Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der im März 1957 geborene Kläger hat von September 1972 bis Februar 1976 den Beruf des Kraftfahrzeug-Schlossers erlernt. Im
Anschluss daran war er - unterbrochen von Zeiten des Wehrdienstes - bis zu einem am 20. Mai 1982 erlittenen Motorradunfall
im erlernten Beruf tätig. Bei dem Unfall kam es zu einer traumatischen Plexusläsion rechte Schulter mit der Folge einer Plexus-brachialis-Parese
C5-C7, einer Sprunggelenksfraktur sowie einer Gehirnerschütterung. Von 1983 bis 2008 war der Kläger als Lagerist tätig. Nach
Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit war der Kläger bei der Firma C. vom 1. September 2010 bis Ende Februar
2011 acht Stunden täglich als Abschleppfahrer tätig. Diese Tätigkeit gab der Kläger auf, nachdem er in der Arbeit eine Schienbeinfraktur
erlitten hatte. Nach Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit war der Kläger noch kurzfristig als Gabelstaplerfahrer,
seit Juni 2011 ist er nach eigenen Angaben bis zu zwölf Stunden täglich als LKW-Fahrer (Abholung von Speiseresten in Restaurants)
beschäftigt.
Der Kläger begehrte mit Antrag vom 20. März 2008 Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Zur Begründung verwies er
auf die Folgen des Motorradunfalls.
Die Beklagte holte nach Beiziehung u.a. eines Befundberichts der Allgemeinmediziner Dr. D. B. und eines für den Bayerischen
Versicherungsverband erstellten neurologischen Gutachtens vom 25. September 1985 von Professor Dr. P. ein neurologisch-psychiatrisches
Gutachten von Dr. S. vom 7. Juli 2008 ein. Dieser stellte beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. Anhaltende Schmerzstörung sowie sensomotorische Funktionsstörungen bei Zustand nach Verletzung des rechten Armnervengeflechts
im Mai 1982, Durchblutungsstörung am rechten Arm
2. Psychovegetative Störungen ohne Hinweise auf eine schwerwiegende Depression
3. Kniegelenksbeschwerden links betont ohne Beweglichkeitseinschränkung, Zustand nach Meniskusoperation am 17. Juni 2008
4. Sprunggelenksbeschwerden links ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung bei Zustand nach Knochenbruch im Mai 1982 (operative
Versorgung)
5. Schultergelenksbeschwerden links ohne Beweglichkeitseinschränkung
6. Massives Übergewicht.
7. Nebenbefundlich: Hämorrhoiden, Analfistel, leichte Lendenwirbelsäulenbeschwerden ohne Funktionsminderung.
Der Kläger sei noch in der Lage, leichte Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, Überkopfarbeiten, überwiegend sitzende Tätigkeiten, länger
andauernde Zwangshaltungen, Schicht- und Nachtdienst oder Tätigkeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand
voraussetzen.
Die Beklagte bewilligte daraufhin dem Kläger mit angefochtenem Bescheid vom 31. Juli 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
bei Berufsunfähigkeit ab 1. Februar 2008 auf Dauer. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt.
Die Voraussetzungen hierfür seien erfüllt. Vom Versorgungsamt sei ein Grad der Behinderung - GdB - von 70 festgestellt worden.
Der Kläger sei bereits fünfmal an beiden Knien operiert worden und habe sich in immer kürzer werdenden Abständen in stationäre
Behandlung begeben müssen. Bereits einfache Verrichtungen des Alltags könne er nur sehr eingeschränkt und nur mit fremder
Hilfe bewältigen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2008 zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle des mit Bescheid vom 31. Juli 2008 festgestellten Anspruchs auf
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger sei noch in der Lage, sechs Stunden täglich Arbeiten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Auch führten die qualitativen Leistungseinschränkungen nicht dazu, dass für
den Kläger keine arbeitsmarktüblichen Tätigkeiten mehr in Betracht kämen.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage begehrte der Kläger die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstatt der zugesprochenen Rente
wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dem psychischen und physischen Krankheitsbild des Klägers werde nicht hinreichend Rechnung
getragen. Der Kläger sei in seinem Leistungsumfang massiv eingeschränkt. Er könne bereits einfachste Tätigkeiten des Alltags
kaum bewältigen. Er nehme seit Jahrzehnten starke Schmerzmittel ein. Er könne deshalb kein Kfz mehr steuern, sei ausweislich
des Befundberichts von Dr. D. B. vom 27. März 2008 aber auch nicht reisefähig für öffentliche Verkehrsmittel. Er könne deshalb
keinen Arbeitsplatz erreichen. Die Beklagte zeige nicht auf, welche arbeitsmarktüblichen Tätigkeiten der Kläger noch verrichten
könne. Auch habe sich der Gesundheitszustand des Klägers seit März 2008 noch wesentlich verschlechtert (Prostataleiden, Verschlimmerung
einer Epicondylitis am linken Arm, Karpaltunnel-Syndrom, häufiges Anschwellen beider Beine, mittelschwere chronische Depression
mit Schlafstörungen).
Das SG hat Befundberichte der Allgemeinmedizinerin B., des Neurologen Dr. B. und die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern
Familie und Soziales Region Niederbayern beigezogen sowie gemäß §
106 SGG Beweis erhoben durch ein orthopädisch-rheumatologisches Gutachten von Dr. S. vom 25. März 2009, ein Gutachten des Neurologen
und Psychiaters R. vom 25. März 2009 und des Dipl. Psychologen O. vom 14. April 2009 sowie eine ergänzende Stellungnahme des
Sachverständigen R. vom 27. April 2009.
Dr. S. stellte beim Kläger einen inkompletten Plexusausriss der rechten Schulter bei gleich gebliebenen muskulären Verhältnissen,
arthrotische Veränderungen in beiden Kniegelenken bei Instabilität rechts und ein Übergewicht fest. In Bezug auf das Leistungsvermögen
des Klägers bestehe Übereinstimmung mit den Ausführungen des Gutachters der Beklagten.
Der Sachverständige R. diagnostizierte beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen:
1. Zustand nach inkomplettem Armplexusausriss rechts mit motorischen Ausfällen
2. Leichte Depression
3. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen
4. Übergewicht
5. Karpaltunnel-Syndrom links
6. Rezidivierende Gastritis
7. Rezidivierende Gallensteine
8. Fettstoffwechselstörung
9. Prostatavergrößerung mit Miktionsbeschwerden
10. Hämorrhoiden
11. Analfistel
12. Bewegungseinschränkung im Schultergelenk rechts.
Die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes sei beim Kläger aufgrund der Armplexusschädigung rechts mit motorischen Ausfällen
stark eingeschränkt. Der Kläger nehme wegen seiner Schmerzen erhebliche Mengen an Schmerzmittel täglich ein. Er wirke im Gedankengang
etwas weitschweifig, Konzentration und Merkfähigkeit erschienen teilweise etwas reduziert. Zur endgültigen Beurteilung der
Leistungsfähigkeit des Klägers sei ein testpsychologisches Gutachten erforderlich.
Der Diplom-Psychologe O. hat festgestellt, dass sich nach den testpsychologischen Ergebnissen eine Einsetzbarkeit des Klägers
in seinem ehemaligen Aufgabenbereich als Lagerist, Werkzeugausgeber etc. ergebe. Ohne Berücksichtigung der körperlichen Beeinträchtigung
sei von einer Arbeitsfähigkeit von sechs Stunden und mehr auszugehen.
In seiner ergänzenden Stellungnahme ist daraufhin der Sachverständige R. zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger vollschichtig
täglich einsatzfähig sei. Es müsse sich um leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen, ohne besondere Anforderungen
an die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes und der rechten Hand, ohne besonderen Zeitdruck, Nachtschicht, Zwangshaltungen
oder Heben bzw. Tragen schwerer Lasten handeln.
In seiner Stellungnahme hierzu hat der Kläger geltend gemacht, die Frage, ob eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens
vorliege, sei nur völlig unzureichend untersucht worden. Die massiven Einschränkungen des Klägers durch die Schmerzen seien
in keiner Weise diskutiert worden. Auch sei zu diversen Beweisfragen keine Stellung genommen worden.
Der Sachverständige R. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18. August 2009 an seiner sozialmedizinischen Einschätzung
festgehalten.
Das SG hat daraufhin die Klage mit Urteil vom 10. März 2010 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. S. und R. abgewiesen. Die Annahme
einer zeitlichen Leistungseinschränkung beim Kläger sei nicht gerechtfertigt. Eine solche resultiere nicht aus den Folgen
des Motorradunfalls aus dem Jahr 1982. Der rechte Arm des Klägers könne noch eingeschränkt verwendet werden. Damit sei auch
eine schwere spezifische Leistungsbehinderung wegen funktioneller Einarmigkeit auszuschließen. Dies gelte auch in Hinblick
auf die geklagten Schmerzen. Bei der über vier Stunden andauernden testpsychologischen Zusatzuntersuchung hätten sich keine
Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger schmerzgeplagt gewesen sei. Auch der unauffällige Tagesablauf spreche gegen eine
tiefgreifende Schmerzstörung.
Mit der hiergegen zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Die
den Kläger schwer beeinträchtigenden Schmerzen seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Auch sei keine Gesamtbetrachtung
bezüglich dessen psychischen und psychischen Leiden erfolgt. Diplom-Psychologe O. habe dem Kläger eine Arbeitsfähigkeit und
sechs Stunden und mehr attestiert, dies aber ohne Berücksichtigung der in mehrfacher Hinsicht bestehenden körperlichen Beeinträchtigungen.
Der Senat hat einen Befundbericht der Allgemeinmedizinerin B. und die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und
Soziales Region Niederbayern beigezogen. Auf Anfrage hat die Beklagte als mögliche Verweisungstätigkeiten Arbeiten als einfacher
Tagespförtner und Lagerarbeiter benannt. Der Senat hat ferner eine Auskunft der Firma C. und gemäß §
106 SGG ein nervenärztliches Gutachten von Dr. E. vom 25. August 2011 eingeholt. Er stellte dabei dem Sachverständigen berufskundliches
Material für Tätigkeiten als Pförtner/Tagespförtner zur Verfügung (Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 9. Juni 2010, Az.
L 4 R 1935/05; Urteil des Bayerischen Landessozialgericht vom 14. Februar 2006, Az. L 5 R 5 568/04; berufskundliche Stellungnahme vom 31.
Oktober 2002 für das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Az. L 10 RI 353/01).
Dr. E. hat beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Inkomplette Armplexusarese rechts mit deutlicher Kraftminderung insbesondere der kleinen Handmuskulatur und der Hand- und
Fingerstreckung rechts, einer Minderung der Oberflächensensibilität und des Tastvermögens und einem neuropathischem Schmerzsyndrom.
2. Dysthyme Störung leichter Ausprägung.
Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis kurzzeitig auch mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien
und in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen zu verrichten. Nicht mehr möglich seien
das Heben und Tragen schwerer Lasten, Tätigkeiten, die eine intakte Fein- und Grobmotorik der rechten Hand bzw. des rechten
Arms erfordern sowie Tätigkeiten in Zwangshaltungen (Überkopfarbeiten). Der Kläger könne noch Tätigkeiten verrichten, die
üblicherweise in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen (zum Beispiel Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen,
Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen). Der Kläger sei auch noch in der Lage, Tätigkeiten
als Pförtner/Tagespförtner sowie als Abschleppfahrer zu verrichten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 10. März 2010 sowie des Bescheids der Beklagten vom
31. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2008 zu verurteilen, dem Kläger antragsgemäß Rente
wegen voller Erwerbsminderung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die vom Senat beigezogenen Akten des SG sowie der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 31. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.
September 2008 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem
Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
2 SGB VI anstelle der von der Beklagten bereits bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
Gem. §
43 Abs.
2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert
ist gem. §
43 Abs.
3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den erkennenden Senat fest, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers zwar qualitativ
hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert ist, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen
jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nicht vor. Der Kläger
kann nach den überzeugenden Feststellungen der Gerichtssachverständigen Dr. S., R. und Dr. E. noch sechs Stunden täglich und
mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest leichte Arbeiten verrichten.
Im Vordergrund stehen beim Kläger die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem sowie nervenärztlichem Fachgebiet und hierbei
vor allem die Auswirkungen des im Jahre 1982 erlittenen Motorradunfalls.
Gravierendste und überdauernde Folge des Motorradunfalls ist die inkomplette Armplexusparese. Diese führt nach den Feststellungen
des erfahrenen Gerichtssachverständigen Dr. E. zu einer diffusen Herabsetzung der groben Kraft des rechten Arms. Betroffen
sind insbesondere die kleine Handmuskulatur (Fingerspreizung, -abduktion, Finger-Handextension) verbunden mit den gesamten
rechten Arm betreffende Hypästhesien und Hypalgesien. Die Funktion des rechten Arms ist dadurch erheblich beeinträchtigt.
Dies betrifft insbesondere die Feinmotorik der rechten Hand. Unterarmbeugung und -streckung waren für den Kläger jedoch noch
sehr kräftig durchführbar. Armabduktion, Unterarmpronation und Supination sind ebenfalls nur geringgradig kraftgemindert.
Die Beugefunktion der Finger ist noch relativ gut ausgeprägt. So funktionierte beim Kläger etwa auch noch die Daumen-Finger-Zange.
Er war nach den Feststellungen von Dr. E. in der Lage, den rechten Arm beim An- und Auskleiden sinnvoll einzusetzen. Auch
das beidhändige Schnüren der Schuhe gelang ihm.
Die anhaltende Schmerzsymptomatik im Bereich des rechten Arms ist nach Einschätzung von Dr. E. mit der aktuell verordneten
Schmerzmedikation relativ gut kompensierbar. Dem Kläger stehen insoweit auch noch weitere Therapiemöglichkeiten offen.
In psychischer Hinsicht liegt beim Kläger eine dysthyme Störung vor, die nicht durch eine depressive Symptomatik gekennzeichnet
ist, sondern durch eine moros gefärbte Dysphorie, eine Reizbarkeit sowie einen Zustand innerer Anspannung und Wut. Der Kläger
war bei der Untersuchung durch Dr. E. affektiv schwingungsfähig und antriebsstark.
Hieraus hat Dr. E. für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass der Kläger noch in der Lage ist, sechs Stunden täglich leichte
bis kurzfristig sogar mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Dr. E. steht damit in Übereinstimmung mit den Feststellungen
sämtlicher Vorgutachter. Kein gerichtlicher Sachverständiger hat eine quantitative Leistungseinschränkung beim Kläger angenommen.
Für dieses Ergebnis spricht auch, dass der Kläger wieder vollschichtig in durchaus körperlich fordernden Tätigkeiten als Abschleppfahrer,
Gabelstaplerfahrer und LKW-Fahrer tätig war bzw. ist. Auf Nachfrage durch Dr. E. hat der Kläger erklärt, er fühle sich durch
die von ihm jetzt ausgeübte Tätigkeit nicht überfordert, sondern komme mit ihr ganz gut zurecht.
Nach alledem ist der Senat in Übereinstimmung mit sämtlichen Gerichtssachverständigen davon überzeugt, dass der Kläger noch
sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten kann.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden
allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihm liegen weder ein nur eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen
noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise
die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein
weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Das Merkmal "Summierung
ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen,
die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in
erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen besteht für den Versicherungsträger die Verpflichtung, ausnahmsweise
eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten
Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine
ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar
ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B5 RJ 64/02 R, in juris). Bei der Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen
vorliegt, sind grundsätzlich alle qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen, die nicht bereits von dem Erfordernis "körperlich
leichte Arbeit" erfasst werden. Es umfasst begrifflich unter anderem solche Leistungseinschränkungen, die das Seh- und Hörvermögen,
die Handbeweglichkeit oder die Einwirkung bestimmter Witterungseinflüsse (Kälte, Nässe, Staub) betreffen (Kassler Kommentar
zum SGB, §
43 SGB VI Rn. 47).
Nach Auffassung des Senats liegen beim Kläger auch bei Berücksichtigung der Auswirkungen der inkompletten Armplexusparese
rechts noch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Das BSG hat entschieden, dass bei Einarmigen, deren Einsatzfähigkeit noch weiter beschränkt ist, die Befürchtung besteht,
dass der Arbeitsmarkt verschlossen ist (BSG SozR Nr. 89 zu § 1246
RVO). Darüber hinaus hat das BSG bei einer Versicherten, die unter Bewegungseinschränkungen beider Arme litt und - neben weiteren
Einschränkungen - zudem zwingend alle halbe Stunde die Körperposition vom Sitzen zum Gehen wechseln musste, die Notwendigkeit
festgestellt, für diese Versicherte eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Soweit dies nicht möglich ist, ist der Arbeitsmarkt
als verschlossen anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 1991, Az. 13/5 RJ 47/90, in juris).
Die Funktionseinschränkungen am rechten Arm des Klägers sind auch bei Berücksichtigung der sonstigen qualitativen Einschränkungen
hiermit jedoch nicht vergleichbar. Eine Verweisungstätigkeit ist damit nicht zu benennen. Dr. E. hat festgestellt, dass dem
Kläger das An- und Auskleiden unter Zuhilfenahme des rechten Armes noch möglich war. Der Gerichtssachverständige hat auch
auf Anfrage des Senats ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger noch körperliche Verrichtungen, wie sie in ungelernten Tätigkeiten
üblicherweise verlangt werden (z.B. Sortieren, Zureichen, Verpacken, Maschinenbedienen usw.) mindestens sechs Stunden täglich
ausüben kann. Dem Kläger stehen damit hinreichend Arbeitsfelder zur Verfügung.
Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher
Leistungseinschränkungen gegeben ist, kommt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht in Betracht. Denn
der Kläger ist nach den Feststellungen von Dr. E. in der Lage, jedenfalls Tätigkeiten als Pförtner zu verrichten. Nach einer
berufskundlichen Stellungnahme für das LSG Niedersachsen-Bremen vom 31. Oktober 2002 führen Pförtner körperlich leichte Tätigkeiten
in einer dafür vorgesehenen Pförtnerloge durch. Der Pförtner kann im selbstbestimmten Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und
gelegentlichem Gehen arbeiten. Die schriftlichen Arbeiten, beispielsweise das Fertigen von einfachen Notizen und auch der
erforderliche Telefondienst, könnten selbst von einem Einarmigen ohne weiteres ausgeführt werden. Nach einer für das LSG Berlin-Brandenburg
erstellten berufskundlichen Stellungnahme (Urteil vom 9. Juni 2010, L 4 R 1935/05) handelt es sich bei der Tätigkeit eines Tagespförtners meist um körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten
Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Gehen und Stehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen
Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Bei
der Tätigkeit als Tagespförtner handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich
ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- und Einweisungszeit verrichtet werden kann. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten
zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.
Mit dem von den Sachverständigen gezeichneten Leistungsbild des Klägers ist das Berufsbild eines Pförtners/Tagespförtners
vereinbar. Schwere Hebe- und Tragebelastungen oder Überkopfarbeiten fallen bei diesen Tätigkeiten nicht an. Auch den übrigen
qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers kann hierbei Rechnung getragen werden, insbesondere ist der gelegentliche
Wechsel der Körperposition möglich. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben in der Lage, mit der linken Hand zu schreiben.
Die gelegentliche Aufnahme von Telefonnotizen ist ihm damit möglich. Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass der Kläger
als ausgebildeter Facharbeiter sich innerhalb von drei Monaten auf Tätigkeiten als Pförtner umstellen kann. Als weitere Verweisungstätigkeit
ist darüber hinaus die vom Kläger tatsächlich verrichtete Tätigkeit als LKW-Fahrer anzuführen, die ihn nach seinen eigenen
Angaben nicht überfordert.
Schließlich ist auch die Wegefähigkeit nach der Einschätzung aller Gerichtsachverständigen nicht beeinträchtigt.
Auch für sonstige sogenannte Katalogfälle (vgl. SozR 2200 § 1246 Nrn. 30,75,81,90, 104, 109, 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8,
§ 1246 Nr. 41) liegt - nach den Feststellungen der Sachverständigen und der Überzeugung des erkennenden Gerichts - kein Anhalt
vor.
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
2 SGB VI anstelle der bereits gezahlten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§
193 SGG) berücksichtigt den Umstand, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), sind nicht ersichtlich.