Sozialversicherungspflicht bei Tätigkeiten als Erziehungsbeistand nach dem SGB VIII
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach §
7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) streitig, ob der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit für den Kläger als Erziehungsbeistand der Versicherungspflicht in
der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.
Der Kläger und Berufungsbeklagter ist Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Zur Erfüllung seiner Aufgaben als Träger der öffentlichen Jugendhilfe schließt der Kläger Verträge mit freien Trägern sowie
Einzelpersonen ab, die Leistungen der Jugendhilfe vor Ort in den Familien erbringen.
Der Beigeladene zu 1) ist Heilpädagoge. Neben seiner Tätigkeit für den Kläger ist er hauptberuflich in Vollzeit bei der Lebenshilfe
in H-Stadt beschäftigt.
Die Tätigkeit als Erziehungsbeistand übt der Beigeladene zu 1) seit August 2007 im Rahmen einer nebenberuflichen Tätigkeit
aus. Im Monat betreut er im Durchschnitt ein bis zwei Familien. Wöchentlich ist er etwa vier bis sieben Stunden für den Kläger
tätig. Für die Tätigkeit musste er seine fachlichen Qualifikationen nachweisen.
Die Leistungen nach §§ 27 ff SGB VIII wurden den hilfesuchenden Familien mit Bescheiden über eine Erziehungsbeistandschaft nach § 30 SGB VIII bewilligt. Als Hilfeanbieter wird in den Bescheiden der Beigeladene zu 1) genannt. Zusätzlich werden für jeden einzelnen
Fall Honorarverträge abgeschlossen sowie ein Hilfeplan erstellt.
Der Hilfeplan wird regelmäßig gemeinschaftlich von der Familie, dem Beigeladenen zu 1) und einem Mitarbeiter des Klägers erarbeitet.
Aus den Hilfeplänen bzw. aus der Hilfeplanfortschreibung ergibt sich die aktuelle Situation in den Familien; es werden erreichte
Ziele sowie neue, zusätzliche Ziele dargestellt und ergänzende Vereinbarungen dokumentiert. Konkrete Anweisungen zur Zielerreichung
enthalten die Hilfepläne nicht.
In den zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1) abgeschlossenen Honorarverträgen für selbstständige Fachkräfte in der
Jugendhilfe ist -im Wesentlichen gleich lautend- geregelt, dass Vertragsgegenstand die Gewährung einer ambulanten Jugendhilfeleistung
in Form einer Erziehungsbeistandschaft (§ 30 SGB VIII) sei. Es wird festgehalten, dass der Auftragnehmer für den Auftraggeber in einem selbstständigen freien Mitarbeiterverhältnis
tätig sei. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis werde nicht begründet und sei nicht gewollt. Der Auftragnehmer habe die
übernommenen Aufgaben selbstständig, eigenverantwortlich, mit unbedingter Sorgfalt und fachlich korrekt auszuführen. Er sei
nicht in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingebunden, unterliege keinem Weisungsrecht und sei in der Auftragsausführung,
der Einteilung seiner Arbeitszeit und seines Arbeitsortes grundsätzlich frei, soweit sich nicht aus der Natur der Sache etwas
anderes ergebe. Dem Auftragnehmer seien die zivilrechtlichen Konsequenzen (kein Anspruch auf Urlaub, Fortbildung, Kündigungs-,
Mutter- und Schwerbehindertenschutz, keine Vergütung bei Urlaub oder Krankheit) sowie die öffentlich-rechtlichen Folgen (eigenverantwortliche
Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, selbstständige Vornahme eventuell notwendiger behördlicher Anmeldungen
bzw. Einholung von Genehmigungen) bekannt. Weiter wird geregelt, dass der Auftragnehmer die Aufgabe habe, die im Hilfeplan
(§ 36 SGB VIII) genannten Ziele zu realisieren. Es wurde eine monatliche Betreuungszeit von je nach Fall zwischen 18 und 20 Stunden vereinbart.
Eine gegebenenfalls erforderliche Änderung der Stundenzahl sei abzustimmen und schriftlich zu vereinbaren. Die Monatsstunden
könnten flexibel erbracht werden. Das Auftragsverhältnis sei mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende ohne Angabe von Gründen
kündbar oder aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Das Honorar betrug zwischen 40 EUR und 41,50 EUR je
vereinbarter und geleisteter Betreuungsstunde. Zur Abrechnung kam nur die Zeit, die direkt mit dem Hilfeempfänger und dessen
sozialem Umfeld gearbeitet wurde. Die übrige fallbezogenen Tätigkeit, Fahrzeiten sowie sonstige Sach- und Nebenkosten seien
mit dem Fachleistungsstundensatz abgegolten. Weiter wird die Art und Weise der Rechnungsstellung geregelt und klargestellt,
dass kein Wettbewerbsverbot bestehe. Zur Zielerreichung und Qualität der Aufgabenerledigung wurde jeweils vereinbart, dass
sich verändernde Aufgaben durch die Fortschreibung des Hilfeplans festgelegt würden. Der für den Einzelfall zuständige Sozialarbeiter
erhalte das Recht, sich nach dem Grad der Zielerreichung zu erkundigen. Die Auftragsausführung beinhalte ein Auswertungsgespräch
über die Erreichung der vereinbarten Ziele und den Verlauf des Hilfeprozesses. Grundlage des Auswertungsgespräches sei ein
im Abstand von sechs Monaten zu fertigender schriftlicher Bericht. Über die Teilnahme des Auftragnehmers an der hauseigenen
Supervision des Auftraggebers könnten im Einzelfall Absprachen getroffen werden. Eine Verpflichtung zur Teilnahme bestehe
nicht. Der Auftraggeber verpflichte sich, die Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen des SGB VIII zu erbringen. Weiter wird festgehalten, dass der Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung entsprechend den Bestimmungen des
§ 8a SGB VIII wahrzunehmen sei. Außerdem wurde die Haftung für Schäden, die dem Auftragnehmer im Zusammenhang mit der Auftragsausführung
entstehen ausgeschlossen.
Der Beigeladene zu 1) verpflichtete sich (Vereinbarung zu Sicherstellung des Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII) bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindswohlgefährdung die Abschätzung des Gefährdungsrisikos unter Einbeziehung einer
erfahrenen Fachkraft vorzunehmen. Er werde das Jugendamt unterrichten, wenn die erforderlichen Jugendhilfeleistungen zur Abwendung
des Gefährdungsrisikos von ihm selbst nicht angeboten werden, die Maßnahmen nicht ausreichen oder die Personensorgeberechtigten
nicht in der Lage oder nicht bereit seien, sie in Anspruch zu nehmen.
Am 04.04.2007 beantragte der Beigeladene zu 1) die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für eine geplante
Tätigkeit als Erziehungsbeistand.
Nach Anhörung des Klägers stellte die Beklagte und Berufungsklägerin mit Bescheid vom 22.06.2010 fest, dass die Tätigkeit
des Beigeladenen zu 1) als Erziehungsbeistand beim Landratsamt A-Stadt seit dem 01.08.2007 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ausgeübt werde. Gemäß § 3 Abs. 2 SGB VIII würden Leistungen der Jugendhilfe von Trägern der freien Jugendhilfe und von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe erbracht.
Im Rahmen der Hilfe zur Erziehung und ergänzender Leistungen könnten von diesen Trägern nach § 30 SGB VIII Erziehungsbeistände/Betreuungshelfer in der sozialpädagogischen Familienhilfe eingesetzt werden. Maßgebend für die Feststellung
sei, dass die Fallverantwortung im Einzelfall auch während des Einsatzes des Familienhelfers beim zuständigen Sachbearbeiter
des Amtes bleibe, der auch die Verantwortung für die Erstellung und Fortschreibung des Hilfeplanes (§ 36 Abs. 2 SGB VIII) trage. Die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung obliege dem öffentlichen Träger (§ 79 Abs. 1 SGB VIII). Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ermögliche die Verknüpfung von Kontakt- und Berichtspflichten eine ständige Überwachung
des Familienhelfers durch den zuständigen Sozialarbeiter, die einer freien Gestaltung der Tätigkeit des Familienhelfers entgegenstehe.
Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche außerdem der verbindliche Hilfeplan. Art, Ziel und Umfang der Hilfeleistung
ergäben sich aus diesem. Die Ausführung der Aufträge unterliege den Einschränkungen durch das Jugendamt. Es würden Supervisionen
und kollegialer Austausch angeboten. Es gebe kein Gewinn- oder Verlustrisiko. Eigenes Kapital und eigene Arbeitsmittel würden
nicht in erheblichen Umfang eingesetzt werden. Es fänden keine Preisverhandlungen statt, das Honorar werde vom Kläger festgelegt.
Für eine selbstständige Tätigkeit spreche lediglich, dass Aufträge abgelehnt werden könnten und keine Verpflichtung zur Übernahme
von Urlaubs- und Krankheitsvertretung bestehe.
Auf den Widerspruch des Klägers erließ die Beklagte am 25.08.2010 einen Änderungsbescheid und stellte fest, dass in der vom
Beigeladenen zu 1) ausgeübten Beschäftigung als Erziehungsbeistand beim Landratsamt A-Stadt, Amt für Kinder, Jugend und Familie,
Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§
5 Abs.
1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -
SGB V), der Pflegeversicherung (§
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 i. V. m. Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch,
SGB XI) der Rentenversicherung (§
1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -
SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§
25 Abs.
1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch -
SGB III) bestehe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die zu beurteilende Tätigkeit bestehe darin,
Lebenshilfe und Beratung von Familien zu erbringen. Es erfolge eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Dritten.
Das Weisungsrecht des Auftraggebers in Bezug auf Ort und Art und Weise der Tätigkeit ergebe sich aus dem jeweils erteilten
Auftrag. Hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitszeit gebe es keine festen Vorgaben. Allerdings sei die Arbeitszeit an den
persönlichen Belangen der zu betreuenden Personen anzupassen. Daher sei die Gestaltung der Arbeitszeit nicht frei. Nach dem
Mitarbeitervertrag unterliege der Auftragnehmer in der Durchführung keinem Weisungsrecht. Er sei jedoch dazu verpflichtet,
sich an den Maßgaben des jeweiligen Hilfeplanes zu orientieren und sei an die fachlichen Vorstellungen des Auftraggebers gebunden.
Der Auftragnehmer habe danach Weisungen Dritter bei der Auftragserfüllung zu beachten und könne die Tätigkeit nicht ausschließlich
nach eigenem Ermessen bestimmen. Die Tätigkeit werde in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation des Landratsamtes A-Stadt
wahrgenommen. Die endgültige Planungs- und Fallverantwortung verbleibe beim Jugendamt. Freiräume inhaltlicher Art resultierten
aus der fachlichen Qualifikation. Ein unternehmerisches Risiko würde nicht getragen.
Am 05.01.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg. Zur Klagebegründung trug er vor, dass die Annahmen der Beklagten
hinsichtlich Arbeitszeit und -ort sowie zur Art und Weise der Tätigkeit nicht zutreffen würden. Auch der Umstand, dass ein
Hilfeplan erstellt werde, spreche nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit. Dieser würde gemeinschaftlich ausgehandelt. Supervision,
kollegiale Beratung und andere Elemente zur fachlichen Qualifizierung würden Honorarkräften nicht angeboten. Preisverhandlungen
seien sehr wohl möglich und üblich. Die Stundensätze seien unterschiedlich und abhängig von der Art/Schwere der Aufgabe, der
beruflichen Qualifikation und den bisher gemachten Erfahrungen. Neben seiner Arbeitskraft setze der Beigeladene zu 1) Handy,
PC und Auto ein, ohne dass es hierfür Erstattungen gebe.
Vor dem Sozialgericht erklärte der Kläger, dass für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung das Vertragsverhältnis
außerordentlich gekündigt worden wäre. Es sei jedenfalls nicht möglich, einen Erziehungsbeistand gegen seinen Willen abzuziehen
oder ihn einer anderen Familie zuzuteilen. Der Kläger selbst habe keine festangestellten Familienhelfer, jedoch habe er freie
Mitarbeiter und mit unterschiedlichen Organisationen zusammengearbeitet. Diese würden eigene Arbeitnehmer einsetzen. Übernehme
ein freier Träger einen solchen Auftrag, so sei dieser für die Stellung einer Ersatzkraft verantwortlich, wenn ein Mitarbeiter
ausfalle. Der Beigeladene zu 1) sei zu einer höchst persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen. Sollten Kosten
für die gewählte Art der Zielerreichung des Hilfeplans entstehen, so seien diese vom Familienhelfer zu tragen.
Der Beigeladene zu 1) führte aus, dass das Jugendamt hinsichtlich des Zeitrahmens der Tätigkeit nicht eingebunden werde. Die
Zeiten würden mit den Jugendlichen abgesprochen. Er setze Kapital ein, sobald er einzelne Unternehmungen mit dem zu Betreuenden
durchführe.
Der Beklagte wies auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.04.2010 (B 12 KR 14/10 R und B 12 KR 24/10 R) hin.
Mit Urteil vom 11.09.2013 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 22.06.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.08.2010
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2010 auf und verpflichtete die Beklagte, festzustellen, dass der Beigeladene
zu 1) in seiner Tätigkeit als Erziehungsbeistand für den Kläger ab dem 01.08.2007 nicht sozialversicherungspflichtig in der
gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung sei. Aufgrund einer Gesamtabwägung
spreche mehr für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die üblichen Abgrenzungsgesichtspunkte, wie eigene Werbung,
Auftreten am Markt oder das Aufrechterhalten einer eigenen Betriebsstätte seien bei der Tätigkeit eines Erziehungsbeistandes
keine gewichtigen Abgrenzungskriterien. Für eine Selbstständigkeit spreche, dass weder eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
noch die Zahlung von Urlaubsgeld oder die Gewährung von Urlaub erfolgt sei. Nicht deutlich für eine Seite würde die Erstellung
des Hilfeplanes sprechen. Dieser spreche jedoch eher für eine selbstständige Tätigkeit. Im Hilfeplan sei lediglich das Ziel
vorgegeben sowie die Stundenanzahl. Der Weg, wie dieses Ziel erreicht werde, obliege dem Beigeladenen zu 1). Die Gesamtverantwortung
der öffentlichen Träger für die Erbringung der Leistungen nach dem SGB VIII sei kein entscheidendes Kriterium für die Frage der Statusfeststellung. Auch habe der Beigeladene zu 1) ein eigenes Unternehmerrisiko
getragen. Sein Stundenhonorar bestimme sich nicht zwingend aus dem reinen Einsatz der Arbeitskraft. Je nach Auftrag und Fall
habe er etwaige Veranstaltungsbesuche mit dem Betreuten begleichen müssen, was eine Kalkulation der Preise erfordere, um wirtschaftlich
arbeiten zu können.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg hat die Beklagte am 30.10.2013 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben.
Zur Frage der Statusbeurteilung sei eine rechtmäßige Gesamtabwägung vorzunehmen. Es sei unklar, ob und gegebenenfalls welche
schriftlichen Vereinbarungen existieren. Supervisionen hätten auf Kosten des Jugendamtes stattgefunden. Es fehle ein rechtlich
relevantes Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1).
Der Kläger hat dargelegt, dass er keine abhängig beschäftigten Familienhelfer habe. Supervision und kollegiale Beratung seien
im Jugendamt angeboten worden, jedoch zu keiner Zeit für externe Honorarkräfte. Aus der Verpflichtung zur Sicherstellung des
Schutzauftrages nach § 8a SGB VIII eine persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen herzuleiten, sei verfehlt. Klare Vorgaben zur Dauer des Einsatzes enthalte
der Hilfeplan nicht. Eine voraussichtliche Dauer werde allerdings niedergelegt. Eine Prognose, wie lange die Zielerreichung
dauern werde, sei aber schon deshalb erforderlich, weil abgeschätzt werden müsse, ob der Familienhelfer unter Berücksichtigung
der anderweitig eingegangenen Verpflichtung überhaupt in der Lage sei, die Aufgabe zu übernehmen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Beklagten und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.09.2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 22.06.2010 in der Fassung
des Abänderungsbescheides vom 25.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12. 2010 abzuweisen.
Die Bevollmächtigte des Klägers und Berufungsbeklagten hat beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11.09.2013 zurückzuweisen.
Ergänzend haben der Beigeladene zu 1) und der Kläger übereinstimmend ausgeführt, dass das Erstgespräch nur dann bezahlt wurde,
wenn anschließend über die Zusammenarbeit ein Honorarvertrag abgeschlossen wurde. Außerdem habe die Tätigkeit des Beigeladenen
zu 1) lediglich das "Angebot als Erziehungsbeistand" umfasst. Freie Träger würden normalerweise die ganze "Palette" der ambulanten
Erziehungshilfen anbieten. Daher sei die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) nicht mit einer Tätigkeit bei einem freien Träger
vergleichbar, da Mitarbeiter dort alle Arten von ambulanten Erziehungshilfen erbringen müssen. Dies sei dem Beigeladenen zu
1) als Heilpädagoge nicht möglich. Deshalb erfülle er die Voraussetzungen für die Tätigkeit bei einem freien Träger nicht.
Diese stellten Sozialpädagogen ein. Auf Honorarkräfte, wie den Beigeladenen zu 1), werde nur bei Fällen zurückgegriffen, bei
denen eine Erziehungsbeistandschaft nach §
30 SGB VII ausreichend sei. Bei anderen, "schweren" Fällen würden freie Träger mit der Erbringung von Hilfen zur Erziehung nach §§
27 ff
SGB VII beauftragt, da diese alle ambulanten Erziehungshilfen anbieten und auch eine Urlaubsvertretung gewährleisten. Diese würden
bei der Ausführung ihrer Aufgaben im Unterschied zum Beigeladenen zu 1) ständig überwacht.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§
143,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Beigeladene zu 1) ist in seiner Tätigkeit als Erziehungsbeistand
ab dem 01.08.2007 beim Kläger nicht abhängig beschäftigt. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht nicht.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, sind im streitigen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
versicherungspflichtig (§
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V, §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB XI, §
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV, §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III, jeweils in den maßgeblichen Fassungen).
Nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist eine Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung
sind nach Satz 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit
erfordert die Eingliederung in den Betrieb und ein umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer hinsichtlich
Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht
dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das
eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft
und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig
tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab,
welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z. B. BSG vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 Rn. 16, m. w. N.). Manche Tätigkeiten, gerade solche bei denen persönliche Zuwendung Gegenstand
der zu erbringenden Dienste ist, können sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt
werden (BSG, a.a.O.).
Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit
setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite
zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen
der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, a. a. O. Rn. 25 und BSG vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rn. 23).
Haben die Beteiligten vertraglich oder durch mündliche Abreden dokumentiert vereinbart, keine Beschäftigung zu wollen, kommt
dem Willen der Beteiligten nur dann keine indizielle Bedeutung zu, wenn die tatsächlichen Verhältnisse hiervon rechtlich relevant
abweichen. Maßgeblich sind jeweils die Verhältnisse nach Annahme, also bei Durchführung, des einzelnen Auftrages (BSG, Urteil vom 28.09.2011, B 12 R 17/09 R, Rn. 17).
Bei qualifizierten persönlichen Dienstleistungen ist die Weisungsgebundenheit bzw. Weisungsfreiheit der Tätigkeit oft kein
entscheidendes Abgrenzungskriterium. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei solchen Tätigkeiten ein Arbeit- oder Auftraggeber
diese nicht intensiv kontrollieren und inhaltlich vorbestimmen kann (Bundesarbeitsgericht -BAG-, Urteil vom 06.05.1998, 5 AZR 347/97 Rn. 50, 53). Daher ist bei solchen Dienstleistungen vor allem auf die Eingliederung in den Betrieb, die vertraglichen Vereinbarungen
und das Bestehen eines Unternehmerrisikos abzustellen.
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass eine abhängige Beschäftigung
des Beigeladenen zu 1) beim Kläger nicht festgestellt werden kann. Ein Beschäftigungsverhältnis wurde weder durch die Honorarverträge,
noch durch die Bewilligungsbescheide über die Gewährung von ambulanten Jugendhilfeleistungen nach § 30 SGB VIII, noch durch andere Vereinbarungen oder die tatsächliche Durchführung begründet. Der Beigeladene zu 1) ist auch zur Überzeugung
des Senats selbstständig tätig. Er ist weitgehend weisungsfrei und ist nicht in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen zu
1) eingegliedert. Er trägt ein Unternehmerrisiko im Sinne eines Verdienstausfallrisikos. Dem entspricht die schriftliche Vereinbarung
einer selbstständigen Tätigkeit ohne Anspruch auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Vor diesem Hintergrund
ist das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte, die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung und die Gesamtverantwortung
des Klägers für die Leistungserbringung geringer zu bewerten, als die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Kriterien.
Insbesondere die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung und die Gesamtverantwortung des Klägers für die
Leistungserbringung sind den Besonderheiten der Leistungserbringung nach dem SGB VIII geschuldet.
Aus den vertraglichen Vereinbarungen (Honorarverträge) ergibt sich, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als selbstständige
Tätigkeit angesehen und gestaltet wurde. Die Bewilligungsbescheide gegenüber den Familien begründen ebenfalls keine abhängige
Beschäftigung, da in diesen lediglich zum Ausdruck gebracht wird, dass Leistungen der Jugendhilfe bewilligt und durch den
Beigeladenen zu 1) erbracht werden. Weitergehende Regelungen enthalten sie nicht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass
in der tatsächlichen Ausführung des Vertragsverhältnisses von den schriftlich vereinbarten Regelungen abgewichen wurde. Rahmenvereinbarungen
wurden, ebenso wie weitere mündliche Vereinbarungen, nicht geschlossen.
Für eine selbstständige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) spricht, dass er nicht weisungsgebunden ist; er war in der Durchführung
der Aufträge frei und unterlag keinen Weisungen. Der Kläger hatte sich nach den zwischen den Beteiligten geschlossenen vertraglichen
Vereinbarungen kein Weisungsrecht eingeräumt; Weisungen wurden auch tatsächlich nicht erteilt. Vertraglich vereinbart wurde
lediglich ein Informationsrecht. Die Weisungsfreiheit bestand sowohl hinsichtlich des Arbeitsortes als auch hinsichtlich der
Arbeitszeit und der Art und Weise der Durchführung der Aufgabe. Einsatzzeiten waren nicht vom Kläger vorgegeben, sondern lediglich
mit den Leistungsempfängern abzustimmen. Auch Urlaub wurde nicht vom Kläger genehmigt oder mit diesem abgesprochen. Konkrete
Anweisungen, wie die in den Hilfeplänen festgelegten Ziele zu erreichen sind, wurden nicht gegeben. In der Durchführung der
Hilfeleistung sowie beim Erreichen der im Hilfeplan vorgegeben Ziele war er frei.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im SGB VIII normierten Letztverantwortung des Klägers für die Leistungserbringung. Insbesondere ist aus den Regelungen in § 79 SGB VIII, wonach die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch die Gesamtverantwortung einschließlich
der Planungsverantwortung haben, und in § 31 SGB VIII, der bestimmt, dass sozialpädagogische Familienhilfe durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben
unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben soll, keine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) abzuleiten. Ebenso wenig
begründet § 30 SGB VIII, wonach ein Erziehungsbeistand das Kind oder den Jugendlichen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen unterstützt und
seine Verselbstständigung fördern soll, eine solche. Das BSG hat in der Entscheidung vom 25.04.2012 bereits ausgeführt, dass das SGB VIII schon von seinem Regelungsansatz her keine Aussagen über den arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Status von Familienhelfern
treffen will, sondern allein die staatliche Verantwortung für die Aufgaben der Jugendhilfe im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten
im Blick hat. Ziel der gesetzlichen Regelungen ist eine vertrauensvolle, einvernehmliche Zusammenarbeit zwischen Erziehungsbeistand,
dem betroffenen Kind oder Jugendlichen, sowie dem Jugendamt zu erreichen. Dabei wird die Letztverantwortung des Jugendamtes
für das Kindeswohl durch § 8a SGB VIII betont.
Jugendämter sind nicht nur Sozialleistungsträger, sondern haben einen aus dem staatlichen Wächteramt (Artikel
6 Abs.
2 S. 2
Grundgesetz -
GG) abgeleiteten Schutzauftrag. § 8a Abs. 1 SGB VIII enthält die Verpflichtung des Jugendamtes, tätig zu werden, wenn gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindswohlgefährdung bekannt
werden. Mit der Regelung des § 8a Abs. 4 SGB VIII soll ein Zusammenwirken von Leistungserbringern und Jugendämtern im Zusammenhang mit der Erfüllung des Schutzauftrages der
Jugendämter erreicht werden. Er legt fest, dass die Jugendhilfeträger, alle (freien) Träger und Einrichtungen, die Leistungen
nach dem SGB VIII erbringen, vertraglich verpflichtet sind, den Schutzauftrag für das Kindeswohl in entsprechender Weise wahrzunehmen wie das
Jugendamt selbst, da der Schutzauftrag in § 8a Abs. 1 SGB VIII unmittelbar nur für die öffentlichen Jugendhilfeträger gilt. Dies erfolgt mit der Vereinbarung zur Sicherstellung des Schutzauftrages
(Bieritz-Harder/Bohnert in: Hauck/Noftz, SGB VIII K § 8a, Rn. 53, 54). Aus dieser gesetzlichen Regelung kann daher kein allgemein gültiger Rückschluss auf eine Weisungsgebundenheit
und damit auf eine abhängige Beschäftigung oder auf eine selbstständige Beschäftigung gezogen werden. Aus den Regelungen des
SGB VIII ergibt sich nicht, dass der Beigeladene zu 1) hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit Weisungen
unterlag.
Weisungen erfolgten aber auch nicht im Rahmen der Hilfeplanerstellung. Die im Hilfeplan jeweils festgehaltenen Ziele wurden
nicht einseitig vorgegeben sondern gemeinsam erarbeitet. Aus der halbjährigen Berichtspflicht kann eine Weisungsgebundenheit
des Beigeladenen zu 1) ebenso wenig abgeleitet werden, wie aus dem vertraglich vereinbarten Informationsrecht des Klägers.
Aus den Erklärungen in der mündlichen Verhandlung geht hervor, dass eine Überwachung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1)
durch Mitarbeiter des Klägers lediglich im Rahmen der abzufassenden Berichte stattfand. Eine weitere Überwachung oder Anleitung
war nicht notwendig, da der Beigeladene zu 1) nur Kinder oder Jugendliche mit einem geringen Hilfebedarf betreute.
Ein Weisungsrecht ergibt sich ebenfalls nicht aus der nach §
8a SGB IV abgeschlossenen Schutzvereinbarung. In dieser wird lediglich geregelt, dass gegebenenfalls eine erfahrene Fachkraft hinzuzuziehen
und der Kläger im Gefährdungsfall zu informieren sei. Genaue Anweisungen enthält diese Vereinbarung nicht, auch wenn das Jugendamt
im Rahmen seiner Fachaufsicht aufgrund des § 8a SGB VIII bei einer Kindeswohlgefährdung jederzeit verpflichtet ist einzugreifen, wenn die vom Beigeladenen zu 1) angebotenen Hilfen
nicht ausreichen. Übertragen wird lediglich die Verantwortung für den öffentlich-rechtlichen Schutzauftrag, wie es § 8a Abs. 4 SGB VIII vorsieht. Aus dieser Letztverantwortung des Klägers, die auch mit einer Aufsichtspflicht verbunden ist, kann jedoch nicht
auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden. Nach § 79 Abs. 1 SGB VIII ergibt sich kein Weisungsrecht des Klägers. Hiernach haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der
Aufgaben nach dem SGB VIII die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung. Die Pflicht, öffentlich-rechtlichen Anordnungen der Aufsichtsbehörde
im Jugendhilferecht nachzukommen, trifft jedermann. Sie ist deshalb kein Merkmal arbeitsvertraglicher Weisungsgebundenheit
(BAG, Urteil vom 25.05.2005, 5 AZR 347/04, BAGE 115, 1-11, Rn. 19).
Für eine selbstständige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) spricht weiterhin, dass er nicht in den Betrieb des Klägers eingebunden
ist. Eine solche Einbindung in den Betrieb setzt voraus, dass der Beigeladene zu 1) funktionsgerecht dienend in eine vom Kläger
vorgegebene Ordnung eingebunden ist. Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Beigeladene zu 1) konnte seine Arbeitsbedingungen
frei gestalten. Es gab keine Anwesenheitszeiten im Jugendamt. Da auch die Auftragsvergabe meist telefonisch erfolgte und das
Erstgespräch regelmäßig in den Familien stattfand, zum Teil auch ohne Anwesenheit von Mitarbeitern des Klägers, beschränkten
sich die regelmäßigen Kontakte des Beigeladenen zu 1) zum Kläger auf seine Berichtspflichten. Er nahm weder an Supervisionen
noch an kollegialen Beratungen teil. Hierzu war er nicht verpflichtet. Soweit die Beklagte in ihren Bescheiden und auch noch
in der Berufungsbegründung davon ausgeht, dass der Beigeladene zu 1) verpflichtet war an Supervisionen teilzunehmen, konnte
dies im Berufungsverfahren nicht bestätigt werden. Die vereinbarten Berichts- und Dokumentationspflichten und die Verfahrensweise
bei einer Kindswohlgefährdung sind ebenfalls nicht geeignet eine Einbindung in die Arbeitsorganisation des Klägers zu begründen.
Ebenso wenig kann diese Einbindung über die fachliche Kontrolle, die im Wesentlichen über die Berichtspflichten erfolgte,
noch über die Letztverantwortung des Jugendamtes für das Kindswohl begründet werden.
Der Beigeladene zu 1) trug, wenn auch in einem geringen Umfang, ein Unternehmerrisiko. Dieses ist anzunehmen, wenn eigenes
Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen
oder persönlichen Mittel ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann ein Hinweis auf eine selbstständige
Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen
Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10, Rn. 29). Der Beigeladene zu 1) hat im Wesentlichen, wie das für Dienstleistungen höherer Art
typisch ist, seine Arbeitskraft und nur im geringen Umfang auch eigenes Kapital, nämlich sein Auto, sein Handy und seinen
PC, eingesetzt. Neben diesem -geringfügigen- Kapitaleinsatz trug er ein Ausfallrisiko. Er erhielt kein Entgelt, wenn er seine
Aufgabe, die Familien zu unterstützen, aus Gründen, die weder er noch der Kläger zu vertreten hatte, nicht ausführen konnte.
Es bestand somit das Risiko, dass seine Dienste unregelmäßig, nicht in gleichbleibenden Umfang benötigt und in Anspruch genommen
wurden, und daher die Einnahmen ausblieben.
Für eine selbstständige Tätigkeit spricht ebenfalls, dass eine Urlaubs- oder Krankheitsvertretung nicht stattfand. Ebenso
wenig war eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall noch ein Urlaubsentgelt vereinbart. Auch die Durchführung der Abrechnung
legt eine selbständige Tätigkeit nah. Eine Kontrolle der Anzahl der Stunden durch den Kläger fand faktisch nicht statt. Die
geleisteten Stunden wurden durch Stundenlisten, die vom Leistungsempfänger gegengezeichnet wurden, dokumentiert und abgerechnet.
Weitere Überprüfungen durch den Kläger fanden nicht statt.
Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht außerdem, dass das Vertragsverhältnis ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14
Tagen zum Monatsende gekündigt werden konnte. Damit bestand die Möglichkeit, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) jederzeit
zu beenden. Die Höhe der Vergütung wurde nach den übereinstimmenden Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht einseitig
vom Kläger festgelegt, sondern in jedem Einzelfall verhandelt und richtete sich nach der Schwierigkeit der Aufgabe. Der Beigeladene
zu 1) unterlag keinem Wettbewerbsverbot und durfte seine Tätigkeit anderen Auftraggebern zur Verfügung stellen. Er hatte Vertragsverhältnisse
zu verschiedenen Auftraggebern. Aufträge konnten und wurden auch abgelehnt. Nach Angaben des Beigeladenen zu 1) erfolgte dies
vor allem unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen Kapazitäten und der Wirtschaftlichkeit. Hatte er bereits ausreichend Aufträge
angenommen, so nahm er keine weiteren an. Ebenso lehnte er Aufträge ab, bei denen größere Fahrzeiten zurückzulegen waren,
weil diese nicht erstattet wurden.
Da der Kläger selbst keine Erziehungsbeistände beschäftigt und der Beigeladene zu 1), nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung,
wegen seiner Qualifikation nicht bei einem freien Träger in einer abhängigen Beschäftigung als Erziehungsbeistand tätig sein
könnte, ist zur weiteren Abgrenzung der Tätigkeit eine Vergleichsbetrachtung mit einem abhängig beschäftigten Erziehungsbeistand
nicht möglich.
Weder eindeutig für noch eindeutig gegen eine selbstständige Beschäftigung sprechen das gemeinsame Erstellen des Hilfeplans
sowie die Gesamtverantwortung des Klägers für die Hilfeerbringung nach dem SGB VIII. Diese Umstände sind den Besonderheiten des Jugendhilferechts geschuldet. Dies gilt ebenso für die Pflicht des Beigeladenen
zu 1) seine fachliche Qualifikation nachzuweisen.
Für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht somit im Wesentlichen, dass der Beigeladene zu 1) zur höchstpersönlichen
Leistungserbringung verpflichtet war und die Stundenvergütung erfolgsunabhängig gewährt wurde und er keine eigene Betriebsstätte
hatte. Diese Gesichtspunkte treten im Vergleich zu den für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmalen zurück, auch
wenn die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung ein starkes Indiz für eine abhängige Beschäftigung ist.
Insgesamt steht daher für den Senat fest, dass der Beigeladene zu 1) ab dem 01.08.2007 in seiner Tätigkeit als Erziehungsbeistand
für den Kläger nicht als versicherungspflichtig Beschäftigter nach §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV anzusehen ist.
Die Höhe des Streitwertes ergibt sich aus §
197a Abs.1 Satz 1
SGG i. V. m. §§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz. Anhaltspunkte für eine Bezifferung des Streitwertes bestehen nicht.
Die Revision wird nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.