Voraussetzungen eines Antrags auf gutachterliche Anhörung im sozialgerichtlichen Verfahren
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1949 geborene Kläger zog im Oktober 1989 aus Griechenland zu und war ab dieser Zeit bei unterschiedlichen Arbeitgebern
als Maschinenarbeiter beschäftigt, zuletzt in der Zeit von 1996 bis 2004 bei der Firma M., A-Stadt. Laut Arbeitgeberauskunft
handelte es sich dabei um eine angelernte Tätigkeit mit einer Anlernzeit von maximal acht Wochen.
Zum 01.08.2005 beantragte der Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein chirurgisches, sozialmedizinisches
Gutachten von Dr.G. ein, der in seinem Gutachten vom 30.08.2005 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger die zuletzt ausgeübte
Tätigkeit als Fabrikarbeiter nur noch unter drei Stunden täglich ausüben könne, für leichte, teilweise für mittelschwere Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes aber für mehr als sechs Stunden einsatzfähig sei unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 09.09.2005 den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der hiergegen eingelegte
Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 19.12.2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Das Sozialgericht hat nach Beiziehung der ärztlichen Befundberichte von Dr.C. und Dr.H. ein internistisches Gutachten von
Dr.D. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 27.06.2007 folgende Diagnosen gestellt:
- Arterieller Bluthochdruck mit Linksherzhypertrophie, aktuell gute Einstellung des Blutdrucks in Ruhe und unter Belastung
- Degeneratives LWS-Syndrom bei lumbalen Bandscheibenschäden mit mittelgradiger Funktions- und Belastungseinschränkung
- Rektusdiastase
- Metabolisches Syndrom mit
- Adipositas II°
- Hypertriglyzeridämie
- Hypercholesterinämie
- Hyperurikämie.
Trotz dieser festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei der Kläger noch in der Lage leichte Arbeiten vollschichtig
und mittelschwere Arbeiten bis dreistündig in jeder körperlichen Stellung, im Freien und in geschlossenen Räumen auszuüben.
Vermieden werden müssten allerdings Tätigkeiten mit besonderen Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems sowie häufiges
Bücken mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufige Arbeiten in Zwangshaltungen, häufige Arbeiten in Knie- oder Hockstellung,
Arbeiten mit Vibrations- oder Stauchungsbelastung der Wirbelsäule, Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen mit häufigen
Einflüssen von Nässe, Kälte, Zugluft und starken Temperaturschwankungen. Vorgeschlagen wurde des Weiteren eine vermehrte körperliche
Aktivität des Klägers mit dem Ziel der Gewichtsreduktion, um die kardiovaskulären Risikofaktoren, die vorlägen, zu bessern.
Zusätzlich wurde eine medikamentöse Behandlung der Hypertriglyzeridämie und der Hyperurikämie vorgeschlagen. Das Sozialgericht
hat daraufhin mit Urteil vom 23.10.2007 die Klage abgewiesen.
Mit der am 17.12.2007 zum Bayer. Landessozialgericht erhobene Berufung macht der Kläger geltend, dass seine Herzerkrankung,
die im Klinikum der Stadt C-Stadt festgestellt worden sei, nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Der Kläger sei im
Ergebnis so kurzatmig, dass er keine Tätigkeiten mehr ausüben könne. Er sei nicht in der Lage Treppen zu steigen, ohne sich
hinterher ausgiebig ausruhen zu müssen. Nach Hinweis des Senats, dass aufgrund der gegebenen Befundlage nicht beabsichtigt
sei, im Rahmen der Amtsermittlung ein weiteres ärztliches Sachverständigengutachten nach §
106 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) einzuholen, hat der Kläger einen Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG gestellt, innerhalb der gesetzten Frist jedoch keinen konkreten Gutachter benannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.10.2007 sowie den Bescheid vom 09.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19.12.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 01. August 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt hingegen,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.10.2007 zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass aufgrund der eingeholten Gutachten im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren feststehe,
dass der Kläger unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Untersuchung des Klägers im Klinikum der Stadt
C-Stadt sei bei der letzten Begutachtung bereits berücksichtigt worden.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung gegen das Urteil des SG Würzburg vom 23.10.2007 ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG), aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er noch im Umfang von mindestens
sechs Stunden täglich vorwiegend leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten kann.
Gemäß §
43 Abs
2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit hatten und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Gemäß §
43 Abs
2 Satz 2
SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gemäß §
43 Abs
1 Satz 2
SGB VI sind Versicherte teilweise erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein.
Aufgrund der im Verwaltungsverfahren und dem sozialgerichtlichen Verfahren durchgeführten Begutachtung steht zur Überzeugung
des Senats fest, dass der Kläger trotz der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Lage ist, leichte Tätigkeiten
des Arbeitsmarktes mindestens noch sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen
zu verrichten. Insoweit wird auf das Gutachten von Dr.D. verwiesen, der im sozialgerichtlichen Verfahren auch die qualitativen
Leistungseinschränkungen durch die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers auf internistischem und orthopädischem
Gebiet ausdrücklich dargelegt und nachvollziehbar begründet hat. Für die im Rahmen der Berufungsbegründung vorgetragene unzureichende
Berücksichtigung der beim Kläger vorliegenden Herzerkrankung finden sich auch nach Beiziehung der Befundberichte des behandelnden
Internisten keine Anhaltspunkte, die für eine dadurch bedingte quantitative Minderung des Leistungsvermögens sprechen könnten.
Aus dem beigezogenen Befundbericht von Dr.C. vom 26.02.2009 ergibt sich, dass der Kläger im Januar 2008 wegen Verschlechterung
der Brustkorbschmerzen an Dr.M. verwiesen wurde. Der Kardiologe Dr.M. hat in seinem Befundbericht vom 31.07.2009 gegenüber
dem Senat erklärt, dass kein Anhalt für eine schwerwiegende Koronarinsuffizienz vorläge. Im Jahr 2005 sei eine Herzkatheteruntersuchung
durchgeführt worden, die einen unauffälligen Befund ergeben habe. Die seither im Jahr 2007 und 2009 durchgeführten Untersuchungen
hätten ebenfalls keine abweichenden Ergebnisse gebracht. Die durchgeführte Thoraxübersichtsaufnahme zeige keinen wesentlichen
pathologischen Befund. Es sei daher anzunehmen, dass die immer wieder geklagten Beschwerden wirbelsäulenabhängig seien. Eine
arterielle Hypertonie sei bekannt, jedoch nicht als schwerwiegend oder leistungsmindernd zu beurteilen. Insgesamt sei eine
kardial bedingte Leistungsminderung beim Kläger nicht zu erkennen. Aufgrund dieser Befundberichte von Dr.M. und Dr.C. sah
der Senat keine Veranlassung, von Amts wegen ein weiteres Gutachten auf kardiologischem Fachgebiet einzuholen. Dies wurde
dem Prozessbevollmächtigten des Klägers auch mit Schreiben des Senats vom 11.08.2009 ausführlich dargelegt und eine Frist
zur Antragstellung auf Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG bis 15.09.2009 gesetzt. Mit Fax vom 15.09.2009 wurde seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dass es
sich hier im Wesentlichen um medizinische Fragen handele, die sich nach Auskunft des behandelnden Hausarztes Dr.C. verschlechtert
hätten und deshalb eine weitere Behandlung erforderlich machen würden. Es werde beantragt, ein Gutachten nach §
109 SGG einzuholen. Mit weiterem Schreiben des Senats vom 21.09.2009 wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers gebeten, einen
konkreten Gutachter bis zum 15.10.2009 zu benennen. Ferner wurde er darauf hingewiesen, dass die Einholung des Gutachtens
von einem Kostenvorschuss in Höhe von 2.000,00 EUR abhängig gemacht werde. Mit Schriftsatz vom 14.10.2009, eingegangen per
Fax am 15.10.2009, wurde lediglich mitgeteilt, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers kein besonderer Gutachter bekannt
sei. Es werde deshalb vorgeschlagen "ein Gutachten von der entsprechenden Abteilung des Universitätsklinikums in F." einzuholen,
weil dies für den Kläger auch leichter zu erreichen sei als die Universitätsklinik in W ... Dem zwar innerhalb der gesetzten
Frist gestellten Antrag, ein Gutachten nach §
109 SGG einzuholen, war nicht zu folgen, da der Antrag unvollständig war und somit als nicht wirksam gestellt anzusehen ist. Der
Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter ist gehalten, sowohl ein konkretes Fachgebiet als auch einen bestimmten Arzt mit
Namen und ladungsfähiger Anschrift zu benennen, um einen wirksamen Antrag nach §
109 SGG innerhalb der gesetzten Frist zu stellen (BSG SozR Nr 26 zu §
109 SGG). Dies war nicht der Fall. Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf
orthopädischem oder internistischem Fachgebiet lassen sich den beigezogenen Befundberichten nicht entnehmen und wurden vom
Kläger auch nicht geltend gemacht, so dass sich für den Senat auch keine Veranlassung zu weiterer Amtsermittlung bot.
Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §
240 SGB VI besteht ebenfalls nicht. Unter Berücksichtigung der vom Kläger zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung
als Maschinenarbeiter ist der Kläger der Gruppe der einfachen Anlerntätigkeiten zuzuordnen, so dass er auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt verweisbar ist. Ein besonderer Berufsschutz steht ihm nicht zu. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
kann der Kläger noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Das Sozialgericht Würzburg hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.