Anspruch auf Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben; Abgrenzung von Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung
und Leistungen der beruflichen Rehabilitation; Leistungsverbot der Bundesagentur für Arbeit bei Zuständigkeit eines anderen
Trägers der beruflichen Rehabilitation
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bildungsgutscheines.
Am 11.02.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Fort- und Weiterbildung. Er sei im
Besitz eines LKW- Führerscheines (Fahrerlaubnis der Klasse CE), für dessen Erhalt er eine Weiterbildung nach der Berufskraftfahrerqualifikationsverordnung
(BKrFQV) absolvieren müsse. Die TÜV- Akademie biete Lehrgänge für diese Weiterbildung an (5 Module a 7 Zeitstunden; 70.- EUR
zzgl. Mehrwertsteuer je Modul). Nachdem wegen gesundheitlicher Einschränkungen des Klägers bereits ein Verfahren der beruflichen
Rehabilitation beim zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (DRV),
anhängig war, leitete die Beklagte den Antrag an die DRV weiter. Dem Kläger teilte die Beklagte mit Schreiben vom 15.02.2011
mit, zuständig für die Entscheidung über den Antrag sei die DRV als Träger der beruflichen Rehabilitation. Insoweit bestehe
für sie selbst ein Leistungsverbot gemäß §
22 Abs
2 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III). Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, sein Anspruch habe nichts mit einem Leistungsverbot
zu tun, denn die Fortbildung sei gesetzlich vorgeschrieben. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
15.04.2011 zurück. Allgemeine Leistungen zur Teilhabe könnten durch sie mangels Zuständigkeit nicht erbracht werden. Insoweit
bestehe ein Leistungsverbot.
Mit der hiergegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger vorgebracht, dass er die Entziehung seiner Fahrerlaubnis verhindern wolle. Mit seinem Rechtsstreit
gegen die DRV wegen des Verfahrens der beruflichen Rehabilitation habe dies nichts zu tun. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 02.10.2013 in Abänderung des Bescheides vom "15.02.2010" in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 15.04.2011 dazu verurteilt, dem Kläger einen Bildungsgutschein für eine Weiterbildung zum Berufskraftfahrer nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz
(BKrFQG) auszustellen. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Bildungsgutscheines lägen vor. Es gehe vorliegend nicht
um eine Umschulung zum Busfahrer aus gesundheitlichen Gründen sondern um eine Weiterbildung zur Erhaltung und Verbesserung
der Eingliederungschancen. Die Beklagte sei vorgreiflich verpflichtet, für den gehandicapten Kläger die Arbeitsmarktchancen
zu sichern. Gegen die Entscheidung sei das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gegeben.
Auf die Beschwerde der Beklagten zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) hat der erkennende Senat das Urteil des SG abgeändert und festgestellt, dass die Berufung zulässig sei. Der Beschwerdewert überschreite nach den übereinstimmenden und
nachvollziehbaren Angaben der Beteiligten einen Wert von 750.- EUR (Beschluss vom 13.02.2014). Die Beklagte hat geltend gemacht,
die Verwaltungsentscheidung befasse sich ausschließlich mit der Frage der Zuständigkeit in Bezug auf Leistungen zur Teilhabe,
für die die DRV zuständig sei und ein Leistungsverbot für die Beklagte bestehe. Eine Entscheidung zur Förderung gemäß §
77 SGB III sei nicht getroffen worden; das SG sei nicht befugt gewesen eine Prognose oder Ermessensentscheidung für die Beklagte zu treffen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 02.10.2013 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 15.02.2011 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag vom 11.02.2011 auf Ausstellung eines Bildungsgutscheines zur Förderung der Weiterbildung
für Berufskraftfahrer nach der BKrFQG bzw. BKrFQV zu entscheiden.
Das SG habe zutreffend entschieden.
Zum Hilfsantrag des Klägers hat die Beklagte erklärt, mit einer Entscheidung des Senates hierüber, einverstanden zu sein.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die vom erkennenden Senat zugelassene Berufung der Beklagten (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) ist in der Sache zwar begründet. Auf den vom Kläger hilfsweise gestellten Antrag, war sie jedoch zu verurteilen, unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichtes über dessen Antrag vom 11.02.2011 auf Erteilung eines Bildungsgutscheines zu entscheiden.
Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger in Abänderung des Bescheides vom 15.02.2011 (lt. Urteil: vom 15.02.2010
- idG des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011), einen Bildungsgutschein für eine Weiterbildung zum Berufskraftfahrer nach
dem BKrFQG auszustellen. Dieser Bescheid war rechtmäßig. Insoweit hatte es die Beklagte lediglich abgelehnt, Leistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben an den Kläger zu erbringen, denn hierfür war vorliegend allein der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
zuständig.
Für behinderte Menschen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit
zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art
oder Schwere der Behinderung dies erfordern (§ 97 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch idF des Gesetzes vom 19.06.2001; BGBl.
I S. 1046 -
SGB III aF). Hierbei umfassen die allgemeinen (Teilhabe-) Leistungen auch Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung
(§
100 Nr. 4 iVm §§
77 ff
SGB III aF) insbesondere auch die Erteilung eines Bildungsgutscheines (§
77 Abs
4 Satz 1
SGB III aF).
Vorliegend kann dahinstehen, ob der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, d.h. Leistungen der beruflichen Rehabilitation
zu beanspruchen hat, denn unabhängig von der Frage eines materiellen Anspruches, ist die Beklagte für eine Entscheidung hierüber
nicht zuständig. Insoweit stützt die Beklagte ihre Ablehnung, Rehabilitationsleistungen zu erbringen, in dem Bescheid vom
15.02.2011 (idG des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011) zu Recht und ausschließlich auf ihre fehlende Zuständigkeit.
Der Begriff der Zuständigkeit wird im Rehabilitationsrecht zwar nicht definiert sondern dieses setzt ihn voraus, wobei sich
die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger
geltenden Leistungsgesetzen richten (§
7 Satz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB IX). Die Frage der Zuständigkeit lässt sich jedoch nicht mit einer konkreten Leistungsverpflichtung gleichsetzen, sondern sie
umfasst nur einen Teil der Leistungsvoraussetzungen für die Verpflichtung im Einzelfall, die sich aber nach Merkmalen bestimmt,
die für einen Personenkreis allgemein gelten (vgl. BSG, Urteil vom 15.03.1979 - 11 RA 36/78 - BSGE 48, 92-100). Dies zugrunde gelegt, umfasst die vom Kläger geforderte Ausstellung eines Bildungsgutscheines zwar das Leistungsspektrum
der Beklagten, die diese als Rehabilitationsträger (§
6 Abs
1 Nr.
2 SGB IX) im Rahmen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§
5 Nr. 2
SGB IX) erbringen kann. Allgemeine und besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dürfen gemäß §
22 Abs
2 Satz 1
SGB III jedoch nur erbracht werden, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des
SGB IX zuständig ist.
Vorliegend steht einer Leistungserbringung beruflicher Rehabilitationsleistungen durch die Beklagte in eigener Zuständigkeit
daher entgegen, dass an den Kläger - insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig - bereits seit Oktober 2010 laufende Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht werden. Hierbei untersagt §
22 Abs
2 Satz 1
SGB III der Beklagten die Gewährung allgemeiner und besonderer Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht nur für den Fall, dass
der Berechtigte einen gesetzlichen Leistungsanspruch gegenüber einem anderen Träger besitzt; die Gewährung berufsfördernder
Maßnahmen zur Rehabilitation ist bereits dann ausgeschlossen, wenn ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.1979 - 11 RA 22/79 - SozR 4100 § 57 Nr. 9). Eine Zuständigkeit der Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger an sie mit dem Antrag herangetreten
ist, eine einzelne Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, vorliegend den beantragten Bildungsgutschein, zu gewähren und dieser
Antrag nicht innerhalb der Frist des §
14 Abs
1 Satz 1
SGB IX an den zuständigen Rehabilitationsträger, die DRV, weitergeleitet worden ist. Aus dem Regelungszusammenhang der §
14 SGB IX und §
22 SGB III ist der Schluss zu ziehen, dass eine Begründung der Zuständigkeit für einen Rehabilitationsträger, allein wegen des Unterlassens
einen Antrag weiterzuleiten (§
14 Abs
2 Satz 1
SGB IX), nur dann anzunehmen ist, wenn ein Rehabilitationsbedarf noch nicht festgestellt worden ist, so dass Anträge auf Einzelleistungen
während eines laufenden Rehabilitationsverfahrens grundsätzlich durch den zu diesem Zeitpunkt zuständigen Rehabilitationsträger
in der Sache zu entscheiden sind, ohne dass sich dieser darauf berufen kann, der Leistungsantrag sei nicht zeitnah, d.h. innerhalb
der in §
14 Abs
1 Satz 1
SGB IX genannten Frist übermittelt worden. Insoweit stand es der Beklagten auch nicht frei, Einzelleistungen zu erbringen, die mit
der beruflichen Rehabilitation des Klägers in Zusammenhang stehen, so dass deren Entscheidung vom 15.02.2011 (idG des Widerspruchsbescheides
vom 15.04.2011), die Erbringung von Teilhabeleistungen mangels Zuständigkeit abzulehnen, nicht zu beanstanden ist. Das Urteil
des SG, aufgrund dessen die Beklagte in Abänderung dieses Bescheides verurteilt wurde, den beantragten Bildungsgutschein auszustellen,
war daher aufzuheben. Die Entscheidung der Beklagten war rechtmäßig, denn Teilhabeleistungen hatte sie nicht zu erbringen
und eine Entscheidung über die Ablehnung von Leistungen der beruflichen Weiterbildung hatte die Beklagte nicht getroffen.
Insoweit war die Beklagte auf den Hilfsantrag des Klägers jedoch zu verurteilen, über dessen Antrag vom 11.02.2011 auf Erteilung
eines Bildungsgutscheines - unter Beachtung der Rechtsaufassung des erkennenden Senates - zu entscheiden.
Diesbezüglich handelt es sich um keinen Prozessrest, über den das SG nicht entschieden hat, denn eine Untätigkeit der Beklagten in Bezug auf den Antrag vom 11.02.2011 hat der Kläger erstinstanzlich
nicht geltend gemacht. Er hat zwar bereits vor Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 die Klage zum SG erhoben, jedoch nur unter Hinweis auf seinen Widerspruch in Bezug auf die Entscheidung der Beklagten vom 15.02.2011, die
den Fortgang des Verfahrens verzögere, weil sie über seinen Widerspruch nicht entscheide. Dieses Anliegen hat sich jedoch
mit der Erteilung des Widerspruchsbescheides am 15.04.2011 erledigt, und soweit der Kläger im Rahmen des weitergeführten Klageverfahrens
sein Begehren (inzident) auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt hat, hat das SG mit Urteil vom 02.10.2013 allein hierüber entschieden, ohne jedoch zu thematisieren, dass die Beklagte bis dahin in Bezug
auf die Bewilligung von Leistungen der beruflichen Weiterbildung keine Entscheidung getroffen hatte. Das SG ging hierbei (wohl) davon aus, die Beklagte habe mit ihrem Schreiben vom 15.02.2011 inzident auch über den Antrag des Klägers
auf Weiterbildung entschieden. Für eine derartige Entscheidung gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte, denn die Beklagte hat
sich mit dem Antrag nicht in der Sache befasst, sondern diesen allein wegen ihrer fehlenden Zuständigkeit abgelehnt. Vorliegend
war jedoch zu differenzieren zwischen den Leistungen zu Teilhabe am Arbeitsleben, für deren Erbringung die Beklagte vorliegend
nicht zuständig war (siehe bereits oben) und Leistungen zur beruflichen Weiterbildung, die neben Leistungen der beruflichen
Rehabilitation erbracht werden können. Der Dritte Abschnitt des Ersten Kapitels des
SGB III (Verhältnis der Leistungen aktiver Arbeitsförderung zu anderen Leistungen) schließt nicht aus, dass Maßnahmen der aktiven
Arbeitsförderung, zu der sowohl die Förderung der beruflichen Weiterbildung als auch die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
(§
3 SGB III) zählen, miteinander kombiniert werden können. In Bezug auf die Bewilligung von Leistungen der beruflichen Weiterbildung
hat die Beklagte nach dem Inhalt ihrer Bescheide jedoch keine Regelung für den Einzelfall getroffen, denn es ist nicht einmal
ersichtlich, dass sie sich dieses Problems bewusst gewesen wäre.
Der darauf gerichtete Hilfsantrag, die Beklagte wegen ihrer Untätigkeit in Bezug auf den nicht verbeschiedenen Antrag auf
Förderung der beruflichen Weiterbildung zu verurteilen, ist daher als zulässige Klageänderung zu qualifizieren, nachdem die
Beklagte dem ausdrücklich zugestimmt hat (§
99 Abs
1 1.Alt.
SGG), kann dahinstehen, dass der Hilfsantrag unter Beachtung des §
99 Abs
3 Nr.
2 SGG ohnehin nicht als eine Änderung der Klage anzusehen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 39/10 R - BSGE 110, 34 mwN). Diese mit dem Hilfsantrag erhobene Untätigkeitsklage ist zudem zulässig und begründet.
Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden
worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig (§
88 Abs
1 SGG).
Die zulässige Untätigkeitsklage - seit dem Antrag vom 11.02.2011 sind mehr als sechs Monate verstrichen - ist begründet, denn
die Beklagte hat ohne zureichenden Grund bislang keine Entscheidung in Bezug auf den Antrag des Klägers getroffen, es seien
ihm Leistungen der beruflichen Weiterbildung - vorliegend in der Form eines Bildungsgutscheines, zur Weiterbildung für Berufskraftfahrer
nach der BKrFQV - zu bewilligen.
Die Entscheidung der Beklagten vom 15.02.2011 (idG des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011) beinhaltet weder im Tenor noch
in der Begründung Ausführungen - oder gar einen Verfügungssatz - zum geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Leistungen
zur Förderung der beruflichen Weiterbildung, obwohl die Beklagte - unter Beachtung des Vorbringens des Klägers anlässlich
des Antrages vom 11.02.2011 - hinreichend Anlass und Gelegenheit gehabt hätte, in der Sache zu entscheiden.
Nach dem Vorbringen des Klägers war sein Antrag vom 11.02.2011 nicht (im Wesentlichen) als Antrag auf Leistungen zur beruflichen
Rehabilitation aufzufassen, sondern in erster Linie als Antrag auf Bewilligung von Leistungen der beruflichen Weiterbildung
gemäß §§
77 ff
SGB III aF (= §§
81 ff
SGB III nF; Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011; BGBl. I S 2854), die vom Leistungsverbot
des §
22 Abs
2 Satz 1
SGB III nicht erfasst werden. Als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben iSd §
98 SGB III aF (= §
112 SGB III nF) sind alle Sozialleistungen anzusehen, welche die Beklagte an behinderte Menschen nach den Vorschriften des
SGB III iVm dem
SGB IX zur beruflichen Rehabilitation erbringt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Art oder Schwere der Behinderung zumindest
eine wesentliche Mitursache im Sinne der sozialrechtlichen Kausalitätslehre für die Notwendigkeit der Leistung bildet. Durch
die Formulierung, "soweit Art oder Schwere der Behinderung dies erfordern", wird klargestellt, dass zwischen der Behinderung
und dem Erfordernis der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ein ursächlicher Zusammenhang bestehen muss (vgl. Kador in Mutschler/
Schmidt-de Caluwe/ Coseriu,
SGB III - Arbeitsförderung, 5. Aufl., §
112 Rn. 26 mwN). Vorliegend ist jedoch weder ersichtlich noch hat der Kläger geltend gemacht, dass die begehrte Weiterbildung
in irgendeiner Weise wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen erforderlich sein könnte. Nach den Angaben der Beklagten
war der Kläger mehr als 30 Jahre als Berufskraftfahrer beschäftigt und im Besitz der Fahrerlaubnis CE. Diese Fahrerlaubnis
ist nach Angaben des Klägers bis Oktober 2015 befristet ist. Insoweit ist er nach § 3 Nr. 1 iVm § 5 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 Nr.
3 des Gesetzes über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft- oder
Personenverkehr (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz - BKrFQG) rechtlich verpflichtet bis spätestens Oktober 2015 eine
Weiterbildung iSd § 4 der Verordnung zur Durchführung des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung
- BKrFQV) zu absolvieren, um seine Fahrerlaubnis CE und damit die Möglichkeit zu erhalten, weiterhin als Berufskraftfahrer
tätig zu sein. Damit ist aber ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers und
dem Erfordernis der begehrten Leistung nicht zu erkennen, so dass die Gewährung von Teilhabeleistungen - unabhängig von der
fehlenden Zuständigkeit - in diesem Zusammenhang ohnehin nicht angezeigt gewesen wäre. Die Beklagte hatte auch hinreichend
Anlass über den Antrag des Klägers zu entscheiden, denn nach dem Vorbringen des Klägers gab es keinen Hinweis darauf, dass
er Rehabilitationsleistungen begehrt hätte. Während des gesamten Verwaltungs- und Klageverfahrens hat er allein auf seine
rechtliche Verpflichtung hingewiesen, eine Weiterbildung zu absolvieren, soweit er seine Fahrerlaubnis erhalten wolle, und
dass dies mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen nichts zu tun habe. Hieraus war für die Beklagte ersichtlich, dass (im
Wesentlichen) Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung begehrt wurden, über die die DRV als Rehabilitationsträger
nicht zu entscheiden hatte, und die neben den Rehabilitationsleistungen erbracht werden können, nachdem insoweit auch kein
Leistungsverbot (iSd §§
22 ff
SGB III) besteht (siehe bereits oben). Über diesen Antrag auf Förderung der beruflichen Weiterbildung und Ausstellung eines Bildungsgutscheins
(nach der Änderung des
SGB III zum 01.04.2012 nunmehr §
81 Abs
4 SGB III nF), wird die Beklagte nach einer Prognose in Bezug auf die Weiterbildungsnotwendigkeit (§§
81 Abs
1 Satz 1 Nr.
1 SGB III nF), einer Beratung des Klägers (§§
81 Abs
1 Satz 1 Nr.
2 SGB III nF) sowie der Überprüfung der angestrebten Maßnahme (§§
81 Abs
1 Satz 1 Nr.
3 SGB III nF) unter Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur im Rahmen einer Ermessensentscheidung daher noch zu entscheiden
haben.
Im Ergebnis war daher auf die Berufung der Beklagten zwar das Urteil des SG vom 02.10.2013 aufzuheben, jedoch war sie zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senates über
den Antrag des Klägers auf Förderung der beruflichen Weiterbildung zu entscheiden (§
131 Abs
3 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 Abs
1 SGG und folgt aus dem Ergebnis des Entscheidung.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nr.
1 und
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.