Behandlung eines Rechtsmittels im sozialgerichtlichen Verfahren bei einer formfehlerhaften Entscheidung
Gründe:
I. Der Kläger hat sich beim Arbeitsgericht A-Stadt gegen eine Kündigung eines Teilnahmevertrages durch die Beklagte gewandt
und zusätzlich Schadensersatz wegen Mobbings gefordert. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14.05.2008
an das Sozialgericht Nürnberg (SG) verwiesen.
Das SG hat mit Urteil vom 22.01.2009 den Rechtsstreit wegen Schadensersatzes abgetrennt (Ziff. I Satz 1 des Tenors) und an das Amtsgericht
A-Stadt verwiesen (Ziff. I Satz 2 des Tenors) sowie im Übrigen die Klage bezüglich der Kündigung des Teilnahmevertrages mangels
Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen (Ziff. II des Tenors).
Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das SG hätte nicht erneut verweisen dürfen und die Abweisung der Klage im Übrigen sei unzutreffend. Gegen die Abtrennung hat sich
der Kläger nicht gewandt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des SG S 19 AS 660/08 sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Die Beschwerde gegen die Verweisung an das Amtsgericht A-Stadt ist gemäß §
17a Abs
4 Satz 3
Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) in der bis 31.08.2009 geltenden Fassung zulässig. Zwar hat das SG über die Verweisung entgegen §
17a Abs
4 Satz 1
GVG nicht durch Beschluss, sondern durch Urteil entschieden. Das Gericht muss aber das gegen diese formfehlerhafte Entscheidung
nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz zulässige Rechtsmittel der Berufung als eine Beschwerde behandeln (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
Zivilprozessordnung, 69. Auflage, § 17a RdNr 22) und in Form eines Beschlusses hierüber entscheiden (vgl. Baumbach aaO. Vor § 522 RdNr 29). Die Beschwerde ist bereits
mangels zutreffender Rechtsmittelbelehrung fristgemäß eingelegt.
Gegen den Trennungsbeschluss (Ziff. I Satz 1 des Tenors) - hierbei handelt es sich um einen eigenständigen, von der Verweisung
abtrennbaren, nicht anfechtbaren Beschluss des erstinstanzlichen Richters - hat der Kläger weder Berufung eingelegt, noch
Beschwerde erhoben. Daher ist mit diesem Beschluss beim SG ein eigenständiges, neues Verfahren wegen Schadensersatz gegen die vorliegend Beklagte rechtshängig geworden. Über die Klageabweisung
im Übrigen (Ziff. II des Tenors) hat der Senat im Rahmen des Berufungsverfahrens gesondert zu entscheiden.
Die allein gegen die Verweisung gerichtete Beschwerde ist auch begründet. Bereits vor Verweisung des Rechtsstreites vom Arbeitsgericht
an das SG hat der Kläger Schadensersatz wegen Mobbings begehrt. Das Arbeitsgericht ist entgegen der Ausführungen in der Entscheidung
des SG auch hierauf eingegangen. Eine weitere Verweisung durch das SG durfte gemäß §
17a Abs
2 Satz 3
GVG nicht erfolgen, die Verweisung durch das Arbeitsgericht ist bindend.
Nach alledem war die Entscheidung des SG im Urteil vom 22.01.2009 hinsichtlich Ziff. I Satz 2 des Tenors aufzuheben. Infolge der Abtrennung des Rechtsstreites wegen
Schadensersatz, die wirksam bleibt, auch wenn sie in der unzutreffenden Form erfolgt ist, ist beim SG aufgrund der Zurückverweisung (Baumbach aaO. § 17 a RdNr 18) das Verfahren wegen Schadensersatz gegen die Beklagte (noch) rechtshängig. Das SG wird hierüber noch zu entscheiden haben. Über die Berufung gegen Ziff. II und III des Urteiles des SG ist im Rahmen des gesonderten Berufungsverfahrens zu entscheiden.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Hierüber ist im Rahmen der abschließenden Hauptsacheentscheidung über den begehrten
Schadensersatz durch das SG zu befinden (vgl. BSG, Beschluss vom 31.01.2000 - B 3 SF 1/99 R - SozR 3-1500 § 51 Nr 25).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer weiteren Beschwerde an das Bundessozialgericht
(BSG) liegen nicht vor (§
17a Abs
4 Satz 4 und
5 GVG).