Höhe des Übergangsgeldes während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach zuvor bezogenem Arbeitslosengeld
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Übergangsgeldes, das während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu zahlen
war.
Der 1954 geborene, ledige und kinderlose Kläger ist von Beruf Großhandelskaufmann. Vor seiner Arbeitslosigkeit war er als
Buslenker tätig. Die letzte vom Arbeitgeber gemeldete Pflichtbeitragszeit betrifft den August 2005.
Seit 01.04.2006 war er arbeitslos und bezog bis 23.10.2006 Arbeitslosengeld nach §
117 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB III - in Höhe von täglich 33,85 EUR. Dem Arbeitslosengeld lagen ein Bemessungsentgelt von täglich 93,43 EUR und ein Leistungsentgelt
von täglich 56,41 EUR zugrunde. Im Versicherungsverlauf des Klägers liegen vom 01.04.2006 bis 23.10.2006 von der Bundesagentur
für Arbeit gemeldete Zeiten vor.
Einem Antrag auf medizinische Reha, der vom 16.08.2006 datierte, wurde von der Beklagten noch im August stattgegeben. Die
Entscheidung über den Antrag auf Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, der von der Bundesagentur für Arbeit am 04.08.2006
an die Beklagte weitergeleitet worden war, wurde am 29.08.2006 zunächst bis zum Ende der medizinischen Rehabilitation zurückgestellt.
Der Kläger nahm ab 24.10.2006 bis 06.12.2006 an dem Heilverfahren teil. Das Übergangsgeld betrug 33,85 EUR pro Kalendertag;
die Berechnung war nach §
21 Abs.
4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) i.V.m. §
47b Abs.1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) erfolgt, wonach das Übergangsgeld in Höhe des zuvor bezogenen Arbeitslosengeldes festgestellt wurde.
Im Reha-Entlassungsbericht wurde festgehalten, dass aufgrund der antidepressiven Medikation eine Tätigkeit als Fahrlehrer
oder Busfahrer derzeit nicht möglich sei. Die Beklagte erklärte sich am 18.01.2007 grundsätzlich für Teilhabeleistungen "zuständig".
Schließlich nahm der Kläger vom 07.05.2007 bis zum 25.01.2008 an einer von der Beklagten bewilligten Leistung zur Teilhabe
im Berufsförderungsinstitut P. (praxisorientierte Reintegration) in W. teil.
Auf interne Anfrage teilte der sozialmedizinische Dienst mit, dass bereits im Zeitpunkt der Entlassung aus der medizinischen
Reha am 06.12.2006 Maßnahmen zur beruflichen Reha angezeigt waren. Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 11.06.2007
Zwischenübergangsgeld bis zum Beginn der beruflichen Rehabilitation (Zeitraum vom 07.12.2006 bis zum 06.05.2007) in derselben
Höhe wie zuvor (33,85 EUR).
Das für die Zeit vom 07.05.2007 bis 25.01.2008 bewilligte Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 30,37 EUR wurde mit Bescheid
vom 11.05.2007 nach den Bestimmungen der §§
46 ff Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) berechnet. Der letzte Arbeitgeber, das Omnibusunternehmen G., hatte auf Nachfrage der Beklagten für den letzten abgerechneten
Zeitraum vor Beginn der Maßnahme (1. bis 28.08.2005) einen Nettobetrag von 1.246,89 EUR mitgeteilt; das Arbeitsentgelt wurde
nicht als festes Monatsgehalt, sondern nach Stunden bezahlt (Bruttoarbeitsentgelt für 154,08 Stunden bei wöchentlich 38,5
Stunden). Daraus errechnete die Beklagte ein kalendertägliches Nettoarbeitsentgelt von 44,50 EUR. Mit einer Anpassung um 0,35%
ergab sich ein Betrag von 44,66 EUR. Die Höhe des Übergangsgeldes errechnete sich aus 68% dieser Berechnungsgrundlage (= 30,37
EUR pro Kalendertag). Die Vergleichsberechnung mit dem tariflichen oder ortsüblichen Entgelt führte zu keinem höheren Betrag.
Im Berechnungsbogen für das Übergangsgeld werden die einzelnen Rechenschritte dargestellt.
Mit dem Widerspruch vom 07.06. und 22.06.2007 wies der Kläger darauf hin, dass sich in seinen persönlichen Verhältnissen nichts
geändert habe, so dass das zuletzt gewährte Übergangsgeld weiter zu gewähren sei. Er berief sich auf ein Gespräch mit dem
Sachbearbeiter N. in der Auskunfts- und Beratungsstelle R ... Dieser habe ihm am 17.04.2007 mitgeteilt, dass die Berechnung
nach dem letzten Bescheid der Arbeitsverwaltung erfolge und eine Verdienst- bzw. Tariflohnbescheinigung des Arbeitgebers nicht
benötigt werde. Er monierte außerdem, dass nicht nur das Entgelt vom 01.08.2005 bis zum 28.08.2005 heranzuziehen sei, sondern
auch das hochgerechnete Entgelt bzw. Krankengeld für den Zeitraum 29.08.2005 bis 31.08.2005.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Maßgebend für die Berechnung sei die Tatsache,
dass es sich um einen sogenannten Stundenlöhner handele und die tägliche Berechnungsgrundlage aus der vereinbarten wöchentlichen
Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu errechnen sei. Ein anderer Betrag könne sich nur dann ergeben, wenn andere tarifliche Entgelte
zutreffend wären; dafür lägen aber keine Anhaltspunkte vor.
Die dagegen erhobene Klage (S 16 R 2771/07) begründete der Kläger damit, dass das Übergangsgeld in Höhe von 33,85 EUR kalendertäglich zu leisten sei, wie dies auch
für die Zwischenzeit nach dem Ende der medizinischen Reha und dem Beginn der beruflichen Reha der Fall gewesen sei.
Die Beklagte legte die Aussage des Herrn N. vor, dass er zu Einzelheiten des Gesprächs nichts mehr sagen könne. Im Allgemeinen
würden die notwendigen Formulare überreicht. Eine Übergangsgeldberechnung durch die Beratungsstelle erfolge in keinem Fall.
Das Verfahren wurde im Termin am 08.05.2008 durch eine Vereinbarung der Beteiligten über eine rechtsbehelfsfähige Überprüfung
unter Beachtung des §
21 Abs.
3 SGB VI i.V.m. §§
49,
51 SGB IX beendet.
Die Beklagte hat erneut mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 29.05.2008 die Zahlung höheren Übergangsgeldes abgelehnt.
Das Übergangsgeld sei nur während der medizinischen Reha sowie in der Zwischenzeit unmittelbar in Höhe des Arbeitslosengeldes
zu zahlen gewesen. Für die Berechnung des Übergangsgeldes während der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben sei das zuletzt
erzielte Arbeitsentgelt heranzuziehen gewesen. Auch §
21 Abs.
3 SGB VI i.V.m. §
49 SGB IX führe nicht zu einer Zugrundelegung des Arbeitslosengeldes. Diese Regelung setze voraus, dass der zuvor bezogenen Entgeltersatzleistung,
hier also dem Übergangsgeld während der medizinischen Reha und im Zwischenzeitraum, zur Berechnung ein Arbeitsentgelt zugrunde
lag. Dies sei aber nicht der Fall, da das Übergangsgeld während der medizinischen Reha unmittelbar in Höhe des Arbeitslosengeldes
gezahlt worden sei, ohne dass der Berechnung ein Arbeitsentgelt zugrunde gelegen hätte. Somit sei §
49 SGB IX nicht anwendbar und das Übergangsgeld aus dem letzten erzielten Arbeitsentgelt zu berechnen.
Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2008 zurückgewiesen.
Mit der dagegen am 15.09.2008 erhobenen Klage (S 16 R 2369/08) hat der Kläger beantragt, das Übergangsgeld für den Zeitraum der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (07.05.2007 bis 25.01.2008)
in Höhe von 33,85 EUR kalendertäglich festzustellen. Es sei kein Grund erkennbar, wieso das Übergangsgeld nicht in bisheriger
Höhe weiterzuzahlen sei.
Mit Urteil vom 30.07.2009 ist die Klage abgewiesen worden. Das Übergangsgeld sei zutreffend nach §
46 SGB IX ermittelt worden. Die Sonderregelung des §
21 Abs.
4 SGB VI gelte ausschließlich für die Berechnung von Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen.
Nach §
51 SGB IX sei das Übergangsgeld auch nur für die Zeit zwischen Ende der medizinischen Rehabilitation und dem Beginn der Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben in gleicher Höhe weiter zu zahlen. Ab dem Beginn der beruflichen Reha sei das Übergangsgeld neu
zu ermitteln.
Auch §
49 SGB IX, der die Kontinuität der Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Übergangsgeldes bei Anschluss einer Leistung zur Teilhabe
am Arbeitsleben an eine Leistung zur medizinischen Reha regele, sei hier nicht anwendbar. Denn die Sonderreglung des §
21 Abs.
3 SGB VI bestimme ausdrücklich, dass §
49 SGB IX nur mit der Maßgabe angewendet werde, dass der Versicherte unmittelbar vor dem Bezug des während der medizinischen Reha geleisteten
Übergangsgeldes Pflichtbeiträge (zur gesetzlichen Rentenversicherung) geleistet habe. Hier seien aber ausschließlich seitens
der Bundesagentur für Arbeit für die Dauer des Arbeitslosengeldbezuges Pflichtbeiträge an den gesetzlichen Rentenversicherungsträger
abgeführt worden. Nach Sinn und Zweck sowie Systematik seien diese Pflichtbeiträge nicht den Pflichtbeiträgen gleichzustellen,
die der Versicherte (selbst) entrichtet habe. Denn für die Berechnung des Übergangsgeldes könne nur dann die Berechnungsgrundlage
einer anderen Lohnersatzleistung (für Arbeitslosengeld) verwendet werden, wenn Einkommen in derselben Höhe in der gesetzlichen
Rentenversicherung versichert sei. Dies sei regelmäßig dann gegeben, wenn der zuvor bezogenen Entgeltersatzleistung, hier
also dem Übergangsgeld während der medizinischen Reha und im Zwischenzeitraum bis zur Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben,
zur Berechnung ein Arbeitsentgelt zugrunde gelegen habe. Im Gegensatz hierzu sei im vorliegenden Fall aber das zuvor bezogene
Übergangsgeld unmittelbar in Höhe des Arbeitslosengeldes gezahlt worden. Eine entsprechende Gleichstellung sei für die Dauer
der beruflichen Reha gesetzlich nicht vorgesehen.
Der Anspruch auf höheres Übergangsgeld könne auch nicht mit einer Auskunft des Sachbearbeiters (Herr N.) begründet werden.
Denn im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs könne ausschließlich gesetzmäßiges Verwaltungshandeln beansprucht
werden. Eine anderslautende Auskunft könne nicht rechtsbegründend sei. Es liege auch keine Zusicherung vor, da unstreitig
keine schriftliche Zusage erfolgt sei. Im Übrigen könne auch eine unzutreffende Zusage unter den Voraussetzungen der §§ 45, 34 Abs. 2 SGB X berichtigt werden.
Gegen das am 11.08.2009 zugestellte Urteil ist am 04.09.2009 Berufung eingelegt worden. Die Beteiligten haben sich auf ihre
bisher vertretene Auffassung bezogen.
In der mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2012 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass sich ein noch höheres als
das bisher beantragte kalendertägliche Übergangsgeld ergeben könne, wenn bei der Berechnung des Übergangsgeldes dasselbe Arbeitsentgelt
zugrunde gelegt werde wie bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes.
Darauf hin hat der Kläger den Antrag gestellt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. Juli 2009 sowie den Bescheid vom 29. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 22. August 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 11. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 13. August 2007 abzuändern und für den Zeitraum der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (7. Mai 2007 bis 25. Januar
2008) höheres Übergangsgeld zu zahlen, wobei bei der Berechnung des Übergangsgeldes von dem Arbeitsentgelt auszugehen ist,
welches dem Arbeitslosengeldbezug ab 1. April 2006 zugrunde lag.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Akten des gerichtlichen Verfahrens
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt über 750 EUR.
Dies ergibt sich bereits bei Berücksichtigung der Differenz zwischen dem von der Beklagten errechneten kalendertäglichen Übergangsgeld
(30,37 EUR) zu dem von dem Kläger zunächst beantragten Übergangsgeld (33,85 EUR) in Höhe von 3,48 EUR und des Leistungszeitraums
vom 07.05.2007 bis 25.01.2008 (260 Tage); das Übergangsgeld wird für Kalendertage gezahlt, wobei ein ganzer Kalendermonat
mit 30 Tagen angesetzt wird (§
45 Abs.
8 SGB IX).
Wird bei der Berechnung des Übergangsgeldes das Arbeitsentgelt herangezogen, welches dem Arbeitslosengeldbezug ab 01.04.2006
zugrunde lag, wird nach Auffassung des Senats sogar ein noch höheres Übergangsgeld als 33,85 EUR erreicht.
Soweit der Kläger auf diesen Hinweis des Vorsitzenden seinen Antrag entsprechend angepasst hat, handelt es sich nur um eine
ohne weiteres zulässige Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache (§
99 Abs.
3 Nr.
2 SGG); der zugrundeliegende Lebenssachverhalt ändert sich nicht. Selbst wenn eine Klageänderung angenommen würde, so wäre diese
nach Auffassung des Senats jedenfalls sachdienlich.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat für die Zeit vom 07.05.2007 bis 25.01.2008 Anspruch auf höheres Übergangsgeld, als von der Beklagten bewilligt.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem
Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht
worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Das Recht wurde nach Ansicht des Senats im Bescheid vom 07.05.2007 unzutreffend angewandt. Bei der Berechnung des Übergangsgeldes
ist nicht auf das von der Beklagten herangezogene Bruttoentgelt des letzten Abrechnungszeitraums, sondern auf die vom Arbeitsamt
im Bewilligungsbescheid vom 25.04.2006 ermittelten Berechnungsgrundlagen abzustellen.
Der Anspruch auf Übergangsgeld als solcher ist unstreitig gegeben. Die Berechnung des Übergangsgelds für die Leistung zur
Teilhabe am Arbeitsleben vom 07.05.2007 bis zum 25.01.2008 erfolgt nach §
21 Abs.
1 SGB VI i.V.m. Teil 1 Kapitel 6 des
SGB IX (§§ 44ff
SGB IX), soweit die Absätze 2 bis 4 des §
21 SGB VI nichts Abweichendes bestimmen.
Die Beklagte hat die Berechnungsregeln nach Ansicht des Senats nicht richtig angewandt, als sie bei der Höhe des Regelentgelts
nach §
47 Abs.
1 Satz 1
SGB IX das zuvor beim Arbeitgeber erfragte Entgelt für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 28.08.2005 zugrunde gelegt hat (Bruttobetrag
von 1.621,45 EUR für 154,08 Stunden bei wöchentlicher Arbeitszeit von 38,5 Stunden).
Aus der Anwendung des §
21 Abs.
3 SGB VI i.V.m. §
49 SGB IX in der hier vertretenen Auslegung ergibt sich vielmehr, dass auf das von der Arbeitsverwaltung ermittelte Bemessungsentgelt
abzustellen ist.
§
49 SGB IX regelt die Kontinuität der Bemessungsgrundlage. Danach gilt: Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld
oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am
Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem
bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Nach §
21 Abs.
3 SGB VI wird §
49 SGB IX mit der Maßgabe angewendet, dass Versicherte unmittelbar vor dem Bezug der dort genannten Leistungen Pflichtbeiträge geleistet
haben.
Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften sind erfüllt.
Der Kläger hat unmittelbar bis zum Beginn der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld bzw. Zwischenübergangsgeld
bezogen; beides fällt unter die in §
49 SGB IX genannten Leistungen (vgl. BSG, Urteil v. 28.03.1990 - 9b/11 Rar 87/89). Unmittelbar vor dem Bezug des Übergangsgeldes hat
der Kläger Arbeitslosengeld erhalten.
Es liegt für die Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung vor, wenn
die Person - wie der Kläger - im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig war, §
3 Satz 1 Nr. 3
SGB VI.
Der Anwendung des §
21 Abs.
3 SGB VI steht dabei nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht entgegen, dass der Leistungsträger die Pflichtbeiträge trägt (§
170 Abs.1 Nr. 2b
SGB VI). Entscheidend ist, dass sie für den Versicherten geleistet wurden und ihm zuzuordnen sind - wie dies der Versicherungsverlauf
zutreffend ausweist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger die von der Bundesagentur für Arbeit für ihn entrichteten
Beiträge zur Rentenversicherung über seine vorher gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zumindest zum Teil selbst
finanziert hat.
Würde §
21 Abs.
3 SGB VI im engeren Wortsinn voraussetzen, dass der Pflichtversicherte selbst die Pflichtbeiträge "geleistet" hat, so wäre der größte
Teil der Versicherten durch §
21 Abs.
3 SGB VI ausgeschlossen. Nach den Vorschriften über die Leistungen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ist dies bei abhängig Beschäftigten
nämlich regelmäßig nicht der Fall (vgl. §174
SGB VI i.V.m. §
28e SGB IV).
Die Regelung des §
21 Abs.
3 SGB VI soll vielmehr ausschließen, dass Versicherte, die keine oder nur geringe freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet
haben und zuvor etwa ihrer Beitragsleistung zur Krankenversicherung entsprechendes Krankengeld bezogen haben, Übergangsgeld
in Höhe der bisherigen Lohnersatzleistung erhalten (vgl. BTDrs11/4124 S. 158 zur Vorgängervorschrift §
23). Entscheidend ist daher nach Sinn und Zweck, ob die in §
49 SGB IX genannten Sozialleistungen auf versicherungspflichtigem Entgelt beruhen.
Unerheblich ist insoweit, dass beim Arbeitslosengeldbezug nur 80% des zugrundeliegenden Arbeitsentgelts als beitragspflichtige
Einnahmen gelten (§
166 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI). Daraus wird für die Höhe des Übergangsgelds auch sonst (außerhalb des Sonderfalls des §
49 SGB IX) keine Konsequenz gezogen. Vielmehr wird regelmäßig nach §
46 SGB IX auf den zuletzt abgerechneten Entgeltzeitraum abgestellt.
Der Anwendung des §
49 SGB IX steht auch nicht entgegen, dass die Vorschrift für die Bemessungsgrundlage des Übergangsgelds auf das bisher zugrunde gelegte
Arbeitsentgelt abstellt. Zwar wurde dem zuvor bezogenen Übergangsgeld hier kein Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, sondern das
Arbeitslosengeld (§
21 Abs.
4 SGB VI, §
47b SGB V). Deshalb wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem zuvor bezogenen Übergangsgeld gar nicht um ein Übergangsgeld
im Sinne des §
49 SGB IX handelt (vgl. für Krankengeld nach §
47b SGB V: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 21.05.2008 - L 12 AL 113/07 juris Rn. 24; so auch Schlette, in jurisPK-
SGB IX, §
49 SGB IX Rn. 5; Dalichau in Wiegand -
SGB IX-Praxis-Kommentar Stand 2/10, §
49 Rn 17; von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, 3. Auflage 2009, §
49 Rn. 3).
Den zuletzt genannten Bedenken kann aber durch eine an teleologischen Gesichtspunkten orientierte Auslegung Rechnung getragen
werden. Wie das LSG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 22.09.2011 (- L 3 U 296/08 juris -) überzeugend ausführt, handelt es sich nach dem Normaufbau des §
49 SGB IX nicht um eine Voraussetzung, sondern um die Rechtsfolgenbestimmung, dass bei Berechnung der ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt
(hier: Übergangsgeld) vom bisher zugrunde gelegten Arbeitentgelt auszugehen ist. Der Gesetzgeber hat das vorliegende Normanwendungsproblem
nicht gesehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg,aaO. m.w.N.). Er ist offenbar von dem Normalfall ausgegangen, dass den in §
49 SGB IX genannten Sozialleistungen jeweils unmittelbar der Bezug eines Arbeitsentgelts vorangeht. Der Zweck der Vorschrift spricht
aber auch hier dafür, an das zuvor - von der Arbeitsverwaltung bereits berechnete ("bisher zugrunde gelegte") - Arbeitsentgelt
anzuknüpfen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg,aaO.).
Sinn und Zweck des §
49 SGB IX ist es, einerseits die Kontinuität der Leistungen zu gewährleisten und andererseits der Verwaltungsvereinfachung zu dienen
(vgl. BSGE 51, 193; Urteil v. 07.09.2010 - B 5 R 104/08 R -juris Rn. 20). Nach den Motiven des Gesetzgebers soll das Übergangsgeld während des gesamten Rehabilitationsgeschehens
der wirtschaftlichen Situation des Behinderten und seiner Familienangehörigen Rechnung tragen. Dies bedeutet, dass der Berechnung
des Übergangsgeldes Einkommensverhältnisse zugrunde zu legen sind, die den Lebensstandard des Versicherten ausreichend widerspiegeln
(BSGE 51, 193, 195ff). Die Vorschrift dient der Vermeidung von Streit um die Bemessungsgrundlage und Verzögerungen bei der Verwaltungsentscheidung,
weil keine neuen Arbeitgeberauskünfte eingeholt werden müssen (BSG, Urteil vom 28.03.1990 - 9b/11 Rar 87/89, juris Rn.10 zur
vergleichbaren Vorschrift des § 59c AFG).
Diese Gesichtspunkte würden auch dann verwirklicht, wenn das Übergangsgeld in Höhe des bisher zugrunde gelegten Arbeitslosengeldes
weitergezahlt würde. Diese - vom Kläger zunächst vertretene Auffassung - ist jedoch nicht mit dem Gesetzeswortlaut und der
Systematik vereinbar. §
49 SGB IX ordnet nicht die Übernahme des Zahlbetrags der vorangegangenen Entgeltersatzleistung an. Die Kontinuität erstreckt sich nur
auf die Bemessungsgrundlagen, nicht auf die Höhe der Leistung (vgl. Dalichau, aaO., Rn. 15: die Höhe der Leistung richtet
sich weiterhin nach dem Prozentsatz des §
46 SGB IX). Außerdem würde durch eine solche Auslegung die Regelung des §
21 Abs.
4 SGB VI umgangen, wonach nur bei medizinischen Leistungen das Übergangsgeld nach §
47b Fünftes Buch zu berechnen ist. §
47b SGB V knüpft an das Arbeitslosengeld an, das hier 60% des Bemessungsentgelts ausmacht (§
129 SGB III), während die Höhe des Übergangsgelds hier nach 68% des maßgebenden Entgelts berechnet wird (§
46 Abs
1 Satz 3 Nr.
2 SGB IX)
Die hier vertretene Lösung führt dazu, dass ausnahmsweise die Vorschriften des
SGB III für die Berechnung herangezogen werden, obwohl das Arbeitslosengeld selbst nicht in §
49 SGB IX genannt ist. Dies erscheint im Rahmen pauschalierten Verwaltungshandelns hinnehmbar. Soweit abweichend von §
47 Abs.
1 Satz 1
SGB IX (und § 16a Abs. 2 BVG, §
47 Abs.
2 Satz 1
SGB V, §
47 Abs.
1 Satz 1
SGB VII i.V.m. §
47 Abs.
2 SGB V) nicht ein vierwöchiger Entgeltabrechnungszeitraum sondern ein Bemessungsrahmen von einem Jahr zugrunde gelegt wird (§
130 Abs.
1 SGB III), kann sich dies für den Versicherten sowohl positiv wie negativ auswirken. §
46 SGB IX spricht im Übrigen von einem mindestens vierwöchigen Zeitraum, so dass die Berücksichtigung eines längeren Zeitraums nicht
unvereinbar mit der Systematik erscheint.
Im Ergebnis ist daher bei der Anwendung des §
46 SGB IX das von der Arbeitsverwaltung zugrunde gelegte Bemessungsentgelt zugrunde zu legen.
Wird auf die Berechnungsgrundlagen des Arbeitslosengeldes abgestellt, so ist ein tägliches Bemessungsentgelt von 93,43 EUR
als kalendertägliches Regelentgelt zu berücksichtigen. Als kalendertägliches Nettoentgelt gilt dann - entsprechend den Regelungen
des
SGB III - das Leistungsentgelt (= pauschaliertes Nettoentgelt, §
129 SGB III) in Höhe von 56,41 EUR. Die genaue Höhe des Übergangsgelds wird die Beklagte zu berechnen haben; nach Einschätzung des Senats
dürfte sich voraussichtlich sogar ein höheres kalendertägliches Übergangsgeld ergeben als in erster Instanz beantragt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §
193 SGG und beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seinem Klagebegehren in der Berufung Erfolg hatte.
Die Revision war nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.