Anordnung des persönlichen Erscheinens im sozialgerichtlichen Verfahren; Verhängung von Ordnungsgeld; Ermessen des Vorsitzenden
Gründe:
I. In drei miteinander verbundenen Verfahren zu den Az.: S 46 AS 241/06, S 46 AS 275/06 und S 46 AS 914/06 begehrt der Beschwerdeführer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Zu
den mit Beschluss vom 27.08.2008 verbundenen Verfahren bestellte sich mit Fax vom 27.08.2008 Rechtsanwalt Dr.von F. für den
dortigen Kläger (jetzt Beschwerdeführer). Der Beschwerdeführer erklärte zugleich, er werde fortan von Rechtsanwalt von F.
vertreten und nicht vom F. A-Stadt e.V., dessen Vorstand er sei. Erörterungstermine, die für den 29.08.2008 bzw. 31.10.2008
anberaumt waren, wurden auf Antrag des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers aufgehoben.
Am 23.12.2008 verfügte das Sozialgericht die Ladung der Beteiligten auf den 16.01.2009 zu einem Erörterungstermin. Es ordnete
hierzu das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers an. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde
vom 24.12.2008 durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Sie enthielt den Hinweis, dass Ordnungsgeld
verhängt werden könne, falls der Beschwerdeführer unentschuldigt dem Termin fern bleiben sollte.
Am 12.01.2009, eingegangen bei Gericht am 13.01.2009, erklärte der Beschwerdeführer, er habe Rechtsanwalt von F. beauftragt
und Prozesskostenhilfe beantragt. Ein Erscheinen zum Termin sei nicht möglich, solange die "Taten nicht den Fakten folgten".
Er bitte, den Termin aufzuheben. Da der Bevollmächtigte des Klägers auf dem Empfangsbekenntnis vermerkte, er habe zwar das
Empfangsbekenntnis, aber nicht die Ladung erhalten, wurde ihm diese per Fax am 13.01.2009 nochmals übermittelt und darauf
hingewiesen, dass es bei dem Termin am 16.01.2009 bleiben werde.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 16.01.2009 erschien nach Aufruf der Sache für den Beschwerdeführer niemand. Mit
Beschluss vom selben Tag legte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer Ordnungsgeld in Höhe von 20,00 EUR auf, weil er unentschuldigt
dem Termin fern geblieben war. In einem weiteren Beschluss lehnte das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe und
die Beiordnung von Rechtsanwalt von F. ab, weil die Klagen keine Erfolgsaussichten hätten.
Mit am 16.01.2009 eingegangenem Fax zeigte Rechtsanwalt von F. an, er habe das Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt.
Der Ordnungsgeldbeschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 24.01.2009 zugestellt.
Dagegen legte er beim Bayer. Landessozialgericht am 16.02.2009 Beschwerde ein. Er rügte, er sei nicht ordnungsgemäß geladen
worden, weil in der Ladung und im Protokoll vom 16.01.2009 sein Schreiben vom 12.01.2009 ignoriert worden sei. Darin habe
er erklärt, er werde nicht mehr von dem F. A-Stadt e.V. vertreten, sondern durch Rechtsanwalt von F ... Weiter beantragte
er, Prozesskostenhilfe zu gewähren und zu prüfen, ob die Verbindung der drei Klagen vor dem Sozialgericht Sinn mache.
Der Beschwerdeführer beantragt,
ihm Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu gewähren und den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts
München vom 16.01.2009 aufzuheben.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß §
136 Abs.2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
II. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens.
Nach §
73a Abs.1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) kann einem Beteiligten auf Antrag bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn
die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Erfolgsaussicht des Beschwerdeverfahrens
gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 16.01.2009, mit dem dem Beschwerdeführer 20,00 EUR Ordnungsgeld wegen unentschuldigten
Fernbleibens vom Termin auferlegt wurden, ist zu verneinen.
Zu Recht legte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer Ordnungsgeld für sein unentschuldigtes Fernbleiben vom Termin zur Erörterung
der Sach- und Rechtslage am 16.01.2009 auf. Nach §§
111,
202 SGG in Verbindung mit §
141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung bzw. zum Erörterungstermin angeordnet werden
und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge
belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach §
111 SGG treffen will, steht in seinem Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine
Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Zwar
lässt sich der Ladung und der Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses nicht entnehmen, inwieweit der Kammervorsitzende die
Erörterung des Sachverhalts mit dem Beschwerdeführer für nötig gehalten hat, jedoch ist aus der Klageerhebung und dem Verlauf
des Verfahrens zu ersehen, dass Erörterungsbedarf bestanden hat. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vom Kläger verweigerte
Mitwirkung zur Aufklärung des Sachverhalts, ob die medizinischen Voraussetzungen für die Anrechnung eines Mehrbedarfs für
kostenaufwendige Ernährung gegeben ist. Insoweit lässt sich anhand der Akten die Ermessenserwägung des Kammervorsitzenden
nachvollziehen. Das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers konnte angeordnet werden. In der Ladung war er auf die Folgen
eines unentschuldigten Fernbleibens, nämlich auf Auferlegung von Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 EUR, hingewiesen worden. Unbestritten
ist er im Termin vom 16.01.2009 nicht erschienen.
Die Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsgeld gemäß §
111 SGG in Verbindung mit §
141 Abs.3
ZPO, der seinerseits auf die Vorschriften der Zeugenvernehmung gemäß §§
380 ff.
ZPO verweist, lagen damit vor. Nach §
380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld
aufzuerlegen.
Voraussetzung ist somit die ordnungsgemäße Ladung des Beschwerdeführers. Ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 24.12.2008
wurde dem Beschwerdeführer die Ladung zum Termin auf den 16.01.2009 an diesem Tag durch Einlegen in seinen zur Wohnung gehörenden
Briefkasten zugestellt. Als Adressat war allein der Beschwerdeführer genannt. Lediglich die Adresse war um den Zusatz "F.-A-Stadt
e.V." ergänzt gewesen. Zugleich wurde der damals für den Beschwerdeführer bestellte Bevollmächtigte, Rechtsanwalt von F.,
geladen. Der Vortrag des Beschwerdeführers, es habe keine ordnungsgemäße Ladung stattgefunden, ist für den Senat in Anbetracht
dieser Tatsachen nicht nachvollziehbar. Allenfalls könnte das Vorbringen des Beschwerdeführers dahin verstanden werden, dass
er meint, ihm hätte vorab Prozesskostenhilfe bewilligt werden müssen, bevor sein persönliches Erscheinen zum Termin angeordnet
werden durfte. Hierfür findet sich jedoch keine gesetzliche Grundlage. Im Übrigen wurde der Beschwerdeführer in der Ladung
darauf hingewiesen, dass er auch dann zu erscheinen habe, wenn für ihn ein Prozessbevollmächtigter tätig werde. Die Voraussetzungen
zur Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer waren erfüllt.
Auch die Höhe des durch das Sozialgericht festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Das Ordnungsgeld in Höhe
von 20,00 EUR bewegt sich nahezu am untersten Rand des von Art.6 EGStGB vorgegebenen Rahmens von 5,00 EUR bis 1.000,00 EUR und ist der finanziellen Situation des Beschwerdeführers angemessen. Hinsichtlich
der Höhe brachte der Beschwerdeführer keine Einwendungen vor; solche sind auch nicht zu erkennen.
Da die Beschwerde, wie dargelegt, keine Aussicht auf Erfolg hat und die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auch zum Zeitpunkt
der Antragstellung am 27.08.2008 nicht anders war, konnte Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht
bewilligt werden.
Dem Gesuch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war nicht stattzugeben; die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts
München vom 16.01.2009 war zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).