Unzulässigkeit von Eingaben mit verunglimpfendem Inhalt im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe
Die nach §
173 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 4. November 2016, mit dem das SG den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung - gerichtet u.a. auf die Verpflichtung des Antragsgegners,
ihr ab Anhängigkeit des Eilverfahrens (3. November 2016) vorläufig Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu erbringen (§
123 SGG) - abgelehnt hat, ist rechtsmissbräuchlich und daher als unzulässig zu verwerfen.
1. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Eingaben bzw. Rechtsmittelschriften mit grob beleidigendem und beschimpfendem
Inhalt, die keine ernsthafte sachliche Auseinandersetzung enthalten, sondern in erster Linie lediglich der Verunglimpfung
von Amtsträgern und anderen Personen dienen, nicht mehr auf die Wahrnehmung von Verfahrensrechten abzielen und damit auch
nicht dem Rechtsfrieden dienen sollen, sondern einen Missbrauch der durch die jeweilige Verfahrensordnung gewährten verfahrensrechtlichen
Möglichkeiten darstellen, um in schwerwiegender Weise in die persönliche Ehre (vgl. Art.
5 Abs.
2 des
Grundgesetzes <GG>) anderer einzugreifen. Mit einer grob beleidigenden Eingabe macht ein Antragsteller deutlich, dass der wesentliche Zweck
seines Vorbringens die Beschimpfung anderer ist; ein solcher Missbrauch steht nicht mehr unter dem durch Art.
19 Abs.
4 Satz 1
GG gewährleisteten Schutz des Verfahrensgrundrechts auf umfassenden Rechtsschutz. Derartige grob beleidigende Eingaben an Gerichte
oder Behörden, die nicht den einzuhaltenden Mindestanforderungen genügen, weil sie keine ernsthafte inhaltliche Sachauseinandersetzung
enthalten, sondern im Wesentlichen nur als Vorwand dazu dienen, Beteiligte und Justizorgane zu schmähen und herabzusetzen,
sind nicht in der Sache zu bescheiden, sondern als unzulässig zu behandeln (statt vieler nur Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>,
Beschluss vom 22. Februar 1996 - 4 B 23/96 - <[...] Rdnr. 3>; Oberlandesgericht <OLG> Rostock, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 2 Ss (OWi) 14/05 I 25/05 - <[...] Rdnr. 5>; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15. März 2002 - 1 Ws 41/02 - <[...] Rdnr. 3>; Verwaltungsgerichtshof <VGH> Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. Mai 1994 - 4 S 201/94 - <[...] Rdnr. 2> m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Dezember 1991 - 1 Ws 1186/91 u.a. - <wistra 1992, 200, 200>; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. Mai 1973 - 1 Ws 143/73 - <NJW 1973, 1658, 1659>; Kammergericht <KG>, Beschluss vom 19. August 1968 - 2 VAs 39/68 - <NJW 1969, 151, 151>; vgl. auch Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 22. April 1953 - 1 BvR 162/51 - <[...] Rdnr. 26>; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Juli 2016 - 1 S 294/16 - <[...] Rdnr. 4>).
So liegt der Fall hier: Die Antragstellerin, die senatsbekannt unter gerichtlich angeordneter Betreuung steht, setzt sich
in ihrer Rechtsmittelschrift - bei der es sich im Übrigen im Wesentlichen ausdrücklich um eine "Strafanzeige" und einen "Strafantrag"
handelt - an keiner Stelle sachlich mit dem angefochtenen Beschluss und den Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten
Eilanspruchs auseinander. Die Schrift besteht vielmehr ausschließlich aus grob beleidigenden und unerträglichen Anfeindungen
gegen den erstinstanzlich tätig gewordenen Richter am Sozialgericht Dr. K. und auch gegen den Präsidenten des Sozialgerichts
S., indem diese u.a. als "Idioten", "Schreibtischtäter", "Verbrecher-Richter", "Monster", "Kreaturen" und "Herrscher" beschimpft
und ihnen "rassistisch motivierte" sowie "kriminelle" Handlungen respektive "Terrorbehandlungen" vorgeworfen werden. Zudem
wird Richter am Sozialgericht Dr. K. mehrfach in ehrabschneidender Weise mit Roland Freisler und Hermann Wohlgethan in Verbindung
gebracht (z.B. "gegen den Freisler und Wohlgethan Sympathisant, Richter am SG Freiburg, K."; "ala Freisler und Wohlgethan
Beschlüsse die aus meiner Sicht, von einem kriminellen Richter am SG Freiburg, Namens K. stammen"; "als Menschen aussehende
Monster (Roland Freisler, ach sorry, Freisler sei schon tot), ich meinte Richter K."; "für einige Momente war ich einfach
schockiert und auch Blind geworden, denn ich habe die ganze Zeit gelesen, dass der Beschluss von Roland Freisler unterzeichnet
worden ist"; "dass der Beschluss vom 04. November 2016 nicht von den beiden ehrenhaften Richtern Freisler und Wohlgethan unterzeichnet
wurde, sondern von einen der noch 'besser' als die beide genannten ist, der neue Richter heißt ab sofort K."; "zu bedauern
ist es, dass ich den Beschluss des Richters am SG Freiburg, Freisler, oh sorry erneut vertippt"). Diese schwerwiegenden Vorwürfe
und ehrrüchigen Schmähungen, die keinerlei sachlichen Bezug zum Gegenstand des Eilverfahrens erkennen lassen, sind zur Überzeugung
des Senats auch in einem Rechtsstaat mit weitreichendem Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit (Art.
5 Abs.
1 GG) zur Wahrnehmung von Rechten und Interessen nicht mehr zulässig. Anträge bzw. Rechtsmittel solcher rechtsmissbräuchlichen
Art verdienen keine sachliche Prüfung, sondern führen - auch zur Schonung der knappen Personalressourcen der Justiz - zur
Verwerfung als unzulässig.
2. Im Übrigen wäre die Beschwerde auch im Falle ihrer Zulässigkeit jedenfalls unbegründet. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Grundlagen der begehrten einstweiligen Anordnung dargelegt
und ebenso zutreffend ausgeführt, warum das einstweilige Rechtsschutzgesuch keinen Erfolg haben kann. Darauf wird hier verwiesen
(§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG). Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft
gemacht (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 der
Zivilprozessordnung <ZPO>). Insbesondere fehlt in ihrer Beschwerdeschrift - wie bereits dargelegt - schon jeglicher Sachvortrag zu den tatsächlichen
Voraussetzungen des erhobenen Sozialhilfeanspruchs, namentlich zur Hilfebedürftigkeit (vgl. § 41 Abs. 1 und § 43 SGB XII). Es ist auch weder ersichtlich, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin zwischenzeitlich die vom Antragsgegner
zur Anspruchsprüfung angeforderten Nachweise, insbesondere lückenlose Kontoauszüge, vorgelegt hat. Dass sie dazu verpflichtet
ist, folgt aus §
60 Abs.
1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB I), vgl. dazu nur Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. September 2008 (- B 14 AS 45/07 R - <[...] Rdnrn. 13 ff.>). Gründe für eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Vorlage (vgl. §
65 Abs.
1 SGB I) sind im Übrigen weder ersichtlich, noch glaubhaft gemacht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).