Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger für seine Tätigkeit als Referent bei der Steuerberaterkammer in N-Stadt
in der Zeit vom 02.05.2012 bis 31.10.2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §
6 Abs
1 S 1 Nr
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VI - zu befreien ist.
Der 1980 geborene Kläger absolvierte nach der Schulausbildung ein Studium der Rechtswissenschaften mit anschließendem Referendariat
und Ablegung des Zweiten Juristischen Staatsexamens.
Am 26.06.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht für die ab dem 01.03.2012
aufgenommene Tätigkeit als "Rechtsanwalt/Referent" bei der Steuerberaterkammer N-Stadt. Er beantrage die Befreiung aufgrund
seiner gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer N-Stadt seit dem 02.05.2012. Die Bayerische Rechtsanwalts-
und Steuerberaterversorgung bestätigte unter dem 05.07.2012, dass der Kläger seit 02.05.2012 kraft Gesetzes Mitglied im Versorgungswerk
sei und dass er ab Beginn der Befreiung einkommensbezogene Pflichtbeiträge analog §§
157 ff.
SGB VI entrichten müsste. Von der Steuerberaterkammer war bestätigt, dass der Kläger im Unternehmen/Verband als Rechtsanwalt tätig
sei. Beigefügt war eine Stellen- und Funktionsbeschreibung vom 22.06.2012. Danach sei der Kläger bei der Steuerberaterkammer
als Rechtsanwalt für den Bereich Berufsrecht/Gebührenrecht/ Vermittlungen/Schlichtungen verantwortlich. In dieser Eigenschaft
werde der Kläger für die Kammer rechtsberatend, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend sowie rechtsvermittelnd tätig. Der Kläger
sei vor seiner Tätigkeit bei der Kammer bereits zwei Jahre als selbständiger Rechtsanwalt tätig sowie in der Rechtsabteilung
der Fachaufsicht der Familienkassen für das steuerrechtliche Kindergeld beschäftigt gewesen. Er verfüge daher über die vorausgesetzten
Kenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich der berufsrechtlichen und gebührenrechtlichen Bestimmungen sowie des formellen Steuerverfahrensrechts.
Diese seien für die Ausübung der Tätigkeit als Referent in diesem Bereich zwingend erforderlich.
Vorgelegt wurde des Weiteren das Stellenangebot zum 01.03.2012 der Steuerberaterkammer, mit dem ein "Jurist m/w für das Referat
Berufsrecht/Gebührenrecht/Schlichtungen" gesucht wurde. Als Profil waren folgende Punkte benannt:
- Mindestens erfolgreicher Abschluss des 2. Staatsexamens
- Berufserfahrung in Verwaltung oder Tätigkeit in Kanzlei
- Kenntnisse im Berufs- und Gebührenrecht erwünscht, gern auch Qualifikation als FAfStR, Mediator
- Führungspersönlichkeit, Organisationstalent, Einsatzbereitschaft
- Gute EDV-Kenntnisse, MS-Office
- Zeitliche und fachliche Flexibilität
- Freundliches und kompetentes Auftreten
Mit weiterem Schreiben der Steuerberaterkammer N-Stadt vom 27.08.2012 wurde eine "ergänzende Stellen- und Funktionsbeschreibung"
sowie der Arbeitsvertrag des Klägers übersandt. In § 1 des Arbeitsvertrages ist als Tätigkeit eine Anstellung des Klägers
als Referent im Bereich Berufsrecht/Gebührenrecht/Schlichtungen unter Bezugnahme auf eine beigefügte Stellenbeschreibung festgehalten.
Der Kläger habe seine gesamte Arbeitskraft ausschließlich für die Belange des Arbeitgebers zur Verfügung zu stellen. Gemäß
§ 3 war ein monatliches Bruttogehalt von 2.866,00 EUR vereinbart, das nach Ablauf der 6-monatigen Probezeit 2.950,00 EUR betragen
würde. Dies entspreche einer Einordnung in die Tarifgruppe VII der Betriebsvereinbarung vom 01.01.2003. Der Kläger erhält
nach § 3 Abs 2 des Arbeitsvertrages Weihnachtsgeld und hat gemäß § 6 Abs 1 des Arbeitsvertrages einen jährlichen Anspruch
auf Erholungsurlaub von 25 Arbeitstagen. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt nach § 7 des Arbeitsvertrages 40 Wochenstunden.
Ferner wurde eine "Ergänzung" des Anstellungsvertrags vom 01.03.2012 mit dem Datum 01.03.2012 vorgelegt, wonach dem Kläger
für die Zeit nach der Zulassung als Rechtsanwalt unwiderruflich gestattet werde, seinen Arbeitsplatz jederzeit uneingeschränkt
zur Wahrnehmung anwaltlicher Geschäfte zu verlassen. Ihm werde weiter erlaubt, eine Kanzlei unter der Adresse des Arbeitgebers
einzurichten. Anteilige Kosten für die Nutzung als Kanzleiräume würden nicht erhoben. Die berufliche Verschwiegenheit des
Rechtsanwaltsstandes werde beachtet.
Die Beklagte lehnte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12.10.2012 eine Befreiung nach §
6 Abs
1 S 1 Nr
1 SGB VI ab, weil es sich bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Referent nicht um eine berufsspezifische (anwaltliche) Tätigkeit
handele. Der Kläger sei zwar seit seiner Zulassung als Rechtsanwalt ab dem 02.05.2012 Pflichtmitglied in der Anwaltsversorgung
und in der Rechtsanwaltskammer N-Stadt. Er sei aber als Referent nicht anwaltlich tätig. Nach der Stellenbeschreibung vom
01.03.2012 bestehe sein Aufgabengebiet darin, die Mitglieder allgemein zu beraten, Beschwerdefälle und Gebührenrechtsanfragen
zu bearbeiten, Gutachten zu erstellen sowie Sitzungen vorzubereiten und zu begleiten. Für diese Beschäftigung sei die durch
das Zweite Staatsexamen erlangte Befähigung zum Richteramt nicht objektiv unabdingbare Zugangsvoraussetzung. Hiergegen legte
der Kläger am 12.11.2012 Widerspruch ein. Die Beklagte holte daraufhin vom Arbeitgeber eine weitere Auskunft zu der Frage
ein, ob die später erfolgte Zulassung als Rechtsanwalt zu einer Veränderung der Aufgabenbereiche des Klägers geführt habe.
Der Arbeitgeber teilte mit einem auf den "28.06.2012" datierten Schreiben mit, dass der Kläger seit seiner Zulassung als Rechtsanwalt
in Ergänzung zu den Regelungen der Stellenbeschreibung vom 01.03.2012 und der Funktionsbeschreibung vom 22.06.2012 in berufsaufsichtlichen
Verfahren die Anfertigung rechtsmittelfähiger Bescheide, bspw. Rügebescheide, zur Unterschrift durch das Präsidium anfertige.
Diese Bescheide würden umfassende rechtliche Würdigungen beinhalten. Zudem verfasse der Kläger Schriftsätze in berufsgerichtlichen
Verfahren, wie bspw Gegenerklärungen. Diese Schreiben seien mit denen anwaltlicher Schriftsätze in gerichtlichen Verfahren
identisch. Der Kläger nehme auch an den berufsgerichtlichen Verhandlungsterminen teil. Zudem erstelle er Strafanzeigen/-anträge
gegenüber der Staatsanwaltschaft in Fällen, in denen bspw Nicht-Berufsangehörige als Steuerberater aufträten und dadurch der
Straftatbestand des §
132a Abs
1 Nr
2 StGB verwirklicht werde. Es handele sich hierbei um Schriftsätze, wie sie auch von freiberuflichen Anwälten für Geschädigte in
einem Strafverfahren verfasst würden. Diese Tätigkeiten seien bis zur Zulassung des Klägers von der Unterzeichnerin, Frau
RAin K., wahrgenommen worden. Im täglichen Geschäftsverkehr prüfe und entscheide der Kläger bei rechtlichen Fragestellungen
eigenständig, welche Maßnahmen zu veranlassen seien und werde hier auch als Entscheidungsträger nach außen tätig. Hätte der
Kläger keine eigenständige rechtliche Entscheidungsbefugnis, könnte seine Tätigkeit, die selbständige Führung des Referats
Berufs-/Gebührenrecht/Schlichtungen nicht ordnungsgemäß ausgeübt werden.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.10.2012 mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2013 als unbegründet
zurück. Bei der Beschäftigung des Klägers handele es sich um eine solche bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber. Das geschilderte
Aufgabenspektrum genüge nicht für die Annahme einer anwaltlichen Tätigkeit. Ferner sei der Kläger weisungsgebunden und nicht
weisungsfrei wie ein bei einem Rechtsanwalt angestellter Rechtsanwalt. Auch der tariflichen Eingruppierung in Gehaltsklasse
VII der Betriebsvereinbarung komme hohe indizielle Wirkung zu. Danach gehörten hierzu Tätigkeiten, die umfassende Kenntnisse
voraussetzten und deren Ausführung überwiegend eigene Entscheidungen und ein entsprechendes Maß an Verantwortung voraussetzen
würden, zum Beispiel Sachbearbeiter mit weitgehender Weisungsbefugnis und besonderer Vertrauensstellung (Qualifikation: Arbeitnehmer
mit abgeschlossenem rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Hochschul- oder artverwandtem Fachhochschulstudium ohne Berufserfahrung
oder vorheriger Berufsausbildung). Bei der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit handele es sich deshalb um eine qualifizierte Sachbearbeitertätigkeit,
nicht aber um die Wahrnehmung von Rechtsangelegenheiten im Sinne des § 3 Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO -.
Zur Begründung der hiergegen am 29.10.2013 zum Sozialgericht Nürnberg (SG) zunächst nur fristwahrend erhobenen Klage hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.12.2013 vorgetragen, dass die Mitgliedschaft
für zugelassene Rechtsanwälte in der zuständigen Rechtsanwaltskammer nach § 60 Abs 1 BRAO verpflichtend sei, wobei es nicht darauf ankomme, ob der Rechtsanwalt eine anwaltliche Tätigkeit tatsächlich auch ausübe.
Dieser unterliege lediglich einer Kanzleipflicht nach § 27 Abs 1 BRAO. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sei daher nicht an eine aktive Ausübung der Tätigkeit geknüpft. Vielmehr werde die
Zulassung davon abhängig gemacht, dass keine Tätigkeit ausgeübt werde, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts unvereinbar sei.
Deshalb könne auch die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach 6 Abs 1 Nr 1
SGB VI nicht von der Erfüllung positiv festzustellender, qualitativer Tätigkeits- oder Beschäftigungsmerkmale abhängig gemacht werden
(unter Bezugnahme auf verschiedene SG-Urteile). Der Kläger erfülle im Übrigen bei seiner Tätigkeit die vier Wesensmerkmale der Rechtsberatung, Rechtsvermittlung,
Rechtsentscheidung und Rechtsgestaltung.
Mit Schreiben vom 26.02.2014 übersandte der Kläger einen weiteren ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 06.02.2014 aufgrund
eines weiteren Antrags des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht für die von ihm ab dem 01.11.2013 ausgeübte
Tätigkeit als Referent für den Bereich "UWG - Unerlaubte Steuerrechtshilfe" bei der Steuerberaterkammer N-Stadt. Hiergegen hatte der Kläger ebenfalls Widerspruch eingelegt.
Trotz Kenntnis von den beim Bundessozialgericht (BSG) zwischenzeitlich anhängig gewordenen Verfahren hatte der Kläger einem Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BSG nicht zugestimmt.
Mit Schriftsatz vom 04.04.2014 wies der Kläger darauf hin, dass die tags zuvor verkündeten Urteile des BSG in den Streitsachen B 5 RE 13/14 R u.a. auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar seien, weil er für eine berufsständische
Körperschaft des öffentlichen Rechts und demnach eine Standesorganisation aufgrund seiner berufsspezifischen Vorbildung als
Rechtsanwalt tätig sei. In der Gesetzesbegründung zu §
6 SGB VI heiße es: Abs 1 Nr 1 entspreche § 7 Abs 2 AVG. Zu der jeweiligen Berufsgruppe gehörten auch Personen, die aufgrund berufsspezifischer Vorbildung in den Standesorganisationen
oder berufsständischen Versorgungseinrichtungen beschäftigt seien. Demnach seien z. B. Steuerberater, die als Angestellte
bspw bei einer Steuerberaterkammer oder Rechtsanwaltskammer tätig würden, von der Versicherungspflicht zu befreien, so auch
"§ 58 Abs. Nr. 5 StBerG". Gleiches müsse für Rechtsanwälte in der Standesorganisation gelten.
Mit Beschluss vom 29.09.2014 hat das SG die Bayerische Versorgungskammer - Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung (BRAStV) - nach §
75 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum Verfahren beigeladen. Das SG hat sodann nach mündlicher Verhandlung die Klage durch Urteil vom 30.09.2014 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger habe
gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach §
6 Abs
1 S 1 Nr
1 SGB VI. Der Kläger sei zwar zugelassener Rechtsanwalt seit dem 02.05.2012 und damit Pflichtmitglied bei der Bayerischen Rechtsanwaltskammer
und auch bei der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung. Eine Befreiung nach §
6 Abs.
1 S 1 Nr
1 SGB VI könne aber nur dann erfolgen, wenn auch eine berufstypische Tätigkeit als Rechtsanwalt, d. h. eine für einen Rechtsanwalt
typische Berufstätigkeit in einem Angestelltenverhältnis oder selbständig ausgeübt werde. Die Befreiung sei dabei tätigkeits-,
nicht personenbezogen. Die Tätigkeit als Referent sei nicht als rechtsanwaltliche Tätigkeit zu qualifizieren, so dass für
die Anwendung der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für die berufstypische Tätigkeit eines Syndikusanwalts bei nichtanwaltlichen
Arbeitgebern kein Raum sei. Die Tätigkeit bei der Steuerberaterkammer könne dem Berufsfeld des Rechtsanwalts von vorneherein
nicht zugeordnet werden. Die anwaltliche Berufsausübung sei in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt
bedürfte es mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber
einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit sei
für die Mitgliedschaft bei der Beigeladenen und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlich-rechtliche
Sicherung ohne Bedeutung, so dass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von §
6 Abs
1 S 1 Nr
1 SGB VI fehle und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrige (BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az B 5 RE 13/14 R). Auf die von der Beklagten aufgestellten vier Wesensmerkmale komme es deshalb
nicht an.
Die Steuerberaterkammer N-Stadt sei ein nichtanwaltlicher Arbeitgeber, so dass nach der ständigen übereinstimmenden Rechtsprechung
des für das Berufsrecht der Anwälte zuständigen Bundesgerichtshofs - BGH -, des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - und des
Europäischen Gerichtshofs - EuGH - eine anwaltliche Tätigkeit des Klägers im Rahmen seiner Beschäftigung nicht vorliege. Dies
ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass der Kläger seine Tätigkeit zum 01.03.2012 bereits begonnen habe, seine Zulassung
zur Anwaltschaft aber erst mit Wirkung zum 02.05.2012 erfolgt sei. Es sei nicht vorgetragen worden, dass der Kläger dadurch
in seiner Arbeitsleistung zu Beginn eingeschränkt gewesen sei. Die Zulassung als Rechtsanwalt sei keine notwendige Bedingung
für die aufgenommene Tätigkeit gewesen. Dem Kläger bleibe es unbenommen, neben seiner Beschäftigung bei der Steuerberaterkammer
N-Stadt als selbständiger Rechtsanwalt tätig zu sein und für hieraus erworbene Einkünfte Beiträge an die Beigeladenen abzuführen.
Soweit der Kläger auf die amtliche Gesetzesbegründung zu §
6 SGB VI verweise, verstehe dies die Kammer allenfalls als Auslegungshilfe zu §
6 SGB VI dergestalt, dass jeweils nur die in ihrer eigenen Standesorganisation berufsgruppenspezifisch Vorgebildeten zu befreien wären.
Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil der Kläger als Anwalt eine Tätigkeit bei der Steuerberaterkammer und nicht bei der
Rechtsanwaltskammer ausübe.
Zur Begründung der hiergegen am 10.10.2014 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Kläger mit Schriftsatz
vom 08.12.2014 vor, dass die Urteile des BSG vom 03.04.2014 nicht auf seinen Fall anzuwenden seien, weil der Gesetzgeber "mit der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines
Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - RRG 1992 - eine Ausnahmeregelung geschaffen" habe. Ein Änderungsbedarf habe sich deshalb ergeben, weil Versorgungseinrichtungen
für Berufsgruppen gegründet worden seien, welche regelmäßig nicht freiberuflich seien. Diese Entwicklung würde auf längere
Sicht die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung gefährden, da es zu einem Erosionsprozess zu Lasten der gesetzlichen
Rentenversicherung kommen könne, welcher nicht hinnehmbar wäre. §
6 SGB VI sei daher insbesondere dahingehend angepasst worden, dass eine Befreiung nur erfolgen könne, wenn für die jeweilige Berufsgruppe
bereits vor dem 01.01.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer bestanden habe.
Eine Einschränkung oder Aufhebung der damaligen Gesetzesbegründung aus dem Jahr 1992 im Hinblick auf Beschäftigte bei Standesorganisationen
sei gerade nicht erfolgt. Soweit bekannt, befreie die Beklagte nach wie vor Personen, die für die (eigene) Standesorganisation,
bspw Rechtsanwalt bei Rechtsanwaltskammer, tätig seien. Hierfür finde sich im Gesetz aber keine Stütze. Vielmehr sei nur erforderlich,
dass die Beschäftigung aufgrund berufsspezifischer Vorbildung ausgeübt werde. Dieses Kriterium verkenne die Beklagte. Die
juristische Ausbildung des Klägers sei gerade auch Bedingung für die ausgeübte Beschäftigung gewesen. Im Übrigen handele es
sich bei der Steuerberatung ebenfalls um einen Teilausschnitt der Rechtspflege.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 06.09.2018 mitgeteilt, dass er zwischenzeitlich aufgrund der Neuregelung zur Tätigkeit
als Syndikusanwalt durch die Beklagte rückwirkend für die Zeit ab 01.04.2014 von der Rentenversicherungspflicht befreit worden
sei. Ein ruhendes Widerspruchsverfahren betreffe die Zeit ab 01.11.2013 wegen einer Erweiterung der Tätigkeit bei der Steuerberaterkammer.
Des Weiteren sei ein Verfahren beim SG Nürnberg unter dem Aktenzeichen S 15 R 636/17 für die Zeit vom 02.05.2012 bis 31.03.2014 anhängig. Hintergrund sei die nicht erfolgte, weiterreichende rückwirkende Befreiung
des Klägers für die Zeit vor dem 01.04.2014 aufgrund der Neuregelung zum Syndikusrechtsanwalt. Die Beklagte vertrete in diesem
Verfahren die Auffassung, dass durch den Kläger keine einkommensbezogenen Pflichtbeiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk
gezahlt worden seien, obwohl der Mindestbeitrag abgeführt worden sei. Er halte an seinem bisherigen Vortrag fest, dass die
Entscheidungen des BSG zum Syndikusanwalt für den vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend seien, weil er für eine berufsständische Standesorganisation
tätig sei und somit eine Befreiung bereits aufgrund der seinerzeit erfolgten Gesetzesbegründung erfolgen müsse. Dass der Kläger
erst später als Rechtsanwalt zugelassen worden sei, sei darauf zurückzuführen, dass der Vorgänger des Klägers für einen Übergangsmonat
noch tätig gewesen sei und sich der Kläger noch in der Probezeit befunden habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.09.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 02.10.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für seine Tätigkeit als Referent bei der Steuerberaterkammer
N-Stadt in der Zeit vom 02.05.2012 bis 31.10.2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach
§
6 Abs
1 Nr
1 SGB VI zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.09.2014 zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidungen des BSG vom 03.04.2014 für einschlägig. Der Kläger sei bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber abhängig beschäftigt und verfüge gerade
nicht über die anwaltschaftliche Weisungsfreiheit im Rahmen der Rechtsberatung.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie hat mit Schriftsatz vom 18.09.2018 darauf hingewiesen, dass sie keine eigene
Entscheidung treffe, sondern das Versorgungswerk strikt an die Beurteilung des Sachverhalts durch die Beklagte bzw. die Sozialgerichte
anknüpfe. Der Kläger sei als zugelassener Rechtsanwalt seit 02.05.2012 Pflichtmitglied in der BRAStV. Zuvor sei der Kläger
aufgrund seiner Zulassung als Rechtsanwalt bereits vom 21.09.2009 bis 05.03.2011 Pflichtmitglied gewesen. Es werde vorsorglich
darauf hingewiesen, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 02.05.2012 bis 31.10.2013 für den Kläger Pflichtbeiträge
aus selbständiger Tätigkeit als Rechtsanwalt - konkret der Grundbeitrag als Beitragsuntergrenze gemäß § 19 Abs 3 Sätze 1 und
2, Abs 2 S 1 Nr 1, Abs 1 Nr 4 der Satzung der BRAStV - festgesetzt und bezahlt worden seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2018 hat der Kläger erklärt, dass er für seine Tätigkeit als Referent bei der Steuerberaterkammer
N-Stadt mit Bescheid der Beklagten vom 03.01.2017 mit Wirkung ab dem 01.04.2014 als Syndikusrechtsanwalt von der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden sei. Dieser Bescheid sei von ihm nicht angefochten worden. Angefochten
und damit Gegenstand des Verfahrens vor dem SG Nürnberg sei der Bescheid der Beklagten vom 02.01.2017, mit dem eine rückwirkende
Befreiung für die Zeit vor dem 01.04.2014 abgelehnt worden sei.
Aus den Akten des SG Nürnberg (Az S 15 R 636/17) ergibt sich, dass die Beklagte eine rückwirkende Befreiung des Klägers für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.03.2014 mit Bescheid
vom 02.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2017 aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt hat: die Befreiung
für die Zeit vom 01.03.2012 bis 01.05.2012 wurde abgelehnt, weil der Kläger hier noch gar nicht als Rechtsanwalt zugelassen
und deshalb auch noch nicht Pflichtmitglied bei der BRAStV gewesen war. Die Zeit vom 02.05.2012 bis 31.03.2014 wurde abgelehnt,
weil der Kläger nach Ansicht der Beklagten keine einkommensbezogenen Beiträge zur BRAStV entrichtet habe. Diese seien aber
für eine rückwirkende Befreiung auf der Grundlage des §
231 Abs
4b Satz 4
SGB VI Voraussetzung. Hierzu gehöre gerade nicht der vom Kläger entrichtete pauschale Grundbeitrag.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Aktenunterlagen der Beigeladenen,
die Akten des SG Nürnberg mit dem Aktenzeichen S 15 R 636/17 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Infolge der neuen Entscheidung der Beklagten über eine Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung mit Bescheid vom 02.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2017 haben sich die Rechtswirkungen
des hier streitigen Bescheids vom 12.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.10.2013 erledigt. Infolgedessen besteht
auch kein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für das Berufungsverfahren mehr. Streitig ist vorliegend die Frage einer Befreiung
des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für seine Tätigkeit als Referent bei der Steuerberaterkammer
N-Stadt, die er ab dem 01.03.2012 aufgenommen hat, und zwar ab dem 02.05.2012 nach der Zulassung des Klägers als Rechtsanwalt.
Die Beklagte hatte mit dem hier streitigen Bescheid vom 12.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.10.2013 eine
Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für diese Tätigkeit abgelehnt, weil die notwendigen
Voraussetzungen hierfür nicht gegeben wären. Sie hat nun mit Bescheid vom 02.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 06.06.2017, der beim SG in dem Verfahren streitgegenständlich ist, erneut über eine Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht wegen
derselben Tätigkeit in der Zeit ab Aufnahme dieser Tätigkeit entschieden und erneut eine Befreiung abgelehnt. Aus welchen
Gründen diese Ablehnung erfolgt ist, spielt für die Bestimmung des Regelungsgegenstandes eines Bescheids keine Rolle.
Ob und inwieweit sich die Rechtswirkungen eines Bescheides durch Erlass eines nachfolgenden Bescheides im Sinne des § 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - erledigen, hängt dabei nicht von der jeweils gegebenen Begründung der Entscheidung ab. Wesentlich ist hier vielmehr und
ausschließlich der Verfügungssatz des Bescheides (Engelmann, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., 2014, § 33 SGB X, Rdnr. 6 m. w. N.). Sowohl der Bescheid vom 12.10.2012 als auch der Bescheid vom 02.01.2017 (in der Fassung der jeweiligen
Widerspruchsbescheide) lehnen in ihrem Verfügungssatz den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung für die ab dem 02.05.2012 ausgeübte Tätigkeit als Referent bei der Steuerberaterkammer
N-Stadt ab. Jeweils handelt es sich dabei um Ablehnungsbescheide. Ein Ablehnungsbescheid - wie hier der streitgegenständliche
Bescheid vom 12.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.10.2013 - erledigt sich für die Zeit, die von einem späteren
Antrag für den gleichen Zeitraum und einem daraufhin ergangenen neuen Bescheid miterfasst wird (BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 04.06.2015, L1 R 136/13, juris; BayLSG, Urteil
vom 28.11.2018, L 19 R 207/18). Der Bescheid vom 02.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.06.2017 lehnt eine Befreiung auch für die hier
streitgegenständliche Zeit vom 02.05.2012 bis 31.10.2013 ab.
Infolge des Entfallens der Rechtswirkungen des hier streitgegenständlichen Bescheids fehlt dem Kläger nunmehr das Rechtsschutzbedürfnis
für die Berufung.
Im Übrigen wäre die Berufung auch unbegründet.
Das BSG hat in seinen Urteilen vom 03.04.2014 (B 5 RE 9/13 R u. a.) klar entschieden, dass Rechtsanwälte bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern
nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden können, da eine abhängige Beschäftigung
keine Tätigkeit als Rechtsanwalt darstellt und damit eine weisungsfreie Tätigkeit als Organ der Rechtspflege nicht vorliegen
kann. Das BSG hat weiter entschieden, dass die von der Beklagten und sozialgerichtlichen Instanzentscheidungen aufgestellten sog. vier
Wesensmerkmale nicht tragfähig sind, um über das Vorliegen einer anwaltlichen Tätigkeit trotz Anstellungsvertrag bei einem
nichtanwaltlichen Arbeitgeber entscheiden zu können. Entscheidend ist, ob aufgrund der bestehenden vertraglichen Regelungen
mit dem nichtanwaltlichen Arbeitgeber eine umfassende Unabhängigkeit und eine absolute Weisungsfreiheit bei der Bearbeitung
der im Einzelnen übertragenen Mandate gewährleistet ist (BSG, Urteil vom 15.12.2016, B 5 RE 7/16 R, juris). Die der abhängigen Beschäftigung des Klägers zugrundeliegenden arbeitsvertraglichen
Regelungen sind offensichtlich nicht geeignet, diese notwendige umfassende Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Klägers
sicherzustellen. Der Kläger hat selbst auch vorgetragen, dass er nicht als Anwalt tätig sei.
Soweit der Kläger darauf hinweist, dass er gar nicht als Syndikusanwalt zu befreien sei, sondern aufgrund seiner Tätigkeit
als Jurist bei einer berufsständischen Organisation, hier also als juristischer Referent bei der Steuerberaterkammer, setzt
er sich bereits zu seinem eigenen Sachvortrag und insbesondere zu seinem Antrag vom 16.03.2016 in Widerspruch.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 30.09.2014 als unzulässig zu verwerfen.