Gründe:
I. In der Hauptsache streiten die Beteiligten um monatliche Zahlung von Arbeitslosengeld in Höhe von 703,20 Euro über den
25.03.2008 hinaus.
Die Antragsgegnerin (Ag) hob mit Bescheid vom 08.04.2008 eine Leistungsfeststellung von Arbeitslosengeld nach Ende der Leistungsfortzahlung
im Krankheitsfall ab dem 25.03.2008 auf. Nach den Feststellungen des Dr. M. war die 1952 geborene Ast vom 29.11.2007 bis zum
25.04.2008 durchgehend arbeitsunfähig.
Die damalige Neubewilligung erfolgte mit Anspruchsbeginn vom 11.11.2007 über eine Anspruchsdauer von 540 Tagen. Schon in ihrem
Antrag vom 14.11.2007 (Meldung vom 18.10.2007) gab die Ast ihre Arbeitsunfähigkeit bis zum 30.11.2007 kund und erklärte, dass
sie ohne zwingenden Grund nur noch zeitlich eingeschränkt arbeiten wolle, da sie nicht arbeitsfähig sei. Eine Antragstellung
bei anderen Leistungsträgern verneinte die Ast. Am 05.12.2007 ist die Ag jedoch von der Deutschen Rentenversicherung (DRV)
Bayern Süd über einen Antrag auf Versichertenrente, Rente wegen Erwerbsminderung vom 07.11.2007, informiert worden. Dieser
Antrag wurde mit Bescheid vom 12.02.2008 abgelehnt und mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2008 bestätigt.
Noch vor Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall am 25.03.2008 stellte sich die Ast am 26.02.2008 für leichte Tätigkeiten
als Bürobotin in Teilzeit für 30 Stunden wöchentlich zur Verfügung. Die Arbeit als Küchenhilfe könne sie aufgrund der schweren
Tätigkeit nicht mehr ausüben. Laut dem medizinischen Bericht der DRV Bayern Süd war sie noch in der Lage, mit dem vorhandenen
Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten für mindestens 30 Stunden pro Woche arbeiten zu können.
Nach Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall ab dem 25.03.2008 hob die Ag mit Bescheid vom 08.04.2008 die Leistungsfeststellung
von Arbeitslosengeld auf. Mit zwei weiteren Bescheiden vom 11.04.2008 verlangte die Ag Erstattung einer Überzahlung von Arbeitslosengeld
in Höhe von 140,64 EUR sowie von 47,46 EUR an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.
Den Widerspruch der Ast gegen den Erstattungsbescheid vom 11.04.2008 wies die Ag mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008 zurück.
Dagegen erhob die Ast Klage (S 40 AL 643/08).
Am 09.05.2008 hat die Ast beim Sozialgericht München beantragt, die Ag zu verpflichten, ihr vorläufig Arbeitslosengeld über
den 25.03.2008 hinaus zu zahlen sowie ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt H. beizuordnen.
Mit Beschlüssen vom 26. August 2008 hat das SG den Antrag abgelehnt.
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei offensichtlich unbegründet, weil für die Ast bereits ein noch wirksamer
Bescheid vom 14.11.2007 über Arbeitslosengeld ab dem 11.11.2007 für 540 Kalendertage vorliege. Ein zulässiges vorläufiges
Verfahren könne nur auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung gerichtet sein, führe aber nicht zum Erfolg. Denn an der Rechtmäßigkeit
der Aufhebung der Leistungsfeststellung bestünden keine ernstlichen Zweifel.
Die Klägerin habe sich am 26.02.2008 im gleichen zeitlichen Umfang wie in ihrer vorangegangenen, 30 Stunden wöchentlich umfassenden
Teilzeitbeschäftigung der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt und sich nur aus gesundheitlichen Gründen auf leichte
Tätigkeiten, z.B. als Bürobotin, der Vermittlung zur Verfügung gestellt. Sie habe deshalb nach §
117 Abs.
1, §§
118,
119 SGB III Anspruch auf Arbeitslosengeld. Insbesondere sei ihre Verfügbarkeit nach dem medizinischen Bericht der DRV gegeben. Damit
sei kein Raum mehr für die Ausnahmeregelung des §
125 SGB III gegeben gewesen, durch die nur die fehlende objektive Verfügbarkeit, nicht aber auch die subjektive ersetzt werden. Daher
habe gemäß §
126 SGB III nur ein Anspruch auf Leistungsfortzahlung über 6 Wochen wegen eingetretener Arbeitsunfähigkeit während des Bezugs von Arbeitslosengeld.
bestanden. Dies sei der Ast auch aus dem ihr ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Erhalt und Kenntnisnahme von
seinem Inhalt sie am 14.11.2007 unterschriftlich bestätigt habe, bekannt gewesen.
Hiergegen hat die Ast am 04.09.2008 beim SG (Eingang beim Bayer. Landessozialgerichts - LSG - am 17.09.2008) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wird im Schriftsatz
vom 13.10.2008 angeführt, dass die Ast sich schon früher nur eingeschränkt der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt habe
und sich hieran nichts geändert habe.
Weiter hat die Ast Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts R. H. beantragt. Dies hat das SG mit Beschluss vom 26.08.2008 mangels Erfolgsaussicht abgelehnt. Auch hiergegen richtet sich die Beschwerde.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Aufhebung der Beschlüsse des Sozialgericht München vom 26.08.2008 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den
Bescheid vom 14.11.2007 anzuordnen sowie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
II. (Zum einstweiligen Rechtsschutz)
Das SG hat den richtigen Rechtsbehelf im einstweiligen Verfahren erkannt. In Auslegung (vgl. §
123 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) des Willens der Ast (keine Bindung an den Wortlaut des Antrags) war ein Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung
anzunehmen.
Gemäß §
86a Abs.
1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß §
86a Abs.
2 Nummer
2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts (hier nicht betreffend) und der Bundesagentur
für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen.
Tatsächlich handelte es sich angesichts des ab 11.11.2007 festgestellten Anspruchs auf Arbeitslosengeld über eine Anspruchsdauer
von 540 Tagen bei der mit Bescheid vom 08.04.2008 vorgenommenen Leistungseinstellung - weit vor Ablauf der genannten 540 Tage
- um einen Verwaltungsakt, der eine laufende Leistung entzieht (zu dessen Rechtmäßigkeit im Folgenden unter Nr. 1). Etwas
anderes gilt allerdings für die Rückforderungsbescheide vom 11.04.2008 (dazu später im Folgenden unter Nr. 2). In Auslegung
des gestellten Antrags (§
123 SGG) geht der Senat davon aus, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides vom 08.04.2008 gemeint war,
denn insoweit erstreckt sich die Begründung und insoweit erfolgte auch der Antrag in erster Instanz.
1. Gemäß §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende
Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gesetz selbst nennt hierzu keine Maßstäbe. Ein
Teil der Literatur entnimmt aus dem Gesetz selbst ein Regel -Ausnahmeverhältnis, hier in dem Fall des §
86b Abs.
1 Nr.
2 SGG für die Annahme eines Suspensiveffektes nur dann, wenn übergeordnete Interessen des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar
ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung müsse daher eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben
(vgl. Keller in Meyer-Ladewig, 9. Auflage, Rdnr. 12c zu §
86b SGG). So sei eine Anordnung (im Sinne der aufschiebenden Wirkung) nur vorzunehmen, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig
ist.
Dieser Ansicht ist aber nicht beizutreten. Ein entsprechender Wille des Gesetzgebers hätte Eingang in das Gesetz finden müssen.
So hat er Vorgaben für die verwaltungsseitig bewirkte aufschiebende Wirkung in der Weise zum Ausdruck gebracht, dass die Aussetzung
der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder
wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen
gebotene Härte zur Folge hätte (§
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG). Für das verwaltungsseitige Pendant (§
86a Abs.
2 Nr.
2 SGG) zur hier aufgeworfenen Frage hat der Gesetzgeber aber gerade keine Regelung getroffen. Er gibt damit zu erkennen, dass er
zur Verschaffung einstweiligen Rechtsschutzes lediglich die Ausgangspositionen anders verteilt hat, aber ansonsten an den
allgemeinen Grundsätzen des einstweiligen Rechtsschutzes festhält.
Die weitere Suche nach normativen Vorgaben, etwa rechtssystematisch gemäß §
202 SGG eine entsprechende Anwendung der
ZPO, führt nicht zum Erfolg. Diesem zivilrechtlich orientierten Regelwerk ist die Rechtsfigur der aufschiebenden Wirkung unbekannt.
Allenfalls enthält §
940 ZPO Hinweise insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen Anordnungen zu treffen, sofern dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile
oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Auch die
Verwaltungsgerichtsordnung benennt keine Tatbestandsmerkmale, sondern nur die Befugnis zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§
80 Abs.
5 Satz 1
VwGO). Letztlich ist damit die Entscheidung als richterliche Entscheidung im Einzelfall ausgestaltet.
Die allgemeinen Grundsätze des einstweiligen Rechtsschutzes sind vom Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 17.05.2004, Az.:
2 BvR 821/04) der Gestalt beschrieben, dass Art.
19 Abs.
4 GG einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt gewährleistet (vgl.
BVerfGE 96, 27 ; stRspr). Der in dieser Vorschrift verbürgte Anspruch auf eine umfassende und wirksame gerichtliche Kontrolle in allen bestehenden
Instanzen hat danach gerade in Eilverfahren erhebliche Bedeutung. Insofern kommt dem gerichtlichen Rechtsschutz namentlich
hier die Aufgabe zu, irreparable Folgen, wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme vor deren abschließender
gerichtlichen Überprüfung entstehen können, soweit als möglich auszuschließen und der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen
vorzubeugen, die auch dann nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sie sich im Nachhinein als rechtswidrig erweisen
(aaO. Rdnr. 15 nach juris). Art.
19 Abs.
4 GG garantiert die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es vielmehr
rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Einzelnen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen
Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten (vgl. BVerfGE 65, 1 m.w.N.). Vorläufigem Rechtsschutz kommt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Aufgabe zu, nicht wiedergutzumachende Folgen,
wie sie durch die sofortige Vollziehung einer hoheitlichen Maßnahme eintreten können, soweit wie möglich auszuschließen (vgl.
BVerfGE 51, 268). Aus diesem Grund hat das Gericht regelmäßig eine Abwägung zwischen dem Interesse der öffentlichen Gewalt am Vollzug ihrer
Entscheidungen und dem privaten Interesse des Betroffenen an einem Vollzugsaufschub bis zur Klärung im Hauptsacheverfahren
vorzunehmen (aaO. Rdnr. 16).
Nach diesen Grundsätzen ist in Anfechtungssachen eine offene Abwägung aller betroffenen Interessen durchzuführen. (vgl. zu
alledem Krodel, das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl., Randnummern 186 ff., wonach es sich um die Abwägungselemente
der ohne eine Rechtsschutz drohenden Rechtsverletzungen, des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der dem Eilantrag entgegenstehenden
öffentlichen Interessen handelt). So ist der erkennende Senat bereits in Beschlüssen vom 28.12.2007 (L 8 B 995/07 SO ER) und vom 26.02. 2008 (L 8 B 8/08 SO ER) verfahren.
Der Antragstellerin drohen ohne Eilrechtsschutz keine erheblichen Rechtsverletzungen. Die Ast benötigte nach den bekannt gewordenen
Umständen die Leistungen der Ag zwar zur Bestreitung ihres Lebensunterhalt. Sie war bislang Küchenhilfe mit Verdiensten von
circa 1.500,00 Euro. Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wurde ihr versagt. Dennoch drohen keine mit Eilrechtsschutz
zu verhindernden Rechtsverletzungen, schon gar nicht mit dem Gewicht existenzieller Bedrängnis (vgl. Beschluss des BVerfG
vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Juris Rn. 25-28; Beschluss vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06 zu Leistungen nach dem
SGB V). Denn die Klägerin erhält Leistungen der Grundsicherung für Erwerbsfähige, die den notwendigen Lebensunterhalt sicherstellen
(vgl. § 20 SGB II). Insbesondere verhilft ihr hierzu die Feststellung der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd, wonach
sie nicht erwerbsunfähig ist (vgl. § 8 SGB II, Begriff der Erwerbsfähigkeit als Zugangsvoraussetzung zum System der Grundsicherung
Erwerbsfähiger). Insoweit erfolgte auch schon ein Hinweis der Ag. Laut Vermerk des Sachbearbeiters vom 17.04.2008 wurde die
Ast bei ihrer persönlichen Vorsprache an die Arge zur Beantragung von Arbeitslosengeld II verwiesen. Schließlich erhält die
Bedarfsgemeinschaft, der die Klägerin angehört laut Bescheid der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung A-Stadt GmbH vom 25.04.2008
bereits Leistungen der Grundsicherung in einem monatlichen Gesamtbetrag von 1141,93 Euro, davon 750,97 Euro allein für den
Bedarf der Ast, die bislang 703,20 Euro monatlich von der Ag Arbeitslosengeld erhalten hat. Daher kommt es auch auf die Problematik
der Zulässigkeit einer Verweisung auf Grundsicherungsleistungen bei Beantragung von Eilrechtsschutz betreffend vorläufiger
Sozialversicherungsleistungen vorliegend nicht an. Angesichts des hohen Zahlbetrags sind Auswirkungen ohnehin nur vorläufig
im Niveau der Alterssicherung (gesetzliche Rentenversicherung) erkennbar (vgl. Beitragsbemessung gemäß §
166 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI für Arbeitslosengeld in Höhe von 80 vom 100 des zu Grunde liegenden Arbeitsentgelts gegenüber einer pauschalen Bemessungsgrundlage
von 400 Euro gemäß § 166 Abs. 1 Nr. 2a für Grundsicherungsempfänger).
Zusammenfassend hat das Abwägungselement der ohne Eilrechtsschutz drohenden Rechtsverletzungen (Eilbedürftigkeit) kein besonderes
Gewicht zu Gunsten der Ast.
Hingegen spricht der vermeintliche Erfolg in der Hauptsache für die Interessen der Ag. Diese Prüfung ist nicht identisch damit,
ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Insoweit besteht auch ein wesentlicher Unterschied zu der oben angeführten
Literaturmeinung. Insbesondere steht dieser Abwägungsbelang in Relation zu den übrigen Abwägungsgesichtspunkten. Bei der gegebenen
Tatsachen- und Rechtslage kann sich die Ag mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Rechtsfolge des § 48 Abs. 1 SGB X stützen. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen
Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Bei der Klägerin sind zwei Änderungen eingetreten. Zum einen ist die Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit (§
126 SGB III) nach Erschöpfung des maximalen Leistungszeitraums von 6 Wochen (25.03.2008) entfallen. Zum anderen ist ein Tatbestandsmerkmal
der ursprünglichen Bewilligung, nämlich die Fiktion der Leistungsfähigkeit als Sonderform des Arbeitslosengeldes (§
125 SGB III) entfallen. Die Nahtlosigkeitsregelung des §
125 Abs.
1 Sätze 1 und 2
SGB III begründet gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine Sperrwirkung; sie verbietet der Arbeitsverwaltung, die objektive Verfügbarkeit
von Arbeitslosen wegen nicht nur vorübergehenden Einschränkungen der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit zu verneinen, bevor
der zuständige Rentenversicherungsträger Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit festgestellt hat (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1999
- B 11 AL 13/99 R, LSG NRW 21.06.2007, L 9 AL 39/06). Diese Wirkung hält nur an, bis eine Feststellung des Rentenversicherungsträgers - wie hier mit Widerspruchsbescheid vom
27.03.2008 - erfolgt ist. Verneint der Rentenversicherungsträger das Vorliegen einer Erwerbsminderung, muss die Ag nicht automatisch
von objektiven Verfügbarkeit (als Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit) ausgehen. In diesem Irrtum befindet sich aber die
Ast.
Daher musste die Ag die Leistungsfähigkeit wie bei jedem anderen Arbeitslosen auch anhand der objektiven und subjektiven Verfügbarkeit
(§
119 Abs.
5 Nr.
1 und
3 SGB III) feststellen. Das war bei der Ast - mit dem im einstweiligen Verfahren nötigen Überzeugungsgrad der Glaubhaftmachung - nicht
gegeben.
Die Verfügbarkeit ist objektiv gegeben, wenn der Arbeitslose eine nach §§
24 ff
SGB III versicherungspflichtige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf
(§
119 Abs.
5 Nr.1
SGB III). Zum "können" gehören die körperliche, geistige und seelische Leistungsfähigkeit des Arbeitslosen, berufliche Kenntnisse
und ggf. Berufserfahrung sowie alle Umstände, die die konkrete Eingehung eines Arbeitsverhältnisses betreffen, also auch Hinderungsgründe
tatsächlicher Art (z. B. die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz) oder Gründe sonstiger Art (z. B. häusliche Bindungen).
Unter Berücksichtigung aller dieser Faktoren ist zu beurteilen, was der Arbeitslose "kann". Wenn der Arbeitslose keine Beschäftigung
ausüben kann, steht er dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.
Dieses gilt auch bei Arbeitsunfähigkeit. Arbeitsunfähigkeit wird grundsätzlich nach §
44 Abs.
1 SGB V beurteilt. Arbeitsunfähig ist ein Arbeitnehmer, wenn er aus gesundheitlichen Gründen überhaupt nicht oder nur auf die Gefahr,
seinen Gesundheitszustand zu verschlimmern, fähig ist, seiner bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Bei Arbeitslosen
orientiert sich die Arbeitsunfähigkeit allerdings an allen Arbeiten auf die der Arbeitslose verwiesen werden kann (zumutbare
Beschäftigung). Demzufolge ist Arbeitsunfähigkeit bei Arbeitslosen dann gegeben, wenn sie wegen Krankheit nicht vermittlungsfähig
sind (vgl. §
126 SGB III). Die Ast reichte eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum 25.04.2008 ein. Schon zuvor lagen entsprechende Feststellungen
vom 12.11.2007, 29.11.2007, 10.01. 2008, 12.02.2008 und 05.03.2008 vor. Dies rechtfertige jedenfalls den Erlass des Bescheides
vom 08.04.2008.
Für den darüber hinausgehenden Zeitraum fehlt es - angesichts der zulässigen Einschränkung der objektiven Verfügbarkeit auf
30 Stunden (vom Gesetz akzeptierter Sonderfall der Teilzeitarbeit, §
120 SGB III) an der subjektiven Verfügbarkeit. Denn Prüfungszeitraum ist jedenfalls Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung (hier
Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008).
Verfügbarkeit im subjektiven Sinn liegt nur vor, wenn der Arbeitslose alle zumutbaren Beschäftigungen zu übernehmen bereit
ist, die er ausüben kann und darf - Spiegelbild zur objektiven Verfügbarkeit. Macht er über den objektiv möglichen Rahmen
weitere individuelle Einschränkungen (z. B. Wiederbeschäftigung nur im erlernten Beruf) geltend, sind die Bedingungen für
die Arbeitsbereitschaft nach §
119 Abs.
3 Nr.
3 SGB III nicht erfüllt. Laut dem medizinischen Bericht der DRV Bayern Süd, wie er sich aus den vorgelegten Akten des Ag ergibt, war
die Ast noch in der Lage, mit ihrem vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten für mindestens
30 Stunden pro Woche auszuüben. Demgegenüber hat sich die Ast auch nach entsprechender Anhörung vorerst nur für leichte Tätigkeiten
als Bürobotin in Teilzeit über 30 Stunden zur Verfügung gestellt. Damit hat sich auch gegenüber der im Antrag auf Arbeitslosengeld
vom November 2007 erfolgten subjektiven Beschränkung des Leistungsvermögens eine wesentliche Änderung zugetragen. Ausweislich
der vorgelegten Leistungsakten erklärte die Ag ihr in ihrem Antrag, durch Ihre Unterschrift am 14.11.2007 bestätigt, ohne
zwingenden Grund nur noch zeitlich eingeschränkt arbeiten zu wollen (Blatt 2 des Antragsfragebogens, Ziff. 2f).
Weitere wichtige Belange, die in die Abwägung eingestellt werden könnten, z. B. ein besonderes Vollzugsinteresse sind nicht
ersichtlich. Es bleibt aber das Motiv des Gesetzgebers, im Bereich der Arbeitslosenversicherung und der sozialen Entschädigung
deswegen keine aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen anzuordnen, weil bei den involvierten Personenkreisen ein höheres
Ausfallrisiko für Rückforderungen besteht.
Bei abschließender Würdigung aller Interessen ist durch das Gericht keine drohende Rechtsbeeinträchtigung durch eine Anordnung
zu verhindern. Auch bei einem Unterliegen der Ast im Eilverfahren und einem hypothetischen Obsiegen in der Hauptsache drohen
der Ast im Interrimszeitraum keine gravierenden Rechtsverletzungen. Im gegenteiligen Fall wären aber öffentliche Belange gestört.
Die Überzahlung wäre schwer rückgängig zu machen.
2. Wie oben bereits angeführt haben gemäß §
86a Abs.
1 SGG Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß §
86a Abs.
2 Nr.
2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts (hier nicht betreffend) und der Bundesagentur
für Arbeit nur bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen. Bei der Aufhebung und Rückforderung
für die Vergangenheit - wie hier beim Bescheid vom 11.04.2008 über 140,64 Euro sowie beim Bescheid gleichen Datums über 42,74
Euro - ist dies nicht der Fall. Hier greift die allgemeine Regelung des Suspensiveffektes. Diese Wirkung tritt kraft Gesetzes
ein. Sie kann der Klarheit halber nochmals in einem Beschluss des Gerichtes ausgesprochen werden, wenn die genannte Wirkung
von dem Antragsgegner in Zweifel gezogen wird (vgl. Krodel aaO. Rdnr. 178).
In der vorliegenden Sache umfasste nach Ansicht des Senats der Antrag der Ast nicht die Regelung der Erstattungsbescheide.
Wie oben schon ausgeführt, geht der Senat in Auslegung des gestellten Antrags (§
123 SGG) davon aus, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides vom 08.04.2008 gemeint war, denn insoweit
erstreckt sich die Begründung und insoweit erfolgte auch der Antrag in erster Instanz.
Daher muss sich der Senat auch nicht dazu äußern, ob gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 3 SGB X eine Rücknahme für die Vergangenheit möglich ist (Ende der Leistungsfortzahlung 25.03.2008, Aufhebung 08.04.2008). Dies würde
voraussetzen, dass die Ast wusste oder nicht wusste, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt
hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetz zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen
ist.
III. (Zur Prozesskostenhilfe)
Nach §
73a Abs.
1 SGG (i.V.m. §
114 ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der
Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung erforderlich
erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist
Ungeachtet eines Vorliegens der wirtschaftlichen Voraussetzungen auf Gewährung von PKH im Sinne von §§ 73a
SGG, 115 ff.
ZPO, liegen für das Antragsverfahren keine hinreichenden Erfolgsaussichten vor. Bei dieser Prüfung erfolgt nur eine vorläufige
(summarische) Würdigung der Sach- und Rechtslage. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art.
3 Abs.
1, 20 Abs.
3, 19 Abs.
4 Grundgesetz) zu beachten.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers/Antragstellers aufgrund
der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher
Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Meyer-Ladewig,
SGG, Kommentar, 8.Aufl., Rdnr. 7, 7a zu § 73a). Deshalb dürfen keine allzu überspannten Anforderungen gestellt werden (Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2000, Az.: 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936).
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nach der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Dabei ist, wie sich aus dem auf die Rechtsverfolgung abstellenden Wortlaut und dem Normzweck der §§
114 Satz 1,
119 Satz 2
ZPO ergibt, entscheidend auf den voraussichtlichen Erfolg in der Sache abzustellen. Denn der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem
Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zu Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet lediglich, ihn einem solchen
Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt
(BVerfGE 81, 347,356 ff. = NJW 1991, 413 f; BVerfG FamRZ 1993, 664, 665).
Hier liegen keine Erfolgsaussichten des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz vor. Insoweit wird in vollem Umfang auf die
Ausführungen unter Ziffern II oben Bezug genommen.
Insgesamt sind damit die Beschwerden zurückzuweisen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.