Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (bei Berufsunfähigkeit) zu gewähren hat.
Der 1955 in Serbien geborene Kläger hält sich seit 1970 in Deutschland auf. Hier erlernte er in der Zeit von September 1971
bis Februar 1975 den Beruf des Elektroinstallateurs. Anschließend besuchte er bis Juli 1976 die Berufsaufbauschule für Technik.
Im Lehrberuf des Elektroinstallateurs war er bis zu einem Unfall im Januar 1983 beschäftigt. Von Mai 1984 bis Mai 1986 wurde
er mit Erfolg zum "staatlich geprüften Techniker, Fachrichtung Elektrotechnik" fortgebildet. Kostenträger war das Arbeitsamt
A ... Von September 1986 bis Juli 1998 stand er - mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - in verschiedenen
abhängigen Beschäftigungsverhältnissen, zunächst, bis 1993, in seinem Umschulungsberuf als Elektrotechniker, den er "nach
der Wende aufgrund des Zustroms von Fachkräften aus dem Osten" aufgab. Von Juni 1999 bis Juni 2001 war der Kläger nach eigenen
Angaben als "selbständiger Trockenbauer" tätig. Als solcher entrichtete er bis 08.02.2001 Pflichtbeiträge. Von Juli 2001 bis
März 2007 war der Kläger - unterbrochen durch kurzzeitige Arbeitslosigkeit - als Trockenbauer versicherungspflichtig beschäftigt.
Laut Auskunft seines letzten Arbeitgebers, der Z. GmbH, arbeitete der Kläger dort vom 01.07.2004 bis 31.03.2007 als Trockenbaumonteur,
der seine Qualifikation durch die praktische Berufsausübung erworben, jedoch nicht über die umfassenden Kenntnisse bzw. Fähigkeiten
eines Facharbeiters verfügt habe. Vom 22.09.2008 bis 19.07.2009 schließlich sind noch weitere Pflichtbeitragszeiten für eine
abhängige Beschäftigung gespeichert. Seinerzeit war der Kläger halbtags als Werkzeug- und Materialbereitsteller am Bau beschäftigt.
Anschließend bezog er Arbeitslosengeld.
Seinen Rentenantrag, den er nach einem stationären Heilverfahren am 20.02.2007 zur Beklagten stellte, begründete der Kläger
im Wesentlichen damit, dass er sich seit "ca. 2005 aufgrund eines Wirbelsäulenschadens" für erwerbsgemindert halte.
Nach Auswertung des Entlassungsberichtes der Rehabilitations-Klinik Bad R., aus der der Kläger nach der stationären Heilbehandlung
vom 10.01. bis 07.02.2007 arbeitsunfähig für den Beruf des Trockenbauers entlassen worden war, lehnte die Beklagte den Rentenantrag
mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.05.2007 mit der Begründung ab, unter Beachtung seines Funktions- und Belastungsdefizits
der HWS bei zervicaler Osteochondrose, chronisch rezidivierender Lumbalgie, Spondylolisthesis vera L5/S1 Grad II, Nervus-ulnaris-Syndrom
rechts sowie vormaliger Lungen-Tbc, könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens
sechs Stunden täglich ausüben.
Im Widerspruchsverfahren wertete die Beklagte Befundberichte bzw. Atteste der behandelnden Ärzte sowie die Arbeitgeberauskunft
der Firma Z. GmbH aus. Mit Bescheid vom 11.07.2007 wies die Widerspruchsstelle den Widerspruch mit der Begründung zurück,
der Kläger könne mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Arbeiten zu ebener Erde, ohne häufiges Bücken,
ohne häufige Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten, ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft und ohne besonderen Zeitdruck
verrichten. Zumutbar seien ihm z.B. Tätigkeiten als Montierer oder Sortierer in der Metall- und Elektroindustrie, als einfacher
Pförtner in Objektschutzunternehmen oder als Kassierer in Selbstbedienungstankstellen, da der Kläger bestenfalls als angelernter
Arbeiter des oberen Bereiches einzustufen sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 07.08.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) München. Die 10. Kammer des SG hat - nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. K. - auf die mündliche Verhandlung vom 27.05.2009 die Klage
im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei nach der Auskunft seines letzten Arbeitgebers auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt verweisbar. Hier könne er noch mindestens sechs Stunden täglich - mit nicht entscheidungserheblichen qualitativen
Einschränkungen - arbeiten.
Die gegen das (am 09.11.2009 zugestellte) Urteil des SG eingelegte Berufung vom 09.12.2009 ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass das Sozialgericht noch weiteren Beweis
- durch Einvernahme des Geschäftsführers der Z. GmbH als Zeugen - hätte erheben müssen. Zudem sei das Leistungsvermögen des
Klägers noch durch weitere Sachverständigengutachten abzuklären.
Der Senat hat mit Beschluss vom 19.02.2010 dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt und ihm Herrn Rechtsanwalt W. beigeordnet.
Ferner hat der Senat die Akten des Arbeitsgerichts A-Stadt beigezogen, aus denen sich u.a. ergibt, dass das Arbeitsverhältnis
zwischen dem Kläger und der Z. GmbH einvernehmlich zum 31.03.2007 beendet worden war und der Kläger sich mit Abfindungen in
Höhe von 2.000,00 EUR sowie in Höhe von 1.300,00 einverstanden erklärt hatte. Schließlich hat der Senat den Kläger von Amts
wegen auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet sowie auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet untersuchen und begutachten lassen.
Der chirurgische Sachverständige, Dr. L. hat im Gutachten vom 09.12.2010 ein chronisches HWS-, Schulter-, Arm- und Lendenwirbelsäulensyndrom
leichter Prägung, unter Ausschluss eines sensomotorischen Defizits sowie Chondropathia patellae und Senk-Spreizfüße beidseits
bei unspezifischen Arthralgien linkes oberes Sprunggelenk und freier Funktion ohne verminderte Geh- und Stehfähigkeit festgestellt.
Er hat den Kläger noch in der Lage gesehen, den Beruf des Trockenbauers drei bis sechs Stunden, leichte Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes, im gelegentlichen Wechsel der Körperposition, mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.
Der Neurologe und Psychiater, Dr. Dr. W., hat in seinem Gutachten vom 07.05.2011 an Gesundheitsstörungen wirbelsäulenabhängige
Beschwerden der HWS, ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, einen cervicogenen Kopfschmerz, wirbelsäulenabhängige Beschwerden
der LWS, Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) L5/S1 Grad II nach Mayerding, rezidivierende depressive Episoden, derzeit mittelschwer
und absencenartige Zustände, mehrfach im Jahr für Sekunden, unbehandelt, aufgeführt.
Er hat den Kläger nach wie vor noch für fähig erachtet, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten, unter den üblichen
Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Dies sei ihm mindestens sechs Stunden
arbeitstäglich möglich. Die Gesundheitsstörungen würden eine Minderung der nervlichen Belastbarkeit und der Stresstoleranz
sowie eine verminderte Belastbarkeit des Achsenorgans bedingen; eine quantitative Leistungsminderung hingegen würden sie nicht
begründen. Zumutbar seien demgemäß leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und
Sitzen, ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken (Wirbelgleiten), ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit,
ohne Zeitdruck, ohne Zwangshaltungen, ausschließlich zu ebener Erde, ohne gefahrgeneigte Arbeit oder Arbeit an gefährdenden
Maschinen (aufgrund der absencenartigen Ausnahmezustände). Im Übrigen hat er den Kläger "von seinem psychomentalen Zuschnitt
her ungewöhnlich differenziert" beschrieben. Weitere Gutachten hat Dr. Dr. W. nicht für erforderlich erachtet.
Auf der Grundlage dieses Beweisergebnisses ist die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 28.07.2011 erörtert worden.
Vor diesem Erörterungstermin hatte der Kläger dem ihm beigeordneten Rechtsanwalt W. das Mandat entzogen. Im Termin zur Erörterung
der Sach- und Rechtslage hat der Kläger seine im Rahmen einer persönlichen Vorsprache in der Geschäftsstelle des Senats vom
07.07.2011 aufgestellte Behauptung wiederholt, wegen der unzutreffenden Feststellung in der Arbeitgeberauskunft zu seiner
mangelnden Qualifikation als Trockenbauer sei der benannte Zeuge verurteilt worden. Den daraufhin beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft
ist ein Nachweis für diese Behauptung nicht zu entnehmen.
Einen weiteren Antrag des Klägers auf Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts hat der Senat mit Beschluss vom 19.09.2011 -
mangels Erfolgsaussicht der Berufung bzw. mangels schlüssiger Begründung des Anwaltswechsels - abgelehnt.
In der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2011 hat der Kläger ausgeführt, er beanspruche ausschließlich Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit als Trockenbaumonteur. Denn die Arbeitgeberauskunft der Z. GmbH entspreche nicht den
Tatsachen: Seine Kenntnisse und Fähigkeiten in diesem Beruf bewegten sich durchaus auf Facharbeiterniveau, so dass ihm zum
Lohn noch weitere Geldleistungen erbracht worden seien.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 27.05.2009 sowie des Bescheides der Beklagten vom
15.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007, zu verurteilen, ihm ab März 2007 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
bei Berufsunfähigkeit zu gewähren,
hilfsweise den Geschäftsführer der Firma Z. GmbH als Zeuge zu vernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht ihre Rentenablehnung durch das gerichtliche Beweisergebnis bestätigt.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) ist auch im Übrigen zulässig, sachlich aber nicht begründet. Die Rentenablehnung wegen Erwerbsminderung ist nach dem Ergebnis
der gerichtsärztlichen Begutachtungen im Klage- und im Berufungsverfahren zu Recht erfolgt.
Auch dem im Berufungsverfahren eingeschränkten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
ist nicht zu entsprechen.
Maßgebliche Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch ist die gesetzliche Regelung des §
240 Abs.
2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (
SGB VI), wonach Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, berufsunfähig sind, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit
oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähig von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung
und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen
die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen
und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen
Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach Satz 3 des §
240 Abs.
2 SGB VI ist stets eine Tätigkeit zumutbar, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet
oder umgeschult worden sind.
"Bisheriger Beruf" im Sinne des §
240 Abs.
2 Satz 2
SGB VI ist vorliegend der Beruf des Trockenbaumonteurs - Werker - der Lohngruppe 1 gemäß § 5 des Bundesrahmentarifvertrages für
das Baugewerbe (BRTV) vom 04.07.2002, zuletzt in der Fassung vom 29.07.2005. Denn "bisheriger Beruf" im Sinne dieser Vorschrift
ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte rentenbeitragspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, wenn sie zugleich die qualitativ
höchste gewesen ist (Bundessozialgericht - BSG - in SozR 2200 § 1246 Nr. 66 m.w.N.). Die zuletzt in der Zeit vom 22.09.2008
bis 19.07.2009 vom Kläger ausgeübte geringwertigere versicherungspflichtige Beschäftigung als Material- und Werkzeugbereitsteller
am Bau stellt hiernach nicht den Hauptberuf dar. Auch sein Lehrberuf des Elektromonteurs ist nicht der maßgebliche Hauptberuf.
Für diese Wertung ist nicht die Aufgabe des Lehrberufes im Jahr 1983 maßgebend. Denn seinerzeit erfolgte die Aufgabe des entsprechenden
Berufes nach einem Unfall und ein Versicherter hat sich von seinem "bisherigen Beruf" im rentenrechtlichen Sinne nicht gelöst,
wenn dessen Aufgabe nach Erfüllung der Wartezeit ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen erfolgt (vgl. BSG vom 14.03.1979
- 1 RJ 84/78, SozR 2200 § 1246 Nr. 41 sowie vom 29.11.1979 - 4 RJ 111/78, SozR 2200 § 1246 Nr. 53 m.w.N.) Nach seiner Höherqualifizierung durch Leistungen der Arbeitsverwaltung zum staatlich geprüften
Techniker, Fachrichtung Elektrotechnik, war der Kläger in diesem Fortbildungsberuf noch bis 1993 versicherungspflichtig beschäftigt.
Die Lösung vom Ausbildungsberuf erfolgte dann aus anderen als aus gesundheitlichen Gründen. Denn nach eigener Einlassung hat
sich der Kläger aufgrund der geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse seinerzeit vom Beruf des Elektrotechnikers abgewandt
um den Beruf des Trockenbauers aufzunehmen. Diesen Beruf kann der Kläger nach dem Ergebnis der Ermittlungen nur noch im Umfang
von 3 bis unter 6 Stunden täglich ausüben. Er kann aber auf qualitativ hervorgehobene ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.
Nach dem vom BSG entwickeltem Berufsgruppenschema ist für die sogenannte "subjektive Zumutbarkeit" eines Verweisungsberufes
der qualitative Wert des bisherigen Berufes maßgebend (BSGE 57, 291, 297 f. = SozR 2200 § 1246 Nr. 126). Neben dem beruflichen Werdegang ist insbesondere die tarifvertragliche Einstufung für
die qualitative Bewertung des bisherigen Berufes entscheidend (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 13). Beim Hauptberuf des Klägers
handelt es sich um eine Anlerntätigkeit, so dass der Kläger grundsätzlich auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sozial
zumutbar verweisbar ist (vgl. z.B. Urteil des 13. Senat des BSG vom 04.11.1998, B 13 RJ 95/97 R).
Entsprechend der tariflichen Einstufung muss sich der Kläger als "Angelernter im oberen Bereich" (das heißt mit einer Qualifikation,
die regelmäßig eine Ausbildung von einem bis zu zwei Jahren voraussetzt) im Rahmen des Mehrstufenschemas des BSG auf ungelernte
Tätigkeiten "mit mehr als ganz geringem qualitativen Wert" verweisen lassen (vgl. z.B. Urteil des 5b Senats des BSG vom 09.09.1986
in SozR 2200 § 1246 Nr. 140 oder BSG in SozR 2200 § 1246
RVO Nr. 16 m.w.N.). Die Verweisungstätigkeit (für gehoben Angelernte) muss sich durch besondere Qualitätsmerkmale, wie eine Einweisung
oder Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse, auszeichnen (BSG in SozR 3-2200 § 1246
RVO Nr. 45 und Nr. 55, jeweils m.w.N.).
Im Hinblick auf seinen beruflichen Werdegang ist dem Kläger der Beruf des (Serien-) Kontrolleurs im Bereich elektromechanischer
Geräte und Bauteile zumutbar. Auch die zuletzt vom Kläger versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung als Bereitsteller
und Ausgeber von Bauwerkzeugen ist sozial adäquat. Denn diese Tätigkeit erhebt sich über den Bereich einfachster Tätigkeiten
durch die erforderlichen Fachkenntnisse der Material- und Werkzeugverwendung im Baubereich sowie der Fähigkeit zur Organisation
und Verwaltung der Werkzeugvergabe.
Selbst eine Umstellung auf einen anderen Fachzweig bzw. Berufsbereich ist jedenfalls dann zumutbar, wenn die erforderliche
Einarbeitung innerhalb von drei Monaten möglich ist (BSGE 44, 288, 290 f. = SozR 2200 § 1246 Nr. 23). Im Hinblick auf die ärztlicherseits festgestellte Umstellungsfähigkeit erscheint damit
beispielsweise auch eine Tätigkeit als Registrator im Posteingang oder als Pförtner dem Kläger objektiv wie subjektiv zumutbar
(vgl. zur Verweisung eines Angelernten im oberen Bereich auf den Pförtnerberuf: z.B. Beschluss des 3. Senats des LSG Berlin-Brandenburg
vom 14.10.2009, L 3 R 948/08).
Der erkennende Senat sah sich nicht gedrängt, dem Antrag des Klägers auf Einvernahme seines früheren Arbeitgebers zur Qualität
des bisherigen Berufes zu entsprechen. Denn die Arbeitgeberauskunft vom 26.06.2007 ist differenziert und schlüssig, zumal
die hierin angegebene tarifliche Einstufung des Klägers auch anhand der gespeicherten sozialversicherungspflichtigen Entgelte
zu bestätigen ist. Die vom Kläger am 07.07.2011 bei seiner Vorsprache in der Geschäftsstelle aufgestellte Behauptung, der
benannte Zeuge sei wegen dieser falschen Arbeitgeberbescheinigung verurteilt worden, entbehrt nach dem Inhalt der daraufhin
beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft jeglicher Grundlage. Auch der in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand
des Klägers, ihm seien (zusätzlich zu den der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Beträgen) noch weitere Entgelte vom Arbeitgeber
geleistet worden, ist nicht entscheidungsrelevant. Denn zum einen ist die Tatbestandswirkung der tariflichen Einstufung und
zum anderen ist die Höhe der zum Sozialversicherungsträger korrekt abgeführten Beiträge, die auch Grundlage der Leistungsfähigkeit
der gesetzlichen Rentenversicherung sind, für die Beurteilung der sozialen Wertigkeit eines Berufes maßgebend.
Insbesondere gilt nach der gesetzlichen Vermutung des §
240 Abs.
2 Satz 3
SGB VI auch der Beruf des Elektrotechnikers, zu dem der Kläger durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Zeit von Mai
1984 bis Mai 1986 mit Erfolg ausgebildet worden ist, nach wie vor als zumutbarer Verweisungsberuf. Dies wäre auch dann der
Fall, wenn der Kläger im "bisherigen Beruf" nicht nur die praktischen Fähigkeiten, sondern auch die umfassenden theoretischen
Kenntnisse eines gelernten Facharbeiters nach Lohngruppe 3 BRTV im Bereich Trockenbau im Rahmen seiner entsprechenden Berufsausübung
erworben hätte und damit als Facharbeiter einzustufen wäre. Die Verweisung auf den Beruf des Elektrotechnikers wird durch
die berufliche Umorientierung jedenfalls unter der Voraussetzung nicht ausgeschlossen, dass der Kläger die Kenntnisse und
Fähigkeiten zur Ausübung des Umschulungsberufes noch besitzt (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 35). Anhaltspunkte dafür,
dass sich die Anforderungen im Umschulungsberuf seit 1993 völlig geändert hätten, bestehen konkret nicht. Nicht zuletzt auch
aus diesem Grund konnte die Einvernahme der benannten Zeugen in jedem Fall unterbleiben.
Grundlage für die Beurteilung der sogenannten "objektiven Zumutbarkeit" entsprechender Tätigkeiten ist das Ergebnis insbesondere
der gerichtsärztlichen Begutachtung. Der Kläger kann nach überzeugender Feststellung aller (drei) gerichtsärztlicher Sachverständigen
des Klage- und des Berufungsverfahrens entsprechende Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Unter Berücksichtigung
der von den Vorgutachtern diagnostizierten Gesundheitsstörungen hat Dr. Dr. W. zusammenfassend folgende - für die Leistungseinschränkung
maßgebliche - Diagnosen erhoben:
Wirbelsäulenabhängige Beschwerden der LWS und HWS samt cervicogenem Kopfschmerz, ohne radikuläre Reizerscheinungen, rezidivierende
depressive Episoden, zum Untersuchungszeitpunkt mittelschwer, ferner anamnestisch unbehandelte absencenartige Ausnahmezustände
für Sekunden mehrfach im Jahr, neben fachfremden (obstruktive Schlafapnoe - unbehandelt) und desaktualisierten Störungsmustern
(Zustand nach Alkoholabusus, Zustand nach Grandmal-Epilepsie und Zustand nach Legionellen-Pneumonie).
Diese Gesundheitsstörungen bedingen nach Feststellung von Dr. Dr. W. eine Minderung der nervlichen Belastbarkeit und der Stresstoleranz
sowie eine verminderte Belastbarkeit des Achsenorgans, nicht jedoch eine quantitative Leistungseinschränkung. Demzufolge sind
dem Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, ohne schweres Heben
und Tragen von Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Akkord-, Schicht- und Nachtarbeit, ohne Zeitdruck, ohne Zwangshaltungen,
zu ebener Erde, nicht gefahrgeneigt bzw. nicht an gefährdenden Maschinen zumutbar. Damit liegt eine schwere spezifische Leistungsbehinderung
bzw. eine Summierung ungewöhnlicher qualitativer Leistungseinschränkungen nicht vor.
Die objektivierbaren organischen Befunde bzw. Verschleißerscheinungen sind also keinesfalls zu gravierend, dass sie eine maßgebliche
qualitative und quantitative Leistungseinschränkung verursachen würden. Die Medikation und selbst die geschilderten Beschwerden
stehen mit dieser Leistungsbeurteilung der gerichtsärztlichen Sachverständigen durchaus im Einklang: Die Lebensumstände und
die geschilderte soziale Situation, insbesondere die Wohnverhältnisse, erscheinen zwar prekär; eine psychische Dekompensation
ist gleichwohl nicht zu objektivieren. Die Ausübung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit würde zudem die psychomentale Situation
des Klägers, der vom gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr. Dr. W. als "geschickt, wendig, sehr belesen und differenziert"
geschildert wird, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht verschlechtern.
Auch eine gegebenenfalls erforderliche Umstellungsfähigkeit auf einen anderen Beruf wird im psychiatrischem Gutachten von
Dr. Dr. W. bejaht. Hinzu kommt, dass der Kläger zwischenzeitlich eine Tätigkeit als Werkzeugbeschaffer (bzw. Magaziner) verrichtet
hat, also eine Tätigkeit, die ihm nach dem objektiven Beweiswert der tatsächlichen Arbeitsleistung sowie nach der tariflichen
Einstufung sowohl objektiv wie auch subjektiv zumutbar war und ist.
Nach alledem war der Berufung der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 sind nicht gegeben.