Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt zur Ersetzung einer Eingliederungsvereinbarung
Gründe
I.
Streitig ist, ob die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt, der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt
(Eingliederungsverwaltungsakt) anzuordnen ist.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer kam im Jahr 2002 nach Deutschland. Er bezieht seit 01.01.2005 zusammen mit seiner Familie,
seiner Ehefrau und zwei Kindern, geboren 1990 und 2001, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen und diversen Gerichtsverfahren über die Eingliederung des
Antragstellers in Arbeit. Der Antragsteller begehrt aufgrund seiner vorhandenen Vorbildung eine Aus- oder Weiterbildung in
einem elektro- oder informationstechnischen Beruf. In diesem Zusammenhang beruft er sich auf eine mündliche Verhandlung am
Sozialgericht im September 2011. Dort sei vereinbart worden, eine mögliche Weiterbildung zu prüfen. In der Folge wurde im
November 2011 eine Eignungsfeststellung durchgeführt, deren Ergebnisse nach Auffassung des Antragstellers seine Eignung für
die gewünschte Weiterbildung untermauern. Am 12.12.2011 wurde dem Antragsteller eine Ausbildung zum Fachlageristen angeboten,
später eine Ausbildung zum Teilezurichter (Regelausbildung zwei Jahre).
Es erfolgten mehrere Sanktionen, zuletzt mit Bescheid vom 15.05.2012 ein vollständiger Wegfall des Arbeitslosengelds II des
Antragstellers für die Monate Juni, Juli und August 2012 (vgl. BayLSG, Beschluss vom 28.08.2012, L 7 AS 527/12 B ER).
Weil der Antragsteller im Vorfeld deutlich machte, eine Eingliederungsvereinbarung nicht unterzeichnen zu wollen, die nicht
seinen Erwartungen an die Weiterbildung entspreche, erließ der Antragsgegner mit Bescheid vom 26.06.2012 (Seite 3053 Verwaltungsakte)
gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II einen Eingliederungsverwaltungsakt. Darin wurde der Antragsteller unter anderem verpflichtet, ab 09.07.2012 bis 31.08.2012
an einer Maßnahme zur Vermittlungsunterstützung teilzunehmen. Der Inhalt der Maßnahme wurde dabei im Einzelnen dargestellt.
Ferner wurde der Antragsteller verpflichtet, monatlich vier Eigenbewerbungen für sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten
im Helferbereich nachzuweisen. Der Verwaltungsakt enthält auch eine Rechtsfolgenbelehrung, wonach bei einem Pflichtverstoß
ein vollständiger Wegfall des Arbeitslosengeldes II für drei Monate erfolge. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch
wurde mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2012 zurückgewiesen. Dagegen wurde rechtzeitig Klage erhoben, über die noch nicht
entschieden ist.
Am 13.08.2012 stellte der Antragsteller beim Sozialgericht München - parallel zur vorgenannten Klage - einen Antrag auf einstweiligen
Rechtsschutz. Dabei berief er sich auf das Ergebnis der Eignungsfeststellung.
Mit Bescheid vom 16.08.2012 erfolgte eine Sanktion, mit der das Arbeitslosengeld II des Antragstellers für die Monate September,
Oktober und November 2012 gestrichen wurde. Hiergegen ist eine Klage und ein Eilverfahren (unter L 7 AS 725/12 B ER) anhängig.
Mit Beschluss vom 05.09.2012 lehnte das Sozialgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Der
Eingliederungsverwaltungsakt sei gemäß § 39 Nr. 1 SGB II sofort vollziehbar. Es sei daher ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft.
An der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts bestünden keine ernstlichen Zweifel. Der Bescheid entspreche den Vorgaben
des § 15 Abs. 1 SGB II. Er enthalte auch keine unzumutbaren Anforderungen. Der Antragsteller werde zur Teilnahme an einer konkret beschriebenen
Maßnahme zur Verbesserung seiner Eingliederungschancen am allgemeinen Arbeitsmarkt verpflichtet. Daneben werde er verpflichtet,
monatlich mindestens vier Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse im Helferbereich
nachzuweisen. Dabei würden die angemessenen nachgewiesenen Werbungskosten übernommen werden. Da der Antragsteller seit 2005
keine existenzsichernde Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt mehr ausübe, spreche vieles dafür, dass eine Eingliederung in
den ersten Arbeitsmarkt nur mit einer unterstützenden Maßnahme möglich sei und zunächst auch nur auf einer geringeren Qualifikationsstufe
gelingen könne. Es seien auch keine sonstigen Gründe ersichtlich, die bei einer Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers
sprechen würden.
Am 13.09.2012 hat der Antragsteller Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München eingelegt. Im September 2011
sei über seine Bildung positiv entschieden worden. Den Eignungstest habe er erfolgreich bestanden. Trotzdem sei die gewünschte
Ausbildung abgelehnt worden. Die Eingliederungsvereinbarung sei zu annullieren.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 05.09.2012 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Eingliederungsverwaltungsakt
vom 26.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.08.2012 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Antragsgegners, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des
Beschwerdegerichts verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Beschwerde ist unbegründet, weil das Sozialgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt hat.
Streitgegenstand ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Eingliederungsverwaltungsakt. Damit sollen
die aus diesem Verwaltungsakt resultierenden Pflichten außer Vollzug gesetzt werden.
Zunächst ist festzustellen, dass das Eilverfahren nicht dazu dient, abstrakte Rechtsfragen zu klären. Die Verpflichtung zur
Teilnahme an der Maßnahme zur Vermittlungsunterstützung ist durch Zeitablauf erledigt. Diese Maßnahme dauerte lediglich von
09.07.2012 bis 31.08.2012. Sie ist mithin schon während des erstinstanzlichen Eilverfahrens abgelaufen. Für einen "Fortsetzungsfeststellungsantrag"
analog §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG besteht im Eilverfahren kein Raum (vgl. BayLSG, Beschluss vom 09.02.2012, L 7 AS 1025/11 B ER). Gegen die infolge der Nichtteilnahme an der Maßnahme verhängte Sanktion ist ein gesondertes Eilverfahren unter L 7 AS 725/12 B ER anhängig.
Das Beschwerdegericht schließt sich im Übrigen - hinsichtlich der verbleibenden Verpflichtungen - gemäß §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Zutreffend
hat das Sozialgericht ausgeführt, dass in Hinblick auf die lange Arbeitslosigkeit des Antragstellers die Inhalte der Eingliederungsvereinbarung
nicht zu beanstanden sind. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass monatlich vier Bewerbungen für Helferbeschäftigungen gefordert
werden. Zum einen ist diese Zahl so niedrig, dass die Eigenbemühungen auch neben der Maßnahme erbracht werden können, zum
anderen trägt die Festlegung auf Helfertätigkeiten dem bisherigen Scheitern der Bewerbungen auf qualifizierte Stellen Rechnung
und der Antragsteller ist nicht gehindert, sich darüber hinaus auf qualifizierte Stellen zu bewerben.
Das Beschwerdegericht weist auf Folgendes hin: Es ist schon verständlich, dass der Antragsteller auf seinen vorhandenen Qualifikationen
aufbauen will und sich durch die Ergebnisse des Eignungstests bestätigt fühlt. Andererseits haben die vorhandenen Qualifikationen
seit Jahren nicht dafür ausgereicht, dass der Antragsteller eine qualifizierte Arbeitsstelle bekommen hat. Das Gesetz will
vorrangig die unmittelbare Aufnahme einer Arbeit unterstützen, so ausdrücklich § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Eine längere Weiterbildung steht gerade nicht im Vordergrund. Außerdem kommt es auch auf den konkreten Arbeitsmarkt an.
Dem Antragsteller wurden - trotz § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II - verschiedene Ausbildungen angeboten. Der Antragsteller kann sich dagegen nicht darauf berufen, dass er einen Anspruch auf
die gewünschte Weiterbildung hat, weil der Eignungstest, der dem Gericht nicht vorliegt, seine Eignung bestätige. Im September
2011 - vor dem Eignungstest - wurde wohl keine konkrete Weiterbildung versprochen. Wenn er trotzdem sein Anliegen in der bisherigen
Weise weiterverfolgt und seine sonstigen Verpflichtungen ignoriert, drohen ihm noch manche Sanktionen. Dies sollte er, auch
in Hinblick auf seine Familie, nochmals überdenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.