Gründe:
I. Streitig ist, ob den Antragstellern und Beschwerdeführern ab Anfang 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehen, insbesondere, ob sie hilfebedürftig sind.
Der 1969 geborene Antragsteller zu 1 und seine 1978 geborene Ehefrau (Antragstellerin zu 2) sind kosovarische Staatsangehörige.
Sie leben zusammen mit ihren drei Kindern (weitere Antragsteller, geboren 2003, 2005 und 2011) in einer Dreizimmerwohnung
in A-Stadt. Die Miete beträgt aktuell 568,05 Euro. Für Strom und Gas werden derzeit monatlich 132,- Euro gezahlt.
Am 29.01.2009 erhielt der Antragsteller zu 1 aufgrund eines Aufhebungsvertrags mit seinem vormaligen Arbeitgeber einen Betrag
von 101.131,75 Euro auf sein Konto überwiesen. Das Konto wies dann ein Guthaben von knapp 108.000,- Euro aus. Ausweislich
der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Kontobelege hob er 20.000,- Euro am 30.01.2009 ab, weitere 80.000,- Euro am 06.02.2009.
Nach einer Sperrzeit bis einschließlich April 2009 bezog der Antragsteller zu 1 bis März 2010 Arbeitslosengeld nach dem Dritten
Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) von monatlich 1561,50 Euro. Anschließend bezog er wegen Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich Juli 2011 Krankengeld in gleicher
Höhe von seiner gesetzlichen Krankenkasse. Daneben erhielten die Antragsteller Kindergeld von monatlich 558,- Euro und von
November 2010 bis November 2011 monatlich 300,- Euro Elterngeld.
Einen Antrag auf Leistungen nach SGB II stellten die Antragsteller am 05.09.2011. Die Antragsteller bestätigten in der Anlage
VM, über keinerlei Vermögen zu verfügen. Der Antragsteller zu 1 legte laufend Bestätigungen über Arbeitsunfähigkeit vor. Einer
Aufforderung, den Verbleib der Abfindung zu belegen, kamen die Antragsteller nicht nach. Am 07.10.2011 erklärte der Antragsteller
zu 1, er wisse nicht mehr, wofür er das Geld gebraucht hätte.
Am 02.11.2011 stellten die Antragsteller einen ersten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München (S
50 AS 3025/11 ER). Daraufhin bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 22.11.2011 vorläufige Leistungen für die Zeit bis 31.12.2011
in Höhe von monatlich 1431,10 Euro. In diesem Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass die Vorläufigkeit darauf beruhe, dass
noch zu klären sei, was mit der Abfindung geschehen ist.
Am 08.12.2011 beantragten die Antragsteller die Weitergewährung von Leistungen ab 01.01.2012. Mit Schreiben vom 09.12.2011
wies der Antragsgegner unter Fristsetzung erneut darauf hin, dass eine ausführliche schriftliche Erklärung mit Nachweisen
zum Verbleib der Abfindung nötig sei. Nach erfolglosem Fristablauf wurde die Leistungsgewährung wegen nicht nachweisbarer
Hilfebedürftigkeit abgelehnt (Bescheid vom 28.12.2011); dieser Bescheid wurde aus formalen Gründen mit Bescheid vom 26.01.2012
wieder zurückgenommen. Mit Schreiben vom 26.01.2012 wurden die Antragsteller erneut unter Fristsetzung aufgefordert, Erklärungen
und Unterlagen zum Verbleib der Abfindung vorzulegen. Mit Bescheid vom 07.03.2012 erfolgte eine erneute Ablehnung des Antrags
wegen nicht erwiesener Hilfebedürftigkeit. Dagegen wurde Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden wurde.
Am 18.01.2012 stellten die Antragsteller den streitgegenständlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht
München. Die Antragsteller seinen hilfebedürftig, weil die Abfindung verbraucht worden sei. Dies habe der Antragsteller zu
1 bereits erklärt und sei deshalb zur weiteren schriftlichen Erklärungen nicht verpflichtet.
In einer schriftlichen Erklärung vom 05.01.2012 legte der Antragsteller zu 1 dar, dass die Familie über kein Geldvermögen
mehr verfüge. Die ausbezahlten 105.000,- Euro seien zur Gänze verbraucht worden, insbesondere für die Lebenshaltung, Kleidung,
Gewährung eines Darlehens an seinen Vater für dessen Pflege in Höhe von 10.000,- Euro, ein Darlehen an seine Schwiegereltern
für deren Pflege von 20.000,- Euro sowie die Rückzahlung von Darlehenschulden "bei einem Bekannten" und Verluste beim Glücksspiel
in verschiedenen Spielbanken in Tschechien. Das Sozialgericht wies darauf hin, dass vollständige Kontoauszüge ab dem Zufluss
der Abfindung vorgelegt werden sollten und die Zahlungswege und Modalitäten der behaupteten Darlehen zu beschreiben seien.
Auch die Angaben zu den Spielbankverlusten seien zu präzisieren. Daraufhin wurden nicht übersetzte Erklärungen des nunmehr
namentlich benannten Bekannten sowie der Eltern und Schwiegereltern vorgelegt. Der Antragsteller zu 1 legte eine weitere Erklärung
vor, wann er seinen Vater mit 10.000,- Euro und seine Schwiegereltern mit 20.000,- Euro "unterstützt" habe. Weitere 28.000,-
Euro habe er von Januar bis April 2009 für den Lebensunterhalt der Familie ausgegeben, den Rest von etwa 23.000,- Euro habe
er leider im Casino in Tschechien verspielt.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 05.04.2012 ab. Ein Anordnungsanspruch
sei nicht glaubhaft. Der Antragsteller habe unzweifelhaft Anfang 2009 einen Betrag von rund 100.000,- Euro erhalten. Von Mai
2009 bis Juli 2011 habe der Antragsteller zu 1 Arbeitslosengeld und Krankengeld in bedarfsdeckenden Höhe bezogen. Außerdem
seien Kindergeld und Elterngeld gezahlt worden. Die Abfindung sei daher nicht notwendig gewesen, um daraus den Lebensunterhalt
zu bestreiten. Bei dieser Sachlage könnten der Antragsgegner und das Gericht verlangen, dass die Verwendung der Abfindung
detailliert erläutert und mit entsprechenden Nachweisen belegt werde. Obwohl den Antragstellern präzise mitgeteilt worden
sei, was wie zu belegen sei, hätten diese nichts dergleichen getan. Die stattdessen abgegebenen Erklärungen seien in vielfacher
Hinsicht unzureichend: Der Verbrauch von 28.000,- Euro in den Monaten Januar bis April 2009 sei angesichts der laufenden Lebenshaltungskosten
nicht nachvollziehbar, zumal auch noch das Gehalt für Dezember 2008 in dieser Zeit ausgezahlt worden sei. Es sei auch nicht
nachvollziehbar, weshalb der Antragsteller die Kontoauszüge für die wenigen Monate, in denen angeblich die Auszahlungen an
die Eltern/Schwiegereltern erfolgten, nicht vorlegen könne. Die Angabe, 23.000,- Euro in Tschechien verspielt zu haben, sei
zu ungenau; die meisten tschechischen Spielcasinos würden die Besucherdaten erfassen und speichern. Auch aktuell weise das
Girokonto des Antragsteller zu 1 ein Guthaben von 1290,- Euro aus. Auch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Folgenabwägung
führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Antragsteller seien ihren Mitwirkungspflichten in keiner Weise nachgekommen und hätten
die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert bzw. verhindert.
Der Beschluss wurde den Antragstellern am 11.04.2012 zugestellt.
Am 10.05.2012 haben die Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Das Gericht hat die Antragsteller
aufgefordert, bis spätestens 12.06.2012
- Namen und Anschrift der Eltern der Antragsteller zu 1 und 2 bekanntzugeben,
- zu erklären auf welche Weise die Darlehensbeträge an die Zahlungsempfänger ausgezahlt wurden,
- bei welchen Banken seit 2009 Konten geführt wurden,
- zu erklären, dass mit der Abfindung weder in Deutschland noch im Ausland Grundstücke oder Häuser/Wohnungen erworben wurden,
- eine Schweigepflichtentbindung für Banken und Geldinstitute vorzulegen und
- eine Schweigepflichtenbindung für die Krankenkasse und den Vermieter vorzulegen.
Vorgelegt wurde lediglich die Schweigepflichtentbindung für Banken und Geldinstitute. Weiter wurden Kontoauszüge für die Zeit
vom 02.01.2009 bis 31.03.2010 sowie eine Übersicht über die Kontoumsätze für die Zeit vom 01.04.2010 bis 24.05.2012 vorgelegt.
Eine Begründung der Beschwerde erfolgt nicht.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 05.04.2012 aufzuheben und den Antragstellern ab 01.01.2012 vorläufig Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Antragsgegners, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des
Beschwerdegerichts verwiesen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht
abgelehnt hat.
Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung
nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es
muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch),
und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren
nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (insb. Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05) ist eine abschließende (nicht nur summarische) Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen oder, sofern
diese nicht möglich ist, eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen, wenn bei den Betroffenen ohne die Gewährung von einstweiligen
Rechtsschutz eine schwere Verletzung ihrer Rechte auch nur möglich ist. Dies folgt aus dem Schutzauftrag für die Menschenwürde
(Art
1 Abs.
1 Grundgesetz -
GG) und der Notwendigkeit wirksamen Rechtsschutzes (Art
19 Abs.
4 GG). Kriterien der Interessensabwägung sind die drohende Verletzung von (Grund-) Rechten, ausnahmsweise entgegenstehende überwiegende
besonders gewichtige Gründe und die hypothetischen Folgen bei einer Versagung bzw. Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz.
Der Maßstab des Bundesverfassungsgerichts ist anzuwenden, weil es um existenzsichernde Leistungen von erheblichem Umfang geht
und der Entscheidungsmaßstab nach §
86b Abs.
2 SGG zu einer Ablehnung der Leistung führen würde. Das bekannte Einkommen aus Kindergeld deckt gerade die Kosten der Unterkunft
ohne die Heizkosten. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft
ist.
Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ist nicht möglich ist, weil nicht bekannt ist, was aus den
101.000,- Euro wurde, die der Antragsteller zu 1 im Januar 2009 erhalten hatte. Dieses Geld ist Vermögen nach § 12 Abs. 1
SGB II, das die Leistungsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II beseitigen würde. Es
hat daher eine Güter- und Folgenabwägung zu erfolgen. Diese spricht hier gegen eine Leistungsgewährung.
Nach den zuletzt vorgelegten Kontoumsatzlisten verfügen die Antragsteller auch Ende Mai 2012 noch über ein Guthaben von 1.839,35
Euro. Rückstände bei der Krankenkasse bestehen nicht, weil auch Ende Mai 2012 die Beiträge für die nunmehr wohl freiwillige
Krankenversicherung abgebucht wurden. Auch Mietrückstände sind den Umsatzlisten nicht zu entnehmen. Es besteht daher keine
akute Gefährdung des Existenzminimums. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil auch drei Kinder von der Leistungsablehnung
betroffen sind.
Das Gericht verkennt nicht, dass die Antragsteller ihrem Girokonto zuletzt Geld zugeführt haben. Am 16.03.2012 erfolgte eine
Gutschrift von 3.000,- Euro unter dem Überweisungsvermerk "Privatkredit" unter Angabe eines Namens eines Dritten, am 07.05.2012
eine Einzahlung von 700,- Euro und am 22.05.2012 eine Gutschrift von 1.500,- Euro unter dem Vermerk "Danke fürs Leihen". Ob
der Einzahlung von 3.000,- Euro tatsächlich ein Darlehen zugrunde liegt, kann das Beschwerdegericht nicht prüfen. Es wurden
hierzu auch keinerlei Belege vorgelegt. Ferner ist zu beachten, dass dieser Überweisungsvermerk einen geringen Beweiswert
hat, weil er erst verfasst wurde, als bereits das zweite Eilverfahren lief. Die Gutschrift der 1.500,- Euro scheint dagegen
zu belegen, dass die Antragsteller selbst Geld verliehen hatten.
Bei der Folgenabwägung fällt zulasten der Antragsteller ins Gewicht, dass sie seit September 2011, also seit neun Monaten
die entscheidende Frage, was aus der Abfindung wurde, zuerst nicht, dann ausweichend, dann allgemein und ungenau und zum Ende
hin nur in Bruchteilen konkret und mit Belegen versehen beantwortet haben. Die Auskünfte und Unterlagen erwecken bei dem Gericht
aber den Eindruck von Behauptungen, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie durch familieninterne Schriftstücke beschrieben
werden können (Erklärungen zu den Darlehen) oder vielleicht gar nicht nachweisbar sind (Verluste in irgendwelchen Spielbanken
in Tschechien).
Das Entstehen und Inhalt der Erklärungen sind nicht dazu geeignet, den Verbleib der 101.000,- Euro zu klären.
Die Erklärung, die Familie habe in drei bis vier Monaten Anfang 2009 einen Betrag von 28.000,- Euro für den Lebensunterhalt
verbraucht, ist anhand der vorliegenden Kontoauszüge widerlegt. Auf dem Girokonto befand sich am 30.01.2009 ein Betrag von
fast 108.000,- Euro. Davon wurden 100.000,- Euro abgehoben. Die laufenden Ausgaben des Lebensunterhalts wurden bis Mitte April
2009 von dem Restgeld auf dem Konto bestritten.
Die Behauptung, der Antragsteller zu 1 habe 23.000,- Euro in Spielbanken in Tschechien verspiel, ist ohne konkrete Angaben
zu Ort und Zeit (ggf. zusätzlich Nachweise zu Übernachtungen in Tschechien) nicht überprüfbar und damit wertlos. Obwohl das
Sozialgericht dies dargelegt hat, ist im Beschwerdeverfahren dazu kein Vortrag erfolgt.
Die Äußerungen der Verwandten zu dem erhaltenen Geld (10.000,- und 20.000,- Euro) können nicht überprüft werden. Es ist schon
nicht sehr hilfreich, in einem Eilverfahren Erklärungen ohne die zugehörige Übersetzungen vorzulegen. Hinzu kommt, dass scheinbar
auch der Antragsteller zu 1 keine klare Vorstellung zu den Zahlungen an seine Verwandten hat. Zum einen bezeichnet er diese
als Darlehen (Erklärung vom 05.01.2012), zu anderen als Unterstützung (Anlage zum Schreiben vom 03.04.2012). Nachweise und
Einzelangaben, die sowohl vom Antragsgegner als auch vom Sozialgericht mehrfach gefordert wurden, blieb der Antragsteller
zu 1 schuldig. Lediglich die angeblichen Zahlungstage teilte er zuletzt mit, ohne Nachweise vorzulegen. Die Antragsteller
können sich in der Folgezeit bemühen, entweder die Rückzahlung der Darlehen zu erreichen oder den Rückforderungsanspruch des
verarmten Schenkers nach §
528 Bürgerliches Gesetzbuch geltend zu machen.
Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, ist es nicht möglich, dass die Antragsteller wesentliche Teilbeträge der 101.000,-
Euro für den Lebensunterhalt ausgegeben haben. Der laufende Lebensunterhalt wurde fortlaufend durch Arbeitslosengeld nach
SGB III, Krankengeld, Kindergeld und Elterngeld abgedeckt. Das Gegenteil wurde von den Antragstellern nur für die Zeit von Januar
bis April 2009 behauptet, was wie dargelegt nicht nachvollziehbar ist. Der fehlende Verbrauch für den Lebensunterhalt wird
auch durch die Kontoauszüge und Umsatzlisten bestätigt. Dem Girokonto wurden in der gesamten Zeit nur geringe Beträge zugeführt.
Manchen größeren Einzahlungen entsprechen zeitnahe Überweisungen, die nicht dem Lebensunterhalt zuzuordnen sind (z.B. am 23.03.2009
und am 24.04.2009).
Die Kontoauszüge und Umsatzlisten fördern weitere Merkwürdigkeiten zu Tage. Der Antragsteller zu 1 bezahlt die gesamte Zeit
über jeden Monat 348,96 Euro an eine Bank eines Autoherstellers, mutmaßlich für einen höherwertigen Pkw. Auch diese Zahlungen
wurden vom Antragsteller zu 1 geschultert, ohne seinem Konto regelmäßig Geld zuführen zu müssen. Seit geraumer Zeit werden
diese Raten von einer Ratenschutzversicherung übernommen. Nach deren Bedingungen leistet diese ab einer bestimmten Krankheitsdauer.
Der Antragsteller zu 1 gibt beim Antragsgegner laufend Krankmeldungen ab. Gleichwohl hat er in dem Leistungsantrag keinen
derartigen Pkw angegeben. Einer Aufklärung bedürfte auch die Überweisung einer Immobilienfirma von 760,- Euro am 07.10.2009.
Gleiches gilt für zwei Zahlungen des Finanzamts am 07.01.2010 und am 26.03.2010. Am 26.03.2010 erhielt der Antragsteller einen
Betrag von 5.153,25 Euro wegen einer "Falschlieferung". Hier stellt sich die Frage, wer hat wem was falsch geliefert? Auch
die regelmäßige monatliche Zahlung von 140,- Euro auf ein Konto des Antragstellers zu 1 bei der Citybank ist erklärungsbedürftig.
In die Güter- und Folgenabwägung stellt das Beschwerdegericht auch ein, dass nach dem gesamten Ablauf seit September 2009
nicht damit gerechnet werden kann, dass die Antragsteller substantielle Beiträge zur Aufklärung des Verbleibs der 101.000,-
Euro leisten würden, wenn ihnen im Eilverfahren Leistungen zugesprochen werden würden. Sie haben zuerst keine, dann nur äußerst
schleppend ungenaue Erklärungen abgegeben. Der gesamte Vorgang befindet sich in der Verantwortungssphäre der Antragsteller.
Diese können die offenen Fragen klären. Der Antragsgegner hat keinen Zugriff auf die notwendigen Informationen. Da derzeit
keine Schulden bestehen und noch ein Guthaben auf dem Girokonto vorhanden ist, ist eine Leistungsgewährung nicht angezeigt.
Obwohl die 101.000,- Euro bereits im Januar 2009 ausgezahlt wurden, ist der Verbleib dieses Vermögens auch in dem Eilverfahren
zu existenzsichernden Leistungen entscheidungserheblich.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem grundlegenden Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, dort Rn. 28, ausgeführt, dass Umstände aus der Vergangenheit nur insoweit herangezogen werden dürfen, als diese eindeutige
Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Anspruchstellers ermöglichen. Dies gilt für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit
selbst und für die Überprüfung einer Obliegenheitsverletzung nach §§
60,
66 SGB I, wenn über einen Anspruch nach diesen Kriterien entschieden wird. Existenzsichernde Leistungen dürfen nicht aufgrund bloßer
Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn sich diese auf vergangene Umstände stützen (BVerfG aaO.).
Hier ist es so, dass die Umstände der Vergangenheit (Zufluss von 101.000,- Euro) insoweit eindeutige Erkenntnisse über die
gegenwärtige Lage der Anspruchstellers ermöglichen, als diese ihrer Obliegenheit, zur Aufklärung des Verbleibs dieses erheblichen
Vermögens trotz vielfacher Aufforderungen bis heute nicht erfüllt haben. In Zusammenschau mit der Sicherung des laufenden
Lebensunterhalts in der Zwischenzeit aus anderen Mitteln kann das Gericht über diesen Mittelzufluss nicht hinweggehen und
als "Vergangenheit" außen vor lassen. Es handelt sich hier um klare Fakten und nicht um Mutmaßungen wie in dem Fall, der dem
Beschluss vom 12.05.2005 zugrunde lag. Dort wurden zwei Betroffenen nach laufendem Sozialhilfebezug die existenzsichernden
Leistungen für 16 Monate verweigert, obwohl nur schwache Indizien zu vermutetem Einkommen vorlagen. Die dortigen Antragsteller
waren krank, der Krankenversicherungsschutz drohte zu erlöschen, die Wohnung war gekündigt worden, das Girokonto war überzogen
und die Einstellung der Energieversorgung drohte.
In einem weiteren Beschluss vom 01.02.2010, 1 BvR 20/10, hat das BVerfG ausgeführt, dass auch in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren zu existenzsichernden Leistungen aufgrund
der objektiven Beweislast eine Entscheidung zulasten des Antragstellers getroffen werden kann, wenn der Antragsteller die
vom Gericht aufgegebenen notwendigen Mitwirkungshandlungen nicht erfüllt.
Das Beschwerdegericht geht in Anlehnung an diesen Beschluss davon aus, dass konkrete entscheidungserhebliche Umstände in der
Vergangenheit, die der Betroffene nach den Umständen des Einzelfalls aufklären kann und er hierzu vom Gericht konkret aufgefordert
wurde, auch im Rahmen einer Folgenabwägung bei existenzsichernden Leistungen eine Beweislastentscheidung zulasten des Betroffenen
begründen können. Deshalb erhalten die Antragsteller in diesem Eilverfahren keine existenzsichernden Leistungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.