Begründung eines Aussetzungsantrags im sozialgerichtlichen Verfahren mittels Glaubhaftmachung
Gründe
I.
Das Sozialgericht Bayreuth (SG) hat den Antragsteller (ASt) mit Beschluss vom 06.07.2012 vorläufig verpflichtet, dem Antragsgegner in der Zeit vom 01.05.2012
bis 31.10.2012, längstens bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich
692,00 EUR zu gewähren.
Dagegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und die Aussetzung der Vollstreckung beantragt. Das
eingelegte Rechtsmittel (Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) habe offensichtlich Erfolgsaussicht. Ein überwiegendes
Interesse des Vollstreckungsgläubigers liege nicht vor. Von einem Ausnahmefall sei auszugehen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des ASt sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
II.
Der statthafte Aussetzungsantrag ist zulässig.
Gemäß §
199 Abs
2 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu
entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Ein vollstreckbarer Titel im Sinne des §
199 Abs
1 SGG liegt vor.
Die Beschwerde des ASt gegen den Beschluss des SG hat keine aufschiebende Wirkung (§
175 Satz 1
SGG). Der ASt ist daher verpflichtet, die sich aus dem Beschluss ergebenen Beträge auszuzahlen, die aber gegebenenfalls wieder
zu erstatten sind.
Der Aussetzungsantrag ist jedoch nicht begründet.
Bei der Entscheidung über die Aussetzung ist eine Interessen- und Folgenabwägung vorzunehmen (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -; Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer,
SGG, 10.Auflage §
199 Rdnr 8), wobei der in §
154 Abs
2 SGG zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu beachten ist, dass Berufungen in der Regel keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich
der für die Zeit nach Erlass des Urteils zu zahlenden Beträge haben sollen. Eine Aussetzung kommt daher nur in Ausnahmefällen
in Betracht (Leitherer aaO Rdnr 8a; BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 B -).
Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist im Rahmen einer Interessen- und Folgenabwägung zu prüfen. Dabei können die Erfolgsaussichten
der Berufung ausnahmsweise dann eine Rolle spielen, wenn diese offensichtlich fehlen (vgl. auch BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -) oder offensichtlich bestehen (BSGE 12, 138). Sind die Erfolgsaussichten jedoch nicht in dieser Weise eindeutig abschätzbar, ist im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung
insbesondere zu berücksichtigen, ob der Beklagten - über den Nachteil hinaus, der mit jeder Zwangsvollstreckung als solcher
verbunden ist - ein im nachhinein nicht mehr zu ersetzender Schaden entstehen würde (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -). Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalles, die vom Vollstreckungsschuldner glaubhaft vorzutragen sind (BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1). Der Hinweis auf Sonderfälle, unter denen eine im Ergebnis rechtswidrig gezahlte Urteilsrente vom Begünstigten nicht
zurückgefordert werden dürfe, genügt hierzu nicht, wenn nicht Anhaltspunkte dafür benannt werden, beim Begünstigten könne
ein solcher "Härtefall" bestehen (vgl. BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -). Zudem darf ein überwiegendes Interesse des Vollstreckungsgläubigers nicht entgegenstehen (BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -; vgl. hierzu auch die §
86b SGG zu entnehmenden Rechtsgedanken).
Von offensichtlichen Erfolgsaussichten ist vorliegend nicht auszugehen. Es sind weitere Überlegungen erforderlich, die dem
Hauptsacheverfahren (Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren) vorbehalten bleiben müssen. Der Rechtsstreit kann
derzeit allenfalls als offen angesehen werden. Die gilt auch hinsichtlich der Zeit zwischen dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz
und dem vom SG am 06.07.2012 erlassenen Beschluss. Eine vorläufige Verpflichtung zur Leistung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens
für die Zeit vor Erlass eines Beschlusses ist nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Dies geht auch aus den vom ASt genannten Beschlüssen
des Senates hervor.
Hinsichtlich der daher erforderlichen Abwägung hat der ASt lediglich behauptet, es liege ein Ausnahmefall vor. Dies hat er
jedoch ebenso wenig glaubhaft vorgetragen - zum nicht mehr zu ersetzenden Schaden fehlen jegliche Angaben - wie das Fehlen
eines überwiegenden Interesses des Vollstreckungsgläubigers.
Von einem Ausnahmefall ist damit nicht auszugehen, der Antrag ist abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG), er kann jederzeit aufgehoben werden (§
199 Abs
2 Satz 3
SGG).