LSG Bayern, Urteil vom 29.03.2011 - 8 AS 75/11
Zulässigkeit der Berufungseinlegung im sozialgerichtlichen Verfahren per E-Mail ohne Signatur; Schriftformerfordernis
1. Einem E-Mail fehlt das Schrifterfordernis.
2. Einem E-Mail fehlt die Unterschrift.
3. Ein E-Mail kann rechtlich wirksam im Sinne des Prozessrechts nur als elektronisches Dokument im Sinne von § 65a SGG übermittelt werden.
4. Die schriftliche Einlegung der Berufung erfordert im Regelfall anders als bei der Klageerhebung (Sollvorschrift nach § 92 SGG) eine Unterschrift.
5. Das Schriftformerfordernis bei Einlegung einer Berufung kann auch dann erfüllt sein, wenn es zwar an einer Unterschrift fehlt, wenn sich jedoch aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt.
6. Auf das Fehlen seiner Unterschrift ist der Berufungsführer rechtzeitig hinzuweisen, damit er seine Prozesshandlung nachholen kann.
7. Zur ordnungsgemäßen Durchführung des Vorverfahrens genügt eine ablehnende Entscheidung der Verwaltung durch Widerspruchsbescheid. Nur in der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird zum Teil darüber hinaus die ordnungsgemäße (fristgerechte Einlegung) Durchführung des Vorverfahrens gefordert.
8. Erst nach Prüfung von Wiedereinsetzungsgründen durch das Gericht ist die Schlussfolgerung möglich, dass der Verwaltungsakt bindend geworden (§ 77 SGG) und die Klage unter Umständen unbegründet ist. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]
Normenkette:
SGG § 151 Abs. 1
,
SGG § 151 Abs. 2
,
SGG § 151 Abs. 3
,
SGG § 65a
,
SGG § 67
,
SGG § 77
,
SGG § 78 Abs. 1 S. 1
,
SGG § 92
Vorinstanzen: SG Landshut 20.12.2010 S 7 AS 456/09
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20. Dezember 2010 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

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