Anspruch auf Arbeitslosengeld; Fehlende Verfügbarkeit nach Nichtmitteilung eines Umzuges in die Schweiz
Tatbestand
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung von Leistungen iHv 7.518,72 EUR wegen
der Nichtmitteilung eines Umzuges.
Der Kläger meldete sich am 02.10.2009 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg. Dabei gab er als
seine Anschrift R-Straße. 83, K-Stadt an. Den Antrag und die Versicherung, Änderungen unverzüglich anzuzeigen sowie das Merkblatt
1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben unterzeichnete der Kläger unter dem 11.12.2009.
Die Angaben bestätigte er nochmals mit Handzeichen und dem Datum 16.02.2010. Auch auf einem Schreiben vom 16.02.2010 gab er
als Anschrift R-Straße. 83, 78467 K-Stadt an. Als weitere Postanschrift war zudem ein Postfach in K-Stadt genannt. Die Beklagte
bewilligte mit Bescheid vom 22.02.2010 idF des Änderungsbescheides vom 07.04.2010 Alg ab 01.01.2010 für 360 Tage iHv 61,47
EUR täglich. Mit Bescheid vom 30.06.2010 wurde die Alg-Bewilligung ab 01.06.2010 gemäß §
66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) aufgehoben. Widerspruch dagegen legte der Kläger nicht ein.
Nach einem Vermerk der Beklagten erfolgte am 19.01.2010 und am 06.05.2010 (46 BA) eine telefonische Rückfrage beim Kläger,
nachdem es zu einem Postrücklauf gekommen war. Dabei habe der Kläger bestätigt, dass die bisherige Adresse stimme. Nachdem
am 02.07.2010 ein Schreiben an den Kläger mit dem Vermerk "verzogen" und am 23.07.2010 mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgekommen
war, erfuhr die Beklagte am 04.08.2010 bei einem Anruf im Bürgerbüro K-Stadt, der Kläger sei zum 25.02.2010 nach A-Stadt,
Schweiz umgezogen. Zu einer etwaigen Aufhebung der Leistungsbewilligung und Leistungserstattung angehört, gab der Kläger an,
er habe die Veränderung bei der Beklagten im Rahmen der erneuten Abgabe des Alg-Antrages mitgeteilt. Postalisch sei er über
das Postfach erreichbar gewesen und habe auch immer reagiert. Die Verlegung seines Wohnsitzes knapp hinter die Grenze sei
unerheblich, da weiter eine räumliche Nähe gegeben sei. Auch eine zeitliche Nähe hätte bestanden, wenn er nicht mit dem Geschäft
so beschäftigt gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 25.08.2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 25.02.2010 wegen Ortsabwesenheit auf und forderte
mit Bescheid vom 25.08.2010 die Erstattung von Alg für die Zeit vom 25.02.2010 bis 31.05.2010 iHv 5.901,12 EUR sowie mit weiterem
Bescheid vom 25.08.2010 die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 25.02.2010 bis 31.05.2010
iHv 1.607,60 EUR.
Hiergegen legte der Widerspruch ein. Ihm sei die nachteilige Veränderung seiner Verhältnisse nicht bekannt gewesen. Die Kenntnisnahme
des Merkblattes sei nur formularmäßig bestätigt worden und in den 11 Punkten zu Beginn des Merkblattes sei im Hinblick auf
die Mitteilungspflicht zu Umzug und Ortsabwesenheit nur von "soll" und "bitte" die Rede. Seine Erreichbarkeit habe vorgelegen,
da die neue Adresse nur 2,7 km von der Agentur für Arbeit K-Stadt entfernt liege. Sein sozialer Lebensmittelpunkt sei weiterhin
K-Stadt. Er sei laufend mit der Beklagten in Kontakt gewesen und habe ausdrücklich seine Postfachanschrift mitgeteilt. Diese
habe sich nicht geändert und er habe die Post immer abgeholt. Er sei an jedem Werktag erreichbar gewesen. Eine Mitteilungspflicht
sei ihm nicht bekannt gewesen und hätte ihm auch nicht bekannt sein müssen, da er von seiner Erreichbarkeit für die Beklagte
ausgegangen sei. Es fehle an einem grob fahrlässigen Verhalten, da die Mitteilungspflicht ihm wegen der gleichbleibenden Postanschrift
völlig sinnlos erscheine. Soweit er in seinen Schreiben weiterhin die alte Anschrift angegeben habe, liege dies an der unbeabsichtigten
Verwendung alter gespeicherter Briefvorlagen. Wegen des Postfaches habe sich auch ein Nachsendeauftrag erübrigt. Seit Juni
2010 sei er selbstständig. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2010 zurück. Ohne Postnachsendeauftrag
sei der Kläger in eine Nachbargemeinde umgezogen. Mangels entsprechender Mitteilung fehle es an einer Verfügbarkeit. Seinen
Alg-Antrag habe der Kläger postalisch abgegeben, wobei es keinen Hinweis auf einen Umzug gegeben habe. Im Hinblick auf die
Ausführungen im Merkblatt sei die Nichtmitteilung des Umzuges grob fahrlässig gewesen.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und ergänzend vorgetragen, ein gegen ihn eingeleitetes Strafverfahren
sei eingestellt worden. Es habe keine Änderung gegeben. Die Postanschrift habe sich nie verändert. Er sei jeden Werktag über
Briefsendungen der Beklagten informiert gewesen und habe - beispielsweise im Schreiben vom 16.02.2010 - immer seine Postfachanschrift
angegeben. Mit Urteil vom 24.04.2013 hat das SG die Klage abgewiesen und dabei auf die Begründung im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Der Kläger hat dagegen beim Bayer. Landessozialgericht Berufung eingelegt. An seiner faktischen Verfügbarkeit hätten keine
Zweifel bestanden. Er sei stets in Kontakt mit der Beklagten gewesen. Eine Mitteilungspflicht sei nicht erkennbar, wenn man
davon ausgehe, dass der Umzug für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen unerheblich sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.04.2013, Aktenzeichen S 8 AL 256/11, und den Erstattungsbescheid vom 25.08.2010 zur Kunden Nr. 944A183455 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2011
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.04.2013 - S 8 AL 256/11 - zurückzuweisen.
Eine Erreichbarkeit bei einem Umzug sei solange nicht gegeben, wie die Agentur für Arbeit die neue Anschrift nicht mitgeteilt
bekommen habe. Dies gelte selbst dann, wenn ein Umzug nur innerhalb des Bezirkes der Agentur für Arbeit oder auch im selben
Wohnort erfolge.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 25.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
18.03.2010 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand sind vorliegend die drei Bescheide der Beklagten vom 25.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 18.03.2010. Die Beklagte hat damit zunächst die Bewilligung von Alg ab dem 25.02.2010 aufgehoben (Aufhebungsbescheid vom
25.08.2010) und mit weiterem Bescheid vom 25.08.2010 die Erstattung des für die Zeit vom 25.02.2010 bis 31.05.2010 gezahlten
Alg in Höhe von 5.901,12 EUR (Erstattungsbescheid Alg vom 25.08.2010) sowie schließlich mit Bescheid vom 25.08.2010 die Erstattung
der für die Zeit vom 25.02.2010 bis 31.05.2010 geleisteten Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.607,60
EUR (Erstattungsbescheid KV und PV) gefordert. Auch wenn sich der Kläger mit seinem Berufungsantrag zunächst nur gegen den
"Erstattungsbescheid vom 25.08.2010" wendet, wird im Hinblick auf seinen weiteren Vortrag hinreichend deutlich, dass es ihm
um die Aufhebung aller drei Bescheide vom 25.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2010 geht (§
123 SGG). Da die Alg-Bewilligung mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 30.06.2010 bereits ab 01.06.2010 aufgehoben worden war, erschöpft
sich die Wirkung des Aufhebungsbescheides vom 25.08.2010 auf die Zeit vom 25.02.2010 bis 31.05.2010.
Die Beklagte war vorliegend berechtigt, die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 25.02.2010 (bis 31.05.2010) gegenüber dem
Kläger aufzuheben und die Erstattung des für die Zeit vom 25.02.2010 bis 31.05.2010 erbrachten Alg in Höhe von 5.901,12 EUR
sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 1.607,60 EUR zu fordern.
Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. §
330 Abs
3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei
dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Betroffene eine durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene
zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen
ist und die Fristen des § 48 Abs 4 SGB X eingehalten sind.
Im Hinblick auf den Umzug des Klägers am 25.02.2010 von K-Stadt nach A-Stadt ist eine wesentliche Änderung eingetreten, die
zur Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alg geführt hat. Ab dem 25.02.2010 hatte der Kläger keinen Anspruch mehr auf Alg,
denn er war im Hinblick auf den nicht mitgeteilten Umzug nicht mehr verfügbar.
Nach §
118 Abs
1 Nr
1 SGB III in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) setzt der Anspruch
auf Alg u.a. Arbeitslosigkeit voraus. Die hierfür notwendige Verfügbarkeit iS von §
119 Abs
1 Nr
3, Abs
5 Nr
2 SGB III setzt u.a. voraus, dass der Arbeitslose Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah
Folge leisten kann. Nach § 1 Abs 1 Satz 2 der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) vom 23.10.1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16.11.2001 (ANBA 2001, 1476), hat der Arbeitslose sicherzustellen,
dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von
ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann.
Der Kläger ist am 25.02.2010 von der R-Straße. 83, K-Stadt nach A-Stadt in die Schweiz verzogen. Eine Mitteilung der neuen
Wohnanschrift in der Schweiz oder der Ortsabwesenheit lässt sich anhand der Verwaltungsakte der Beklagten nicht feststellen.
Auch ist es für den Senat nicht glaubhaft, dass der Kläger bei erneuter Abgabe seines Alg-Antrages unter dem 16.02.2010 die
Änderung der Wohnanschrift mitgeteilt haben will, gleichzeitig aber auf dem Antrag mit dem aktuellen Datum alle Angaben nochmals
mit Handzeichen bestätigt hat. Das Anschreiben vom 16.02.2010 wies ebenfalls als Anschrift die R-Straße. 83 in K-Stadt aus.
Die Angabe der Postfachanschrift, die zudem in K-Stadt war, erfolgte stets kommentarlos. Auf einen Umzug nach A-Stadt in der
Schweiz und die Ungültigkeit der Postanschrift in der R-Straße. 83 in K-Stadt konnte daraus keinesfalls geschlossen werden.
Damit war der Kläger ab diesem Tage für die Beklagte nicht mehr an seinem Wohnsitz unter der von ihm im Alg-Antrag angegebenen
Postanschrift erreichbar. Erst durch die Auskunft des Bürgerbüro K-Stadt am 04.08.2010 erfuhr die Beklagte von dem Umzug.
Zu dieser Zeit bezog der Kläger bereits kein Alg mehr. Damit fehlt es aber an der "Erreichbarkeit" des Klägers iSv § 1 Abs 1 EAO. Zieht ein Arbeitsloser um, entfällt solange die Erreichbarkeit, wie der Agentur für Arbeit die neue Anschrift nicht bekannt
gegeben wurde und zwar wegen der fehlenden postalischen Erreichbarkeit auch bei Umzug innerhalb eines Bezirks der Agentur
für Arbeit oder nur des Wohnortes (vgl. dazu BSG, Urteil vom 29.11.1989 - 7 RAr 138/88 - BSGE 66, 103 = SozR 4100 § 103 Nr 47; Urteil vom 24.04.1997 - 11 Rar 89/96 - [...]; Sächs. LSG, Urteil vom 19.04.2007 - L 3 AL 65/05 - [...]; Gutzler in Mutschler/Schmitt-de Caluwe/Coseriu,
SGB III, 5. Auflage, §
138 Rn 176). Damit spielt es keine Rolle, dass der Kläger nach eigenen Angaben unter der neuen Adresse nur 2,7 km von der Agentur
für Arbeit entfernt gewohnt hat und sein sozialer Lebensmittelpunkt weiterhin K-Stadt gewesen sein soll. In jedem Fall fehlt
es an der werktäglichen Erreichbarkeit unter der vom Kläger benannten Wohnanschrift (§ 1 Abs 1 Satz 2 EAO). Hierfür genügt auch nicht die bloße Mitteilung einer Postfachanschrift, wenn nicht die neue Wohnanschrift mitgeteilt wird.
Die Beklagte konnte insofern nicht davon ausgehen, dass die Wohnanschrift ihre Gültigkeit verloren hat. Dass der Kläger tatsächlich
unter der im Antrag genannten Wohnanschrift in der R-Straße. 83, K-Stadt nicht an jedem Werktag erreichbar gewesen ist, zeigen
auch die Postrückläufe im Januar und Mai 2010 sowie vom 02.07.2010 und 23.07.2010. Die Wohnanschrift ist zudem für die Beklagte
für die Prüfung der Zumutbarkeit von Vermittlungsvorschlägen und Maßnahmen erheblich. So wohnte der Kläger offenbar auch in
A-Stadt nur unweit von der Agentur für Arbeit, er ist aber in ein Land außerhalb der EU verzogen. So wäre im Hinblick auf
die zumutbare Entfernung einer vorzuschlagenden Arbeitsstelle neben der weiteren Anreise vom neuen Wohnort aus auch etwaige
Verzögerungen im Zusammenhang mit dem jeweils notwendigen Grenzübertritt von Bedeutung.
Der Kläger hat auch vorliegend zumindest grob fahrlässig seine Mitteilungspflicht hinsichtlich seines Umzuges verletzt. Gemäß
§
60 Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB I war der Kläger verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Alg-Bewilligung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen.
Die Änderung seiner Wohnanschrift hat der Kläger - wie oben bereits ausgeführt - der Beklagten nicht mitgeteilt.
Grob fahrlässig in diesem Sinne handelt, wer in besonders schwerem Maße die erforderliche Sorgfaltspflicht verletzt, wer einfachste,
ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt, also nicht beachtet, was jedem hätte einleuchten müssen. Es ist dabei auf
die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es ist also nicht
ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen; es gilt der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff (vgl BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R, SozR 3-1300 § 45 Nr 45 - [...]). Das ist in der Regel der Fall, wenn eindeutige Hinweise in Vordrucken, Merkblättern sowie
mündliche Belehrungen nicht beachtet werden (vgl dazu BSG, Urteil vom 24.04.1997 - 11 Rar 89/96 - [...] - mwN; Urteile des Senats vom 27.05.2004 - L 10 AL 199/02 und 17.12.2007 - L 10 AL 66/07 - [...]; Schütze in: von Wullfen, SGB X, 7. Aufl, § 45 Rn 57).
Vorliegend hat der Kläger im Leistungsantrag mit seiner Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und
von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Dieses Merkblatt (Stand März 2009) enthält unter den dort aufgeführten Mitwirkungs-
und Mitteilungspflichten (Ziffer 8.2) auch den Hinweis, dass das Verlassen des Wohnortes (Nr 8) und die Änderung der Anschrift
(Nr 9) sofort der Agentur für Arbeit mitzuteilen ist (Seite 47/48). Dies konkretisiert hinreichend deutlich die "Bitte" in
Punkt 5 unter "Das Wichtigste vorweg" in den Seiten 5 und 6 des Merkblattes. Darüber hinaus wird auf Seite 13 des Merkblattes
darauf verwiesen, dass ein Teil der persönlichen Daten bereits vor Aushändigung auf den Antragsvordruck gedruckt werde und
diese Daten vor der Abgabe des Antrages noch einmal gründlich, insbesondere auch im Hinblick auf etwaige Änderungen durch
einen Umzug, zu überprüfen sind. Hinweise dafür, dass es dem Kläger unmöglich gewesen sein sollte, die Ausführungen im Merkblatt
für Arbeitslose zu verstehen, liegen nicht vor, und sind im Hinblick auf die frühere Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer
auch auszuschließen. Sollte er die genannten Hinweise im Merkblatt für Arbeitslose nicht gelesen haben, würde gerade dies
den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen (vgl Urteil des Senats vom 17.12.2007 - L 10 AL 66/07 - [...]). Dennoch hat er seinen Umzug nicht mitgeteilt. Auf Seite 17 des Merkblattes wird schließlich erläutert, was unter
Verfügbarkeit als Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Alg zu verstehen ist. Dort wird ausgeführt, dass der Kläger persönlich
für die Agentur für Arbeit an jedem Werktag unter der von ihm benannten Anschrift erreichbar sein und die Agentur für Arbeit
auch täglich aufsuchen können muss. Eine persönliche Erreichbarkeit unter den Anschrift R-Straße. 83 in K-Stadt war aber -
unabhängig von dem "kommentarlos" angegebenen Postfach - nicht gegeben. Es musste dem Kläger unter Berücksichtigung seiner
intellektuellen Fähigkeiten damit klar sein, dass es sich bei dem Umzug um eine für den Leistungsbezug von Bedeutung handelnde,
mitzuteilende Änderung gehandelt hat und allein die Angabe einer Postfachanschrift - zudem in K-Stadt - insofern nicht ausreichend
gewesen ist.
Die Beklagte hat die Jahresfrist aus § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Ein Ermessen hatte die Beklagte bei der Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht; sie war zum Erlass des angefochtenen
Verwaltungsaktes und der Aufhebung für die Vergangenheit rechtlich verpflichtet, §
330 Abs
3 Satz 1
SGB III.
Nach § 50 Abs 1 SGB X hat der Kläger deshalb das ihm für die Zeit vom 25.02.2010 bis 31.05.2010 gezahlte Alg in Höhe von 5.901,12 EUR zu erstatten.
Die Erstattung der von der Beklagten für den Kläger in diesem Zeitraum geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
in Höhe von 1.607,60 EUR folgt aus §
335 Abs
1 und 5
SGB III. Der Kläger hat pflichtwidrig die neue Wohnanschrift nicht angezeigt, sodass das Erstattungsverlangen hinsichtlich der Beiträge
zur Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht unbillig ist (Düe in Brand,
SGB III, 6. Auflage, §
335 Rdnr 9).
Die Berufung war somit als unbegründet zurückzuweisen. Nicht entscheidungserheblich war es vorliegend, inwieweit der Anspruch
auf Alg auch deshalb entfallen sein könnte, weil der Kläger ins Ausland verzogen ist und die Voraussetzungen für einen Export
des Alg-Anspruchs diesbezüglich zu prüfen gewesen wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision nach §
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.