Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Regelaltersrente, hilfsweise auf
Beitragserstattung hat.
Der 1933 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. Er war vom 27.09.1963 bis 30.04.1974
in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt und ist anschließend in die Türkei zurückgekehrt. Mit Datum vom 09.10.1978
beantragte er bei der Beklagten die Erstattung seiner Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit seiner sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung in Deutschland. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 06.09.1979 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 8.729,10
DM fest. In dem Bescheid war ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erstattung weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten
Versicherungszeiten ausschließe, die Erstattung nicht auf einen Teil der erstattungsfähigen Beiträge beschränkt werden könne
und der Erstattungsbetrag durch die Deutsche Bundespost ausgezahlt werde. Der Bescheid wurde ausweislich des Rückscheins dem
Kläger am 24.09.1979 unter seiner türkischen Heimatadresse zugestellt.
Mit Schreiben vom 06.02.2006 beantragte der Kläger offenbar die Gewährung von Regelaltersrente, was die Beklagte mit Bescheid
vom 23.02.2006 ablehnte. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 05.04.2006, eingegangen bei der Beklagten am 19.04.2006,
Widerspruch mit der Begründung ein, dass er, falls er keinen Anspruch auf eine Rente habe, um Erstattung seiner Beiträge/Arbeitgeberbeiträge
bitte. Beigefügt waren diesem Schreiben 11 Blatt Versicherungsnachweise. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid
vom 14.08.2006 als unbegründet zurück. Der Kläger habe zum einen seine Beiträge für die Zeit vom 27.09.1963 bis 30.04.1974
bereits erstattet erhalten. Da er keine weiteren Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung mehr entrichtet habe, bestünden
keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten mehr, aus denen ein Anspruch auf Rente hergeleitet werden könne. Ein Anspruch
auf Erstattung bzw. Versichertenrente allein aus den vom Arbeitgeber getragenen Beiträgen bestehe aufgrund der eindeutigen
Gesetzeslage nicht.
Mit der hiergegen am 28.09.2006 zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, dass er weder eine Beitragserstattung beantragt noch erhalten habe. Er bitte
um Nachweis an wen und auf welches Konto die Zahlung erfolgt sei. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.11.2008 als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Behauptung
des Klägers, keine Beitragserstattung beantragt bzw. erhalten zu haben, eine Schutzbehauptung darstelle, die durch die Verwaltungsakte
und die darin enthaltenen Unterlagen zweifelsfrei widerlegt sei.
Mit der am 17.12.2008 beim SG eingelegten Berufung macht der Kläger nach wie vor geltend, dass er keine Beitragserstattung erhalten habe und er hierfür
anderenfalls einen Nachweis wolle.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.11.2008 sowie den Bescheid vom 23.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 14.08.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Regelaltersrente zu gewähren, hilfsweise ihm die für die Zeit
vom 27.09.1963 bis 30.04.1974 entrichteten Beitragsanteile zur Deutschen Rentenversicherung zuzüglich der Arbeitgeberanteile
zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.11.2008 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat zu Recht mit dem Bescheid vom 23.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 14.08.2006 Ansprüche des Klägers auf Versichertenrente oder Beitragsrückerstattung abgelehnt, denn der Kläger hat nach
Überzeugung des Senats bereits im Jahre 1979 eine Beitragsrückerstattung erhalten. Weitere Ansprüche stehen ihm nicht zu.
Gemäß § 1303 Abs.1
Reichsversicherungsordnung -
RVO - ist dem Versicherten auf entsprechenden Antrag hin die Hälfte der für die Zeit nach dem 20.06.1948 im Bundesgebiet, für
die Zeit nach dem 24.06.1948 im Land Berlin und für die Zeit nach dem 19.11.1947 im Saarland entrichteten Beiträge zu erstatten,
sofern die Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Rentenversicherung entfällt, ohne dass das Recht zur freiwilligen
Versicherung besteht oder die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung aus einem anderen Grunde als dem Entstehen einer
Versicherungspflicht in einem Zweig der gesetzlichen Rentenversicherung endet. Der Anspruch kann nur geltend gemacht werden,
wenn seit dem Wegfall der Versicherungspflicht oder Beitragspflicht nach den §§ 1385a und 1385b
RVO zwei Jahre verstrichen sind und inzwischen nicht erneut eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit im Inland
ausgeübt worden ist. Aus den Unterlagen der Beklagten ergibt sich, dass der Kläger mit Datum vom 09.10.1978, und damit im
zeitlichen Geltungsbereich des § 1303
RVO, einen Antrag auf Beitragserstattung für die Zeit seiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vom 27.09.1963 bis
30.04.1974 gestellt hat. Dieser Antrag ist vom Kläger unterschrieben; die Eigenhändigkeit dieser Unterschrift ist durch einen
Mitarbeiter des türkischen Sozialversicherungsträgers bestätigt worden. Aufgrund dieses Antrags hat die Beklagte mit Bescheid
vom 06.09.1979 den Erstattungsanspruch des Klägers auf 8.729,10 DM festgestellt. Dieser Bescheid wurde dem Kläger nachweislich
des Rückscheins an die Adresse Y. A-Stadt, Türkei am 24.09.1979 zugestellt. In dem Erstattungsbescheid vom 06.09.1979 wird
darauf hingewiesen, dass die Erstattung weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten ausschließe, der
Erstattungsanspruch nicht auf einen Teil der erstattungsfähigen Beiträge beschränkt werden könne und der Erstattungsbetrag
durch die Deutsche Bundespost ausgezahlt werde. Der Kläger hatte damit Kenntnis von der Höhe des Erstattungsanspruches, dass
dieser zeitnah an ihn ausgezahlt werden und auf welche Art und Weise diese Auszahlung erfolgen sollte. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es dem üblichen Geschehensablauf widersprechen würde, wenn sich der Kläger trotz
Erhalt eines Beitragserstattungsbescheides im Jahr 1979 und damit erst nach mehr als 25 Jahren bei der Beklagten nach dem
Verbleib des Erstattungsbetrages erkundigt hätte. Zwar trägt die Beklagte die objektive Beweislast für die Durchführung einer
Beitragserstattung und die Erfüllung der Beitragserstattungsforderung, d.h. die Auszahlung der Erstattungssumme, da die durchgeführte
Beitragserstattung zum Erlöschen der Ansprüche des Klägers führt und somit eine für die Beklagte positive Tatsache darstellt.
Im Rahmen dieser objektiven Beweislast ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSGE 81, 288, 293) der Beweis des ersten Anscheins zulässig (vgl. dazu auch die Urteile des BayLSG vom 08.12.2004 - L 19 RJ 203/03 -, BayLSG vom 25.09.2007 - L 18 R 335/07 - sowie BayLSG vom 17.04.2009 - L 20 R 362/08 -, jeweils veröffentlicht in juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., §
128 Rdnr. 9 ff. m. w. N.). Der Beweis des ersten Anscheins ist zulässig, wenn ein feststehender Lebenssachverhalt typischerweise
bestimmte Folgen auslöst, ohne dass eine atypische Situation nachzuweisen ist, die die Grundlagen für den Anscheinsbeweis
zu erschüttern vermag. Eine solche atypische Situation ist vorliegend nicht nachgewiesen, insoweit wird gemäß §
153 Abs.
2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bayreuth verwiesen. Ergänzend wird lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger
mit seinem Schreiben vom 05.04.2006 der Beklagten auch kopierte Versicherungskarten und Anmeldungen zur Sozialversicherung
übersandt hat, die ausdrücklich den Stempel "Beitragserstattung gemäß § 1303/1304
RVO" tragen. Es steht deshalb zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger die Beitragserstattung im Jahr 1978 selbst beantragt,
er den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 06.09.1979 zugestellt bekommen und nach dem Beweis des ersten Anscheins den Erstattungsbetrag
in Höhe von 8.729,10 DM auch erhalten hat.
Gemäß § 1303 Abs. 7
RVO schließt diese Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten aus. Da der Kläger weitere
- spätere - rentenrechtliche Zeiten in der Bundesrepublik Deutschland nicht zurückgelegt hat, besteht zwischen dem Kläger
und der Beklagten kein Versicherungsverhältnis mehr, aus dem der Kläger Ansprüche herleiten könnte. Auf die Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts wird insoweit verwiesen (vgl. u. a. BSG vom 18.02.1981 - 1 RJ 134/79 - SozR 2200 § 1303 Nr 18 bezüglich der Heiratserstattung nach § 1304 Abs 1
RVO aF; BSG vom 16.01.1968 - 11 RA 290/66 - SozR Nr 66 zu § 1246; BVerfG - 1 BvR 772/85 - SozR 2200 § 1303 Nr 34; BSG vom 04.10.1979 - 1 RA 83/78 - SozR 2200 § 1303 Nr 14). Ein Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente gemäß § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch besteht
nach erfolgter Beitragsrückerstattung nicht mehr.
Ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitgeberbeiträge besteht für den Kläger nicht, hierfür gibt es keine Anspruchsgrundlage.
§ 1303 Abs. 1
RVO beschränkt den Erstattungsanspruch auf die Hälfte der entrichteten Pflichtbeiträge. Diese wurden dem Kläger erstattet. Die
von den Arbeitgebern zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge begründen für den Kläger keine eigentumsrechtlich
geschützten Anwartschaften im Sinne des Art.
14 Abs
1 Grundgesetz (BVerfG - 1 BvR 772/85 - SozR 2200 § 1303 Nr 34), sodass der Kläger hieraus keinen Erstattungsanspruch ableiten kann.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.