzunehmen und im Übrigen über den Antrag der Klägerin auf Feststellung der Aufnahme ihres Krankenhauses im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in den Krankenhausplan unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden sei. Bei der Beurteilung der Bedarfsgerechtigkeit nach §
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
2
SGB V
komme es vielmehr auf den im Einzugsbereich des Krankenhauses bestehenden konkreten Bedarf an. Dieser sei im vorliegenden Fall durch die Aufnahme von 35 Betten in den Krankenhausplan bereits gedeckt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin derzeit mit insgesamt 65 Betten zur Akut- und Rehabilitationsversorgung zugelassen sei. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Klägerin insgesamt über lediglich 40 Betten verfüge. Die insgesamt 65 Betten könnten in der Einrichtung nicht vorgehalten werden. Die Klägerin könne ihren Versorgungsauftrag somit nicht vollständig erfüllen. Die Kündigung des Versorgungsvertrages über 15 Betten sei damit zwingend. Ob das Krankenhaus die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung biete, sei nicht geprüft worden. Eine solche Prüfung behielten sich die Beklagten vor. Der MDK sei bereits mit einer Prüfung der Einrichtung beauftragt worden.
Mit Bescheid vom 23.08.2013 genehmigte die zuständige Landesbehörde (hier: das Sozialministerium) die Kündigung des Versorgungsvertrages vom 19.07.2013. Zur Begründung führte sie aus, die Beklagten könnten die Kündigung des Versorgungsvertrages auf den Kündigungsgrund der fehlenden Bedarfsgerechtigkeit (§
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
2
SGB V
) stützen. In Umsetzung des Urteils des VGH vom 12.02.2013 sei die Klägerin mit Feststellungsbescheid vom 11.04.2013 als Plankrankenhaus mit 35 Betten im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in den Krankenhausplan des Landes aufgenommen worden. Für die 35 im Krankenhausplan des Landes ausgewiesenen Betten werde nach §
109
Abs.
1
Satz 2
SGB V
der Versorgungsvertrag fingiert. Die Klinik verfüge somit derzeit über 50 Betten zur stationären Versorgung im Bereich Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Dies seien 15 Betten resultierend aus dem Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
SGB V
und 35 Betten als Plankrankenhaus. Die Neubescheidung durch das Land Baden-Württemberg unter Beachtung der Rechtsauffassung des VGH über die von der Klinik beantragten weiteren 10 Betten stehe zwar noch aus, es gehe aber insofern gerade nicht um die (Nicht-)Deckung eines bestehenden Bedarfs, sondern vielmehr um die Ausübung des Auswahlermessens des Landes, so dass hieraus kein Kündigungshemmnis abgeleitet werden könne. Ein durch den Krankenhausplan des Landes bestehender ungedeckter Bedarf sei nicht vorhanden. Der vom Gericht festgestellte Bedarf (20 Betten +15 Betten = 35 Betten) sei nunmehr durch die Planaufnahme gedeckt. Bei den 15 Versorgungsvertragsbetten handele es sich mithin um ein und dieselben bedarfsplanerischen Betten. Durch die Aufnahme in den Krankenhausplan sei der bisherige Versorgungsvertrag obsolet geworden. Ein "eigener" Bedarf der Beklagten bestehe nicht. Die Entscheidung der Beklagten lasse insoweit keine Rechtsfehler erkennen.
Gegen das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 19.07.2013 erhob die Klägerin Widerspruch (Schreiben vom 26.07.2013). Die Kündigung sei rechtswidrig. Der vom Einzugsgebiet der Klägerin gedeckte Bedarf im Sinne des
SGB V
, der durch den Versorgungsvertrag gedeckt werde, sei von dem Bedarf zu unterscheiden, aufgrund dessen die Klägerin in den Krankenhausplan aufgenommen worden sei.
Die Beklagten sprachen mit Schreiben vom 22.10.2013 des Weiteren die Kündigung des nach §
109
Abs.
1
Satz 2 i.V.m. §
108
Nr.
2
SGB V
als abgeschlossen geltenden Versorgungsvertrags (fingierter Versorgungsvertrag) über 35 Betten im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie (erneut) bezüglich des nach §
109
Abs.
1
SGB V
i.V.m. §
108
Nr.
3
SGB V
abgeschlossenen Versorgungsvertrags vom 04.06.2004 über 15 Betten im Fachgebiet Psychotherapeutische Medizin jeweils mit Wirkung zum 31.10.2014 aus. Das Krankenhaus biete nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Nach Bewertung des MDK seien die Voraussetzungen insbesondere hinsichtlich des jederzeit verfügbaren ärztlichen Funktions- und medizinisch-technischen Personals nicht erfüllt. Inwieweit die Klinik über ausreichende, ihrem Versorgungsauftrag entsprechende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfüge und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeite, habe der MDK nicht abschließend beurteilen können. Die Räumlichkeiten seien nach Einschätzung des MDK für die Behandlung von 50 Krankenhauspatienten sowie 15 Rehabilitationspatienten nicht ausreichend dimensioniert. Die notwendige Trennung zwischen den Bereichen zur Akutbehandlung und den Räumlichkeiten für die Behandlung von Rehabilitationspatienten sei nicht gewährleistet. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren gegen die Kündigung des fingierten Versorgungsvertrags (Widerspruchsbescheid vom 11.04.2014) hat das VG Freiburg (8 K 2876/15) mit Urteil vom 15.03.2018 die "Kündigungsverfügung" der Beklagten vom 22.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.04.2014 aufgehoben. Den Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat der VGH abgelehnt (10 S 1156/18, Beschluss vom 29.04.2019). Nach ebenso erfolglosem Widerspruchsverfahren gegen die (weitere) Kündigung des Versorgungsvertrags vom 04.06.2004 hat die Klägerin Klage beim SG Freiburg (- S 5 KR 3673/14 -) erhoben. Dieses Verfahren hat das SG Freiburg im Hinblick auf die Vorgreiflichkeit des hiesigen Verfahrens ausgesetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2014 wiesen die Beklagten den Widerspruch der Klägerin gegen die mit Schreiben vom 19.07.2013 ausgesprochene Kündigung des Versorgungsvertrags zurück. Der Widerspruch sei zulässig, jedoch nicht begründet. Unter Verweis auf den Bescheid vom 19.07.2013 sowie den Genehmigungsbescheid des Landes Baden-Württemberg vom 23.08.2013 führten sie zur Begründung ergänzend aus, die Klägerin habe sich für die Aufnahme in den Krankenhausplan entschieden. Damit sei vorliegend gar keine Kündigung des Versorgungsvertrages erforderlich, da dieser im Sinne einer Novation durch einen fiktiven Versorgungsvertrag nach §
108
Nr. 2 i.V.m. §
109
Abs.1 Satz 2
SGB V
ersetzt worden sei. Für die bisherigen 15 Betten sei ein neues Schuldverhältnis begründet worden, das den bisherigen Versorgungsvertrag ersetzt habe. Die Kündigung sei lediglich formal aus Gründen der Rechtssicherheit ausgesprochen worden. Selbst unter der Berücksichtigung der Argumentation der Klägerin seien die 15 Betten im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich. Bei der Beurteilung der Bedarfsgerechtigkeit nach §
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
2
SGB V
bestehe für die bestehenden Hochschulkliniken und Plankrankenhäuser ein faktischer Vorrang. Werde der bestehende Bedarf bereits durch solche Krankenhäuser gedeckt, sei der Abschluss eines Versorgungsvertrages von vornherein ausgeschlossen. Die Bedarfsprüfung sei auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung des BSG vorzunehmen, wonach zunächst der fachliche Vergleichsbereich und anschließend der räumliche Einzugsbereich der Klägerin festzulegen sei. Schließlich sei zu ermitteln, wie hoch der tatsächliche Bettenbedarf bezogen auf den fachlichen Vergleichsbereich in dem räumlichen Einzugsbereich der Klägerin sei und in welchem Umfang dieser tatsächliche Bedarf bereits gedeckt sei. Dazu sei festzustellen, welche Bettenkapazität die bereits über eine Zulassung nach §
108
SGB V
verfügenden Krankenhäuser in diesem Einzugsgebiet für jene stationären Leistungen vorhielten, die dem von der Klägerin angebotenen Leistungen ganz oder teilweise entsprechen. Beim fachlichen Vergleichsbereich handele es sich unzweifelhaft um das Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Bei der Bestimmung des räumlichen Einzugsbereichs sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Krankenhausplanung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) zwischen Krankenhäusern der ortsnahen Grundversorgung mit regionalem Einzugsbereich und Krankenhäusern der überörtlichen gehobenen Breitenversorgung mit überregionalem Einzugsbereich zu unterscheiden. Bei der Festlegung des räumlichen Einzugsbereichs der Klägerin könne eine Liste der Herkunftsorte der Patienten eine Hilfe sein. Die mehrfach angeforderte Einzugsgebietestatistik für das Jahr 2011 sei seitens der Klägerin jedoch nicht zur Verfügung gestellt worden. Daher könnten sich die Beklagten lediglich an den Informationen orientieren, die 2011 im Rahmen der Aufnahme der Klägerin in den Krankenhausplan des Landes vorgelegt worden seien. Im Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.09.2011 seien insgesamt 299 Patienten aufgenommen worden, die sich auf die Einzugsgebiete Breisgau-Hochschwarzwald (26,8 %), Baden-Württemberg ohne Breisgau Hochschwarzwald (48,5 %) und Deutschland ohne Baden-Württemberg (24,7 %) verteilten. Damit sei von einem überregionalen Einzugsgebiet auszugehen. Da nach diesen Angaben die Klägerin zu 75,3 % mit Patienten aus Baden-Württemberg belegt werde, könne das Land Baden-Württemberg als räumlicher Einzugsbereich für die Bedarfsermittlung zugrunde gelegt werden. Ferner sei nach der Rechtsprechung des BSG der Bedarf anhand der tatsächlichen Bettenauslastung zu ermitteln. Hierzu werde die Zahl der im Jahr behandelten Fälle mit der Anzahl der erforderlichen Behandlungstage multipliziert. Diese Methode unterstelle, dass die jeweilige Krankenhausbehandlung nach Art und Dauer medizinisch notwendig sei. Dieser Maßstab entspreche demjenigen des Krankenhausplanungsrechts (nach der Burton-Hill-Formel) und sei seitens des BSG bereits in früheren Entscheidungen anerkannt worden. Unter Berücksichtigung der statistischen Daten für 2011 und 2012 ergebe sich ein Bedarf für 2011 von 1296 Betten, für 2012 von 1471 Betten. Diesen bedarfsnotwendigen Betten stünden nach der Standortplanung im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Landes Baden-Württemberg 1623 Planbetten gegenüber. Somit sei kein Bedarfsdefizit festzustellen. Die Aufnahme der 35 Betten der Klägerin zum 01.04.2013 in den Krankenhausplan sei dabei noch gar nicht berücksichtigt. Ein ungedeckter Bedarf für die streitigen 15 Betten bestehe damit nicht. Darüber hinaus biete die Klägerin nicht die erforderliche Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Hierzu werde auf die mit Schreiben vom 22.10.2013 ausgesprochene Kündigung verwiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.03.2014 Klage zum SG Freiburg erhoben. Die Kündigung sei bereits formell rechtswidrig. Zum einen sei sie (die Klägerin) vor Erlass des Kündigungsbescheids vom 19.07.2013 nicht gehört worden. Zum anderen seien weder die Kündigung noch der Widerspruchsbescheid unterschrieben worden. Zwar gebe es zu beiden Bescheiden eine Unterschriftenliste. Nicht erkennbar sei jedoch, dass diese Unterschriften zu dem jeweiligen Bescheid gehörten, da die Unterschriftenliste mit den Bescheiden auch nicht zusammengeheftet worden sei. Dem Grundsatz der Urkundeneinheit werde damit nicht Rechnung getragen. Die materielle Rechtswidrigkeit ergebe sich bereits daraus, dass keine Kündigungsgründe für den Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 ersichtlich seien. Der Versorgungsvertrag sei nicht durch den Feststellungsbescheid vom 11.04.2013 obsolet geworden, denn der VGH Baden-Württemberg habe in seinem Urteil vom 12.02.2013 einen über die ausgeurteilten 35 Planbetten hinausgehenden Bedarf erkannt und das beklagte Land insoweit zur Neubescheidung verurteilt. Es bestehe über die festgestellten 35 Betten hinaus ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf, der durch den bisherigen Versorgungsvertrag teilweise abgedeckt werden könne. Insbesondere könne der Berechnung der Beklagten nicht gefolgt werden, da ein Bettenüberhang nicht zu verzeichnen sei. Auch komme dem Versorgungsvertrag statusbegründende Natur zu, weshalb es einer wirksamen Kündigung bedürfe. Zudem gingen die Beklagten fehl in der Annahme, ein Krankenhaus mit bestehendem Versorgungsvertrag sei Plankrankenhäusern gegenüber untergeordnet. Bei der Kündigung nach §
110
SGB V
gehe es nicht um die Gefahr der weiteren Erhöhung eines Bettenüberangebotes, sondern um den Abbau eines bestehenden Überhangs. Deswegen sei eine Auswahl unter allen zugelassenen Krankenhäusern erforderlich. Dies hätten die Beklagten gerade nicht berücksichtigt. Zudem fehle es an der erforderlichen Ermessensausübung. So werde im Widerspruchsbescheid unmissverständlich erklärt, dass sich die Beklagten zur Kündigung des Versorgungsvertrages gezwungen gesehen hätten. Ermessensfehlerhaft sei die Kündigung des Versorgungsvertrages aber auch deshalb, weil die darin angestellten bzw. pflichtwidrig nicht verlautbarten Erwägungen einen zur Aufhebung der Kündigung führenden Ermessensfehlgebrauch begründeten. Die Beklagten hätten im Bescheid vom 19.07.2013 darauf hingewiesen, dass der Kündigungsgrund einer mangelnden leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung nicht geprüft werde. Darauf könne die Kündigung nunmehr nicht gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe bei der Kündigung von Vertragskrankenhäusern die Entscheidung ausschließlich auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit des Krankenhauses gestützt werden. Dazu wäre eine Auswahlentscheidung mit anderen zugelassenen Krankenhäusern vorzunehmen gewesen. Hieran fehle es vollkommen. Auch die im Klageverfahren nachgeschobene Bedarfsermittlung für die streitgegenständlichen 15 Vertragsbetten der Klägerin könne die Kündigung nicht rechtfertigen. Dies gelte schon deshalb, weil nach der ständigen Rechtsprechung aller Verwaltungsgerichte eine Bedarfsermittlung auf der Grundlage des KHG zwingend auch eine so genannte Bedarfsprognose voraussetze. Auf eine solche hätten die Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid bewusst verzichtet. Schon dies mache die Feststellung einer fehlenden Bedarfsgerechtigkeit der streitgegenständlichen 15 Vertragsbetten rechtswidrig. Im Übrigen seien die Beklagten bei der Feststellung des Bedarfs von einem falschen räumlichen Einzugsgebiet ausgegangen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid haben sie ergänzend ausgeführt, der Bescheid sei entgegen der Auffassung der Klägerin nicht formell rechtswidrig. Durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens sei die erforderliche Anhörung der Klägerin nachgeholt worden. Auch liege kein Verstoß gegen die Grundregel der Urkundeneinheit vor. Schließlich seien beide Bescheide als Einheit mit Unterschriftenliste zugestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Kündigung des Versorgungsvertrags lägen vor. Die streitgegenständlichen 15 Betten seien für eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung der Versicherten nicht erforderlich. Die Klägerin biete auch nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Es liege auch kein Ermessensfehlgebrauch vor. Dass die Kündigung nach §
110
SGB V
in ihrem Ermessen stehe, werde in Literatur und Rechtsprechung auch anders beurteilt. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass Ermessen auszuüben sei, so liege vorliegend eine Ermessensreduktion auf Null vor. Denn aufgrund des durch die Bedarfsanalyse festgestellten nicht vorliegenden Bedarfs und der nicht vorliegenden Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung sei eine anderweitige Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Unter Umständen liege auch ein "intendiertes Ermessen" vor. Ungeachtet dessen seien die erforderlichen Aspekte berücksichtigt und entsprechende Abwägungen vorgenommen worden, weshalb von einer ermessensfehlerhaften Entscheidung keine Rede sein könne. Entgegen der Auffassung der Klägerin hätten sie sehr wohl die in der Krankenhausplanung der Länder übliche und auch für die Krankenhausfachplanung des Landes Baden-Württemberg im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie geltende Burton-Hill-Formel angewendet. Dies entspreche der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 16.05.2012 (- B 3 KR 9/11 R -, in juris, Rn. 69). Hiernach könne der Bedarf anhand der tatsächlichen Bettenauslastung ermittelt werden. Auf eine prognostische Bewertung des künftigen Bedarfs aus statistischen Trends unter Berücksichtigung des wissenschaftlichen Fortschritts habe das Land als Krankenhausplanungsbehörde in der bisherigen - zum Zeitpunkt der mit Bescheid vom 19.07.2013 ausgesprochenen Kündigung und auch noch zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 geltenden - Krankenhausfachplanung im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie verzichtet. In Analogie zum Vorgehen in der Krankenhausfachplanung des Landes sei auf die Berücksichtigung einer prognostischen Entwicklung verzichtet worden. Das Urteil des BSG vom 16.05.2012 sei explizit umgesetzt worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch nicht das gesamte Bundesgebiet für die Bedarfsermittlung als räumlicher Einzugsbereich zugrunde zu legen. Ferner sei entgegen der Auffassung der Klägerin die Entscheidung über eine Kündigung nicht allein nach Leistungs- und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu treffen. Wolle man dieser Auffassung folgen, wäre die streitgegenständliche Kündigung des Versorgungsvertrages betreffend die 15 Krankenhausbetten auch aus diesem Grunde gerechtfertigt gewesen. Insoweit werde ausdrücklich auf den Ablehnungsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 24.09.2015 verwiesen. Darin sei die Aufnahme von 10 Betten in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie von der zuständigen Krankenhausplanungsbehörde abgelehnt worden.
Mit Urteil vom 05.07.2017 hat das SG Freiburg die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 sei durch den durch die Aufnahme der Klägerin in den Krankenhausplan mit 35 Betten durch Feststellungsbescheid vom 11.04.2013 gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG fingierten Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
Satz 2
SGB V
vollständig ersetzt worden. Dem entspreche zunächst die Rechtsprechung des BVerwG, das von einem grundsätzlichen Nebeneinander von Plan- und Vertragskrankenhäusern sowie der Nachrangigkeit des Versorgungsvertrages ausgehe. Das decke sich zudem mit der Rechtsprechung des BSG, das ebenfalls der Ansicht sei, dass sich der Versorgungsauftrag eines Plankrankenhauses aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Feststellungsbescheiden, ggf. ergänzt durch Vereinbarungen nach §
109
Abs.
1
Sätze 4, 5
SGB V
ergebe. Entsprechend müsse der Antrag der Klägerin auf Planaufnahme vom 19.11.1999 ausgelegt werden. Daraus sei gerade nicht ersichtlich, dass der beantragte fingierte Versorgungsvertrag über 45 Betten neben den bereits bestehenden Versorgungsvertrag von 2004 habe treten sollen. Anderenfalls würde man die Klägerin, nachdem bis Ende 2016 eine maximale Kapazität der Klägerin im Bereich der A.klinik von 45 Betten bestanden habe, des vertragsbrüchigen Verhaltens bezichtigen. Dementsprechend gehe aus dem Feststellungsbescheid vom 11.04.2013 nicht hervor, dass der fingierte Versorgungsvertrag durch die Aufnahme der Klägerin in den Krankenhausplan neben den bereits bestehenden Versorgungsvertrag aus 2014 habe treten sollen. Auch dem Urteil des VGH vom 12.02.2013 sei nicht zu entnehmen, dass die Klägerin mit mehr als 35 Betten zur Akut-Versorgung im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zuzulassen sei. Einer Kündigung des Versorgungsvertrages vom 04.06.2004 durch die Beklagten hätte es demnach nicht bedurft. Der streitgegenständliche Bescheid vom 19.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 sei gleichwohl nicht klarstellend aufzuheben gewesen. Die Klägerin sei durch die mittels des streitgegenständlichen Bescheids erfolgte Kündigung des Versorgungsvertrages vom 04.06.2004 mit einer Frist von einem Jahr zum 31.07.2014 jedenfalls nicht beschwert, so dass für die Aufhebung dieses Bescheids kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe.
Gegen das am 07.08.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.08.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Klage sei zulässig. Die vom SG ausschließlich diskutierte Frage, ob das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin deshalb entfalle, weil durch den fingierten Versorgungsvertrag der zuvor bestehende Versorgungsvertrag aus 2004 ersetzt worden sei, habe mit dem Wegfall oder Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses nichts zu tun. Zudem sei die Klage auch begründet. Der angefochtene Bescheid sei bereits aus formellen Gründen rechtswidrig. Den Beklagten fehle insoweit die so genannte Verwaltungsaktsbefugnis. Nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.07.2008 - B 1 KR 5/08 R -, in juris, Rn. 21) handele es sich bei der Kündigung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die vom betroffenen Krankenhausträger gerichtlich im Wege der Leistungsklage anzugreifen sei. Dieser Auffassung folgend müsse die erhobene Anfechtungsklage Erfolg haben. Denn die Beklagten hätten sich zu Unrecht der Rechtsform eines Verwaltungsakts bedient, ohne dazu vom Gesetz ermächtigt gewesen zu sein. Es liege ein sogenannter formeller Verwaltungsakt vor, der auf die gerichtliche Anfechtung hin aufzuheben sei. Zudem sei die Kündigung bereits verfristet. Die Beklagten hätten die Kündigungsfrist nicht eingehalten. Diese beginne erst mit Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde. Der Lauf der Jahresfrist bestimme sich ab dem Zeitpunkt, in dem die von den Beklagten beantragte Genehmigung der Kündigung bei diesen eingegangen sei. Die Genehmigung sei bei den Beklagten am 05.09.2013 eingegangen. Damit habe die Kündigung erst zum 05.09.2014 ausgesprochen werden können. Die angefochtenen Bescheide seien auch materiell rechtswidrig, denn die Klägerin sei vor Erlass des angefochtenen Widerspruchsbescheides zur fehlenden Leistungsfähigkeit nicht angehört worden. Zudem habe die Klage schon deshalb Erfolg, weil sich die Beklagten von vornherein nicht bewusst gewesen seien, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Selbst wenn man - was nicht der Fall sei - den Beklagten unterstellen wolle, sie seien sich bei Ausspruch der Kündigung der Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung bewusst gewesen, sei die angegriffene Kündigung rechtswidrig, da die Beklagten ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätten. Im Bescheid vom 19.07.2013 hätten die Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen, der Kündigungsgrund einer mangelnden leistungsfähigen und wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung werde nicht geprüft. Im Widerspruchsbescheid werde dann behauptet, das Krankenhaus biete nicht die hierfür erforderliche Gewähr. Es lasse sich dem Widerspruchsbescheid allerdings nicht entnehmen, ob diese nicht weiter begründete Feststellung als Kündigungsgrund herangezogen werde. Der bloße Verweis auf eine mit Schreiben vom 22.10.1013 ausgesprochene Kündigung reiche hierfür nicht aus. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe die Kündigung von Vertragskrankenhäusern allerdings ohnehin ausschließlich auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses gestützt werden. Dazu wäre eine Auswahlentscheidung mit anderen zugelassenen Krankenhäusern vorzunehmen gewesen. Hieran fehle es vollkommen. Im Übrigen komme hinzu, dass eine auf §
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
2
SGB V
gestützte Kündigung voraussetze, dass damit ein bestehender Bettenüberhang abgebaut werde. Das setze die Feststellung eines tatsächlich vorhandenen Bettenüberhangs voraus. Auch hiervon könne nach der Begründung der angefochtenen Bescheide keine Rede sein. Hätte der VGH im Rahmen seines Urteils vom 12.02.2013 die von der Klägerin vorgehaltenen 15 Vertragsbetten herausnehmen wollen, hätte der dem Urteil folgende Feststellungsbescheid des Landes Baden-Württemberg mit einer entsprechenden Nebenbestimmung versehen werden können. Dies sei nicht erfolgt. Auch könne die Bedarfsermittlung für die streitgegenständlichen 15 Vertragsbetten der Klägerin die Kündigung nicht rechtfertigen. Diese setze zwingend eine so genannte Bedarfsprognose voraus. Zu ermitteln und festzustellen sei der bestehende und absehbare künftige Bedarf für ein bestimmtes Fachgebiet im Einzugsbereich des betroffenen Krankenhauses. Auch dies ergebe sich aus dem Urteil des VGH vom 12.02.2013. Auf eine solche Bedarfsprognose hätten die Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid jedoch bewusst verzichtet. Im Übrigen seien die Beklagten von einem falschen Einzugsgebiet der Klägerin ausgegangen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 05.07.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2014 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend führen sie aus, der fingierte Versorgungsvertrag habe den echten Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 vollständig ersetzt. Dies habe zur Folge, dass die Klägerin durch den fingierten Vertrag eine Zulassung zur Versorgung von gesetzlich Versicherten mit 35 Betten, nicht aber mit 50 Betten (35 + 15) erlangt habe. Die Kündigung des Versorgungsvertrages vom 04.06.2004 sei aber auch formell und materiell rechtmäßig. Insbesondere hätten sie eine Verwaltungsaktsbefugnis gehabt. Auch sei die ausgesprochene Kündigung nicht verfristet. Die Genehmigung der Kündigung durch die zuständige Landesbehörde habe auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, also der Kündigung, zurückgewirkt. Der Zustand der schwebenden Unwirksamkeit sei somit durch die Genehmigung der Kündigung beendet worden. Die Kündigung sei damit zum richtigen Fristende 31.07.2014 ausgesprochen worden. Das rechtliche Gehör der Klägerin sei nicht verletzt worden, da die erforderliche Anhörung mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden sei. Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass die fehlende Leistungsfähigkeit der Klägerin offensichtlich auch dazu geführt habe, dass der Antrag der Klägerin auf Aufnahme von 10 Betten in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg im Fachgebiet psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom zuständigen Ministerium als Krankenhausplanungsbehörde abgelehnt worden sei. Insoweit werde auf den Ablehnungsbescheid vom 09.12.2015 verwiesen.
Der ehemalige Berichterstatter hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 20.08.2018 erörtert.
Zuletzt hat die Klägerin am 22.11.2019 mitgeteilt, dass sich das Land Baden-Württemberg mit ihr im Oktober 2019 in einem außergerichtlichen Vergleich unter anderem dahin geeinigt habe, das Krankenhaus der Klägerin mit weiteren 10 Betten (also nunmehr 45 Planbetten) im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg mit Wirkung zum 01.01.2018 aufzunehmen. Dies entspreche dem in der Berufungsschrift zitierten Urteil des VGH vom 12.02.2013, wonach das Land Baden-Württemberg verpflichtet wurde, über die Aufnahme weiterer 10 Betten nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Dies habe zur Folge, dass auch nach nunmehr feststehender Auffassung des Landes Baden-Württemberg der Bedarf für die psychosomatische Versorgung im Einzugsbereich der Klägerin nicht mit dem durch das Urteil des VGH Baden-Württemberg tatrichterlich festgestellten Bedarf bereits abgedeckt worden sei. Auch nach diesem Urteil habe festgestanden, dass der vom Krankenhaus der Klägerin zu befriedigende Bedarf höher sei als derjenige, der in dem Urteil des VGH Baden-Württemberg ermittelt und zugesprochen worden sei. Schon dies zeige, dass von einer Ersetzungswirkung des damaligen PlanFeststellungsbescheids bezüglich der von dem Versorgungsvertrag mit der Klägerin abgedeckten Vertragsbetten keine Rede sein könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten auch in den Verfahren S 5 KR 3673/14 vor dem SG Freiburg, 8 RK 2876/15 vor dem VG Freiburg sowie 9 S 720/09, 9 S 1968/11 und 10 S 1156/18 vor dem VGH Mannheim sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten zu 2) verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß §
143
Sozialgerichtsgesetz
(
SGG
) statthafte und gemäß §
151
Abs.
1
SGG
form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach §
144
Abs.
1
SGG
; denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig (dazu unter a), jedoch unbegründet (dazu unter b).
a) Die Klage ist als (isolierte) Anfechtungsklage nach §
54
Abs.
1
Satz 1
SGG
zulässig, denn das mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Schreiben der Beklagten vom 19.07.2013 stellt zumindest der Form nach einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Die Beklagten haben ihr Schreiben vom 19.07.2013 nach dem Inhalt ihrer Formulierungen und durch Anfügung einer Rechtsbehelfsbelehrung als förmlichen Bescheid ausgestaltet. Dies zeigt sich auch darin, dass sie den Widerspruch der Klägerin nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern in ihrem Widerspruchsbescheid vom 20.01.2014 inhaltlich über die Kündigung des Versorgungsvertrages vom 04.06.2004 zum 31.07.2014 entschieden haben. Aufgrund der äußeren Form ist deshalb vom Vorliegen eines Verwaltungsaktes auszugehen (so genannter Formverwaltungsakt).
Entgegen der Entscheidung des SG liegen deshalb die Sachentscheidungsvoraussetzungen vor. Der Klage fehlt auch nicht ein Rechtsschutzinteresse. Die Klägerin kann den formellen Verwaltungsakt aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art.
19
Abs.
4
GG
) mit der Anfechtungsklage anfechten (BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 15/10 R -, in juris, Rn. 12; anders zur Aufrechnung BSG, Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 43/07 R -, in juris, Rn. 12 ff.). Die Frage, ob die Klägerin durch die erfolgte Kündigung des Versorgungsvertrages vom 04.06.2004 jedenfalls nicht beschwert ist, da der Versorgungsvertrag durch die Aufnahme der Klägerin in den Krankenhausplan mit 35 Betten durch den aufgrund des Feststellungsbescheids vom 11.04.2013 gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG fingierten Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
Satz 2
SGB V
ersetzt worden ist und es einer Kündigung des Versorgungsvertrages vom 04.06.2004 durch die Beklagten nicht bedurft hätte, ist - entgegen der Rechtsauffassung des SG - keine Frage des Rechtsschutzinteresses, sondern eine Frage der Begründetheit der Klage. Ein Rechtsschutzinteresse liegt vor, denn der Klägerin kann es jedenfalls nicht verwehrt werden, die von ihr insoweit abweichend zur Ansicht der Beklagten vertretene Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.
b) Die Anfechtungsklage ist jedoch nicht begründet. Zwar fehlt den Beklagten die Verwaltungsaktsbefugnis, weil es sich bei der Kündigung nach §
110
Abs.
1
SGB V
nicht um einen Verwaltungsakt handelt; der Bescheid der Beklagten vom 19.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 ist deshalb rechtswidrig (dazu aa). Gleichwohl ist der Bescheid nicht aufzuheben, denn die Klägerin ist hierdurch nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt, weil die von den Beklagten ausgesprochene Kündigung des Versorgungsvertrages unabhängig davon, ob sie als Verwaltungsakt ergehen durfte, wirksam ist (dazu bb).
aa) Mangels Verwaltungsaktsbefugnis ist der Bescheid der Beklagten vom 19.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 rechtswidrig. Die Beklagten haben sich unzulässiger Weise der Handlungsform eines Verwaltungsaktes bedient. Denn bei der Kündigung des Versorgungsvertrages nach §
110
Abs.
1
SGB V
handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, sondern vielmehr um eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung (Schrinner in Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Auflage 2018, § 110 Rn. 3; Knittel in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Stand: Juli 2020, § 110 Rn. 3, m.w.N.).
Die Kündigung von Versorgungsverträgen nach §
110
Abs.
1
SGB V
war nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 06.08.1998 - B 3 KR 3/98 R -, in juris) wie die "Ob"-Entscheidung über den Abschluss eines Versorgungsvertrages nach §
109
Abs.
1
SGB V
(vgl. BSG, Urteil vom 29.05.1996 - 3 RK 23/95 -, in juris) als Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X zu qualifizieren. Mit dieser hoheitlichen Maßnahme werde - so die bisherige Rechtsprechung - für alle Krankenkassen im Inland verbindlich der Status als Versorgungskrankenhaus und damit die Verpflichtung zur stationären Versorgung der Versicherten beendet. Dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit werde durch die Fristgebundenheit der Rechtsbehelfe Rechnung getragen. Diese Rechtsprechung berücksichtigt aber nicht, dass das Verhältnis zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen vom Prinzip der Gleichordnung geprägt ist, und hat sich im Hinblick darauf, dass die Kündigung seit 2016 auch durch eine Schiedsperson erfolgen kann (s. §
110
Abs.
1
Sätze 5 bis 9
SGB V
), diese aber keine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X ist (Schrinner in Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Auflage 2018, § 110 Rn. 6), überholt. Die Kündigung ist deshalb als einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung zu werten, die - auch wenn sie von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen ausgesprochen wird - kein Verwaltungsakt darstellt (so auch Knittel in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Stand: Juli 2020, §
110
Rn. 3; Wahl in jurisPK,
SGB V
, §
110
Rn. 32, VG Minden, Urteil vom 29.08.2002 - 3 K 3280/97 -, in juris; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 28.07.2008 - B 1 KR 5/08 R -, in juris, Rn. 21). Für diese Wertung spricht auch, dass die Kündigung nach §
110
SGB V
zu ihrer Wirksamkeit einer Genehmigung bedarf, was für Verwaltungsakte untypisch ist. Im Ergebnis werden die Möglichkeiten des Rechtsschutzes auch nicht unzulässig verkürzt; denn gegen die Kündigung kann sich das Krankenhaus mit einer Feststellungsklage zur Wehr setzen (Knittel in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Stand: Juli 2020, § 110 Rn. 3).
bb) Gleichwohl ist die Klägerin durch den Bescheid der Beklagten vom 19.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 nicht in ihren Rechten verletzt, weil die Kündigung des Versorgungsvertrages unabhängig von ihrer Form zum Erlöschen des Vertrages geführt hat (vgl. zur Aufrechnung durch Formverwaltungsakt BSG, Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 43/07 R -, in juris, Rn. 15).
Die Beklagten haben den Versorgungsvertrag nach §
108
Nr.
3
i.V.m. §
109
Abs.
1
Satz 1
SGB V
gemäß §
110
SGB V
mit Wirkung zum 31.07.2014 wirksam gekündigt. Der Senat kann deshalb auch offenlassen, ob der Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 bereits durch den durch die Aufnahme der Klägerin in den Krankenhausplan mit 35 Betten durch Feststellungsbescheid vom 11.04.2013 fingierten Versorgungsvertrag nach §
108
Nr.
2
i.V.m. §
109
Abs.
1
Satz 2
SGB V
ersetzt worden ist.
Gemäß §
110
Abs.
1
Satz 1 und
2
SGB V
(in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 01.07.2008, BGBl. I S. 378) kann eine Kündigung des Versorgungsvertrages nur aus den in §
109
Abs.
3
Satz 1
SGB V
genannten Gründen erfolgen, wenn diese nicht nur vorübergehend bestehen. Voraussetzung ist damit, dass das Krankenhaus nicht die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche Krankenhausbehandlung bietet (§
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
1
SGB V
) oder für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten nicht erforderlich ist (§
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
2
SGB V
in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung des Gesundheitsreformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I S. 2477; seit 01.01.2016 §
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
3
SGB V
) und dies über einen längeren Zeitraum von mindestens einem Jahr feststellbar ist.
(1) Es liegt ein Kündigungsgrund nach §
109
Abs.
3
Satz 1 Nr.
2
SGB V
vor, denn für eine bedarfsgerechte Krankenhausbehandlung der Versicherten ist der zwischen den Beteiligten am 04.06.2004 geschlossene Versorgungsvertrag über einen längeren Zeitraum von mindestens einem Jahr nicht mehr erforderlich.
Im Hinblick auf die von der Klägerin im Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 geregelten 15 Betten wird der konkrete Bedarf durch die Aufnahme dieser Betten in den Krankenhausplan gedeckt. Mit der Aufnahme in den Krankenhausplan ist deshalb der Versorgungsvertrag nach §
108
Nr. 3
SGB V
über 15 Betten nicht mehr erforderlich. Insoweit hat der VGH in seinem Urteil vom 12.02.2013 (- 9 S 1968/11 -, in juris, Rn. 32 ff.) ausdrücklich festgestellt, dass zwar ein "automatischer" Anspruch auf Aufnahme in den Krankenhausplan allein aufgrund der Eigenschaft der klägerischen Einrichtung als Vertragskrankenhaus nach §
109
SGB V
nicht bestehe; die Aufnahme mit (weiteren) 15 Betten in den Krankenhausplan könne die Klägerin aber alleine deshalb beanspruchen, weil die 15 Betten, für die ein Versorgungsvertrag nach §
109
SGB V
bestehe, im konkreten Krankenhausplan des Beklagten ausgewiesen seien, und der Plangeber damit zu erkennen gegeben habe, dass er das Krankenhaus der Klägerin mit diesen Betten in einer die nachgeordnete Behörde bindenden Weise in seine Versorgungsentscheidung einbezogen habe. Das Regierungspräsidium sei deshalb zur Aufnahme dieser Betten in den Krankennhausplan verpflichtet. In den Festlegungen der Standortplanung im Umfang von 15 Betten sei eine bindende Versorgungsentscheidung zu Gunsten des Krankenhauses der Klägerin zu sehen. Der VGH hat demnach (rechtskräftig) entschieden, dass der im Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 geregelte Bedarf von 15 Betten nunmehr durch den Krankenhausplan gedeckt wird.
Entgegen der Auffassung der Klägerin unterscheidet sich der Bedarf, der mit dem Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 abgedeckt wird, nicht von demjenigen, aufgrund dessen die Klägerin in den Krankenhausplan aufgenommen worden ist. Vielmehr decken der Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 und der durch die Aufnahme in den Krankenhausplan zu Stande gekommene fingierte Versorgungsvertrag einen identischen Bedarf ab. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Urteils des VGH vom 12.02.2013 (- 9 S 1968/11 -, in juris, Rn. 32 ff.) und darüber hinaus daraus, dass primäres - bereits 1999 angestoßenes - Ziel der Klägerin die Aufnahme in den Krankenhausplan war und letztlich der Abschluss des Versorgungsvertrags im Jahr 2004 nur dazu diente, die Zeit bis zur (sich hinziehenden) Planaufnahme zu überbrücken, um zumindest mit 15 Betten zwischenzeitlich an der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter teilnehmen zu können.
Mit der Aufnahme der 15 Betten in den Krankenhausplan besteht somit kein Raum mehr für die durch den Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 vereinbarten 15 Betten im selben Fachgebiet.
(2) Die Kündigung des Versorgungsvertrages vom 04.06.2004 ist auch deshalb rechtmäßig, weil dem Versorgungsvertrag grundsätzlich Nachrangigkeit gegenüber dem Krankenhausplan beizumessen ist und die Krankenkassen - jedenfalls in der vorliegenden Konstellation - an die Vorgaben im Krankenhausplan gebunden sind.
Nach §
108
SGB V
dürfen die Krankenkassen Krankenhausbehandlungen nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen: (1.) Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind, (2.) Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser), oder (3.) Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Nach §
109
Abs.
1
Satz 2, 2. Variante
SGB V
gilt bei den Plankrankenhäusern die Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KHG als Abschluss des Versorgungsvertrages (fingierter Versorgungsvertrag). §
109
Abs.
1
Satz 4
SGB V
eröffnet für Plankrankenhäuser die Möglichkeit, Vereinbarungen einer gegenüber dem Krankenhausplan abweichenden Bettenzahl zu treffen, wobei eine Erhöhung der im Krankenhausplan vorgesehenen Bettenzahl oder Veränderungen der Leistungsstruktur des betreffenden Krankenhauses, wie beispielsweise die Stilllegung einer kompletten Abteilung, nicht vereinbart werden dürfen. Der Gesetzgeber misst dem fingierten Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
Satz 2
SGB V
entscheidende Bedeutung bei der Festlegung der Anzahl der zugelassenen Betten zu. Ein neben der Aufnahme in den Krankenhausplan tretender Versorgungsvertrag ist daher zumindest innerhalb derselben Fachabteilung eines Plankrankenhauses in der Regel nicht möglich (Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand März 2017, §
108
SGB V
, Rn. 7; Schrinner in Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Auflage 2018, § 109 Rn. 14).
Dies steht auch in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 29.05.1996 - 3 RK 23/95 -, in juris, Rn. 31 m.w.N.; Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 9/11 R -, in juris, Rn. 39), wonach der Abschluss eines Versorgungsvertrages nach §
109
Abs.
1
Satz 1
SGB V
subsidiär gegenüber der Aufnahme in den Krankenhausplan ist. Mit der Anlehnung der Regelungen zum Versorgungsvertrag an die Vorschriften des KHG habe der Gesetzgeber zwar eine wesentliche Gleichstellung der Plankrankenhäuser mit den Vertragskrankenhäusern bezweckt. Aus dem Nebeneinander der beiden Regelungsgefüge ergebe sich jedoch zwangsläufig ein Vorrang der staatlichen Krankenhausplanung.
Auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird von einer grundsätzlichen Nachrangigkeit des Versorgungsvertrages ausgegangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.04.2011 - 3 C 17/10 -, in juris, Rn. 19) und darauf verwiesen, dass bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in den Krankenhausplan nach § 8 Abs. 2 KHG mit denen für den Abschluss eines Versorgungsvertrages nach §
109
Abs.
2
,
3
Satz 1
SGB V
nach dem Wortlaut und in der Sache weitgehend vollständig übereinstimmen.
Aus dem vom BSG postulierten Vorrang der staatlichen Krankenhausplanung folgt, dass die Krankenkassen an die Vorgaben im Krankenhausplan gebunden sind (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.07.2009 - L 11 KR 2751/07 -, in juris; a.A. nachfolgend BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 9/11 R -, in juris, Rn. 43; so wie hier Knittel in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Stand: Juli 2020, § 109 Rn. 15; Schrinner in Dettling/Gerlach, Krankenhausrecht, 2. Auflage 2018, § 109 Rn. 15). Der sich aus der Verfassung ergebende Zwang, den Krankenhausplan in einem bestimmten Verfahren aufzustellen (vgl. BVerfG 12.06.1990 - 1 BvR 355/86 -, in juris; BVerfG, Kammerbeschluss 14.01.2004 - 1 BvR 506/03 -, in juris), schließt es aus, dass die Krankenkassen bzw. ihre Verbände den Bedarf an Krankenhausbetten abweichend von der Krankenhausplanung eines Landes bestimmen. Dies gilt jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation, in der die vom Versorgungsvertrag nach §
109
Abs.
1
Satz 1
SGB V
des Krankenhauses umfassten Betten in den Krankenhausplan inkorporiert werden. Einer Überprüfung der dem Krankenhausplan zugrundeliegenden Bedarfsanalyse und Bedarfsberechnung bedarf es in einem solchen Fall nicht. Es ist auch keine Auswahl unter mehreren Krankenhäusern vorzunehmen. Denn es geht dabei nicht um den Abbau eines Überangebots an Betten, um die mehrere Krankenhäuser konkurrieren, sondern allein um die Betten, die vom Versorgungsvertrag in den Krankenhausplan überführt werden.
(3) Auch die formellen Voraussetzungen für die Kündigung sind eingehalten. Der Kündigung steht in formeller Hinsicht nicht entgegen, dass die Beklagten sie in Form eines Verwaltungsaktes erklärt haben. Hierzu waren sie, wie bereits oben ausgeführt, nicht berechtigt. Unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung der abgegebenen Erklärung ist jedenfalls hinreichend klar zum Ausdruck gebracht worden, dass der Versorgungsvertrag vom 04.06.2004 mit Wirkung zum 31.07.2014 gekündigt werden sollte.
Die Kündigung der Beklagten ist auch hinreichend begründet worden. Die formellen Anforderungen, die an die Kündigung als einseitige empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung zu stellen sind, entsprechen nicht denjenigen, die für Verwaltungsakte nach § 31 SGB X gelten. Insoweit sind die von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an die durch Verwaltungsakt ausgesprochene Kündigung eines fiktiven Versorgungsvertrags gestellten Anforderungen (vgl. hierzu VG Freiburg, Urteil vom 15.03.2018 - 8 K 2876/15 -, in juris) nicht auf die hiesige Kündigung eines Versorgungsvertrages nach §
109
Abs.
1
Satz 1
SGB V
zu übertragen. Die von den Beklagten angegebene Begründung, der über 15 Betten im Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie abgeschlossene Versorgungsvertrag sei durch die Aufnahme von 35 Betten im Bereich Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in den Krankenhausplan obsolet geworden und damit aufzuheben, ist vor diesem Hintergrund ausreichend.
Da es sich bei der abgegebenen Erklärung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, sind auch die weiteren im SGB X für den Erlass von Verwaltungsakten vorausgesetzten formellen Anforderungen, die z.B. an eine Anhörung (§ 24 SGB X) oder die Ausübung von Ermessen gestellt werden, nicht einzuhalten. Notwendig ist aber, dass die zuständige Landesbehörde die erforderliche Genehmigung nach §
110
Abs.
2
Satz 1
SGB V
erteilt; dies ist hier erfolgt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde die Kündigung auch unter Wahrung der Jahresfrist zum 31.07.2014 ausgesprochen (§
110
Abs.
1
Satz 1 und Abs.
2
Satz 1
SGB V
). Zwar hat das zuständige Ministerium des Landes Baden-Württemberg erst mit Schreiben vom 23.08.2013 erklärt, der Kündigung des Versorgungsvertrages nicht zu widersprechen. Die Genehmigung der Kündigung wirkt jedoch auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung zurück und macht diese gemäß § 61 Satz 2 SGB X i.V.m. §
184
Bürgerliches Gesetzbuch
(
BGB
) von Anfang an wirksam (vgl. Knittel in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Stand: Juli 2020, § 110 Rn. 2). Im Übrigen kann die Frist von einem Jahr nicht erst mit Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde beginnen, weil die Beklagten beim Ausspruch der Kündigung nicht wissen können, wann die Genehmigung erteilt werden kann.
(4) Im Ergebnis ist die Kündigung vom 19.07.2013 zum 31.07.2014 somit rechtswirksam erklärt worden. Die Klägerin kann deshalb nicht die Aufhebung des - wegen fehlender Verwaltungsaktsbefugnis - rechtswidrigen Bescheids vom 19.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2014 beanspruchen. Durch die formelle Bestandskraft des (Form-)Verwaltungsaktes kann der Klägerin kein Nachteil erwachsen, weil die Kündigung unabhängig von ihrer Form zum Erlöschen des Versorgungsvertrages geführt hat. Die Anfechtungsklage hat damit keinen Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a
Abs.
1
Satz 1
SGG
in Verbindung mit §
154
Abs.
2
Verwaltungsgerichtsordnung
(
VwGO
).
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§
160
Abs.
2
SGG
) nicht vorliegen.
5. Der Streitwert wird endgültig auf 2.500.000,00 € festgesetzt (vgl. BSG, Urteil vom 21.09.2011 - B 3 KR 9/11 R -, in juris).