Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht einen Antrag des Klägers auf Weitergewährung einer Rente wegen
voller Erwerbsminderung über den 31.12.2014 hinaus wegen mangelnder Mitwirkung des Klägers abgelehnt hat.
Der 1971 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 19.04.2010 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab hierbei an,
von 1987 bis 1990 den Beruf eines Bäckers erlernt zu haben. Seit dem Jahr 2000 sei er beim Arbeitsamt N-Stadt arbeitsuchend
gemeldet, aber nicht vermittelbar. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 01.07.2010 ab, da die medizinischen Voraussetzungen
nicht erfüllt seien.
Beim Kläger war seit 1999 ein Grad der Behinderung (GdB) von zunächst 40 und später - nach Besserung der Fußsenkerschwäche
- von 30 festgestellt, der ab 06.09.2010 auf einen GdB von 50 erhöht wurde, so dass eine Schwerbehinderung bestand. Maßgeblich
hierfür waren die neu festgestellte depressive Verstimmung (Einzel-GdB 20) und die Verschlechterungen bei der Funktionsbehinderung
der Wirbelsäule (Einzel-GdB 30) und des Schultergelenkes (Einzel-GdB 20), während die Funktionsbehinderung an Hüft- und Sprunggelenken
als unverändert angesehen worden waren (Einzel-GdB 20).
Der Kläger machte im Widerspruchsverfahren geltend, er sei seit 1997 arbeitsunfähig, weil ihn seit damals unerträgliche Rückenschmerzen
plagen würden. Er sei mit sämtlichen konservativen Maßnahmen einschließlich Reha-Verfahren behandelt worden und auch eine
operative Behandlung sei durchgeführt worden. Durch die langjährige Erkrankung sei er depressiv und als chronischer Schmerzpatient
zu bezeichnen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2010 zurück.
Da sowohl schon Frau Dr. B. in ihrem Gutachten vom 17.11.2010 als auch Prof. Dr. S. im Gutachten vom 05.11.2011 dringend eine
psychosomatische Rehabilitation angeregt hatten, wurde das sich anschließende Klageverfahren S 18 R 1567/10 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) zunächst ruhend gestellt, nachdem der Kläger die Bewilligung einer psychosomatischen Rehabilitation beantragt hatte. Die
Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28.06.2012 eine medizinische Rehabilitation jedoch ab: Eine solche könne nicht durchgeführt
werden, weil beim Kläger eine geminderte Erwerbsfähigkeit nicht vorliege.
Der Rechtsstreit wurde daraufhin fortgeführt. Das vorliegende Gutachten des Prof. Dr. S. vom 05.11.2011 betraf das neurologisch-psychiatrische
Fachgebiet. Als Gesundheitsstörungen beim Kläger wurden angegeben: 1. Somatoforme Schmerzstörung. 2. Dysthymia. 3. Schädlicher
Gebrauch von Opiaten und Nikotin. 4. Chronisches Schmerzsyndrom. 5. Spondylolisthese (Grad I nach Meyerding) mit Spinalkanalstenose,
knöcherner Dekompression (L5/S1), Neurolyse, Stabilisierung und Reposition (2/2010) ohne sensomotorische Ausfälle. 6. Verdacht
auf Stressharninkontinenz. 7. Eingesteifte Abduktion im rechten Schultergelenk bei Z.n. Reruptur der Rotatorenmanschette rechts
(2004) und Ruptur der Rotatorenmanschette links (2010) mit beidseits schmerzhafter Bewegungseinschränkung ohne sensomotorische
Ausfälle. 8. Leichte Epikondylopathia humeri ulnaris rechts. 9. Sprunggelenksarthrose rechts, Senkspreizknickfuß beidseits.
10. Gefäßrisikofaktoren Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Adipositas permagna. Nach den durchgeführten Tests und bei der klinischen
Untersuchung würden sich keine Zeichen für leistungsmindernde kognitive Beeinträchtigungen und erhöhte psychische Erschöpfbarkeit
zeigen. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden täglich einsatzfähig. Besondere nervliche Belastungen, stressreiche
Arbeiten mit Publikumsverkehr und Arbeit an laufenden Maschinen seien nicht zumutbar. Hinzu kämen wesentlich qualitative körperliche
Einschränkungen aus dem orthopädischen Fachgebiet.
Vor der mündlichen Verhandlung am 01.08.2012 holte das Sozialgericht noch ein weiteres Gutachten ein und zwar beim Orthopäden
Dr. S ... Dieser bestätigte im Wesentlichen die in den Vorgutachten beim Kläger erfassten Gesundheitsstörungen und kam zum
Ergebnis, dass aus orthopädisch-chirurgischer Sicht beim Kläger noch ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden täglich
bestehe. Es müsse sich um leichte Arbeiten in Wechselhaltung ohne Knien, Hocken, Bücken, Überkopfarbeit und ohne Gerüst- und
Leiterarbeiten handeln. Das Heben und Tragen sei auf Lasten bis maximal 10 kg beschränkt, Treppensteigen dürfe nur gelegentlich
abverlangt werden und Schutzmaßnahmen gegen Nässe, Kälte und Zugluft seien zu beachten. In der mündlichen Verhandlung betonte
der Sachverständige Dr. S. auf Nachfrage, dass auch er eine Rehabilitationsmaßnahme für vordringlich halte. In einer Gesamtwürdigung
aller Gesundheitsstörungen sei eine quantitative Leistungsminderung ab Juni 2012 bis Juli 2013 gerechtfertigt. Daraufhin verurteilte
das Sozialgericht die Beklagte mit Urteil vom 01.08.2012 dazu, dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalls vom 06.06.2012 eine
befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.01.2013 bis 30.06.2013 zu gewähren. Die zeitliche Einschränkung ergebe
sich aus den Darlegungen des Dr. S. in der Zusammenschau mit den von ihm und Prof. Dr. S. erstellten Gutachten.
Die Fachärztin für Psychiatrie Dr. H. vom ärztlichen Dienst der Beklagten wies am 08.11.2012 auf eine hinzugetretene, iatrogen
unterstützte Abhängigkeitsproblematik hin und hielt die Einlegung einer Berufung nicht für erfolgversprechend. Die Beklage
sah daraufhin von einem Rechtsmittel ab und bewilligte - entsprechend dem Urteil - dem Kläger im Folgenden eine Rente wegen
voller Erwerbsminderung befristet bis 30.06.2013.
Am 18.06.2013 beantragten seine damaligen Bevollmächtigten für den Kläger bei der Beklagten die Weitergewährung der vollen
Erwerbsminderungsrente über den 30.06.2013 hinaus. Sie schrieben, dass der Kläger weiter bei Frau Dr. C. in hausärztlicher
Behandlung stehe und sich seine Krankheitsmerkmale verschlechtert hätten. Sein aktueller Aufenthaltsort sei unbekannt. Nachdem
Dr. H. am 29.08.2013 in einer äußerst knappen Stellungnahme nach Aktenlage - ohne Beiziehung aktueller ärztlicher Unterlagen
- eine Weitergewährung der Zeitrente befürwortet hatte, bewilligte die Beklagte eine Verlängerung bis zum 31.12.2014.
Nach Einstellung der Zeitrente zu diesem Datum erkundigte sich der Kläger am 29.01.2015 - erstmals - telefonisch nach seiner
Rente, wie aus einem Aktenvermerk der Beklagten ersichtlich ist. Er trug vor, sie sei das letzte Mal einfach so weitergewährt
worden. Er könne keinen Antrag stellen, dies sei ihm einfach nicht möglich. Am 02.02.2015 ergab eine Rücksprache beim VdK,
der die letzte Verlängerung der Zeitrente beantragt hatte, dass der Kläger seit 01.01.2015 kein Mitglied mehr im VdK sei.
Ein weiteres Telefonat vom 02.02.2015 mit dem Kläger ergab, dass dieser keinen Antrag auf Weitergewährung stellen werde, da
er sich geschworen habe, keine Unterschriften mehr zu leisten und bei Behörden keine Anträge mehr zu stellen.
Am 09.03.2015 meldeten sich per Telefax neue Bevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten. Sie beantragten, dem Kläger ab
01.01.2015 rückwirkend, hilfsweise ab sofort weiter Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Der Formblattantrag auf
Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsminderung ging am 27.03.2015 bei der Beklagten ein. Der Kläger gab an, wegen seiner chronischen
Schmerzen ausschließlich bei der Hausärztin Dr. C. in Behandlung zu stehen. Eine stationäre Behandlung wegen Herzrhythmusstörungen
sei im Januar 2015 in der M-Klinik in B-Stadt erfolgt.
Die Beklagte forderte einen Befundbericht bei der behandelnden Ärztin Dr. C. an, die am 21.04.2015 bestätigte, dass sich der
Kläger seit 1985 in ihrer Behandlung befinde und diese früher regelmäßig und jetzt gelegentlich erfolge. Der Kläger sei berentet.
Die letzte Untersuchung sei am 26.06.2014 erfolgt. Beim Kläger bestehe - ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom bei Spondylodese,
- eine Schmerzverarbeitungsstörung, - eine Unverträglichkeit von Analgetika außer Cannabis, - eine Arthrose des oberen Sprunggelenks,
- eine Wesensveränderung mit kompletter sozialer Isolation und aggressiver Abwehrhaltung und - eine Omarthrose mit starker
Bewegungseinschränkung beidseits. Die beigefügten fachärztlichen Befunde datierten aus den Jahren 2011 bis 2014.
Daraufhin kam die Prüfärztin A. zum Ergebnis, dass eine sozialmedizinische Beurteilung nach Aktenlage nicht ausreiche und
der Kläger aktuell untersucht werden solle. Nach Ladung des Klägers zu einem Untersuchungstermin erfolgte am 11.05.2015 ein
telefonischer Kontakt mit dem Kläger, wegen einer evtl. geringfügigen Abänderung des konkreten Untersuchungszeitpunkts. Der
Kläger lehnte einen vorgesehenen Untersuchungstermin vollständig ab und betonte, dass er seit 16 Jahren mit der Deutschen
Rentenversicherung streiten würde und er nicht bereit sei, zu einer Untersuchung zu kommen. Auf die trotzdem erfolgte Einladung
zur Untersuchung am 09.06.2015 hin ist der Kläger zu diesem Termin nicht erschienen. In dem Einladungsschreiben war auf die
Anlage mit Hinweisen zur Vermeidung von Nachteilen verwiesen worden.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17.06.2015 versagte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem
Ende der Befristung, also ab 01.01.2015. Der Kläger sei der Aufforderung der Beklagten vom 11.05.2015 zu der im Rentenverfahren
erforderlichen ärztlichen Untersuchung zu erscheinen, nicht nachgekommen. Er sei auf die Folgen der fehlenden Mitwirkung schriftlich
hingewiesen worden. Ohne Kenntnis des derzeitigen Gesundheitszustandes könne der Umfang des Leistungsvermögens nicht festgestellt
werden. Die Verweigerung der Untersuchung habe deshalb zur Folge, dass die Rente versagt werden könne (§§
62,
65,
66 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch -
SGB I). Hiergegen legte der Kläger persönlich mit Schreiben vom 07.07.2015 Widerspruch ein. Er habe bereits telefonisch am 06.01.2015
der Beklagten mitgeteilt, dass die psychische Belastung, von einem Arzt untersucht zu werden, nach 17 Jahren der Qual und
des nicht Unterstützens seiner Genesung für ihn nicht mehr zu ertragen sei. Da die Beklagte ja schon einmal ein ärztliches
Gutachten nach Aktenlage angefertigt habe und für die letzte Verlängerung der Rente auch keine ärztliche Untersuchung mehr
nötig gewesen sei, solle die Beklagte aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen entscheiden und ihm die Rente rückwirkend
ab 01.01.2015 gutschreiben. Die Bevollmächtigten des Klägers verwiesen darauf, dass beim Kläger eine Wesensänderung mit kompletter
sozialer Isolation und aggressiver Abwehrhaltung vorliege. Dieser Zustand sei krankheitsbedingt und vom Kläger nicht mehr
willentlich steuerbar und könne ihm deshalb nicht als mangelnde Mitwirkung ausgelegt werden. Die in der Akte vorhandenen ärztlichen
Befunde seien nach wie vor ausreichend, um über die Rentengewährung zu entscheiden.
Am 14.08.2015 hielt Medizinaldirektor Dr. B. vom ärztlichen Dienst der Beklagten fest, dass der Kläger nach telefonischer
Bestätigung seiner Hausärztin zuletzt am 26.06.2014 bei ihr in Behandlung gewesen sei. Seiner Ansicht nach sei ohne Abklärung
durch Begutachtung keine Aussage zur aktuellen Leistungsfähigkeit möglich.
Die Beklagte bot dem Kläger über seinen Bevollmächtigten am 25.08.2015 schriftlich an, ihm einen neuen Untersuchungstermin
zuzuteilen, wenn er sich zur Mitwirkung bereit erkläre; der Kläger wurde erneut förmlich auf seine Mitwirkungspflicht und
die ihr zugrundeliegenden Bestimmungen hingewiesen. Die Beklagte hielt in einem Telefonvermerk vom 26.08.2015 fest, dass der
Kläger angegeben habe, er sei psychisch nicht mehr in der Lage, an einer Untersuchung durch einen Arzt teilzunehmen, egal
um welchen Arzt es sich handele; er werde nie mehr an einer teilnehmen.
Die Klägerseite trug inhaltlich vor, dass eine nachvollziehbare Begründung, warum die abermalige ärztliche Begutachtung des
Klägers zwingend erforderlich sein solle, dem Schreiben nicht zu entnehmen gewesen sei. Bekanntlich sei dem Kläger aufgrund
der ärztlich nachgewiesenen chronischen Schmerzen bereits über mehrere Jahre eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung
gewährt worden. An dem Sachverhalt habe sich nichts geändert. Der Kläger erhalte nach wie vor Cannabis aus medizinischen Gründen
mit Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Der Kläger habe durch die jahrelangen ärztlichen
Fehlbehandlungen eine massive Angststörung entwickelt und werde allein bei dem Gedanken, sich erneut in ärztliche Behandlung
und Begutachtung begeben zu müssen, von Panikattacken befallen. Eine Mitwirkungspflicht des Klägers durch Teilnahme an einer
ärztlichen Untersuchung bestehe aus den vorgenannten Gründen nicht. Die Folgen fehlender Mitwirkung kämen deshalb im vorliegenden
Fall nicht zum Tragen.
Vorgelegt wurde zugleich die Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 3 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) für den Kläger vom 26.03.2015: Die Erlaubnis erlösche mit sofortiger Wirkung, sobald der betreuende Arzt die Fortsetzung
der Betreuung abbreche; betreuender Arzt sei Frau Dr. C. aus C-Stadt.
Am 29.09.2015 stellte Dr. B. erneut fest, dass die neuen Unterlagen sowie die vorliegenden Unterlagen eine Begutachtung nach
Aktenlage nicht zuließen; sie seien weder aktuell noch vollständig. Der Bevollmächtigte des Klägers forderte dagegen nochmals,
dass aufgrund der bereits vorliegenden Befunde eine Begutachtung nach Aktenlage erfolgen müsse.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2015 den Widerspruch zurück. Der Widerspruch sei zwar zulässig, aber
nicht begründet. Die Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.12.2014 hinaus sei zu Recht bis zur Nachholung der Mitwirkung
versagt worden. Die Versagung der Leistung sei ausdrücklich bis zur Nachholung der Mitwirkung begrenzt und habe daher einen
vorläufigen Charakter. Die Mitwirkung könne jederzeit nachgeholt werden und danach die Leistung erbracht werden. Es wurde
erneut auf die Vorschriften der §§
62,
65 und
66 SGB I hingewiesen. Auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sei die Versagung der Leistung als ermessensfehlerfrei
anzusehen: Eine Versagung bis zur Nachholung der Mitwirkungshandlung sei für den Kläger günstiger als eine vollständige Ablehnung
des Anspruchs wegen Nichterfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen.
Am 27.10.2015 beantragte der Kläger beim Jobcenter Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er hatte hierfür seine Mutter I.A. bevollmächtigt, diesen Antrag zu stellen. Aus den Antragsunterlagen war u.a. ersichtlich,
dass der Kläger über ein Kraftfahrzeug verfügte. In der daraufhin angelegten Akte des Jobcenters ist ein Ausdruck der Arbeitsagentur
enthalten, aus dem zu ersehen ist, dass für den Kläger bis 31.12.2014 der Bezug einer Erwerbsminderungsrente vermerkt ist,
die Zeit vom 01.01.2015 bis 27.10.2015 als Zeit ohne Nachweis und die sich anschließende Zeit als Zeit der Arbeitsunfähigkeit
geführt wurde.
Am 09.11.2015 hat der Kläger durch seine Bevollmächtigten per Telefax Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er hat vorgetragen,
dass sich sein Gesundheitszustand seit der Bewilligung der befristeten Rente noch weiter massiv verschlechtert habe. Zum Beweis
ist ein medizinisches Sachverständigengutachten angeboten worden. Der Kläger habe eine massive Angststörung entwickelt. Auch
hierfür ist ein Sachverständigengutachten angeboten worden.
Aus einem Versicherungsverlauf vom 25.11.2015 sind rentenrechtliche Zeiten nach Abschluss des Rentenbezugszeitraums nicht
ersichtlich. Das Sozialgericht hat dem Klägerbevollmächtigten unter Hinweis auf die gesetzlichen Vorschriften angeschrieben
und eine Erfolgsaussicht der Klage nicht als gegeben angesehen. Ein in diesem Zusammenhang durchgeführtes Verfahren wegen
Besorgnis der Befangenheit (S 13 SF 39/16 AB) ist ohne Erfolg geblieben - Ablehnung des Befangenheitsantrags mit Beschluss vom 21.03.2016.
Am 27.04.2016 hat der Kläger einen formlosen Antrag auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gestellt, aber offensichtlich auch in der Folgezeit fortlaufend Leistungen nach dem SGB II erhalten.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 06.07.2016 durch Gerichtsbescheid gemäß §
105 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entschieden und die Klage abgewiesen. Sie sei nur zum Teil zulässig, nämlich als Anfechtungsklage, während die darüber hinausgehende
Leistungsklage auf Rentenzahlung unzulässig sei. Klagegegenstand sei nämlich nicht die Frage, ob dem Kläger die Rente wegen
voller Erwerbsminderung weiter zu gewähren sei, sondern einzig und allein die Frage, ob die Beklagte die Weitergewährung der
Rente zu Recht bis zur Nachholung der Mitwirkungshandlung gemäß §
66 SGB I habe versagen dürfen. Die hierauf bezogene Klage sei nicht begründet, denn es liege ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten
vor. Dieser liege darin, dass der Kläger nicht zur ärztlichen Untersuchung erschienen sei und aus den vorliegenden ärztlichen
Unterlagen aus dem Jahr 2014 entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten des Klägers das aktuelle Leistungsvermögen des
Klägers gerade nicht abgeleitet werden könne. Auch nach Auskunft der behandelnden Ärztin sei der Kläger letztmals am 26.06.2014
bei ihr in Behandlung gewesen. Der Kläger habe durch die Nichtteilnahme an der Untersuchung die Aufklärung des Sachverhalts
unmöglich gemacht. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass hier die gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht
bestehen würden, da sie ihm aus wichtigem Grund nicht zugemutet werden könnten. Die vom Kläger behaupteten massiven Angst-
und Panikattacken seien im vorliegenden Fall kein ausreichender Grund, da sie medizinisch nicht belegt und nachgewiesen seien.
Die Frage des Leistungsvermögens des Klägers müsse von medizinischer Seite aus untersucht werden und könne nicht allein auf
seine Angaben gestützt werden. Die sonst erforderliche Hinweispflicht auf die Folgen einer fehlenden Mitwirkung entfalle,
wenn die Erfüllung der Hinweispflicht nach den Umständen den Einzelfalles sinnlos sei, wie schon das BSG in seinem Beschluss vom 31.01.1979 (Az. 11 BA 129/78) entschieden habe. Dies sei hier durchaus anzunehmen, da der Kläger gegenüber der Beklagten und dem ärztlichen Gutachter
mehrfach telefonisch eine Untersuchung zum Zwecke der Leistungsbeurteilung als unzumutbar abgelehnt habe. Auch sein Prozessbevollmächtigter
habe dies schriftlich bestätigt. Die Beklagte habe deshalb zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung annehmen dürfen, dass
die Erfüllung der Hinweispflicht ohnehin ins Leere gehe. Die Beklagte habe auch eine Ermessensentscheidung getroffen und die
Umstände des Einzelfalls abgewogen. Die Klage sei abzuweisen.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Telefax-Schreiben vom 16.08.2016 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht
(LSG) eingelegt. Der erstinstanzlichen Entscheidung könne nicht gefolgt werden. Es wäre Sache des Gerichts gewesen, die Frage
des Leistungsvermögens zu beurteilen, sich mit dem Sachvortrag des Klägers auseinander zu setzen und sich selbst einen Eindruck
von der Glaubhaftigkeit seines Sachvortrags und zur Glaubwürdigkeit seiner Person zu machen. Die Erklärung, dass die behauptete
massive Angst und die Panikattacken kein ausreichender Grund seien und das Leistungsvermögen von medizinischer Seite aus beurteilt
werden müsse und nicht vom Kläger selbst, sei so nicht richtig. Die Parteien hätten bereits im Jahre 2011 vor dem Sozialgericht
einen Rechtsstreit geführt. In diesem Rechtsstreit habe Prof. Dr. S. am 05.11.2011 ein 58-seitiges Gutachten über den Kläger
erstattet, dem zwar nicht in vollem Umfang gefolgt werden könne, dem jedoch massive krankheitsbedingte Einschränkungen der
Arbeitsfähigkeit des Klägers entnommen werden könnten, die nachdem die Beklagte die seinerzeit von Prof. Dr. S. empfohlene
ambulante Therapie abgelehnt habe, sich massiv verstärkt hätten. Hätte die Beklagte die bei ihren Akten befindlichen Befunde
pflichtgemäß und antragsgemäß geprüft, hätte sie dem Kläger die beantragte Rente weiterhin gewähren müssen. Die Prüfung sei
jetzt durch die gerichtliche Beweisaufnahme zu ersetzen.
In einem Erörterungstermin vom 06.03.2017 hat der Kläger angegeben, er habe im Jahr 2014 noch einmal MRTs fertigen lassen,
sei damals aber schon psychisch so beeinträchtigt gewesen, dass er kurz davor gewesen sei, den sogenannten Notknopf bei der
Untersuchung zu bedienen. Mittlerweile könne er keine Ärzte mehr aufsuchen. Auf weitere Nachfrage hat der Kläger angegeben,
auch bei der Untersuchung bei Prof. Dr. S. im letzten Verfahren sei er bereits an seine Grenzen gelangt gewesen. Dieser Arzt
habe beispielsweise die Nervenempfindlichkeit an seinem zerschmetterten Bein untersucht. Er sehe sich auch nicht in der Lage,
eine Untersuchung diagnostischer Art durchführen zu lassen, die auf ihn wie eine Psychotherapie wirke. Der Kläger ergänzt,
dass bei ihm das Bevorstehen eines möglichen Arztbesuches Panikattacken auslöse und sich dies in Schweißausbrüchen, innerer
Unruhe und Zittern äußere.
Die Klägerseite hat weiter vorgetragen, sie halte die Einholung eines Aktenlagegutachtens durch den Senat für erforderlich.
Sie hat darauf hingewiesen, dass beim Kläger zwischenzeitlich eine erhebliche Gewichtszunahme vorliege. Der Kläger hat auf
Nachfrage angegeben, dass er zur Schmerzmedikation medizinisches Cannabis nutzen dürfe und hierzu ein Kontakt mit der Hausärztin
Dr. C., die er seit seiner Jugend kenne, fortbestehe. Diese könne befragt werden.
Die Beklagte hat angegeben, dass beim Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen derzeit erfüllt seien.
Auf Nachfrage des Senats hat die AOK Bayern mitgeteilt, dass bei ihr keine aktuellen Angaben über den Kläger vorliegen würden.
Er beziehe seit 01.10.2015 laufend Arbeitslosengeld II für Pflichtversicherte.
Die behandelnde Hausärztin Dr. C. hat im Rahmen der Ermittlungen des Senats am 03.05.2017 angegeben, dass der Kläger im Zeitraum
nach dem 31.12.2014 bei ihr am 12.01.2015, am 17.08.2015, am 18.04.2016, am 02.06.2016 und am 10.04.2017 Behandlungskontakte
gehabt hätte. Der Kläger habe seit 2014 jedoch weitere Untersuchungen abgelehnt, da er wisse, was er habe und damit leben
müsse. Die Befunde der Jahre von 2010 bis 2014 seien in Kopie beigefügt. Beim Kläger bestünden starke chronische lumbale Schmerzen,
ausstrahlend bis in die Füße, wobei der Schmerz als intensiv und brennend beschrieben werde. Wenn er länger stehe, würden
beide Beine einschlafen. Der Nacken sei verspannt. Die Hände würden einschlafen. Beide Schultergelenke würden knirschen. Er
könne die Arme nur minimal seitwärts heben. Nach vorne könne er sie etwa bis 90° heben und er könne beidseits keine Faust
machen. Der Kläger sehe schlechter als früher, habe massiv an Gewicht zugenommen und es bestünden ausgeprägte Schlafstörungen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.07.2016 und den Bescheid der Beklagten vom 17.06.2015 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 02.10.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 06.07.2016 zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen waren die Akten der Beklagten, die Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales, , Versorgungsamt,
und die Akten des Jobcenters N-Stadt sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichts Nürnberg zu den erledigten Verfahren S 10 RJ 603/03, S 12 R 251/07, S 18 R 1567/10 und S 13 SF 39/16 AB. Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom
17.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Streitig ist vorliegend ausschließlich die Frage, ob die Beklagte dem Kläger zu recht die Weitergewährung von Erwerbsminderungsrente
über den 31.12.2014 hinaus wegen fehlender Mitwirkung nach §
66 SGB I versagen durfte. Eine Sachentscheidung über die Frage des Leistungsvermögens des Klägers im Sinne des §
43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) ist von der Beklagten noch nicht getroffen worden und kann deshalb auch im Rahmen dieses Verfahrens nicht erfolgen bzw.
überprüft werden.
Der Kläger hat bei der Beklagten die Weitergewährung einer Rentenleistung beantragt. Dazu enthält das Erste Buch Sozialgesetzbuch
(
SGB I) - für alle Sozialleistungen gleichermaßen - Regelungen über die Mitwirkung des Leistungsberechtigten (§§
60 ff
SGB I). Gemäß §
60 Absatz
1 Nr.
1 SGB I hat derjenige, der eine Sozialleistung beantragt - hier der Kläger eine Erwerbsminderungsrente -, alle Tatsachen anzugeben,
die für die Leistung erheblich sind, und der Erteilung der Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Dies hat der Kläger augenscheinlich
getan.
Weiter regelt §
62 SGB I, dass der Antragsteller - hier also der Kläger - sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen
Untersuchungsmaßnahmen unterziehen soll, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind.
Ein Verlangen der Beklagten, dass der Kläger zu einem Arzt zur ärztlichen Begutachtung erscheinen soll, ist klar zum Ausdruck
gebracht. Der Senat sieht auch die von der Beklagten zu Grunde gelegte Annahme, dass eine solche Begutachtung mit Untersuchung
für die Entscheidung über die beantragte Erwerbsminderungsrente erforderlich sei, als zutreffend an.
Nach §
43 Abs.
2 SGB VI setzt ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist,
in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder
Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. §
43 SGB VI erfordert also die Aufklärung des Leistungsvermögens des Klägers. Dabei ist auch für den Fall, dass ein neuer Rentenantrag
auf die nahtlose Weitergewährung einer befristeten Rente abzielt, nicht nur ein Vergleich zur bisherigen Situation anzustellen,
sondern eine komplette Prüfung der geltenden Voraussetzungen vorzunehmen. Der Kläger hat als derjenige, der diesen Anspruch
geltend macht, die entsprechenden Voraussetzungen zu beweisen. Nachdem der Kläger nach den Auskünften der Beklagten die versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen für eine Rente wegen voller - aber auch wegen teilweiser - Erwerbsminderung erfüllt gehabt hätte, geht es
ausschließlich darum, ob die sog. medizinischen Voraussetzungen erfüllt sind. Zur Prüfung dieser medizinischen Voraussetzungen
ist die Ermittlung der aktuellen medizinischen Fakten erforderlich.
Die in §
62 SGB I normierte Verpflichtung des Klägers zur Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung wird in §
65 SGB I ergänzend präzisiert, indem dort neben der schon in §
62 SGB I geregelten Erforderlichkeit weitere Grenzen für die Mitwirkung eines Leistungsverpflichteten, hier also des Klägers, aufgeführt
sind. Für den Senat zeigt sich, dass die Beklagte zu Recht die Mitwirkung des Klägers an einer ärztlichen Untersuchung einfordern
durfte.
Anhaltspunkte dafür, dass eine objektive Unzumutbarkeit der Untersuchung, wie sie in den verschiedenen Fallgruppen des §
65 Abs.
2 SGB I erfasst ist, vorliegen würde, sind in keiner Weise ersichtlich.
Es besteht auch keine Unverhältnismäßigkeit zwischen geforderter Mitwirkung und beantragter Leistung (§
65 Abs.
1 Nr.
1 SGB I), nachdem der Kläger eine Berentung wegen Erwerbsminderung auf Dauer einfordert und von ihm die Mitwirkung an einer ambulanten
Untersuchung im üblichen Umfang (einige Stunden) erwartet wird.
Der Kläger hat auch nicht die Voraussetzungen des §
65 Abs.
1 Nr.
2 SGB I belegt, wonach die Erfüllung der Mitwirkung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann. Grundsätzlich
könnte ein solcher wichtiger Grund zwar in einer psychischen Überforderung gesehen werden; für das Vorliegen einer dem Willen
des Klägers entzogenen Verweigerungshaltung etwa infolge einer Angststörung vor schweren psychischen oder somatischen Beeinträchtigungen
bei Durchführung einer ärztlichen Untersuchung gibt es keine Nachweise, sondern nur die eigenen Angaben des Klägers. Diese
reichen nicht aus. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum die - noch mögliche - Befragung durch einen Richter in einer
Verhandlungssituation etwa sich in der Eigenwahrnehmung des Klägers fundamental von der - angeblich unmöglichen - Befragung
durch einen Psychiater vor bzw. außerhalb der Verhandlung unterscheiden soll.
Die Beklagte kann sich auch nicht - mit einem geringeren Aufwand - die erforderlichen Kenntnisse - anderweitig d.h. insbesondere
ohne Untersuchung - selbst beschaffen, so dass auch die Ausnahme von der Mitwirkungspflicht nach §
65 Abs.
1 Nr.
3 SGB I im Fall des Klägers nicht greift. Für die Weiterbewilligung ist es nicht ausreichend, dass in der Vergangenheit bereits eine
medizinisch begründete Entscheidung über eine Rentenbewilligung wegen voller Erwerbsminderung getroffen worden war. Die Entscheidung
war seinerzeit ja gerade auf Gründe gestützt worden, die eine weitere Beurteilung der maßgeblichen gesundheitlichen Situation
über den Bewilligungszeitraum hinaus nicht hatten möglich erscheinen lassen.
Aber auch inhaltlich ergeben die seinerzeit - im November 2011 und August 2012 - erstellten Gutachten von Prof. Dr. S. und
Dr. S. keine hinreichenden Belege für das Vorliegen einer vollen Erwerbsminderung beim Kläger im Zeitraum ab Januar 2015.
Im Gegenteil, beide Gutachter waren in ihren Gutachten unter Auswertung der Untersuchungsergebnisse und Unterlagen zum Ergebnis
gelangt, dass der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen der Arbeitsbedingungen noch mehr als 6 Stunden auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein könnte. Erst in der mündlichen Verhandlung war im Hinblick auf die gegenseitige
Beeinflussung der Einschränkungen auf orthopädischem und psychiatrischem Gebiet das befristete Vorliegen einer quantitativen
Einschränkung beim Kläger von Dr. S. bejaht worden. Auch die im Nachgang zur damaligen Sozialgerichtsentscheidung entstandene
Äußerung der Dr. H., wonach eine iatrogen unterstützte Abhängigkeitsproblematik vorliege, ändert daran nichts. Ausreichende
Belege für eine medizinisch begründete, längerfristige Einschränkung durch den unter - wenn auch sehr lockerer - ärztlicher
Aufsicht erfolgenden Cannabiskonsum sind nicht in den Akten enthalten.
Aus der Weiterbewilligung der Rente im Sommer 2013 lässt sich für das vorliegende Verfahren nichts ableiten. Weder gibt es
inhaltlich verwertbare medizinische Darlegungen; die ohne neue ärztliche Unterlagen erstellte Stellungnahme des Dr. H. vom
29.08.2013 trägt aus Sicht des Senats noch nicht einmal die damalige Verlängerung der befristeten Rentengewährung. Noch ist
die Beklagte daran gebunden, erneut mit unzureichenden Ermittlungen - es lagen nur Äußerungen der damaligen Klägerbevollmächtigten
über eine Abwesenheit des Klägers vor - die Rente weiter zu bewilligen. Für die Entscheidung über den neuen Rentenantrag sind
allein die gesetzlichen Vorgaben maßgeblich.
Der Beklagten und dem Sozialgericht ist daher in vollem Umfang darin beizupflichten, dass eine neue sozialmedizinische Beurteilung
erforderlich ist. Selbst die Klägerseite stellt hierzu einen Beweis durch ein neu zu erstellendes Gutachten in den Raum. Abgesehen
davon, dass ein Gutachten mit Untersuchung regelhaft die aktuelle medizinische Situation besser abbildet als eine bloße Aktenlagebefassung,
war im Fall des Klägers ein Aktenlagegutachten nicht geeignet, die Frage zu beantworten, ob die medizinischen Voraussetzungen
für volle Erwerbsminderung im Zeitraum ab Januar 2015 bestehen bzw. bestanden haben.
Für die Gutachtenerstellung konnte eine ärztliche Untersuchung schon deshalb als erforderlich angesehen werden, weil eine
sozialmedizinische Beurteilung der aktuellen Situation, die auf Grund eigener Untersuchung abgegeben wurde, in der Regel einer
nur auf Aktenunterlagen gestützten überlegen ist. Im Fall des Klägers bestand die Erforderlichkeit jedoch vor allem deshalb,
weil ein Aktenlagegutachten überhaupt nicht in Betracht kam. Entgegen der Ansicht der Klägerseite konnte ein Gutachten nach
Aktenlage hier überhaupt nicht sinnvoll erstellt werden, weil eine Grundlage hierfür - auch für den medizinischen Laien offensichtlich
- nicht vorhanden war. Nach dem Jahr 2014 sind keine substantiellen neuen ärztlichen Untersuchungen beim Kläger erfolgt, wie
seine Hausärztin und er selbst ausdrücklich bestätigt haben. Es gab lediglich einige wenige Arztkontakte mit der langjährigen
Hausärztin - offensichtlich zur Fortführung der Cannabisverordnung. Nach den Angaben der Ärztin erfolgten aber keine Untersuchungen.
Soweit die Klägerseite meint, diese Aussage hätte sich nur fachärztliche Untersuchungen bezogen, kann dies nicht überzeugen.
Auch eigene Untersuchungsbefunde wie etwa Blutdruck oder Laborwerte sind für diesen Zeitraum von Dr. C. nicht mitgeteilt worden.
Dagegen hat sie auf ausdrückliche Nachfrage im August 2015 angegeben, dass bei ihr seit über einem Jahr keine Untersuchung
des Klägers mehr vorgenommen worden sei, obwohl sie - an anderer Stelle - Vorsprachedaten des Klägers für diesen Zeitraum
angibt. Auch die Ermittlungen des Senats haben keinerlei aktuelle medizinische Unterlagen ergeben, die über eine Wiedergabe
der Angaben des Klägers hinausgegangen wären. Dass auf die vorliegenden Unterlagen und Angaben kein Aktenlagegutachten ärztlicherseits
gestützt werden kann, hat zudem Dr. B. zweimal mit eindeutiger Begründung dargelegt. Medizinaldirektor H. hat darauf hingewiesen,
dass selbst der aktuell vorliegende Befundbericht der Dr. C., der auf 5 Gesprächskontakten mit dem Kläger im fraglichen Zeitraum
beruhte, nicht ausreiche, den Schweregrad und die Beeinflussbarkeit der Schmerzerkrankung des Klägers genauer einzuschätzen.
Damit ergibt sich für den Senat, dass die von der Beklagten vorgesehene gutachterliche Untersuchung erforderlich war und auch
weiterhin erforderlich ist, so dass eine Mitwirkungspflicht des Klägers nach §
62 SGB I bestand und besteht.
Eine unmittelbare Weiterbewilligung der Rente auf Grund der schon bekannten Fakten ist damit der Beklagten nicht möglich gewesen.
Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats die Voraussetzungen für eine berechtigte Einschränkung seiner Mitwirkung nicht hinreichend
belegt. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Kläger sich gehindert sieht, die Nachweise für das Vorliegen einer
Ausnahme gemäß §
65 SGB I zu erbringen, da er ja mangels der Möglichkeit zum Arztkontakt gerade nicht ärztliche Nachweise beibringen könne. Warum ein
Nachweispflichtiger den erforderlichen Nachweis nicht erbringt, ist allgemein unbeachtlich und kann allenfalls im Rahmen der
von der Beklagten vorzunehmenden Ermessensausübung miteinbezogen werden.
Damit sind die Voraussetzungen für die in §
66 SGB I geregelten Folgen fehlender Mitwirkung zu bejahen: Nach dieser Vorschrift darf ein Sozialleistungsträger - ohne weitere Ermittlungen
- die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung versagen.
Die Versagung nach §
66 SGB I stellt - wegen der Möglichkeit der Nachholung der Mitwirkung - auch das für den Kläger weniger einschneidende Vorgehen als
die endgültige Ablehnung des Weitergewährungsantrags wegen fehlenden Nachweises der Erwerbsminderung in rentenberechtigendem
Umfang dar. Hinsichtlich der vom Kläger beschriebenen Beweisnot ist auch bedeutsam, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt
durch andere - nicht untersuchungsabhängige - Sozialleistungen decken kann, so dass für ihn eine zu Unrecht erfolgte Rentenversagung
weniger gravierend wäre als für die Versichertengemeinschaft eine womöglich über lange Jahre zu Unrecht zu erbringende Rentenzahlung.
Auch wenn die Beklagte bei ihrer Ermessensausübung nicht soweit gegriffen hat, sieht der Senat keinen bedeutsamen Mangel oder
Fehlgebrauch des Ermessens durch die Beklagte.
Aus Sicht des Senats scheitert die von der Beklagten vorgenommene Leistungsversagung nach §
66 SGB I auch nicht an §
66 Abs.
3 SGB I. Dort ist geregelt, dass Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt werden dürfen, nachdem der Leistungsberechtigte
- hier der Kläger - auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer
ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Im Fall des Klägers ist es nach dem Akteninhalt anzunehmen, dass dem Kläger
mit der Ladung zur Untersuchung routinemäßig ein derartiger schriftlicher Hinweis auf die Folgen fehlender Mitwirkung gegeben
worden ist; ein weiterer schriftlicher Hinweis ist im Verlauf des Widerspruchsverfahrens belegt. Eine konkrete Androhung mit
Fristsetzung scheint dagegen nicht erfolgt zu sein. Ein schriftlicher Hinweis enthält vor allem eine Appellfunktion, damit
der Betroffene die mangelhafte Mitwirkung in Ansehung der möglichen Rechtsfolge reflektiert (Sichert in: Hauck/Noftz, Kommentar
zum SGB, Stand November 2011, §
66 SGB I, Rn. 19). Einer erkennbaren Zweckverfehlung des Hinweises entsprechend entfalle die Pflicht zum Hinweis ausnahmsweise, wenn
der Leistungsträger aufgrund eindeutigen Verhaltens des Betroffenen davon ausgehen durfte, dass sich dieser der Folgen seiner
Pflichtverletzung konkret bewusst sei und durch den Hinweis definitiv nicht zur Mitwirkung angehalten werden könne (Sichert
a.a.O.; so auch Seewald in: Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2010, §
66 SGB I, Rn. 13 unter Berufung auf das Urteil des BSG vom 31.01.1979, Az. 11 BA 129/78). Einen derartigen Fall sah der Senat im Fall des Klägers gegeben. Bereits aufgrund der mehrfachen telefonischen Kontakte
hatte der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er sich auf keinen Fall ärztlich untersuchen lassen werde.
Auch soweit sich anfänglich noch eine relativierende Position andeutet, hat die Beklagte durch ein konkretes Untersuchungsangebot,
dem mit der Ladung dazu verbundenen Hinweis, dass ohne Untersuchung keine Leistungsgewährung möglich sei, und den allgemeinen
Hinweisen auf Mitwirkungspflichten und mögliche Folgen der Nichtmitwirkung nach Auffassung des Senats den förmlichen Anforderungen
in diesem Einzelfall hinreichend Genüge getan.
Hinzu kommt, dass der Kläger auch im Nachgang zum Verwaltungsverfahren, nämlich gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht und
dem Senat nach eindringlicher richterlicher Darlegung seiner Mitwirkungspflichten und des vom Kläger erwarteten Mitwirkungsumfang,
weiterhin geäußert hat, dass er generell unter keinen Umständen für eine ärztliche Untersuchung mehr zur Verfügung stehe.
Insofern wäre, falls man hinsichtlich der Einhaltung von Formvorschriften durch die Beklagte zu einem anderen Ergebnis als
der Senat kommen würde, eine Verurteilung der Beklagten zu einer neuerlichen Entscheidung erwartbar ohne für den Kläger positives
Ergebnis, da dann die Beklagte - wie dargestellt zu Recht - erneut die Mitwirkung des Klägers einfordern würde und dann bei
Unterlassen der nach der anderen Ansicht zu monierenden Formfehler zu Recht erneut ein Versagungsbescheid nach §
66 SGB I ergehen würde.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind somit im Ergebnis insgesamt
nicht zu beanstanden und die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.