Kein Ersatz eines Widerspruchs durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg).
Am 02.11.2016 beantragte der Bf beim Bg Leistungen nach dem SGB II. Die Firma seines Sohnes sei im Juli 2016 an einen Dritten verkauft worden. Dort habe er früher gearbeitet, könne dies jedoch
aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, er koordiniere nur noch in der Firma. Seit Dezember 2016 verfüge er über keine Mittel
mehr; sein Konto sei gesperrt. Mit Bescheid vom 09.02.2017 lehnte der Bg Leistungen nach dem SGB II ab. Der Bf habe seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Es sei zweifelhaft, ob der Bf seine Tätigkeit tatsächlich aufgegeben
habe. Außerdem habe der Bf im Jahr 2013 die Firma von seinem Sohn unentgeltlich übernommen und im Juli 2016 wohl weiter veräußert.
Hierzu lägen keine Unterlagen vor. Zudem lebe er möglicherweise noch mit seiner Ehefrau in einer Bedarfsgemeinschaft, auch
wenn der Bf dies bestreitet.
Am 17.02.2013 beantragte der Bf beim Sozialgericht München die Gewährung von Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Mit Beschluss vom 16.03.2017 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Hilfebedürftigkeit
sei nicht glaubhaft gemacht worden. Soweit der Bf vorgetragen habe, sein Konto sei seit Dezember 2016 gesperrt, sei dies nicht
nachvollziehbar. Der Bf habe auf Nachfrage des Gerichts die Kontoauszüge, aus denen dies hervorgehen würde, nicht vorgelegt.
Außerdem seien Kontoauszüge über ein österreichisches Konto des Bf nicht vorgelegt worden.
Hiergegen hat der Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
beantragt.
Der Bf habe mit Notarvertrag vom 26.07.2017 seine Firma verkauft und sei dort nur noch angestellter Geschäftsführer mit einem
monatlichen Verdienst von 100 Euro. Inzwischen seien Kontoauszüge bis zum 31.01.2017 vorgelegt worden, woraus sich ergebe,
dass keine Kontenbewegungen in der Zeit stattgefunden hätten. Das Konto des Bf sei seit November 2016 gesperrt, da die Krankenversicherung
vollstrecke. Im Übrigen sei gutachterlich von der Bundesagentur für Arbeit festgestellt, dass der Bf nicht mehr als drei Stunden
am Tag arbeiten könne und damit zwar erwerbsunfähig sei, jedoch der Bg bis zur endgültigen Klärung der Erwerbsfähigkeit durch
den Rentenversicherungsträger leistungspflichtig sei.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 29.05.2015 wurde dem Bf mitgeteilt, dass das Eilverfahren mangels offener Hauptsache inzwischen
unzulässig sei. Gegen den Bescheid vom 09.02.2017 wurde kein Widerspruch eingelegt mit der Folge, dass dieser Bescheid bestandskräftig
ist. Hierzu hat sich der Bf in der gesetzten Frist bis 05.06.2017 nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Der Bescheid vom 09.02.2017 wurde nach Ablauf der Monatsfrist bestandskräftig, da der Bf hiergegen keinen Widerspruch eingelegt
hat. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig. Mangels Vorliegen
einer offenen Hauptsache war eine vorläufige Regelung durch das Gericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr
möglich.
Auch ist im Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht kein Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.02.2017 zu
sehen. Das Schreiben des Bf trägt die Überschrift "Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung". Weiter heißt es dort
"ich beantrage, eine einstweilige Anordnung zu erlassen" und dazu folgend eine "Begründung".
Ein solcher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei Gericht ersetzt keinen Widerspruch (BayLSG Beschluss vom 11.04.2011,
L 7 AS 214/11 B ER Rdz. 15) und kann grundsätzlich auch nicht als Widerspruch ausgelegt werden (vgl. BayLSG Urteil vom 11.11.2013 L 7 AS 411/13 Rdz. 24). Unter Beachtung des Erfordernisses verfassungsgerechter Auslegung (Art.
19 Abs.
4 GG), wonach Prozesserklärungen nicht so ausgelegt werden, dass der Zugang zu der im
Sozialgerichtsgesetz eingeräumten Instanz unzumutbar, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert wird (vgl. die Nachweise
bei BayLSG a.a.O.) ist eine Auslegung des vom Bf beim Sozialgericht gestellten Antrags auf einstweiligen Rechtsschutzes als
Widerspruch nicht möglich. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Antrags bei Gericht wollte der Bf mit seinem Schreiben allein
einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht stellen. Nur das war der Anlass und der Inhalt seines Schreibens.
Dies zeigen die Überschrift, der Antrag und die Begründung seines Schreibens, vgl. dazu auch BayLSG Urteil vom 11.11.2013,
L 7 AS 401/13 Rdz. 25.
Im Ergebnis kann daher der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mangels Vorliegen einer offenen Hauptsache keinen Erfolg
haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und der Erwägung, dass der Bf mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §
177 SGG.