Glaubhaftmachung der Beitragszahlung für einen Anspruch auf Regelaltersrente; objektive Beweislast des Versicherten
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Gewährung einer Altersrente, hierbei die Anerkennung von Beitragszeiten für die Jahre 1971 bis
1974.
Der 1942 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsbürger. Er beantragte mit Schreiben vom 22. Februar 2006 die Gewährung einer
Altersrente und wies darauf hin, von 1971 bis 1974 als Gastarbeiter in Deutschland bei der Bauunternehmung "D." in D-Stadt
gearbeitet zu haben. Ermittlungen der Beklagten bei der AOK Hessen und der IKK Hessen ergaben keine Hinweise auf Beitrags-
und Anrechnungszeiten. Das Einwohnermeldeamt der Stadt D-Stadt teilte am 19. Juni 2006 mit, dass der Kläger auch laut Archiv
nicht zu ermitteln sei.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf eine Rente wegen Alters ab, weil deutsche Versicherungszeiten
weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien. Nach Mitteilung des marokkanischen Versicherungsträgers vom 12. Mai 2006
seien auch marokkanische Beiträge nicht nachgewiesen.
Im Widerspruchsverfahren brachte der Kläger erneut vor, er habe in Deutschland gearbeitet. Die Deutsche Rentenversicherung
(DRV) Hessen teilte der Beklagten mit, es seien keinerlei Unterlagen vorhanden, die Kartenverwahrstelle der DRV Hessen, dass
unter den angegebenen Personalien Versicherungskarten nicht vorliegen. Der Kläger gab an, er habe mit der Fa. D. in D-Stadt
keinen schriftlichen Vertrag gehabt. Die Beklagte wies den Widerspruch daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2007
zurück. Die allgemeine Wartezeit für den Bezug einer Altersrente nach § 35 Nr. 1 in Verbindung mit §
50 Abs.
1,
51 Abs.
1 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VI) sei nicht erfüllt. Der Kläger habe nicht den Nachweis erbringen können, in der Zeit von 1971 bis 1974 tatsächlich in Deutschland
versicherungspflichtig beschäftigt gewesen zu sein. Auch die weiteren Ermittlungen im Widerspruchsverfahren seien erfolglos
geblieben.
Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Augsburg mit Gerichtsbescheid vom 19. Juni 2008 ab. Die Gewährung von
Altersrente komme nicht in Betracht, da trotz intensiver Ermittlungen keine Versicherungszeiten zur deutschen Rentenversicherung
festgestellt werden konnten. Die Ermittlungsmöglichkeiten seien ausgeschöpft gewesen.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger ausgeführt, er sei in Deutschland als Arbeitskraft angestellt gewesen. Er befinde sich
in einer schlechten finanziellen Lage und benötige Geld. Der Senat hat bei Bauunternehmungen im Großraum D-Stadt und in D.,
die den Wortteil D. in ihrem Firmennamen enthalten, angefragt, ob der Kläger in den 70er-Jahren dort beschäftigt gewesen sei.
Die Firma D. GmbH in D. hat mitgeteilt, dass die Firma erst seit 1984 bestehe. Die Firma B. in B-Stadt hat die Auskunft erteilt,
dass sämtliche Lohnunterlagen seit 1956 archiviert würden; der Kläger sei in der Zeit von 1971 bis 1974 dort nicht geführt.
Die Firma D. in D-Stadt hat erklärt, dass keine Unterlagen mehr existierten.
Mit Beschluss vom 4. November 2008 hat der Senat die Berufung dem Berichterstatter übertragen (§
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 19. Juni 2008 sowie den Bescheid vom 27. Juni 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente unter Berücksichtigung
rentenrechtlicher Zeiten von 1971 bis 1974 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß §
136 Abs.
2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§
143,
151 SGG), aber unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung einer Altersrente zu. Die Zeiten von 1971 bis 1974 sind
nicht als Beitragszeiten nachgewiesen oder glaubhaft gemacht.
Es konnte in Abwesenheit des Klägers entscheiden werden, da dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit
der Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§
110,
126,
132 SGG).
Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit erfüllt
haben (§
35 S. 1
SGB VI). Die allgemeine Wartezeit beträgt fünf Jahre (§
50 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB VI). Auf die allgemeine Wartezeit werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet (§
51 Abs.
1 SGB VI). Beitragszeiten sind nach §
55 Abs.
1 S. 1 und 2
SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten
sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Vorliegend sind jedoch keine deutschen Versicherungszeiten nachgewiesen. Die objektive Beweislast trägt hierfür der Kläger.
Dies gilt insbesondere für die vom Kläger geltend gemachten Zeiten von 1971 bis 1974, für die er angab, bei einem Bauunternehmen
D. in D-Stadt tätig gewesen zu sein. Bei der Beklagten sind keine Versicherungszeiten in Deutschland feststellbar. Der Kläger
konnte hierzu trotz mehrfacher Aufforderung keine Unterlagen vorlegen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existierte nach Angabe
des Klägers nicht. Auch haben Ermittlungen bei der AOK Hessen als Einzugsstelle sowie bei der DRV Hessen (ehemals Landesversicherungsanstalt
Hessen) keine Beitragszeiten für 1971 bis 1974 ergeben. Die IKK Hessen teilte mit, dass Baubetriebe nicht Mitglieder der Kasse
sind. Eine Versichertenkarte liegt auch bei der Kartenverwahrstelle der DRV Hessen in Darmstadt nicht vor. Eine Anfrage beim
Einwohnermeldeamt in D-Stadt zur dortigen polizeilichen Meldung des Klägers blieb ohne Erfolg, d.h. der Kläger war auch laut
Archiv nicht zu ermitteln.
Auch eine Glaubhaftmachung der Beitragszeit nach §
203 Abs.
1 SGB VI scheidet aus. Danach ist zwar die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen, wenn der Versicherte glaubhaft macht,
dass er eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt hat und für diese Beschäftigung entsprechende
Beiträge gezahlt worden sind. Der Kläger trägt ohne nähere Nachweise lediglich vor, von 1971 bis 1974 bei einem Bauunternehmen
D. in D-Stadt tätig gewesen zu sein. In D-Stadt war mit dem Namen `D.´ lediglich die Fa. D. zu ermitteln. Die Firma ist das
Nachfolgeunternehmen der früheren Fa. D. Bauunternehmen, die nach deren Auskunft in eine GmbH umgewandelt und später aufgelöst
wurde. Nach Mitteilung der Firma waren zwar früher auch marokkanische Staatsbürger beschäftigt, doch liegen aus der Zeit der
Fa. D. Bauunternehmen keine Buchhaltungsunterlagen mehr vor. Der frühere Chef ist verstorben. Bei der D. GmbH in D. bei B.
ist der Kläger ebenso wenig bekannt wie bei der B. in B-Stadt. Damit ist bereits weiterhin zweifelhaft, ob der Kläger bei
der Firma `D.´ in dem genannten Zeitraum beschäftigt gewesen ist. Jedenfalls ist aber nicht glaubhaft gemacht, dass für diese
Beschäftigung entsprechend Beiträge gezahlt worden sind, wie dies §
203 Abs.
1 SGB VI voraussetzt, so dass insgesamt keine Glaubhaftmachung nach §
203 Abs.
1 SGB VI vorliegt. Auch wurde vom Kläger nicht gemäß §
203 Abs.
2 SGB VI glaubhaft gemacht, dass der auf den Versicherten entfallende Beitragsanteil vom Arbeitsentgelt abgezogen worden ist. Da somit
nicht glaubhaft gemacht ist, dass für die Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, kommt auch eine Beweiserleichterung
für Zeiten vor dem 1. Januar 1973 nach §
286 Abs.
5 und
6 SGB VI nicht zum Tragen.
Nach Mitteilung des marokkanischen Versicherungsträgers sind auch Beiträge im Königreich Marokko nicht nachgewiesen.
Die von der Beklagten, dem Sozialgericht und dem Senat durchgeführten Ermittlungen brachten somit keine Hinweise auf eine
tatsächliche Beschäftigung und vor allem für eine Beitragsentrichtung, so dass die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des
Sozialgerichts zurückzuweisen war. Sofern sich neue Anhaltspunkte ergeben, steht dem Kläger die Möglichkeit der Einleitung
eines erneuten Verwaltungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) offen.
Die Kostenfolge stützt sich auf §
193 SGG. Sie beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Klage auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG nicht vorliegen.