Verfassungsmäßigkeit der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten und er begrenzten Gesamtleistungsbewertung in der gesetzlichen
Rentenversicherung
Tatbestand:
Streitig ist eine höhere Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung weiterer Versicherungszeiten.
Die Beklagte bewilligte dem 1942 geborenen Kläger mit Bescheid vom 23.02.2004 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach
Altersteilzeitarbeit in Höhe von 491,51 Euro ab 01.12. 2003.
Im Versicherungsverlauf des Bescheids waren u.a. Zeiten der Schulausbildung von Juli 1958 bis April 1960 (mit dem Vermerk:
keine Anrechnung vom 05.07.1958 bis 04.07.1959), Pflichtbeiträge während beruflicher Ausbildung ab 19.04.1960 und danach bis
31.03.1964, Zeiten weiterer Schulausbildung vom 01.04.1964 bis 24.02.1965 und vom 11.10.1965 bis 18.04.1968, Zeiten der Hochschulausbildung
vom 19.04.1968 bis 13.07.1977 (Vermerk: Höchstdauer überschritten) sowie zwischenzeitliche Zeiten der Arbeitslosigkeit zwischen
dem 02.10.1972 und 01.05.1975 (Vermerk: ohne Anrechnung) aufgeführt.
Bei der Bewertung beitragsfreier Zeiten wurde darauf hingewiesen, dass die Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung,
die über drei Jahre hinausgingen, keine Entgeltpunkte erhielten.
Abgelehnt wurde in der ergänzenden Begründung des Bescheids die Anerkennung einer Zeit vom 01.04.1964 bis 15.04.1965 als Beitragszeit,
weil ein Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis nicht vorgelegen habe; ebenso wurden Anrechnungszeiten
wegen Krankheit vom 10.01.1974 bis 01.03.1974 und vom 23.07.1974 bis 31.10.1974 abgelehnt, weil diese Zeiten bereits mit einer
anderen rentenrechtlichen Zeit belegt seien, und auch die Anerkennung von Anrechnungszeiten zwischen dem 02.10.1972 bis 01.05.1975
mit der Begründung, eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit sei nicht unterbrochen worden.
Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid begehrte der Kläger die Anerkennung bzw. Bewertung weiterer bei der Rentenberechnung
nicht berücksichtigter Zeiten. Die Zeit seiner "familienhaften Mitarbeit" im Anwaltsbüro seiner Mutter mit einem monatlichen
Entgelt von ca. 300,- DM in der Zeit vom 01.04.1964 bis 15.04.1965 sei als Beitragszeit anzuerkennen, die Schul- und Hochschulausbildungszeiten
(u.a. Hochschulausbildung von April 1968 bis Juli 1977) seien ungekürzt bzw. entsprechend den rentenrechtlichen Bestimmungen
im Zeitpunkt der Ausbildung zu berücksichtigen. Ersatzweise müsse eine während des 1977 abgeschlossenen Studiums der Betriebswirtschaft
durchgeführte berufliche Weiterbildung zum praktischen Betriebswirt zwischen Oktober 1972 und Juli 1974 bzw. Mai 1975 anerkannt
werden.
Der Kläger verwies dazu auf eine von seiner Mutter am 19.02.1966 ausgestellte Bescheinigung über seine Beschäftigung mit Buchführungs-
und allgemeinen Büroarbeiten in ihrem Anwaltsbüro in der Zeit vom 01.04.1964 bis 15.04.1965, ferner auf eine Aufstellung über
Zeiten einer vom Arbeitsamt geförderten berufliche Fortbildung an einer Fachschule für Betriebswirtschaft mit Unterbrechungen
durch Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum von 02.10.1972 bis 01.05.1975 sowie auf Unterlagen über die Bewilligung von Unterhaltsgeld
in dieser Zeit, konkret in den Zeiträumen vom 02.10.1972 bis 31.03.1973, vom 02.04.1973 bis 29.09.1973, vom 01.10.1973 bis
22.07.1973 (dann Krankengeldzahlung ab 24.07.1973) und vom 01.11.1974 bis 01.05.1975.
Die Beklagte, die in ihrem Kontenarchiv eine 1960 ausgestellte und 1972 aufgerechnete Versicherungskarte Nr. 1 der Angestelltenversicherung
mit bescheinigten Beitragsentrichtungen bis 31.03.1964 sowie eine Kontenkarte auf den Namen des Klägers ermittelt hatte, wies
den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2004 zurück. Die behauptete Beitragszeit vom 01.04.1964 bis 15.04.1965
könne nicht anerkannt werden, da es sich bei der damaligen Tätigkeit um familienhafte Mitarbeit im elterlichen Betrieb gehandelt
habe und eine Beitragsentrichtung weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht sei. Bei dem Umfang der behaupteten Beitragsentrichtung
hätte mindestens eine Versicherungskarte vorhanden sein müssen, die nach erfolgter Beitragsentrichtung auch in das Konterarchiv
der Beklagten hätte gelangen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall. Versicherungsunterlagen hätten nicht ermittelt werden
können. Die eingereichte Arbeitgeberbescheinigung sei kein Nachweis für die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen
Rentenversicherung, sie könne allenfalls die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses glaubhaft machen. Die Zeiten der Arbeitslosigkeit
vom 02.10.1972 bis 01.05.1975 könnten als Anrechnungszeiten nach §
58 Abs.
1 S. 1 Nr.
3 SGB VI nicht anerkannt werden, weil sie eine versicherte Tätigkeit nicht unterbrochen hätten. Dies setze voraus, dass die Arbeitslosigkeit
in dem Monat beginne, der auf den Monat folge, in dem der letzte Pflichtbeitrag entrichtet sei; alternativ genüge es, wenn
vor der betreffenden Anrechnungszeittatsache irgend eine andere Anrechnungszeit oder eine Kette aneinander gereihter Anrechnungszeiten
i. S. des §
58 Abs.1
SGB VI liege und die erste dieser Zeiten eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit unterbreche. Das sei hier nicht der Fall.
Im Zeitraum vom 25.02.1965 bis 10.10.1965 bestehe eine Lücke im Versicherungsverlauf, Nachweise für eine rentenrechtliche
Zeit seien insoweit nicht erbracht worden.
Weiter wurde ausgeführt, eine Bewertung schulischer Anrechnungszeiten von mehr als drei Jahren sei nach den gesetzlichen Bestimmungen
(§§ 58 Abs.1 Nr. 4 in der Fassung des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und
zur Förderung des kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens - AvmEG - vom 21.03.2001, 74 S. 3
SGB VI in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung) trotz grundsätzlicher Anerkennung der schulischen Ausbildungszeiten nach vollendetem
17. Lebensjahr bis zu einer Höchstdauer von acht Jahren nicht möglich. Im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung wirke sich aber
die Berücksichtigung auch der anerkannten, über drei Jahre hinausgehenden beitragsfreien Zeiten u.a. wegen schulischer Ausbildung
indirekt positiv aus.
Mit seiner Klage zum Sozialgericht (SG) verfolgte der Kläger sein Begehren weiter.
In der mündlichen Verhandlung wies der Vertreter der Beklagten darauf hin, dass der streitige Zeitraum vom 01.04.1964 bis
15.04.1965 im Rahmen einer Kontenklärung mit Bescheid vom 17.07.1998 als Schulzeit anerkannt worden war. Die Gründe dafür
seien aus den Akten nicht mehr ersichtlich.
Das SG wies die auf Anerkennung des Zeitraums vom 01.04.1964 bis 15.04.1965 als Beitragszeit, des Zeitraums der Arbeitslosigkeit
vom 02.10.1972 bis 01.05.1975 als Anrechnungszeit und Anrechnung des Zeitraums der Schul- und Hochschulausbildung in vollem
Umfang gerichtete Klage mit Urteil vom 28. März 2008 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten
Versicherungszeiten. Zur Begründung wurden im Wesentlichen die bereits im Widerspruchsbescheid enthaltenen Gründe angeführt.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil und bezieht sich zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen.
Zusätzlich macht er geltend, er halte die der rentenrechtlichen Berücksichtigung der schul- und Hochschulzeiten zugrunde liegenden
gesetzlichen Bestimmungen für nicht verfassungsgemäß.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 28. März 2008 sowie unter Abänderung des Bescheides
vom 23.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2004 zu verurteilen,
1. den Zeitraum vom 01.04.1964 bis 15.04.1965 als Beitragszeit anzuerkennen,
2. den Zeitraum der Arbeitslosigkeit bzw. des Schulbesuchs zwischen dem 02.10.1972 und 01.05.1975 als Anrechnungszeit anzuerkennen
und
3. den Zeitraum der Schul- und Hochschulausbildung in vollem Umfang anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers keine neuen Erkenntnisse ergäben.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen
Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143. 151
Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) ist zulässig, sie erweist sich aber nicht als begründet.
Zu Recht hat das Erstgericht die Klage gegen den Bescheid vom 23.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.2004
abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Altersrente unter Anerkennung oder weiterer Anrechnung der geltend gemachten
rentenrechtlichen Zeiten. Die von der Beklagten vorgenommene Rentenberechnung entspricht den gesetzlichen Bestimmungen und
ist nicht zu beanstanden. Die Versicherungszeiten des Klägers wurden dabei vollumfänglich berücksichtigt.
1. Die geltend gemachte Zeit der nach Angaben des Klägers "familienhaften Mitarbeit" im Anwaltsbüro seiner Mutter vom 01.06.1964
bis 15.04.1965 kann nicht als weitere Beitragzeit anerkannt werden, da sie weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht ist.
Als Nachweis kommen insoweit vor allem Versicherungsunterlagen in Betracht. In dem hier in Frage stehenden Zeitraum bis 31.12.1972
wurden zum Nachweis der Beitragsentrichtung aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung Versicherungskarten bzw. Quittungskarten
mit Eintragungen zum Beschäftigungsverhältnis und zum versicherungspflichtigen Arbeitsentgelt verwendet, welche ausreichend
Platz für die Eintragung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse und Beitragsentrichtungen enthielten; sie wurden nach Gebrauch
zur Aufrechnung bzw. zum Umtausch gegen eine neue Karte an die Ausgabestelle zurückgegeben, die dem Versicherten darüber eine
sog. Aufrechnungsbescheinigung ausstellte. Solche Versicherungsunterlagen, die eine Beitragsentrichtung in der streitigen
Zeit bestätigen, sind vorliegend nicht vorhanden. Es fand sich weder im Archiv der Beklagten eine entsprechende Karte mit
Eintragungen über diese Zeit, noch konnte der Kläger selber eine in seinem Besitz befindliche nicht aufgerechnete Karte oder
eine Aufrechnungsbescheinigung vorlegen. Die ins Beklagtenarchiv gelangte Versicherungskarte 1 des Klägers, auf der Beitragsentrichtungen
bis 31.03.1964 bescheinigt sind, war bei ihrer Aufrechnung "voll"; sie hatte also keinen Platz für weitere Eintragungen über
Beitragsentrichtungen an eine zuständige Einzugsstelle. Für eine Beitragsentrichtung ab 01.04.1964 hätte daher eine neue Versicherungskarte
Nr. 2 benutzt werden müssen.
Eine solche ist möglicherweise seinerzeit auch ausgestellt worden - worauf ein Vermerk auf der im Archiv aufbewahrten früheren
Kontenkarte mit dem Namen des Klägers hindeutet -, über ihren Inhalt oder Verbleib ist aber nichts bekannt.
Eine Beitragsentrichtung in der streitigen Zeit ist auch nicht wenigstens glaubhaft gemacht worden. Insoweit lässt §
286 Abs.
5 SGB VI (Sonderregelung zu §§
199,
203 SGB VI für die Zeiten bis 31.12.1972) die Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt und
der tatsächlichen Entrichtung von entsprechenden Beiträgen genügen, wenn die Beschäftigung vor dem Ausstellungstag einer Versicherungskarte
liegt oder auf der Karte nicht bescheinigt ist. Nach §
286 Abs.
6 i. V. m. §
203 Abs.
2 SGB VI genügt bei nachgewiesenem versicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis für die Anerkennung als Beitragszeit auch die
Glaubhaftmachung des Abzugs des auf den Versicherten entfallenden Beitragsanteils vom Arbeitsentgelt.
Als glaubhaft gemacht in diesem Sinne ist eine Tatsache dann anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen,
die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 S. 1 SGB X).
Auch nach diesen Regelungen kommt eine Anerkennung der streitigen Beitragszeit nicht in Betracht, denn eine versicherungspflichtige
Beschäftigung ist nach dem gesamten Sachverhalt nicht überwiegend wahrscheinlich. Von einer Glaubhaftmachung der Beitragsentrichtung
oder auch nur des Abzugs eines Beitragsanteils vom Arbeitsentgelt in diesem Sinne kann ebenfalls nicht die Rede sein. Der
Kläger konnte dazu nichts Näheres vorbringen und durch geeignete Unterlagen belegen. Die einzig noch vorhandene Bescheinigung
seiner Mutter aus dem Jahre 1966 sagt nichts über Umfang und Versicherungspflichtigkeit der damaligen Beschäftigung aus, erst
recht finden sich darin keine Angaben über die tatsächliche Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung. Die vom Kläger
für diese Beschäftigung selbst gewählte Formulierung "familienhafte Mitarbeit" lässt zudem darauf schließen, dass ein formelles
Beschäftigungsverhältnis mit Beitragsentrichtung zur Rentenversicherung eher nicht vorlag. Schließlich lässt auch die Tatsache,
dass die streitige Zeit bisher als Zeit der Schulausbildung anerkannt war, eine Beitragsentrichtung auf Grund eines versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses in der gleichen Zeit nicht als überwiegend wahrscheinlich erscheinen.
2. Die Anerkennung einer Anrechnungszeit nach §
58 Abs.
1 Nr.
3 SGB VI im Zeitraum vom 02.10.1972 bis 01.05.1975 kann ebenfalls nicht erfolgen.
Nach dieser Vorschrift sind Anrechnungszeiten solche Zeiten, in denen ein Versicherter wegen Arbeitslosigkeit bei einem deutschen
Arbeitsamt als Arbeitssuchender gemeldet war und eine öffentliche Leistung bezogen hat oder nur wegen zu berücksichtigenden
Einkommens oder Vermögens nicht bezogen hat. Die Zeit der Arbeitslosigkeit muss eine versicherte Beschäftigung oder selbständige
Tätigkeit unterbrochen und mindestens einen Kalendermonat angedauert haben (§§
58 Abs.
2 S. 1, 252 Abs.
7 SGB VI)
Der Kläger hat die Arbeitslosigkeit in den streitigen Zeiträumen zwischen dem 02.10.1972 und dem 01.05.1975 durch verschiedene
Unterlagen nachgewiesen. Sie ist dementsprechend im zum Rentenbescheid gehörenden Versicherungsverlauf als Arbeitslosigkeit
mit dem Vermerk "ohne Anrechnung" ausgewiesen. Ihre Anerkennung als Anrechnungszeit scheitert an dem Erfordernis der Unterbrechung
einer vorangegangenen versicherungspflichtigen Beschäftigung. Eine solche hatte der Kläger zuletzt im März 1964 ausgeübt.
Zwar genügt es für die Unterbrechung, wenn nach dem Ende der Anrechnungszeittatsache eine andere Anrechnungszeit oder eine
Kette aneinandergereihter Anrechnungszeittatsachen im Sinne des §
58 Abs.
1 SGB VI liegen und jedenfalls die erste dieser Zeiten eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit unterbricht (vgl.
u.a. BSG in SozR Nr. 32 zu § 1259
RVO). Dabei brauchen die einzelnen Zeiten nicht nahtlos aufeinander folgen; es reicht aus, wenn die nachfolgende Zeit bis zum
Ablauf des Kalendermonats beginnt, der dem Kalendermonat des Endes der vorhergehenden Zeit folgt. Auch eine solche Kette aneinandergereihter
Anrechnungszeiten nach dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung ist vorliegend jedoch wegen einer Lücke
im Versicherungsverlauf in der Zeit vom 25.02.1965 bis 10.10.1965 nicht gegeben.
Als Anrechnungszeit wegen Schul- oder Fachschulbesuch kommt diese Zeit schließlich ebenfalls nicht in Betracht. Unterlagen
über einen Schulbesuch liegen jedenfalls nicht vor.
3. Auch eine weitere Anrechnung der vom Kläger zwischen dem 05.07.1958 und 13.07. 1977 zurückgelegten Schul- und Hochschulausbildung
ist rechtlich nicht möglich. Die von der Beklagten insoweit vorgenommene Anrechnung und Bewertung der im Bescheid aufgeführten
schulischen Anrechnungszeiten steht in Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und ist nicht zu beanstanden.
Nach §
58 Abs.
1 Nr.
4 SGB VI in der seit 01.01.2002 gültigen Fassung sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr
eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten
einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren. Die Bewertung der Zeiten schulischer Ausbildung
bestimmt sich nach den §§
71 ff.
SGB VI. Die Beklagte hat dementsprechend zutreffend schulische Ausbildungszeiten des Klägers im Umfang von acht Jahren anerkannt,
in Übereinstimmung mit §
74 S. 2
SGB VI in der bis 31.12. 2004 geltenden Fassung den sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebenden Wert für jeden Kalendermonat
auf 0,0625 Entgeltpunkte begrenzt und gem. §
74 S. 3
SGB VI in der vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung Entgeltpunkte für Zeiten einer schulischen Ausbildung nur für insgesamt drei
Jahre ermittelt.
Die darüber hinaus gehende Anerkennung schulischer Ausbildungszeiten im Umfang von bis zu acht Jahren wirkt sich beim Kläger
jedoch dadurch indirekt positiv aus, dass beitragsfreie Zeiten (also auch Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung)
im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung bei der Ermittlung der belegungsfähigen Kalendermonate als nicht belegungsfähige Monate
abgesetzt werden und sich dadurch sowohl bei der Grundbewertung als auch bei der Vergleichsbewertung ein höherer Durchschnittswert
und damit ein höherer Gesamtleistungswert ergibt.
Die Anrechnung der Schul- und Hochschulzeiten in dem Umfang wie zur Zeit der Ausbildung nach den damaligen Bestimmungen vorgesehen,
kann der Kläger demgegenüber nicht begehren. Die seinerzeit geltenden Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) sind mit Inkrafttreten des
SGB VI zum 01.01.1992 außer Kraft getreten. Die Vorschriften des
SGB VI finden seitdem auch auf die vor seinem Inkrafttreten liegenden Sachverhalte Anwendung (§
300 Abs.
1 SGB VI). Darüber hinaus hat die Rentenberechnung grundsätzlich nach den bei Eintritt des Leistungsfalles geltenden Bestimmungen
zu erfolgen. In zuvor ergangenen Vormerkungsbescheiden werden im Wesentlichen nur Daten zum zeitlichem Umfang von Versicherungszeiten
und deren Charakter (Beitragszeit, Anrechnungszeit etc.) festgestellt, über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf
enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (§
149 Abs.
5 S. 3
SGB VI).
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die heutigen Regelungen des §
58 Abs.
1 Nr.
4 SGB VI i.V.m. §
74 S. 2 und 3
SGB VI und die darin enthaltenen Einschränkungen bestehen nach Auffassung des Senats nicht.
Eine Verletzung von Art.
14 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) liegt nicht insoweit vor. Die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung
ist zwar grundsätzlich durch Art.
14 GG geschützt, auch der Kläger verfügte vor seiner Berentung über eine solche eigentumsgeschützte Anwartschaft. Doch schließt
dieser verfassungsrechtliche Eigentumsschutz des Art.
14 GG die Umgestaltung von Rentenanwartschaften durch Änderungen des Rentenversicherungsrechts nicht aus. Die Eigentumsgarantie
lässt vielmehr insbesondere auch Anpassungen an veränderte Bedingungen und dabei auch wertmäßige Verminderungen von Anwartschaften
zu (BVerGE 100, 1, 37 ff.) Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und
Schranken des Eigentums nach Art.
14 Abs.
1 S. 2
GG durch den Gesetzgeber. In der Entscheidung des BVerfG vom 27.02.2007 (1 BvL 10/00) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4a und S. 2 i.V.m. § 74 S. 1 und 2 SGBVI in der Fassung des
Art. 1 Nr. 11 Bst. A Nr. 16 des Wachstums- und Beschäftigungsgesetzes vom 25.09.1996 wird dazu ausgeführt, dass bei Eingriffen
in schon bestehende Anwartschaften die in ihnen von vornherein angelegte Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen zu
berücksichtigen sei. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen würde dem Rentenversicherungsverhältnis
widersprechen, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip,
sondern wesentlich auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruhe. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers
verenge sich allerdings in dem Maße, in dem Rentenanwartschaften durch eigene Leistungen der Versicherten geprägt seien. Einer
durch sie begründeten rentenrechtlichen Position komme höherer Schutz gegen staatliche Eingriffe zu als nicht auf eigener
Beitragsleistung beruhenden Anwartschaften. Bei Ausbildungszeiten handle es sich nicht um Eigenleistungen der Versicherten,
die der Rentenversicherung zugute kämen. Die Nichtberücksichtigung und geringere Bewertung von Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung
seien als Teil der Maßnahmen, die der Gesetzgeber zur Konsolidierung der Finanzlage in der gesetzlichen Rentenversicherung
getroffen habe, geeignet und erforderlich, um die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung bei Berücksichtigung
der demographischen Veränderungen weiterhin zu gewährleisten. Die Betroffenen würden demgegenüber nicht übermäßig belastet,
zumal sie für diese Zeiten keine Beiträge entrichtet hätten.
Der Senat hält bei Berücksichtigung dieser Maßstäbe auch die hier in Frage stehenden Regelungen des §
74 S. 2 und 3
SGB VI a.F. zur Begrenzung des Gesamtleistungswerts auf 0,0625 Entgeltpunkte pro Kalendermonat und zur Ermittlung von Entgeltpunkten
nur für drei Jahre bei Zeiten der schulischen Ausbildung für geeignet und erforderlich, um zur finanziellen Konsolidierung
der Rentenversicherung beizutragen; sie genügen auch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zumal sich die
über drei Jahre hinausgehenden Zeiten schulischer Ausbildung durch die Berücksichtigung als nicht belegungsfähige Zeit im
Rahmen der Gesamtleistungsbewertung nach wie vor rentensteigernd auswirken.
Auch einen Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG kann der Senat nicht erkennen. Eine danach sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung könnte nur gegenüber von der
ursprünglichen Rechtslage begünstigten Versicherten bzw. Rentenempfängern in Betracht kommen, die von der sich insgesamt ergebenden
Kürzung nicht oder nur in geringem Maße betroffen sind. Jedoch liegt insoweit auf Grund der geänderten Rahmenbedingungen (längere
Rentenlaufzeiten, früherer Rentenbezug der Versicherten, steigende Lebenserwartung, sinkende Geburtsraten) eine sachlich gerechtfertigte
Differenzierung vor. Der Gesetzgeber war daher zu - dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen-den - Eingriffen auch
in schon bestehende Rentenanwartschaften berechtigt, ohne dass hierin ein Verstoß gegen Art.
3 GG gesehen werden könnte.
Bei dieser Sachlage konnte die Berufung keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus §
193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. §
160 Abs.2
SGG sind nicht ersichtlich.