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LSG Bayern, Beschluss vom 19.07.2017 - 11 AS 439/17
SGB-II-Leistungen Einstweiliger Rechtsschutz Existenzsichernde Leistungen Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung als Ausnahme
1. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, droht, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist.
2. Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist.
3. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
4. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf.
5. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht.
Normenkette:
SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Vorinstanzen: SG Nürnberg 08.06.2017 S 13 AS 474/17 ER
Tenor
I.
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.06.2017 abgeändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, ab 19.07.2017 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 286,30 EUR monatlich bis zur Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.03.2017, längstens bis 30.09.2017, zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II.
Der Antragsgegner hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

Entscheidungstext anzeigen: