Anspruch auf Arbeitslosengeld; Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe bei unverschuldetem Rechtsirrtum; Verkürzung der Dauer der Sperrzeit
wegen besonderer Härte
Tatbestand
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit vom 25.02.2012 bis 18.05.2012 wegen Arbeitsaufgabe.
Der Kläger war ab dem 13.02.2012 (Montag) als Lagerhelfer für die Firma P. Personalmanagement (P) im Rahmen eines Zeitarbeitsverhältnisses
beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 13.02.2012 handelte es sich um ein bis 10.08.2012 befristetes Arbeitsverhältnis mit
einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Für die Regelung der Arbeitszeit war als Grundlage § 4 MTV BZA und die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos vereinbart. Nach einer Übersicht über die Arbeitszeiten in der Woche vom
13.02.2012 bis 19.02.2012 arbeitete der Kläger insgesamt 29,58 Stunden. Für den Zeitraum vom 13.02.2012 bis 24.02.2012 wurden
insgesamt 48,08 Stunden abgerechnet.
Am 21.02.2012 (Dienstag) sprach der Kläger bei der Beklagten vor. Er sei mit seinem Beschäftigungsverhältnis nicht zufrieden.
Laut Arbeitsvertrag gelte eine 35-Stunden-Woche, bis jetzt habe er aber immer viel weniger Stunden gearbeitet. Insofern seien
die Kosten für den weiten Weg für ihn nicht tragbar. Er wolle eine andere Stelle haben. Am 22.02.2012 (Mittwoch) sprach er
bei seiner Arbeitsvermittlerin erneut vor. Nach einer selbst angefertigten Liste zu den tatsächlichen Arbeitszeiten komme
er auf nur 20 Stunden pro Woche. Dies könne er aus finanziellen Gründen nicht länger durchführen. Es wurde erneut eine Meldung
als arbeitssuchend aufgenommen und ihm ein Vermittlungsvorschlag im Lagerbereich ausgehändigt.
Der Kläger meldete sich am 27.02.2012 (Montag) bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld
(Alg). Ausweislich der Arbeitsbescheinigung von P habe der Kläger am 24.02.2012 das Arbeitsverhältnis selbst beendet. Der
Kläger legte ein Schreiben von P vom 24.02.2012 (Freitag) vor, worin eine mündliche Kündigung des Klägers vom 24.02.2012 bestätigt
wird. Zu der angeblichen Arbeitsaufgabe führte der Kläger aus, es sei eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 bis 40 Stunden
vereinbart gewesen. Er sei aber an jedem Tag nur von 16.00 bis 20.00 Uhr zum Einsatz gekommen. Am Montag sei er dann angerufen
worden, er solle seine Kündigung unterschreiben. Diese habe er nicht unterschrieben sondern gesagt, er brauche das nicht,
wenn die Firma kündige. Die Beklagte stellte darauf mit Bescheid vom 04.04.2012 den Eintritt einer Sperrzeit vom 25.02.2012
bis 18.05.2012 fest. Der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis bei P durch eigene Kündigung selbst gelöst und hätte voraussehen
müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Der Anspruch auf Alg mindere sich um 84 Tage. Mit Bewilligungsbescheid vom 04.04.2012
bewilligte die Beklagte Alg (erst) ab 19.05.2012 iHv 21,97 EUR täglich. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe
nicht selbst gekündigt, sondern sei von P angerufen worden, er möge die Kündigung unterschreiben. Vor Zusendung der Kündigung
habe er bei der Beklagten vorgesprochen. Es sei ihm gesagt worden, er dürfe die Kündigung nicht selbst unterschreiben. Im
Rahmen einer von P eingeholten Stellungnahme führte deren Mitarbeiter M. R. (R) aus, der Kläger habe am 24.02.2012 um ca.
19.45 Uhr seine Schicht verlassen. Die Einsatzfirma habe angegeben, der Kläger kündige und möchte diese Arbeit nicht mehr
ausführen. Daraufhin habe man dem Kläger eine Kündigungsbestätigung zugesandt. Dieser habe sich nicht mehr bei der Firma gemeldet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit seiner Äußerung, er kündige und wolle
die Arbeit nicht mehr machen, habe der Kläger das Beschäftigungsverhältnis beendet. Mit dieser Erklärung habe er die Verfügungsbefugnis
des Arbeitgebers nicht mehr anerkannt und sei nicht mehr dienstbereit gewesen. Nach Übersendung der Kündigungsbestätigung
habe er sich nicht mehr beim Arbeitgeber gemeldet und seine Arbeitsleistung nicht mehr angeboten. Damit sei das Beschäftigungsverhältnis
beendet gewesen.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er habe zu keinem Zeitpunkt gekündigt, auch nicht mündlich. Am 24.02.2012 habe er mit dem Arbeitgeber keinen Kontakt
gehabt und auch nicht gesagt, dass er nicht mehr kommen wolle oder werde. Er sei davon ausgegangen, am Montag (27.02.2012)
wieder um 16.00 Uhr zur Einsatzstelle erscheinen zu müssen. Am Freitag (24.02.2012) sei er gegen 20.30 Uhr nach Hause ins
Wochenende geschickt worden. Nach einem Anruf seines Arbeitgebers am Montagvormittag (27.02.2012), dass er ins Büro kommen
solle und seine Kündigung unterschreiben möge, habe er nur eine Kündigungsbestätigung erhalten. Die Sachbearbeiterin der Beklagten
habe sein Verhalten für in Ordnung gehalten, solange er keine Kündigung ausspreche. Er habe gerade nicht kündigen wollen und
deshalb auch nichts geschrieben.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 29.10.2013 hat das SG die Zeugen R und Frau J. S. (S) uneidlich vernommen. R hat dabei angegeben, der Kläger sei nur "kurzfristig" beschäftigt
gewesen, da es sich um einen Einsatz mit hohen körperlichen Anforderungen gehandelt habe. Zu dieser Zeit habe es eine große
Fluktuation gegeben. Die Umstände der Arbeitsaufgabe seien ihm nicht mehr erinnerlich. Auch bei nur vier Stunden Arbeit hätte
der Kläger Anspruch auf Entgelt für sieben Stunden gehabt, wobei dies über einen Ausgleich geregelt worden wäre. S hat ausgesagt,
nach Aktenlage habe man von der Einsatzfirma erfahren, dass der Kläger vorzeitig die Arbeit verlassen und angegeben habe,
nicht mehr arbeiten zu wollen. Es sei ihr nicht mehr erinnerlich, ob sie den Kläger angerufen habe, damit dieser die Kündigung
unterschreibe. Von der Kündigungsbetätigung habe sie sich überzeugen können. Dass sich der Kläger über kurze Arbeitszeiten
beschwert habe, sei ihr nicht erinnerlich.
Mit Urteil vom 29.10.2013 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012 aufgehoben. Selbst wenn
der Kläger konkludent am 24.02.2012 eine Kündigung ausgesprochen haben sollte, läge ein wichtiger Grund hierfür vor. Die Beklagte
hätte spätestens anlässlich des Gesprächs am 22.02.2012 auf die Zumutbarkeit des Beschäftigungsverhältnisses hinweisen müssen.
Ausweislich eines Aktenvermerks sei die Verwaltung selbst davon ausgegangen, dass dieses Arbeitsverhältnis für den Kläger
nicht zumutbar gewesen sei.
Dagegen hat die Beklagte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Für eine einseitige Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
genüge es, wenn mündlich geäußert werde, dass nicht weitergearbeitet werde und man die Arbeitsstelle verlasse. Nach den glaubwürdigen
Angaben des Arbeitgebers habe der Kläger die Arbeitsstelle vorzeitig verlassen und zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht
mit dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterwerfe. Der Kläger habe sich auch nicht gegenüber dem Arbeitgeber bemüht, die
Beschäftigungsbedingungen zu ändern, sondern er habe ohne vorherige Rücksprache das Arbeitsverhältnis beendet. Ein Rechtsirrtum
sei unbeachtlich. Der Kläger sei schon mehrmals arbeitslos gewesen und habe über Sperrzeiten Bescheid gewusst.
Die Beklagte beantragt neben der Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.10.2013 (S 8 AL 206/12),
die Abweisung der Klage gegen den Bescheid vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er habe keine Kündigung ausgesprochen und sei nach Einsatzende ins Wochenende gegangen. Er habe lediglich zum Ausdruck gebracht,
er sei mit der Einsatzstelle im Hinblick auf die Stundenzahl wegen der langen Anfahrt unzufrieden. Ihm sei entgegen der vertraglichen
Vereinbarung nur eine geringere Stundenzahl bezahlt worden. Nach der unberechtigten Kündigungsbestätigung habe er sich an
die Beklagte gewandt und dort die Information bekommen, es sei in Ordnung, wenn er nicht mehr zur Arbeit gehe. Am Ende seiner
Arbeitszeit sei er heimgeschickt worden, weil es keine Arbeit mehr gegeben habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung ist zulässig (§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-) und zum Teil begründet. Das Urteil des SG ist teilweise aufzuheben. Die Bescheide der Beklagten vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012
sind (lediglich) insoweit rechtswidrig, als darin eine Sperrzeit von mehr als sechs Wochen und eine Anspruchsminderung von
mehr als 42 Tagen festgestellt und kein Alg für die Zeit vom 07.04.2012 bis 18.05.2012 bewilligt wird. Im Übrigen sind sie
rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012, mit denen die
Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 25.02.2012 bis 18.05.2012 festgestellt und dem Kläger Alg erst ab 19.05.2012 bewilligt
hat.
Die Beklagte hat zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt. Nach §
144 Abs
1 Satz 1 und Satz 2 Nr
1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) ruht der Anspruch
auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder
grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbei geführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), ohne hierfür einen wichtigen Grund
zu haben. Nach §
144 Abs
1 Satz 3
SGB III hat der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn
diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das notwendige arbeitsvertragswidrige Verhalten kann in
jeglichem Verstoß gegen geschriebene oder ungeschriebene Haupt- und Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag bestehen (vgl BSG, Urteil vom 15.12.2005 - B 7a AL 46/05 R - BSGE 96, 22; Urteil des Senats vom 31.07.2007 - L 10 AL 44/04 - [...]). Dieses Verhalten muss kausal (im Sinne der Wesentlichkeitstheorie) für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
geworden sein. Unerheblich ist dabei, ob auch das Arbeitsverhältnis beendet worden ist, was vorliegend gegebenenfalls wegen
des Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis der Kündigung (§
623 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB-) fraglich sein könnte (vgl auch Karmanski in Brand,
SGB III, 6. Auflage, §
159 Rn 16 mwN). Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses muss - ebenfalls im Sinne einer wesentlichen Bedingung - Ursache für
den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit sein. Der Kläger ist nach dem 24.02.2012 nicht mehr zur Arbeit bei seinem von P zugewiesenen
Einsatzbetrieb erschienen und hat damit sein Beschäftigungsverhältnis jedenfalls konkludent beendet. Er ist auch nicht mehr
am Montag, 27.02.2012, zur Arbeit gegangen. Sofern er vorgibt, ihm sei von Mitarbeitern der P gesagt worden, er solle seine
Kündigung unterschreiben und brauche nicht mehr bei der Arbeit erscheinen, hätte er - soweit er davon ausgegangen sein sollte,
er habe sein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt - sich zum Einsatzbetrieb begeben müssen. Nach eigenen Angaben will er selbst
nicht gekündigt haben, die Kündigungsbestätigung von P vom 24.02.2012 soll ihm aber auch noch nicht vorgelegen haben. Zudem
hat er sich am 27.02.2012 auch bereits vormittags persönlich arbeitslos gemeldet, mithin zum Ausdruck gebracht, beschäftigungslos
zu sein. Damit hat er wissentlich - d.h. mehr als grobfahrlässig - die Ursache für die Arbeitslosigkeit ab dem 25.02.2012
gesetzt. Dies war für ihn auch individuell zu erkennen. Ein Irrtum über die Rechtsfolgen seiner Arbeitsaufgabe (vgl dazu Karmanski
aaO Rn 26) oder das Vorliegen eines wichtigen Grundes (vgl BSG, Urteil vom 29.11.1989 - 7 RAr 86/88 - BSGE 66, 94 - SozR 4100 § 119 Nr 36; Urteil vom 13.03.1997 - 11 RAr 25/96 - SozR 4100 § 119 Nr 11) ist für den Eintritt einer Sperrzeit unerheblich. Im Übrigen hat auch die Zeugin S in ihrer uneidlichen
Aussage vor dem SG angegeben, die Einsatzfirma habe nach ihren Akten mitgeteilt, der Kläger habe die Arbeit vorzeitig verlassen und angegeben,
nicht mehr arbeiten zu wollen. Dies hatte auch R bereits im Widerspruchsverfahren gegenüber der Beklagten mitgeteilt. Es ist
nicht ersichtlich, dass diese Angaben unzutreffend sein sollen. Widersprüche sind hier nicht erkennbar und arbeitsrechtliche
Ansprüche sind vom Kläger gegenüber P nicht geltend gemacht worden.
Für das Verhalten des Klägers ist kein wichtiger Grund gegeben. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes beurteilt sich unter
Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung. Sie soll die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch
Leistungsberechtigte schützen, die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeiführen oder zu
vertreten haben; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn einem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls
und unter Abwägung seiner Interessen und der Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden
kann. Dabei muss der wichtige Grund nicht durch die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, sondern gerade auch den konkreten
Zeitpunkt der Lösung decken (vgl so im Einzelnen BSG, Urteil vom 21.10.2003 - B 7 AL 92/02 R - SozR 4-4100 § 119 Nr 2 mwN).
Vorliegend ergibt sich zwar aus der Übersicht über die Arbeitszeiten und der Lohnabrechnung, dass die vereinbarten 35 Stunden
pro Woche nicht erreicht wurden. Dies allein machte aber die Beschäftigung bei P für den Kläger nicht unzumutbar. Zu berücksichtigen
ist insofern, dass das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt seiner Aufgabe noch nicht einmal zwei Wochen bestanden hat. Eine
Lohnabrechnung lag zum Beendigungszeitpunkt noch nicht vor, so dass der Kläger noch gar nicht wissen konnte, inwieweit ihm
nur die tatsächlich geleisteten Stunden bezahlt würden bzw ein Ausgleich erfolge. Der Vortrag des Klägers, ihm seien die Fahrtzeiten
zur Arbeit im Hinblick auf die kurzen Arbeitszeiten nicht zuzumuten, überzeugt ebenfalls nicht. Von der O.-Allee in A-Stadt,
in der der Kläger wohnte, zur Arbeitsstelle in der D-Straße Straße in N-Stadt sind es rund 27 km (Berechnung nach maps.google.de).
Diese Strecke erscheint selbst bei einer vom Kläger im Rahmen seiner Vorsprache bei der Beklagten angegebenen durchschnittlichen
täglichen Arbeitszeit von vier Stunden nicht als unzumutbar. Darüber hinaus hätte sich der Kläger zunächst bei P um Abhilfe
und Änderung der Arbeitszeiten bemühen müssen. Ob er dies tatsächlich konkret getan hat, kann hier aber offen bleiben.
Für die Annahme eines wichtigen Grundes reicht es schließlich nicht aus, dass der Kläger bei der Aufgabe seines Beschäftigungsverhältnisses
subjektiv glaubte, für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Vielmehr muss ein wichtiger Grund objektiv vorgelegen
haben (BSG, Urteil vom 29.11.1989 - 7 RAr 86/88 - BSGE 66, 94 - SozR 4100 § 119 Nr 36; Urteil vom 13.03.1997 - 11 RAr 25/96 - SozR 4100 § 119 Nr 11). So kann auch das Verhalten der Beklagten, die nach den Vermerken über die persönlichen Vorsprachen
am 21.02.2012 und 22.02.2012 nicht auf das Fehlen eines wichtigen Grundes bei Aufgabe der Beschäftigung durch den Kläger,
nur weil die volle Stundenzahl nach dem Arbeitsvertrag nicht erarbeitet wird, hingewiesen hat, keinen wichtigen Grund begründen.
Die Beklagte hat den Beginn zutreffend festgestellt. Die Sperrzeit begann mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit
begründet hat (§
144 Abs
2 Satz 1
SGB III), somit am 25.02.2012.
Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1, Abs
3 SGB III wegen des Vorliegens von Gründe für die Herabsetzung der Sperrzeit allerdings nur sechs Wochen (§
144 Abs
3 Satz 2 Nr
2b SGB III). Eine Sperrzeit von zwölf Wochen würde für den Kläger nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine
besondere Härte bedeuten. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles
der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als
unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl BSG, Urteil vom 26.03.1998 - B 11 AL 49/97 R - SozR 3-4100 § 119 Nr 14; SächsLSG, Urteil vom 07.05.2009 - L 3 AL 238/06 - [...]; Karmanski in Brand,
SGB III, 6. Auflage, §
159 Rn 159). Die gesetzliche Regelung entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände
des Einzelfalls vorzunehmen (BSG, Urteil vom 05.06.1997 - 7 RAr 22/96 - SozR 3-1500 § 144 Nr 12; Urteil vom 02.05.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24), wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind (vgl BSG, Urteil vom 13.03.1997 - 11 RAr 25/96 - SozR 3-4100 § 119 Nr 11; Urteil vom 05.06.1997 - 7 RAr 22/96 - SozR 3-1500 § 144 Nr 12; Urteil vom 02.05.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24).
Vorliegend war zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits vor Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses zweimal bei der
Beklagten vorgesprochen hat. Dort nahm man dessen - in den Aktenvermerken der Beklagten auch ausdrücklich dokumentierten -
Beschwerden über die zu kurzen Arbeitszeiten zur Kenntnis, wies ihn aber nach dem Akteninhalt nicht darauf hin, dass dies
keinen wichtigen Grund darstelle und eine Sperrzeit drohe, wenn er seine Beschäftigung aufgibt. Vielmehr hat man am 22.02.2012
den Kläger wieder als arbeitssuchend geführt und mit ihm eine neue Stelle im Lagerbereich besprochen und einen entsprechend
Vermittlungsvorschlag ausgehändigt. Ebenso erfolgte ersichtlich kein Hinweis auf eine Sperrzeit, als der Kläger am 27.02.2012
vorsprach. Es ist nicht widerlegbar, dass der Kläger guten Glaubens war, hier pflichtgemäß zu handeln, wenn er nicht mehr
auf der Arbeitsstelle erscheint und sich arbeitslos meldet. Er hat sich insofern nach der (fehlenden) Äußerung der Beklagten
im Hinblick auf leistungsrechtliche Konsequenzen unverschuldet darüber geirrt, dass bei der Hinnahme der Kündigung bzw. der
Aufgabe der Beschäftigung keine Sperrzeit eintreten werde. Eine ungekürzte Sperrzeit wäre demnach im vorliegenden Einzelfall
objektiv unverhältnismäßig.
Damit hat der Anspruch auf Alg (nur) für die Zeit vom 25.02.2012 bis 06.04.2012 geruht. Die Minderung der Restanspruchsdauer
um 42 Tagen folgt aus §
128 Abs
1 Nr
4 SGB III.
Nach alledem waren das Urteil des SG und der Bescheid der Beklagten vom 04.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2012 teilweise aufzuheben
und die Beklagte zur Zahlung von Alg für die Zeit vom 07.04.2012 bis 18.05.2012 zu verurteilen. Im Übrigen war die Berufung
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision nach §
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.