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LSG Bayern, Beschluss vom 03.06.2015 - 16 AS 322/15
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II; Europarechtskonformität des Leistungsausschlusses für EU-Ausländer zum Zweck der Arbeitsuche
1. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so verlangt der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz eine Eilentscheidung anhand einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung zu treffen, wobei die Gerichte eine Verletzung der Grundrechte des Einzelnen, insbesondere der Menschenwürde zu verhindern haben.
2. In der Rechtsprechung ist auch nach der Entscheidung des EuGH vom 11.11.2014 (Rs. C-333/13) weiterhin umstritten, ob und in welchen Fällen der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen europäisches Primär- und Sekundärrecht verstößt.
3. Weiterhin nicht abschließend geklärt ist, ob die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II möglicherweise deswegen mit europäischem Recht kollidiert, weil sie für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, einen automatischen und ausnahmslosen Ausschluss von existenzsichernden Leistungen enthält, ohne für die Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls wie einer Verbindung zum Aufnahmemitgliedstaat und einer früheren Integration in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats Raum zu lassen.
Normenkette:
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 2
,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2
,
SGG § 86b Abs. 2 S. 1
Vorinstanzen: SG Regensburg 09.04.2015 S 11 AS 100/15 ER
Tenor
I.
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 9. April 2015 in Ziffer I. und II. abgeändert.
II.
Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, den Beschwerdeführern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von monatlich 520 EUR für die Zeit vom 9.März 2015 bis zum 31. Juli 2014 (für März anteilig) vorläufig zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III.
Der Beschwerdegegner hat den Beschwerdeführern zu 1 und zu 2 die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
IV.
Den Beschwerdeführern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt T. R., B-Straße, A-Stadt beigeordnet. Ratenzahlungen sind nicht zu erbringen.

Entscheidungstext anzeigen: