Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung; Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach dem deutsch-jugoslawischen
Versicherungsabkommen
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Bosnien-Herzegowina. Er legte in der Bundesrepublik Deutschland
im Zeitraum vom 23.01.1970 bis 31.03.1975 mit Unterbrechungen und vom 03.08.1992 bis 31.07.1998 Pflichtbeitragszeiten zurück;
in seiner Heimat liegen rentenrechtlichen Zeiten vom 01.10.1976 bis 11.12.1989 und vom 01.04.1990 bis 04.04.1992 vor. Vom
17.08.1998 bis 28.04.2006 wurde er im Arbeitslosenregister des Kantons S. geführt. Seit 24.03.2005 bezieht er eine Invalidenpension
aus der bosnisch-herzegowinischen Versicherung. Er hat den Beruf des Schlossers in seiner Heimat erlernt und diesen auch in
Deutschland bis 31.07.1998, zuletzt bei der Firma T., ausgeübt. Diese bestätigte eine Facharbeitertätigkeit als Schlosser.
Am 14.02.2005 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Dem Antrag beigefügt waren verschiedene
ärztliche Unterlagen über die Behandlung eines Clusterkopfschmerzes aus den Jahren 1995 bis 1998 sowie ein medizinisches Gutachten,
erstellt am 24.03.2005 nach einer ambulanten Untersuchung in S ... Als Diagnosen wurden eine Clusterkopfschmerz, degenerative
Veränderungen der Wirbelsäule sowie eine reaktive depressive Störung festgestellt. Es bestehe seit 24.03.2005 auf Dauer Berufs-
und Erwerbsunfähigkeit. Nach einer Stellungnahme ihres medizinischen Dienstes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.01.2007
den Rentenantrag ab, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorlägen, insbesondere seien von den letzten fünf
Jahren vor der Antragstellung nicht mindestens drei Jahre mit Beitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit
belegt. Im maßgebenden Zeitraum vom 14.02.2000 bis zum 13.02.2005 seien keine Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit vorhanden. Es bestehe jedoch seit 14.02.2005 eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit.
Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, dass er bereits seit 1998 erwerbsgemindert sei. Er fügte ein Attest des Allgemeinarztes
Dr. S. vom 02.04.2007 bei, der die Behandlung eines Clusterkopfschmerzes in den Jahren 1995 bis 1998 bestätigt, sowie ein
Attest von Sr. C. aus S., der eine ärztliche Behandlung von 1999 bis Ende 2005 bestätigt.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2007 als unbegründet zurück. Ein früherer Leistungsfall
sei nicht nachgewiesen. Zeiten der Krankheit und Arbeitslosigkeit in der Republik Bosnien und Herzegowina sowie Zeiten des
Bezugs einer Invalidenrente nach den Rechtsvorschriften von Bosnien-Herzegowina seien weder Aufschubtatbestände nach §
43 Abs.
4 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (
SGB VI) noch Anwartschaftserhaltungszeiten nach §
241 Abs.
2 SGB VI, weil das Abk. 1968/Bosnien-HerzegowinaSozSich insoweit keine Gleichstellungsregelung enthalte.
Am 23.07.2007 hat der Kläger am Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben. Das SG hat im vorbereitenden Verfahren eine Arbeitgeberauskunft eingeholt. Der Kläger hat weitere medizinische Unterlagen, u. a.
Befunde vom 06.01.2000 und vom 21.01.2000 über eine Wirbelsäulenerkrankung und vom 14.03.2000 über Kopfschmerzen übersandt.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig im August 2000 vorgelegen hätten.
Der Rentenversicherungsträger in Bosnien-Herzegowina habe ab 17.08.1998 weder Pflicht- noch freiwillige Beiträge bestätigt;
dies könne mangels Befugnis nicht beanstandet werden.
Frau Dr. L. ist mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage auf internistischem Fachgebiet beauftragt worden. Sie hat
in ihrem Gutachten vom 26.02.2008 ausgeführt, dass der Kläger seit 1992 an einem Clusterkopfschmerz und an hals- und lendenwirbelsäulenabhängigen
Beschwerden bei Aufbraucherscheinungen und einem Bandscheibenschaden in Höhe L5/S1 leide. Der Kläger sei bis zum Jahr 2005
in der Lage gewesen, mittelschwere und teilweise auch schwere Arbeiten ohne dauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule auszuüben,
auch seinen Beruf als Maschinenschlosser. Der Clusterkopfschmerz habe immer wieder kurzzeitige vorübergehende Arbeitsunfähigkeiten
bedingt.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.07. 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und sich in erster Linie auf das Ergebnis des eingeholten Gutachtens von Dr. L. gestützt, die eine zeitliche
Leistungsminderung im August 2000 ausschloss.
Dagegen hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Telefax vom 29.10.2008 am SG Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, dass der Kläger einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung
gemäß §
43 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2, Abs.
5 SGB VI habe. Das Gericht habe die Voraussetzungen des §
43 Abs.
5 SGB VI nicht geprüft. Es liege eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung (
BKV) oder der Nr. 2106 vor. Der diagnostizierte Bandscheibenvorfall sei auf das Heben und Tragen schwerer Lasten und auf die
Zwangshaltungen währen der Beschäftigungszeiten in Deutschland zurückzuführen. Zudem sei der Kläger auch in der Zeit ab dem
01.08.1998, als er Deutschland verlassen habe, Leistungsbezieher des deutschen Arbeitsamts gewesen. Er habe Kurzarbeitergeld
nach dem
SGB III bezogen.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass es sich um eine anerkannte Berufskrankheit handeln müsse, der Kläger keinen Antrag
auf Anerkennung bei einer deutschen Berufsgenossenheit gestellt habe und sich aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine
Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Erwerbsminderung aufgrund einer Berufskrankheit eingetreten sei. Der Bezug von Kurzarbeitergeld
sei nicht nachgewiesen.
Auf Nachfrage des Senats hat die zuständige Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd mitgeteilt, dass keine Feststellungsverfahren
zu den Berufskrankheiten 2106 und 2108 gemeldet seien. Es könne sowohl der behandelnde Arzt als auch der Versicherte selbst
einen Antrag stellen. Der Senat hat die Entlassungsberichte des Krankenhauses aus den Jahren 1992 und 1993 beigezogen sowie
einen Befundbericht des Allgemeinarztes H. eingeholt und den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. mit der Erstellung
eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 19.05.2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass der
Kläger unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Stunden täglich arbeiten könne.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 26.10.2009 hat Dr. D. ausgeführt, dass der Kläger auch im August 2000 in der Lage gewesen
sei, mindestens 6 Stunden täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten, ebenso die Tätigkeit eines
Schlossers. Anhaltspunkte für eine Berufskrankheit sehe er nicht.
Die BG Metall hat mitgeteilt, dass sie die Anerkennung einer Berufskrankheit der Wirbelsäule mit Bescheid vom 13.11.2009 abgelehnt
und die Berufskrankheit der Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) mit Bescheid vom 30.10.2009 anerkannt habe.
Auf Antrag des Klägers ist der Allgemeinarzt Dr. C. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach
ambulanter Untersuchung gemäß §
109 SGG beauftragt worden. Dr. C. hat in seinem zweiseitigen Gutachten vom 11.05.2010 festgestellt, dass der Kläger seit dem Jahr
2000 leistungsunfähig gewesen sei. Er hat dies auf die Kopfschmerzen zurückgeführt.
Die Beklagte hat sich in ihrer Stellungnahme vom 26.07.2010 diesem Gutachten nicht angeschlossen.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 21. Juli 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Januar 2007 in
der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. März 2005
Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verwaltungsakten der BG Metall Nord Süd und die
Klageakten beider Rechtszüge vor. Auf deren Inhalt, insbesondere auf die vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten
wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2007, mit dem
die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger auf dessen Antrag vom 14.02.2005 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG hat zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 21.07.2008 die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch
auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Zwar hat die Beklagte den Leistungsfall der teilweisen Erwerbsminderung und den der
teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Antragstellung anerkannt, jedoch liegen zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen nicht mehr vor.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung setzt voraus, dass aus gesundheitlichen Gründen eine Erwerbsminderung gegeben
ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit vorliegen (sog. Drei-Fünftel-Belegung) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt
ist (§
43 Abs.
1,
2 SGB VI). Zwar erfüllt der Kläger die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (vgl. §
50 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB VI), denn er hat in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 130 Monate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Es liegen aber keine
ausreichenden Hinweise vor, die die Annahme einer rentenrelevanten Erwerbsminderung zu einem Zeitpunkt rechtfertigen, als
die versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung noch gegeben war. Aufgrund der bis Juli 1998 geleisteten
Pflichtbeiträge waren die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zuletzt
bei einem Leistungsfall im August 2000 erfüllt. Eine Anwendbarkeit der deutsch-jugoslawischen Versicherungsabkommen (DJSVA
vom 12.10.1968, BGBl.II 1969 S.1438 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974, BGBl.II 1975 S.390) unterstellt,
das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Bosnien-Herzegowina laut Bekanntmachung vom 16.11.1992 (BGBl.II 1992, S.1196)
weiter gelten soll, sind zwar gemäß Art. 25 Beitragszeiten, die in Bosnien-Herzegowina zurückgelegt sind, für die Anwartschaftserhaltung
der deutschen Rente anrechnungsfähig, das DJSVA enthält jedoch keine Gleichstellung des Rentenbezugs oder der Arbeitslosigkeit,
die der Kläger angibt. Es sind damit keinerlei sog. Verlängerungstatbestände im Sinne von §
43 Abs.
4 SGB VI oder Anwartschaftserhaltungszeiten nach §
241 Abs.
2 Satz 1
SGB VI belegt, die die vorhandenen Beitragslücken, insbesondere ab dem Jahr 1998 schließen würden.
Den vorhandenen medizinischen Unterlagen lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass bereits im August 2000 eine rentenberechtigende
Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens bestanden hätte. Der Kläger hat nach den vorliegenden Unterlagen zu diesem
Zeitpunkt an Clusterkopfschmerzen sowie an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule gelitten. Zwar haben die Clusterkopfschmerzen
nach den Unterlagen des behandelnden Hausarztes Dr. H. ab 1995 bis 1998 immer wieder zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit geführt,
ein dauerhaftes Absinken des Leistungsvermögens unter sechs Stunden täglich ist bis spätestens im August 2000 nach Aktenlage
jedoch nicht belegbar. Dagegen spricht, dass beim Kläger bis zur Aufgabe seiner Tätigkeit in Deutschland zum 31.07.1998 nach
dem in den Akten enthaltenen Versicherungsverlauf bis auf fünf Wochen im November/Dezember 1993 und zwei Tagen im August 1994
keine Zeiten des Bezugs von Krankengeld gespeichert sind. Aus den vorliegenden Berichten des Krankenhauses St. E. ist zudem
zu entnehmen, dass der Kläger nach kurzen Aufenthalten in den Jahren 1995, 1996 unter keinen Clusterkopfschmerzattacken mehr
litt. Aus dem entscheidenden Jahr 2000 liegen lediglich orthopädische Befunde über degenerative Veränderungen der Wirbelsäule
vor. Somit können die Einschätzungen der Sachverständigen Dr. L. und Dr. D., die eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens
bis August 2000 ausschließen, nicht beanstandet werden. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an. Erst im Jahr 2005
anlässlich der Untersuchung durch die Invalidenkommission konnte eine dauerhafte quantitative Leistungseinschränkung festgestellt
werden, wie es die Beklagte angenommen hat. Die Rentenantragstellung erst im Jahr 2005 sowie die bis dahin erfolgte regelmäßige
Arbeitslosmeldung in S. sprechen ebenfalls gegen einen Eintritt des Leistungsfalls bereits im August 2000.
Somit ist bei Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen nicht nachgewiesen, dass der Kläger bereits im August 2000 in einem
Maße gesundheitlich beeinträchtigt war, welches zu einer Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens führen könnte.
Nicht überzeugend für den Senat sind die Schlussfolgerungen von Dr. C. in seinem Gutachten vom 11.05.2010. Er stützt das seiner
Auffassung nach bereits seit dem Jahr 1998 aufgehobene Leistungsvermögen des Klägers auf die dokumentierten Kopfschmerzen,
ohne dies jedoch näher zu begründen. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers gegenüber dem Zeitraum, als
er noch vollschichtig gearbeitet hat, ist nicht dokumentiert. Dr. C. führt vielmehr aus, dass der Kläger bei Kopfschmerzanfällen
zu jeglicher Aktivität unfähig gewesen sei, was der Senat auch nicht anzweifelt, und in kopfschmerzfreien Phasen die Leistungsfähigkeit
zum Teil eingeschränkt gewesen sei. Dies heißt aber gerade, dass der Schluss von Dr. C., der Kläger sei seit 1998 völlig leistungsunfähig,
widersprüchlich ist und eine vollständige Aufhebung der Leistungsfähigkeit gerade nicht vorgelegen hat.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ergibt sich auch nicht aus anderen Vorschriften des
SGB VI. Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne des §
43 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, mit dem die allgemeine Wartezeit
vorzeitig erfüllt ist (§
43 Abs.
5 SGB VI). Gründe hierfür, insbesondere für eine vorzeitige Erfüllung der Wartezeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit
(§
53 Abs.
1, Nr.
1 SGB VI), scheiden hier, entgegen des Vortrages des Prozessbevollmächtigten, aus.
Zwar hat Beklagte selbst zu entscheiden, ob eine Berufskrankheit vorliegt und der Senat ist auch an diese Entscheidung oder
an eine Entscheidung der Berufsgenossenschaft nicht gebunden, da insoweit keine Tatbestandswirkung eintritt (vgl. Niesel in
Kass. Komm. § 53 RdNr. 7). Es liegt nach Auswertung aller medizinischen Unterlagen jedoch nach Auffassung des Senats keine
Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage zur
BKV vor.
Gemäß §
9 Abs.1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (
SGB VII) sind Berufskrankheiten solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach §
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach der Nr. 2108 der
Anlage 1 zur BKVO bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten
in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung
oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Feststellung dieser BK hat zur Voraussetzung, dass zum einen in der Person des Klägers die arbeitstechnischen Voraussetzungen
gegeben sind, d.h. dass er im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigende Tätigkeiten ausgeführt hat, die geeignet sind
einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss eine bandscheibenbedingte
Erkrankung im Bereich der LWS vorliegen, die im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die
belastende berufliche Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsausfüllende Kausalität). Schließlich muss die schädigende Tätigkeit
aufgegeben worden sein. Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs liegt vor, wenn nach vernünftiger Abwägung aller
Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche
Überzeugung gegründet werden kann. Eine Möglichkeit verdichtet sich zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen
Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung
ausscheiden (Bereiter-Hahn/Schiecke/Mehrtens, Unfallversicherung, §
9 SGB VII, Anm. 10.1. mwN). Die Beweislast dafür, dass die Erkrankung der LWS durch arbeitsplatzbezogene Einwirkungen verursacht worden
ist, trägt der Versicherte.
Im vorliegenden Fall erfüllt der Kläger nach den Feststellungen des Präventionsdienstes vom 29.10.2009 bereits die arbeitstechnischen
Voraussetzungen zur Feststellung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKVO nicht, so dass es auf das Vorliegen eines belastungstypischen Schadensbildes nicht ankommt. Dies ist für den Senat nach den
im ehemaligen Betrieb des Klägers vorgenommenen Ermittlungen auch überzeugend, da die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eines
Schlossers lediglich mit einzelnen Hebetätigkeiten verbunden war und nicht mit routinemäßigen Hebevorgängen oder aus extremer
Rumpfbeugehaltung.
Die von der BG anerkannte BK der Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) der
BKV hat weder nach Aktenlage noch nach dem Vortrag des Klägers zum Eintritt der Erwerbsminderung geführt.
Auch die Voraussetzungen des §
241 Abs.
2 SGB VI liegen nicht vor. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung
nicht erforderlich, wenn Versicherte vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und jeder Kalendermonat vom
01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist. Solche Anwartschaftserhaltungszeiten
liegen bereits von Januar 1990 bis März 1990 und von Mai 1992 bis Juli 1992 nicht vor. Dieser Zeitraum kann auch nicht durch
die Zahlung freiwilliger Beiträge voll ausgefüllt werden, denn die Zahlung freiwilliger Beiträge ist nur wirksam, wenn sie
bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§
197 Abs.
2 SGB VI). Mit Ausnahme des Zeitraums ab 01.01.2004, für den das Gesetz die Zahlung freiwilliger Beiträge wegen des ab 14.02.2005
laufenden Verfahrens gestattet (§§
198 Satz 1, §
197 Abs.
2 SGB VI), könnten für die unbelegten Zeiten freiwillige Beiträge nicht entrichtet werden.
Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach
§
240 SGB VI. Hiernach sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit
von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten
auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§
240 Abs.
2 Satz 1
SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten,
die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung
sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§
240 Abs.
2 Satz 2
SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§
240 Abs.
2 Satz 4
SGB VI).
Für einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit muss ebenso wie für einen Anspruch
auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der oben
genannten Drei-Fünftel-Belegung erfüllt sein. Anhaltspunkte, dass der Kläger bereits im August 2000 seinen Beruf als Schlosser
nicht mehr ausüben konnte, finden sich in den Unterlagen nicht. Wie oben bereits ausgeführt, hat der Clusterkopfschmerz zum
Vorliegen von Zeiten der Arbeitsunfähigkeit geführt, jedoch nicht zu einer Einschränkung der Tätigkeit als Schlosser. Der
Kläger hat diese auch bis Juli 1998 trotz Vorliegens der Kopfschmerzsymptomatik vollwertig ausgeübt. Medizinische Befunde,
dass sich diese Erkrankung bis August 2000 verschlechtert hat, existieren nicht.
Ebenso verhält es sich mit den diagnostizierten Befunden auf orthopädischem Fachgebiet. Der Kläger leidet zwar an HWS- und
LWS-Beschwerden aufgrund degenerativer Veränderungen, diese haben jedoch nicht einmal zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit
geführt. Der behandelnden Hausarzt Dr. H. hat lediglich einmalig eine Behandlung und eine fünftägige Arbeitsunfähigkeit aufgrund
einer akuten Lumboischialgie im Dezember 1995 bestätigt. Aus den vorhandenen Befunden aus dem Jahr 2000 ist lediglich eine
Behandlungsbedürftigkeit und Überweisung zum Neurologen zu entnehmen, eine Verschlechterung der Wirbelsäulenbeschwerden ist
aber nicht dokumentiert. Der Senat schließt sich daher der Einschätzung von Dr. L. und Dr. D. an, dass der Kläger im Jahr
2000 seine Tätigkeit als Schlosser noch ausüben konnte, zumal den medizinischen Sachverständigen das Tätigkeitsprofil durch
die Arbeitgeberauskunft zur Verfügung stand. Damit ergibt sich für den Senat, dass auch der Eintritt des Leistungsfalles einer
etwaigen teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Jahre 2000 nicht nachgewiesen ist. Auch im sozialgerichtlichen
Verfahren trägt derjenige die objektive Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen.
Der Grundsatz der objektiven Beweislast kommt immer dann zum Tragen, wenn trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung der
Sachverhalt nicht mehr vollständig aufklärbar ist. Dies ist hier der Fall (vgl. Keller in Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Auflage 2008 §
118 RdNr. 5 ff).
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 21. Juli 2008 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß §
193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger mit seiner Klage auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.