Veranlagung eines Unternehmens des Gewerbezweigs "Abbruch, Entsorgung, Sprengung" in der gesetzlichen Unfallversicherung;
Berücksichtigung als Streitgegenstand im sozialgerichtlichen Verfahren
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin von der Beklagten ab dem Beitragsjahr 01.01.2006 zu Recht nach der
Gefahrtarifstelle 500 (Abbruch, Entsorgung, Sprengung) veranlagt worden ist.
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Abbrucharbeiten, Erdarbeiten und Verwertung (Recycling) mit eigenem Fuhrpark vornimmt.
Vor der hier streitigen Veranlagung war die Klägerin zuletzt als Mitgliedsunternehmen der T., einer Rechtsvorgängerin der
Beklagten, nach deren ab 01.01.2003 gültigem Gefahrtarif, mit Veranlagungsbescheid vom 04.02.2003 unter der Gefahrtarifstelle
26010 (Abbruch, Enttrümmerung) mit der Gefahrklasse 8,5 und unter der Gefahrtarifstelle 28130 (Büroteil) mit der Gefahrklasse
1,0 veranlagt worden.
Nach Fusion von acht B.-Berufsgenossenschaften trat mit Wirkung zum 01.05.2005 die Fusionssatzung der Beklagten in Kraft.
Danach galt bis zum 31.12.2005 in dem bisherigen Zuständigkeitsbereich der T. deren zum 01.01.2003 in Kraft getretener Gefahrtarif
weiter.
Auf der Grundlage einer am 26.08.2005 und 27.09.2005 durchgeführten Lohnbuchprüfung ging die Beklagte davon aus, dass die
Klägerin überwiegend Abbrucharbeiten durchführe (Prüfbericht vom 04.10.2005). Mit Bescheid vom 09.12.2005 veranlagte die Beklagte
die Klägerin ab 01.01.2006 nach dem "1. Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, gültig ab 01.01.2006" unter
der Gefahrtarifstelle 500 (Abbruch, Entsorgung, Sprengung) mit Gefahrklasse 22,9 bzw. 27,3 ab 01.01.2007 und unter der Gefahrtarifstelle
900 (Büroteil des Unternehmens) mit Gefahrklasse 1,0.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der nicht begründet wurde. Die Klägerin hatte auch gegen den Beitragsbescheid
der T. vom 25.04.2005 zum Beitragsjahr 2004, gegen Beitragsänderungsbescheide jeweils vom 05.10.2005 betreffend die Beitragsjahre
2000, 2001, 2003 und 2004 sowie gegen die Ablehnung der beantragten Überweisung an die Bezirksverwaltung Böblingen Widerspruch
eingelegt. Mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 23.02.2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten die Widersprüche
zurück. Hinsichtlich des Widerspruchs gegen den Veranlagungsbescheid wurde ausgeführt, die im Unternehmen der Klägerin schwerpunktmäßig
ausgeführten Tätigkeiten unterfielen der Gefahrtarifstelle 500. Die Voraussetzungen für eine gesonderte Veranlagung weiterer
Unternehmensteile seien weder nachgewiesen noch im Rahmen der Lohnbuchprüfung festgestellt worden. Der Widerspruchsbescheid
wurde dem Klägerbevollmächtigten nach vorausgegangener fehlerhafter Zusendung erneut am 30.11.2006 zugesandt.
Die Klägerin erhob am Dienstag, dem 02.01.2007, Klage vor dem Sozialgericht Ulm mit dem Begehren die Beitragsbescheide und
den Veranlagungsbescheid aufzuheben sowie die Überweisung vorzunehmen.
Die Beteiligten schlossen in dem gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 27.11.2006 (S 2 U 2690/04) gerichteten Berufungsverfahren L 6 U 1756/07 am 10.12.2009 vor dem Landessozialgericht einen Vergleich auch über den gleichzeitig noch vor dem Sozialgericht anhängigen
Streitstoff, wovon der angefochtene Veranlagungsbescheid aber ausgenommen worden war.
Gegen den noch streitigen Veranlagungsbescheid trug die Klägerin zuletzt vor, die Beiträge seien ab 01.01.2006 von 8,5 auf
22,9 und ab 01.01.2007 auf 27,3 gestiegen. Hierin liege ein Verstoß gegen die Regel, eigenständige Gefahrtarifstellen im Rahmen
einer Gefahrklasse zu bilden. Es werde nicht berücksichtigt, dass der gesamte Fuhrpark/Transport und die Recyclinganlage geringere
Gefahren aufweise. Außerdem dürfe eine Gefahrenklasse, wie die Sprengung, nicht mit einbezogen werden, denn sie habe keine
Beschäftigten mit entsprechender Sachkunde und beauftrage, sofern es erforderlich wäre, sachkundige Fremdfirmen. Sie sei zuvor
bei der ehemaligen Württembergischen B.-BG fremd veranlagt gewesen, die einen wesentlich geringeren Satz als die ehemalige
T.-BG gehabt habe. Der jetzt einheitliche Satz berücksichtige nicht die unterschiedlichen Risiken beim Abbruch im Hochbau
und Abbruch im T.. Ferner sei das Übermaßverbot verletzt, denn die Gefahrklassen dürften nur stufenweise angehoben werden.
Bestritten werde, dass der Beklagten überhaupt Unterlagen vorliegen, die eine so hohe Anpassung rechtfertigen könnten.
Mit Urteil vom 11.03.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, es sei nicht zu
beanstanden, dass die Beklagte bei Aufstellung des Gefahrtarifs Hilfsunternehmen unter die Hauptunternehmen gefasst habe.
Der ihr zustehende Gestaltungsspielraum sei nicht überschritten worden. Eine getrennte Veranlagung des Fuhrparks der Klägerin
könne nicht beansprucht werden. Eine organisatorische Trennung sei auch nicht ersichtlich. Ebenso wenig sei zu beanstanden,
dass der Bemessungsfaktor von 8,5 auf 22,9 angestiegen sei. Zwar liege darin ein deutlicher Anstieg, jedoch sei zu berücksichtigen,
dass rechnerisch ein Faktor von 27,3 ermittelt sei und zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung für das Jahr 2006 eine Absenkung
auf 22,9 vorgenommen worden sei. Außerdem handele es sich um den 1. Gefahrtarif der zusammengeschlossenen B.-Berufsgenossenschaften,
der eine Neuordnung der Tarifstellen erfordert habe. Dem Unfallversicherungsträger sei grundsätzlich ein zeitlicher Anpassungsspielraum
zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln abzuhelfen.
Das Urteil ist dem Klägerbevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 26.03.2010 zugestellt worden mit dem gerichtlichen Hinweis
vom 23.03.2010, erst nach Ende der mündlichen Verhandlung am 11.03.2010 sei festgestellt worden, dass der mitwirkende ehrenamtliche
Richter Dr. Q. (Q) nicht vereidigt gewesen sei. Der Klägerbevollmächtigte hat sich mit Schriftsatz vom 08.04.2010 an das Sozialgericht
hierzu geäußert.
Mit Veranlagungsbescheid vom 25.11.2011 ist die Klägerin ab 01.01.2012 zur Gefahrtarifstelle 500 "Abbruch und Entsorgung"
nach Gefahrklasse 20,74 und zur Gefahrtarifstelle 900 "Büroteil des Unternehmens" nach Gefahrklasse 0,44 veranlagt worden.
Die Klägerin hat über ihren Prozessbevollmächtigten am 23.04.2010 beim Landessozialgericht Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Zur Begründung wird vorgetragen, die Grenzen des Regelungsspielraums der Beklagten seien überschritten. In einer Gefahrtarifstelle
dürften nur Gewerbezweige mit annähernd gleichen Unfallrisiken zusammengefasst werden. Insbesondere im umfangreichen Bereich
von Recycling, der ca. 25% ausmache und an sich zur T.-Berufsgenossenschaft gehöre, seien die Risiken wesentlich geringer
als beim Abbruch, hierzu komme noch der Transport mit Werkstatt mit ca. 25%, der ebenfalls zur T.-Berufsgenossenschaft zu
rechnen sei. Diese Leistungen prägten das Hauptunternehmen, was den Abbruch überwiege. Hinzu komme, dass im Abbruch auch noch
Erdbau- und Straßenbauleistungen enthalten seien. Ferner sei das Übermaßverbot verletzt. Es lägen gewaltige Gebührensprünge
vor. Ihre Übergangsregelung, wonach bei einer rechnerischen Mehrbelastung von mindestens 50% die Gefahrklassen pro Jahr nur
in Stufen ansteigen dürften, habe die Beklagte nicht eingehalten. Eine Verzahnung mit der Sprengung sei nicht sachgerecht.
Im Bereich des Abbruchs sei ihr kein Unternehmen bekannt, das auch sprengen würde. Es werde bestritten, dass Sprengungen kein
höheres Gefährdungsrisiko aufweisen. Nach Presseberichten der Beklagten seien die Unfallzahlen in den Jahren 2009 und 2011,
insbesondere bei den schweren und tödlichen Unfällen, deutlich zurückgegangen, was sich auf die Beitragslast auswirken müsse.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.03.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 09.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 23.02.2006 sowie den Veranlagungsbescheid vom 25.11.2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Der streitgegenständliche Gefahrtarif sei von der Aufsichtsbehörde genehmigt worden. Dem Genehmigungsverfahren sei eine umfassende
Kontrolle der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit vorausgegangen. Vorliegend lasse sich festhalten, dass nach wie vor Abbruch
und Entsorgung den Schwerpunkt des Unternehmens der Klägerin darstelle. Bei der vor Ort durchgeführten Lohnbuchprüfung habe
sich ergeben, dass ganz überwiegend Abbrucharbeiten vorgenommen worden seien. Die als Kraftfahrer tätigen Arbeitnehmer seien
für die Baustellen des Unternehmens tätig, der in der Werkstatt Beschäftigte repariere auch Baumaschinen des Unternehmens.
Seine ausschließliche Beschäftigung in der Werkstatt könne auch nicht bestätigt werden. Auch die erneute Lohnbuchprüfung am
21.04. und 06.05.2009 habe den Unternehmensschwerpunkt Abbrucharbeiten und Entsorgung ergeben. Das Übermaßverbot sei nicht
verletzt. Es seien Übergangsvorschriften geschaffen, wodurch die Erhöhung von Gefahrklassen abgestuft erfolge. Die von der
Klägerin erwähnte Deckelung der Steigerung auf 50% sei auf die rechnerische Belastungsziffer bezogen gewesen, nicht auf die
vorangegangene Gefahrklasse. Das Übermaßverbot sei beachtet worden. Die Beklagte hat den Veranlagungsbescheids vom 25.11.2011
vorgelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Veranlagungsbescheid vom 25.11.2011 gemäß §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei.
Mit richterlicher Verfügung vom 11.07.2012 ist der Klägerin unter Hinweis auf die Möglichkeit der Zurückweisung neuen Vorbringens
nach §
106a Abs.
3 SGG aufgegeben worden, sich zur Erweiterung des Streitgegenstandes und zur verfahrensrechtlichen Problematik binnen Frist zu
äußern.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten (in Kopie) und die Akte des Sozialgerichts beigezogen und zum Gegenstand des
Verfahrens gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird
wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Dagegen ist die Anfechtungsklage gegen den Veranlagungsbescheid vom 25.11.2011 unzulässig.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Veranlagung der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2011
aufgrund des Veranlagungsbescheids vom 09.12.2005. Der Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 25.11.2011, über den der Senat
auf Klage zu entscheiden hatte, ist nicht gemäß §§
153 Abs.
1,
96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, über den der Senat auf Klage zu entscheiden hätte; denn er ändert oder ersetzt
nicht den streitgegenständlichen Veranlagungsbescheid vom 09.12.2005. Veranlagungsbescheide gründen auf der jeweils vom Unfallversicherungsträger
beschlossenen Gefahrtarifsatzung, die längstens eine Geltungsdauer von 6 Kalenderjahren hat (§
157 Abs.
5 SGB VII). Die Wirksamkeit des Veranlagungsbescheids ist damit begrenzt auf den Gefahrtarifzeitraum, der mit Erlass einer neuen Gefahrtarifsatzung
oder nach Ablauf der gesetzlichen Geltungsdauer der Satzung endet (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung,
§ 159 Rn. 3 und § 157 Rn. 11 m.w.N.). Dies kommt auch im angefochtenen Veranlagungsbescheid vom 09.12.2005 zum Ausdruck, in
dem das Unternehmen ausdrücklich "für die Gefahrtarifperiode" veranlagt wird. Der auf die neue, ab 01.01.2012 geltende Gefahrtarifsatzung
gestützte Veranlagungsbescheid vom 25.11.2011 ändert daher den streitigen Bescheid nicht, denn Regelungen für den Tarifzeitraum
bis 31.12.2011 sind nicht getroffen, und ersetzt den ab 01.01.2012 bereits von Gesetzes wegen unwirksam gewordenen Bescheid
auch nicht (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.01.2003, - L 7 U 3580/01 -, [...]).
Insoweit war das gemäß §
96 SGG als Klage geltende Begehren als unzulässig abzuweisen.
Vorliegend konnte der Senat auch in der Sache entscheiden, obgleich aus den Akten der einen absoluten Revisionsgrund darstellende
Verfahrensfehler einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung (§
202 SGG i.V.m. §
547 Nr. 1
Zivilprozessordnung -
ZPO-) des Spruchkörpers des Sozialgerichts ersichtlich ist. An dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts wirkte der bis zum
Ende der mündlichen Verhandlung nicht nach §
45 Abs.
2 Richtergesetz (
DRiG) vereidigte ehrenamtliche Richter Dr. Q. mit, was nach verbreiteter Meinung eine fehlerhafte Besetzung des zur Entscheidung
berufenen Spruchkörpers begründet (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage, §
162 Rz. 10a m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 05.11.2004 - 10 B 6/04 - NJW 2005,771; BGH, Urteil vom 22.05.2003 - 4 StR 21/03 - BGHSt 48,290; andere Auffassung wohl Fürst/Mühl/Strotz u.a., Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, Bd. 1 Teil 4,
DRiG T §
45 Rdz. 6). Nach §
159 Abs.
1 Nr.
2 SGG (in der Fassung des Gesetzes vom 22.12.2011) kann das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts aufheben und die
Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels
eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Eine umfangreiche Beweisaufnahme ist wegen des Verfahrensmangels
nicht erforderlich, weshalb bereits der ermessenseröffnende Tatbestand der abschließenden Regelung zur Zurückverweisung (vgl.
Keller in Meyer-Ladewig a.a.O. § 159 Rz. 2) nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats maßgebenden Rechtslage nicht
erfüllt ist.
Selbst wenn auf die zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung am 23.04.2010 geltende Regelung abzustellen wäre -danach reichte
ein wesentlicher Verfahrensmangel aus -, könnte der Senat im Rahmen des dann eröffneten Ermessens von der Zurückverweisung
absehen. Das berufungsgerichtliche Ermessen ist auch bei Verfahrensfehlern des Sozialgerichts von erheblichem Gewicht nicht
eingeschränkt und grundsätzlich kommt prozessökonomischen Gesichtspunkten eine erhebliche Bedeutung zu (vgl. BSG Urteil vom 11.12.2002 - B 6 KA 1/02. R -, SozR 3-2500 § 106 Nr. 57). Im Interesse einer zügigen Erledigung, die im Zweifel
ein vorzugswürdiger Ermessensgesichtspunkt ist (BSG Urteil vom 11.12.2002 a.a.O.), und unter Berücksichtigung, dass die Klägerin auf die Rüge dieses Verfahrensfehlers wirksam
verzichtet hat, wäre eine Zurückverweisung nicht zwingend geboten. Die fehlende Vereidigung des mitwirkenden ehrenamtlichen
Richters ist der Klägerin ausweislich des Schriftsatzes vom 08.04.2010 an das Sozialgericht vor Berufungseinlegung bekannt
gewesen. Im Berufungsverfahren wird eine Verfahrensrüge nicht erhoben und die auf §
159 SGG a.F. gestützte Zurückverweisung nicht beantragt. Die Berücksichtigung des - konkludenten - Rügeverzichts wäre auch nicht
ermessensfehlerhaft, denn die auf diesen Gründen beruhende Besetzungsrüge ist disponibel. Zwar soll auf die Einhaltung der
Vorschriften über die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts grundsätzlich nicht verzichtet werden können (so BVerwG Urteil
vom 05.11.2004 a.a.O.) bzw. sind Verstöße gegen das grundrechtsgleiche Recht nach Art.
101 Abs.
1 Satz 2
Grundgesetz (
GG) durch willkürliche oder nur rechtsirrtümliche Verletzung auch einfachgesetzlicher Verfahrensvorschriften für die Prozessbeteiligten
nicht disponibel und von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BSG Urteil vom 23.08.2007 - B 4 RS 2/06 R -, Sozialrecht 4-1500 § 155 Nr. 1). Der Grundrechtsschutz des Art.
101 Abs.
1 Satz 2
GG erstreckt sich auf die personelle Besetzung des Spruchkörpers, weshalb nur die Rüge von Verfahrensverstößen mit Auswirkung
auf Bestellung zum Richteramt, Amtsübertragung und Spruchkörperbesetzung der Beteiligtendisposition entzogen ist (andere Auffassung
BVerwG a.a.O.). In diesem Rechtsstreit hat der rechtlich zutreffende Spruchkörper entschieden und die gegebene Kammerbesetzung
des Sozialgerichts war nicht fehlerhaft. Der ehrenamtliche Richter Q war für den Sitzungstag zutreffend herangezogen worden.
Der Fehler bei der Amtseinführung mit der unterbliebenen Vereidigung verletzt nicht den Kern der Bestellung zum ehrenamtlichen
Richter und der Übertragung des Amtes, was eine Grundrechtsverletzung nicht trägt. Vielmehr sind Besetzungsrügen wegen der
eine Amtsentbindung des ehrenamtlichen Richters rechtfertigenden Umstände schon immer ausgeschlossen gewesen, weil die Nichtdurchführung
eines Amtsentbindungsverfahrens nicht für eine Zurückverweisung oder als Revisionsgrund gerügt werden kann (§
22 Abs.
1 S. 4
SGG), d.h. selbst die die Zuverlässigkeit/Objektivität eines ehrenamtlichen Richters betreffenden Ausschlussgründe nach §
17 SGG sind in diesem Fall von Gesetzes wegen der Rüge entzogen. Mit diesen Fällen ist auch die fehlerhafte Amtseinführung vergleichbar,
bei der Auswirkungen auf die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter bei der Entscheidungsfindung wegen der fehlenden Vereidigung
durch den dadurch unterbliebenen nachdrücklichen Hinweis auf die Pflichten eines ehrenamtlichen Richters unterstellt werden.
Das Sozialgericht hat die Klage rechtlich zutreffend abgewiesen, denn der angefochtene Veranlagungsbescheid vom 09.12.2005
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.02.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist §
159 Abs.
1 Satz 1
SGB VII, nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt.
Die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers (§
33 Abs.
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB IV-) setzt hierzu gem. §
157 Abs.
1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen sind (§
157 Abs.
1 Satz 1,
2 SGB VII). Die Gefahrtarifsatzung ist durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde
(vgl. §
158 Abs.
1 SGB VII) überprüfbar, allerdings nur daraufhin, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet und mit sonstigem
höherrangigem Recht vereinbar ist. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen
Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen
Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft,
ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung
des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern.
Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um
weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (BSGE 91, 128). Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen
entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen
und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (vgl. insgesamt BSG Urteil 28.11.2006 - B 2 U 10/05 R -, [...]).
Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung
eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§
157 Abs.
2 Satz 1
SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§
157 Abs.
3 SGB VII). Durch gefahrtarifliche Bestimmungen hervorgerufene Härten im Einzelfall sind als Folge der zulässigen generalisierenden
versicherungsrechtlichen Regelungen hinzunehmen (BVerfG SozR 2200 § 734 Nr. 2). Unter den Gefahrtarifstellen sind nach unterschiedlichen
Zuordnungsmerkmalen Risikogemeinschaften zu bilden. Nach der Natur der Sache kommen die Tarifarten des Gewerbezweigtarifs
oder des Tätigkeitstarifs in Betracht. Die unter diesen Gesichtspunkten gebildete Anzahl und die Arten der Gefahrtarifstellen
stehen im Ermessen der Vertreterversammlung. Alle Tarifarten sind grundsätzlich zulässig, jedoch gebührt dem Gewerbezweigtarif
der Vorrang, weil er am besten die gewerbetypischen Gefahren und damit das gemeinschaftliche Risiko erfasst (BSG SozR 2200 § 734 Nr. 1). Aber auch gemischte Tarife in diesem Sinne sind grundsätzlich zulässig (BSG a.a.O.). Es besteht keine Verpflichtung, für abgrenzbare Unternehmensteile eines zugehörigen Unternehmens nach den dort jeweils
verrichteten Tätigkeiten (z.B. Büro/Verwaltung) verschiedene Gefahrtarifstellen einzurichten; diese Ausnahme vom Gewerbezweigtarif
ist zwar möglich, nicht aber verbindlich (vgl. BSG v. 24.06.2003 - B 2 U 21/02 R - SozR 4-2700 §
157 SGB VII Nr. 1).
Nach diesen Grundsätzen ist der angefochtene Veranlagungsbescheid der Beklagten nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil nach
der inzident vorzunehmenden Prüfung der dem Bescheid zu Grunde liegende Gefahrtarif rechtlich unwirksam wäre. Der 1. Gefahrtarif
der (fusionierten) Berufsgenossenschaft der B. ist formell rechtmäßig. Er verstößt auch nicht gegen höherrangige gesetzliche
Regelungen und Rechtsgrundsätze und berücksichtigt hinreichend versicherungsrelevante Tatsachengrundlagen und versicherungsmathematische
Grundsätze. Die Beklagte hat Gefahrtarifstellen nach dem Gewerbezweigprinzip gebildet und mit der Gefahrtarifstelle 900, die
jeweils den Büroteil der veranlagten Unternehmen erfasst, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nach dem Tätigkeitsprinzip
die Gefährdungsrisiken der Mitgliedsunternehmen in einer zulässigen Mischform erfasst.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der unter der Gefahrtarifstelle 500 gebildete Gewerbezweig "Abbruch, Entsorgung und
Sprengung" in dem vom Senat überprüfbaren Umfang nicht rechtsfehlerhaft. Der Gewerbezweigtarif basiert auf der Erkenntnis,
dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen, was voraussetzt, dass eine sachgerechte
Abgrenzung der Gewerbezweige vorgenommen worden ist.
Da ein Gewerbezweigtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch
verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen entscheidend auf die in
der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für
oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken; sie muss vielmehr alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden
Faktoren einbeziehen. Angesichts der Entwicklung der modernen Arbeitswelt zu einer Dienstleistungsgesellschaft verlieren zwar
klassische technologische Abgrenzungskriterien immer mehr an Bedeutung; dennoch bleiben für den Zuschnitt der Gewerbezweige
auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens
maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben (BSG Urteil vom 28.11.2006 a.a.O.).
Bei heterogen zusammengesetzten Gewerbezweigen muss jedoch geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene
Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation
in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom
Durchschnitt des Gewerbezweiges erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbstständigung
als eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einem anderen, sachgerechteren Gewerbezweig folgen (BSG Urteil vom 28.11.2006 a.a.O.).
Letztlich kann eine Unternehmensart nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe
und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen (vgl. §
157 Abs.
2 Satz 1
SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif ausgewiesenen
Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige
in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung
technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip
aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben
für die Zusammenstellung von Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch
technologisch nicht verwandte Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden
können. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu dem Gewerbezweig
nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden. Die Bildung von Gefahrklassen
nach dem Gewerbezweigprinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische,
sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass
alle gewerbezweigzugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt
und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen
würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen (BSG Urteil vom 28.11.2003, a.a.O. m.H. auf BSG SozR 2200 § 734 Nr. 1; BVerfG SozR 2200 § 734 Nr. 2; BSG Urteil vom 21.08.1991 - 2 RU 54/90 = NZA 1992, 335).
Nach diesen Maßstäben ist nicht zu erkennen, dass der Abbruch von Bauwerken im Hoch- oder Tiefbau und die damit anfallenden
Vor- und Nachbereitungsarbeiten, wie Rückbau von Bauwerken, Betrieb von Anlagen zur Reinigung und Aufbereitung von Bauschutt
und Abbruchmaterial, Entsorgung von Abbruchmaterial etc. (vgl. Erläuterungen und Arbeitshilfen für Mitglieder und Anwender
des 1. Gefahrtarifs der Beklagten, Stand Januar 2009, Erläuterung "Teilbereich" der Tarifstelle 500) technologisch nicht miteinander
zu vereinbarende Unternehmensgegenstände erfasst. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich hierbei auch nicht
um eine Zusammenfassung mehrerer Gewerbezweige, wie etwa Recycling und/oder Transport gesondert neben Abbruch, unter einer
Gefahrtarifstelle. Es steht noch in dem vom Gericht nicht zu überprüfenden weitgefassten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum
der Beklagten, wenn sie die Unternehmen, die mit Abbruchmaterial aus Bauwerken und damit zusammenhängenden Techniken umgehen,
einem übergreifenden Gewerbezweig "Abbruch" zuweist. Eine Streubreite der Gefährdungsrisiken jeweils nach Ausgestaltung der
Einzelunternehmen ist dem Gewerbezweigprinzip immanent. Das Betreiben von Deponien ab Beginn der Materialablagerung oder der
Betrieb von Wertstoffsortieranlagen ist mit Ausnahme der Entsorgung von Bauschutt und Gefahrstoffen aus Bauwerken dagegen
nicht dem Gewerbezweig "Abbruch", sondern dem Teilbereich der Altlastenbeseitigung des Gewerbezweiges "Erd- und Straßenbau"
nach Tarifstelle 300 zugeordnet, was keine Rechtsfehler erkennen lässt. Ebenso wenig ist rechtlich zu beanstanden, dass diesem
Gewerbezweig Sprengungsarbeiten im Zusammenhang mit Abbruch von Bauwerken zugewiesen sind, was zwanglos noch technologisch
der Umschreibung von Abbrucharbeiten zugeordnet werden kann. Abgesehen davon, dass eine höhere Unfalllast von Unternehmen,
die - möglicherweise sogar nur - Sprengungen von Bauwerken ausführen, von der Klägerin lediglich behauptet wird - was aber
im Hinblick auf den gültigen Sicherheitsstandard und spezielle Ausbildung ("Sprengschein") mit entsprechendem Sicherheitsbewusstsein
der Beschäftigten nicht zwingend ist -, ist die Ausweisung eines gesonderten Gewerbezweigs "Sprengung" bereits nach dem Vortrag
der Klägerin rechtlich nicht geboten, wenn die Klägerin selbst mit den ihr zu unterstellenden Branchenkenntnissen behauptet,
ihr sei kein Sprengungen ausführendes Abbruchunternehmen bekannt. Eine nur geringe Anzahl von Spezialunternehmen rechtfertigt
aus versicherungsmathematischen Gründen keinen eigenen Gewerbezweig "Sprengung" bzw. die Zuordnung zu einer passenderen Gefahrtarifstelle
ist nicht möglich. Jedenfalls ist der Beklagten auch insoweit für den neu gebildeten Gewerbezweig ein angemessener Beobachtungszeitraum
für etwaige Anpassungen zuzubilligen.
Entgegen den Einwendungen der Klägerin ist auch eine Zuordnung ihres Unternehmens zu einer anderen Tarifstelle rechtlich nicht
geboten. Vielmehr stellt der Senat fest, dass Abbrucharbeiten der das Unternehmen der Klägerin kennzeichnende Unternehmensgegenstand
sind. Dem Vorbringen der Beklagten, aus den Lohnbuchprüfungen sei ersichtlich geworden, dass ganz überwiegend Abbrucharbeiten
vorgenommen werden, hat die Klägerin nicht mit überzeugenden Gründen widersprochen. Vor dem Sozialgericht hat sie Abbrucharbeiten
im Hochbau mit einem Umfang von 40% ihrer Unternehmenstätigkeit eingestuft, was sie sogar mit ihrem Berufungsvorbringen auf
50% gesteigert hat, wenn sie nunmehr den Umfang ihrer Unternehmenstätigkeit damit beschreibt, dass Recycling 25% und Transport,
Werkstatt 25% ausmache. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass die Tätigkeiten Recycling, Transport wie auch die Werkstattarbeiten
dem Unternehmensgegenstand "Abbruch" als Vor-, Nach- und Zuarbeiten zuzuordnen sind. Nach den unwidersprochenen Feststellungen
der Beklagten sind die als Kraftfahrer tätigen Arbeitnehmer auch für die Baustellen des Unternehmens tätig. Der in der Werkstatt
Beschäftigte repariert auch Baumaschinen des Unternehmens. Seine ausschließliche Beschäftigung in der Werkstatt konnte nicht
bestätigt werden, was aber auch eine gesonderte Erfassung des klägerischen Unternehmens in diesem Bereich unter einer anderen
Tarifstelle nach dem Gewerbezweigprinzip nicht rechtfertigen könnte. Insoweit würde es sich um ein Hilfsunternehmen, das mit
Reparatur der Transport- und Baumaschinenfahrzeuge dem Hauptunternehmen Abbruch dient, handeln, das rechtlich zulässig nach
Teil II Nr. 2 Abs. 2 des Gefahrtarifs dem Unternehmensbestandteil des Hauptunternehmens zuzurechnen ist.
Soweit die Klägerin behauptet, bei den erfassten Abbrucharbeiten seien zu 20% noch Erd- und Straßenbauarbeiten enthalten,
begründet dies keine andere Bewertung. Erdarbeiten im Zusammenhang mit Trümmerräumung nach Abbruch sind dem Gewerbezweig der
Tarifstelle 500 von vornherein zugeordnet. Von der Tarifstelle 300 erfasste Erd- und Straßenbauarbeiten, d.h. selbstständige
Erdarbeiten aller Art bzw. der Bau, die Unterhaltung und der Rückbau von Straßen, Plätzen und Wegen etc. (vgl. Erläuterungen
und Arbeitshilfen für Mitglieder und Anwender a.a.O., Tarifstelle 300), stellen ein Nebenunternehmen i.S.v. §
131 SGB VII dar, wenn sie dem Hauptunternehmen "Abbruch" nicht dienen und überwiegend eigene unternehmerische Zwecke verfolgen (ständige
Rechtsprechung, vgl. BSG Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 33/05 R, [...]; BSG Urteil vom 30.04.1991 - 2 RU 36/90 -= SozR 3-2200 § 647 Nr. 1 m.w.N.), was in Teil II Nr. 2 Abs. 3 der Gefahrtarifsatzung zutreffend geregelt ist. Aus den Lohnbuchprüfungen
der Beklagten waren insoweit aber keine Tätigkeiten des klägerischen Unternehmens ersichtlich, die eine gesonderte Veranlagung
unter die Tarifstelle 300 oder unter eine andere Tarifstelle erlaubt hätten. Solches ist von der Klägerin auch im Laufe des
Verfahrens nicht konkretisiert worden. Vielmehr sind die im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 31.07.2012 mit den
nach dortiger Ansicht zugehörigen Gefahrtarifstellen angegebenen Arbeiten: Entrümpelung des Gebäudes (Baudienstleistung nach
Gefahrtarifstelle 400), Planum erstellen bzw. Ausbaggern eines Kellers nach Abbruch (Erdbau nach Gefahrtarifstelle 300) und
Entfernen des Fußbodens oder anderer Einzelteile (Bauausbau nach Gefahrtarifstelle 200) gerade im Zusammenhang mit dem Abbruch
eines Gebäudes erbracht, was zulässigerweise dem Gewerbezweig "Abbruch" auch dann zuzurechnen ist, wenn die Klägerin die vorausgegangenen
oder nachfolgenden Abbrucharbeiten selbst nicht vorgenommen hat.
Die unter der Gefahrtarifstelle 500 des ab 01.01.2006 gültigen 1. Gefahrtarifs der Beklagten vorgenommene Veranlagung der
Klägerin ist daher rechtens. Die dort ausgewiesene Gefahrklasse von 27,3 ist nicht zu beanstanden. Dass das von der Beklagten
herangezogene Zahlenmaterial unrichtig ist, hat die Klägerin nicht behauptet. Ihr pauschales Bestreiten, die Beklagte habe
überhaupt kein Zahlenmaterial zur Verfügung gehabt, hat dem Senat keinen Anlass gegeben, weitere Ermittlungen anzustellen.
Die Beklagte hat sich notwendigerweise auf die Unterlagen von 1999 bis 2003 der noch vor der Fusion existierenden einzelnen
Berufsgenossenschaften stützen können, denn alle Unternehmen der Beklagten waren zuvor bei den Einzel-Berufsgenossenschaften
veranlagt und hinsichtlich der Unfalllasten und Entschädigungslasten erfasst (vgl. Erläuterungen und Arbeitshilfen für Mitglieder
und Anwender, a.a.O. Nr. 2. Allgemeines). Konkrete Einwendungen gegen die Berechnung der Gefahrklasse aus dem Verhältnis der
gezahlten Entschädigungsleistungen zu den aufgewendeten Arbeitsentgelten (§
157 Abs.
3 SGB VII) der betroffenen Mitgliedsunternehmen sind von der Klägerin nicht erhoben worden. Soweit die Klägerin zuletzt auf die Presseberichte
der Beklagten über die zurückgegangenen Unfallzahlen im Jahre 2009 und 2011 abstellt, ist dies unbeachtlich, denn dies betrifft
nicht den der vorliegenden Gefahrtarifsatzung zu Grunde liegenden Beobachtungszeitraum von 1999-2003. Außerdem ist die Zahl
der Arbeitsunfälle nicht das entscheidende Bewertungskriterium, sondern die Höhe der aus den Versicherungsfällen resultierenden
Entschädigungsleistungen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der vom Gesetzgeber vorgegebene Grundsatz nicht ein bloßes
Rechenwerk ist, sondern es sich hierbei um den "Zusammenfluss rechnerischer und wertender bzw. gewichtender Faktoren" handelt,
die auch nur einer eingeschränkten Überprüfbarkeit des Gerichts unterliegen (vgl. BSG Urteil vom 24.06.2003 - B 2 U 21/02R -, SozR 4-2700 § 157 Nr. 1, [...]), ist nach den Darlegungen der Beklagten nicht von
einer fehlerhaften Berechnung der Gefahrklasse von 27,3 bzw. für das erste Anlagejahr herabgestuft auf 22,9 auszugehen. Insbesondere
kann aus der den ersten Erfahrungswerten der neu geschaffenen Gefahrtarifstellen entnommenen Datenlage für den nicht streitgegenständlichen,
ab 01.01.2012 geltenden 2. Gefahrtarif nicht gefolgert werden, dass die für die Tarifstelle 500 angenommene Gefahrklasse von
27,3 zu hoch war, weil hierfür jetzt Gefahrklasse 20,74 gelte, wie die Klägerin meint.
Wie das Sozialgericht hält auch der Senat einen Verstoß gegen das Übermaßverbot nicht für gegeben. Vorliegend ist auf der
einen Seite die Besonderheit zu berücksichtigen, dass die bisherigen acht Berufsgenossenschaften der B. aufgrund der strukturellen
Änderungen in der B. mit abnehmender Zahl von Mitgliedsunternehmen bei annähernd gleich bleibender oder steigender Höhe von
Entschädigungsleistungen zu einem Unfallversicherungsträger fusioniert haben. Durch die Liberalisierung des Handwerksrechts
wurde eine Vermischung bisher getrennt von unterschiedlichen Unternehmen ausgeübter Gewerbe ausgelöst, was mit dem Zusammenschluss
auch eine grundlegende Änderung der bisherigen Gewerbezweigsaufteilung beinhaltet hat (vgl. Erläuterungen und Arbeitshilfen
für Mitglieder und Anwender, a.a.O. Nr. 2 Allgemeines). Dies beinhaltet zur Überzeugung des Senats eine Ausgangslage, die
der Überweisung eines bislang unzutreffend einer Berufsgenossenschaft zugehörigen Mitgliedsunternehmens an eine andere Berufsgenossenschaft
gleichkommt, was i.d.R. keinen Bestandsschutz für die Veranlagung und die Höhe der darauf gestützten Beitragsforderung sichert.
Auf der anderen Seite ist die Einstufung in die Gefahrklasse zunächst nach Teil II Nr. 7 des Gefahrtarifs um 50% der sich
für 2005 ergebenden Belastungsziffer gedeckelt worden und führt zu einer stufenweise Anhebung bis zur tatsächlich berechneten
Gefahrklasse, was die Beklagte für die Tarifstelle 500 mit der ausgewiesenen gestuften Gefahrklasse auch getan hat. Darüber
hinaus entfaltet die Festsetzung der Gefahrklasse keine unmittelbare Rechtswirkung, denn belastende Auswirkungen folgen erst
durch den hierauf gestützten Beitragsbescheid. Vorliegend ist eine überproportionale, die wirtschaftliche Existenz gefährdende
Erhöhung des Umlagebetrags im Vergleich der unterschiedlichen Gefahrtarifzeiträume nicht ersichtlich. Eine solche unverhältnismäßige
Steigerung der auf der Gefahrtarifsatzung der T.-BG beruhenden Beiträge in den Beitragsjahren 2000 bis 2005 (bei schwankenden
Lohnsummen mit Beiträgen in Höhe von 9.499,51 EUR bis 15.390,17 EUR) im Vergleich zu den auf der vorliegend streitigen Veranlagung
beruhenden Beiträgen ab 2006 (bei nur verhältnismäßig geringerer Lohnsummen mit Beiträgen von 9.306,73 EUR bis 15.285,24 EUR)
ist für den Senat nicht festzustellen gewesen. Rechtsfehler in dem vom Senat zur überprüfenden rechtlichen Umfang sind daher
insoweit nicht zu erkennen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).