Verfassungsmäßigkeit der fiktiven Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen für Selbständige
Die Zugrundelegung eines fiktiven Bemessungsentgelts unter Berücksichtigung der Qualifikationsgruppen des §
152 Abs.
2 SGB III bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes bei Selbständigen verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Die für die Zeiträume
der freiwilligen Weiterversicherung nach §
28a SGB III pauschal geleisteten Beiträge sind dabei unerheblich.
1. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich
zu behandeln, so dass eine Verletzung dieses Grundsatzes jedenfalls dann gegeben ist, wenn sich ein vernünftiger, aus der
Natur der Sache ergebender oder ein sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung
nicht finden lässt.
2. In der Sozialversicherung ist dabei einerseits die hohe Bedeutung ihrer Funktionsfähigkeit sowie ihrer finanziellen Stabilität
für das gemeine Wohl und andererseits die diesbezüglich gegebene weitgehende sozialpolitische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers
zu beachten.
3. Für alle Arbeitslose, die keine ausreichenden Bemessungszeiträume mit Arbeitsentgelt im Bemessungsrahmen haben, ist eine
fiktive Bemessung über §
152 Abs.
1 Satz 1
SGB III vorzunehmen, die als solche mit Art.
3 Abs.
1 GG vereinbar ist.
4. Da das Alg Ersatz für den ausfallenden Lohn während der Arbeitslosigkeit darstellen soll, ist es sachgerecht zu differenzieren,
für welche Art von Beschäftigung - abhängig von der hierfür notwendigen Qualifikation - eine Arbeitsvermittlung in Betracht
kommt.
5. Die unterschiedliche Höhe des daraus resultierenden Alg findet demzufolge eine sachliche hinreichende Rechtfertigung, so
dass ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht gesehen werden kann.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) im Hinblick auf eine fiktive Bemessung einer zuvor Selbständigen, die in
einem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag gestanden hat.
Die Klägerin, die nach Angaben ihrer Bevollmächtigten über keine abgeschlossene Ausbildung verfügt, war in der Zeit vom 01.04.2008
bis 31.05.2015 als Paketzustellerin selbständig tätig. Sie stand dabei in einem Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag
wegen einer freiwilligen Weiterversicherung.
Zum 01.06.2015 meldete sie sich arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 12.06.2015
Alg für die Zeit vom 01.06.2015 bis 30.05.2016 iHv 30,02 EUR. Im Hinblick auf eine Beschäftigungsaufnahme hob die Beklagte
die Leistungsbewilligung ab 23.09.2015 wieder auf (Bescheid vom 30.09.2015). Zur Bemessung des Alg führte die Beklagte mit
Schreiben vom 24.07.2015 aus, es habe in den letzten zwei Jahren ein Anspruch auf Arbeitsentgelt für weniger als 150 Tage
bestanden, weshalb ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei. Die Klägerin sei für eine Tätigkeit als Lager- und Transportarbeiterin
geeignet, wofür eine Ausbildung erforderlich sei (Qualifikationsstufe 3).
Gegen die Höhe des bewilligten Alg legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie habe Beiträge nach der monatlichen Bezugsgröße
geleistet, so dass sich das Alg hieran zu orientieren habe. Andernfalls käme es zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung
zu Versicherungspflichtigen, deren Leistungen sich ebenfalls aus dem Betrag errechneten, der der Beitragspflicht zugrunde
liege. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2015 zurück.
Die Klägerin hat dagegen beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Eine fiktive Bemessung des Alg bei Selbständigen verstoße gegen Art
3 Abs
1 Grundgesetz (
GG). Da bei der Berechnung der Beiträge auf die Bezugsgröße abgestellt werde, müsse sich auch das Alg danach richten. Unerheblich
sei, auf welche Tätigkeiten eine Vermittlung zu richten sei. Beiträge von Selbständigen würden im Vergleich zu abhängig Beschäftigten
ungleich gewichtet. Bei der Bemessung des Alg sei für den Zeitraum vom 01.06.2014 bis 31.12.2014 somit ein monatliches Bemessungsentgelt
in Höhe der monatlichen Bezugsgröße von 2.765 EUR (= 19.355,07 EUR) und für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.05.2015 iHv
monatlich 2.835 EUR (= 14.175 EUR), mithin insgesamt 33.530 EUR, zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein tägliches Bemessungsentgelt
iHv 91,86 EUR (33.530 EUR: 365 Tage). Sie wende sich nicht gegen die Berechnung der Leistungsentgeltes aus dem Bemessungsentgelt,
sondern dass sie als versicherungspflichtige Selbständige ihre Beiträge gemäß der monatlichen Bezugsgröße zu zahlen gehabt
habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.03.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Höhe des Alg sei zutreffend im Rahmen einer fiktiven Bemessung berechnet worden. Für den Anspruch
auf Arbeitsentgelt im Bemessungsrahmen könnten nur Entgelte aus einer Beschäftigung, nicht aber aus sonstigen Versicherungspflichtverhältnissen
herangezogen werden. Die Klägerin sei aber nicht abhängig beschäftigt gewesen. Die fiktive Bemessung begegne vorliegend auch
keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Rahmen der Antragspflichtversicherung sei ein gesetzlich fixierter Betrag festgelegt
worden, der einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der freiwilligen Arbeitslosenversicherung durch Personen mit überdurchschnittlichem
Arbeitslosigkeitsrisiko und damit einer Quersubventionierung der auf Antrag Versicherten durch die kraft Gesetzes Pflichtversicherten
vorbeuge. Es handele sich um eine gesetzliche Fiktion. Tatsächlich erzielte höhere oder niedrigere Einkünfte würden nicht
zu einer freiwilligen "Höherversicherung" oder einer geringeren Absicherung berechtigen, da lediglich eine Mindestabsicherung
des Versicherungsberechtigten vorgesehen sei. Es werde besonderen Schwierigkeiten während der unmittelbaren Startphase einer
Existenzgründung Rechnung dadurch getragen, dass für das erste Jahr nur ein reduzierter Beitrag (50 % der monatlichen Bezugsgröße)
anfalle. Auch sei eine Übergangsregelung geschaffen worden, mit der zur Vermeidung unbilliger Härten für das Jahr 2011 nur
ein abgesenkter Beitrag in Form von 50 % der monatlichen Bezugsgröße angefallen sei. Es sei zwar möglich, dass innerhalb der
Gruppe der Selbstständigen bei identischer Beitragsleistung je nach Eingruppierung in eine der Qualifikationsgruppen unterschiedlich
hohe Leistungsansprüche entstünden. Es bestehe aber ein Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und es handele sich um keine
kraft Gesetzes eintretende Pflichtversicherung. Vom Gesetz sei eine Vereinfachung und Pauschalierung der Bemessung des Alg
bezweckt worden.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Eine fiktive Bemessung verstoße vorliegend
gegen Art
3 GG, da nicht das der Beitragsentrichtung zugrunde liegende Entgelt berücksichtigt worden sei. Sie habe im Bemessungszeitraum
ununterbrochen die Pflichtbeiträge geleistet. Eine Vereinfachung oder Pauschalierung durch die fiktive Bemessung sei nicht
notwendig, da die Leistung unschwer berechnet werden könne. Die fiktive Bemessung sei nicht geeignet, einen möglichen Leistungsmissbrauch
zu verhindern, da auch bei fiktiver Bemessung bei den Qualifikationsgruppen 1 und 2 ein höherer Leistungsanspruch entstehe
als er nach den gezahlten Beiträgen gerechtfertigt wäre. Zudem seien ab 01.01.2011 die Beiträge an die durchschnittlichen
Beiträge angepasst worden. Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum finde seine Grenzen im
Grundgesetz. Alleine ein Abstellen auf Beginn und Ende der Versicherungspflicht rechtfertige keine unterschiedliche Behandlung der Beiträge.
Anknüpfungspunkt sei bei Antragspflichtversicherten und Beschäftigten jeweils die Höhe der gezahlten Beiträge. Ebenso sei
keine unterschiedliche Behandlung Antragspflichtversicherter nach unterschiedlichen Qualifikationsgruppen gerechtfertigt.
In Gruppe 1 und 2 erhalte der Versicherte ein höheres Alg als sich nach den geleisteten Beiträgen errechne. Die Klägerin,
die diese Voraussetzungen nicht erfülle, liege dagegen darunter.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 04. März 2016 und der Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2015 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2015, Geschäftszeichen: 071 - 831A025030 - W-81101-03526/15, abzuändern und
als Bemessungsentgelt für die Berechnung des Arbeitslosengeldes ein Bemessungsentgelt in Höhe von 91,86 EUR täglich zugrunde
zulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die freiwillige Weiterversicherung stelle keine Zwangsversicherung dar. Es sei eine Weiterversicherung gegen Zahlung eines
"Einheitsbetrages" möglich. Als Messgröße stehe aber kein Arbeitsentgelt zur Verfügung, das das konkrete Äquivalent der geleisteten
Dienste in abhängiger Beschäftigung sei. Mit dem Einheitsbeitrag werde nur der Zugang zur Arbeitslosenversicherung ermöglicht.
Es erfolge eine Orientierung alleine an der Vielzahl und Vielfalt von möglichen Beschäftigungen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz
Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-).
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
22.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Streitgegenstand ist die Höhe des der Klägerin gewährten Alg für die Zeit ab 01.06.2015. Diese hat die Beklagte im Bescheid
vom 12.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2015 festgesetzt. Dagegen wendet sich die Klägerin zutreffend
mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
1 und 4
SGG), in die der Klageantrag auszulegen war.
Der Klägerin, die unstreitig die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg dem Grunde nach erfüllt (§
137 Abs
1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB III), steht kein höherer Anspruch zu.
Da der Bemessungszeitraum innerhalb des auf zwei Jahre zu erweiternden Bemessungsrahmens (01.06.2013 bis 31.05.2015 - §
150 Abs
3 Satz 1 Nr
1 SGB III) im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit der Klägerin nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer
versicherungspflichtigen Beschäftigung - die Klägerin war in dem gesamten Zeitraum nicht unselbständig beschäftigt, sondern
als Selbständige freiwillig weiterversichert - enthielt, war der Bemessung des Alg nach §
152 Abs
1 Satz 1
SGB III ein fiktives Bemessungsentgelt zugrunde zu legen. Nach §
152 Abs
2 Satz 2 Nr
3 SGB III berechnet sich dieses unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts in Höhe von 1/450 der Bezugsgröße. Die Klägerin war im Hinblick
auf die von der Beklagten anzustellende Arbeitsvermittlung unstreitig der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen, da sie für eine
Tätigkeit als Lager- und Transportarbeiterin geeignet ist, wofür eine Ausbildung erforderlich ist. Da es alleine auf die zu
vermittelnden Stellen ankommt, spielt es keine Rolle, ob die Klägerin tatsächlich eine Ausbildung hat. Die Zuordnung in eine
höhere Qualifikationsgruppe macht die Klägerin im Übrigen ebenso wenig geltend, wie die Erzielung eines die Werte dieser Qualifikationsgruppe
übersteigenden Einkommens. Die Bezugsgröße im Sinne des §
18 Abs
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) betrug im Jahr 2015 jährlich 34.020 EUR (vgl § 2 Abs 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2015 vom 01.12.2014 - BGBl I 1957). 1/450 hiervon ergibt das Bemessungsentgelt von 75,60 EUR.
Für das Leistungsentgelt nach §
153 Abs
1 SGB III ist vom Bemessungsentgelt die Sozialversicherungspauschale iHv 21% des Bemessungsentgelts, die Lohnsteuer - vorliegend unter
Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse 1 - und der Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen. Insofern hat die Beklagte zutreffend
ein tägliches Leistungsentgelt iHv 50,03 EUR ermittelt. Da die Klägerin kinderlos war, beträgt das Alg nach §
149 Nr 2
SGB III 60% des Leistungsentgelts, so dass sich ein täglicher Zahlbetrag iHv 30,02 EUR ergibt.
Ein Bemessungsentgelt iHv 91,86 EUR war der Berechnung des Alg-Anspruchs dagegen nicht zugrunde zu legen. Eine gesetzliche
Grundlage für die Berücksichtigung der Bezugsgröße, nach der sich die Beitragshöhe der freiwilligen Weiterversicherung in
der Arbeitslosenversicherung berechnet hat, ist nicht gegeben. Die oben dargestellte fiktive Berechnung des Alg der Klägerin
unter Berücksichtigung der Qualifikationsgruppe 3 ist vorliegend nicht verfassungswidrig. Der Senat sieht insofern von einer
weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und folgt den Ausführungen des SG (§
153 Abs
2 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG durch die Bemessung des Alg der Klägerin kann nicht erkannt werden. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber,
wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, so dass eine Verletzung dieses Grundsatzes jedenfalls
dann gegeben ist, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder ein sonst sachlich einleuchtender Grund
für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl nur BVerfG, Urteil vom 23.10.1951 - 2 BvG 1/51 - BVerfGE 1, 14; Beschluss vom 18.07.2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167; BSG, Urteil vom 07.04.2016 - B 5 AL 1/15 R). In der Sozialversicherung ist dabei einerseits die hohe Bedeutung ihrer Funktionsfähigkeit sowie ihrer finanziellen Stabilität
für das gemeine Wohl und andererseits die diesbezüglich gegebene weitgehende sozialpolitische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers
zu beachten (vgl BVerfG, Beschluss vom 18.07.2005 - 2 BvF 2/01 - BVerfGE 113, 167; BSG, Urteil vom 07.04.2016 - B 5 AL 1/15 R).
Als existenzsichernde Leistung soll das Alg dem Arbeitslosen angemessenen Ersatz für den Ausfall leisten, den er dadurch erleidet,
dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz findet. Problematisch ist jedoch, dass sich der entsprechende individuell
eintretende Lohnausfall nicht konkret ermitteln lässt, so dass die Höhe des Alg nach typisierenden und pauschalierenden Merkmalen
zu bestimmen ist. Grundsätzlich kommt dabei dem im Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt Indizwirkung dahingehend zu,
dass es typisierend dem entspricht, was bei Innehaben einer Arbeit auch aktuell erzielt werden könnte. Schließlich soll sich
das Alg als Entgeltersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Niveau auszurichten, das den auf Arbeitseinkommen gegründeten
durchschnittlichen Lebensstandard des Arbeitslosen vor Entstehung des Anspruchs repräsentiert, so dass auch vor dem Bemessungszeitraum
erzielte höhere Verdienste des Arbeitslosen, für die entsprechende Beiträge entrichtet wurden, regelmäßig keine Berücksichtigung
mehr finden (vgl dazu: BSG, Urteil vom 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3 - mwN).
Im Falle einer freiwilligen Weiterversicherung von Selbständigen versagt diese Bemessungsmethode naturgemäß, weil es an einem
vor der Arbeitslosigkeit erzielten Arbeitslohn aus einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mangelt. Demzufolge
ist für alle Arbeitslose, die keine ausreichenden Bemessungszeiträume mit Arbeitsentgelt im Bemessungsrahmen haben, gleichermaßen
eine fiktive Bemessung über §
152 Abs
1 Satz 1
SGB III vorzunehmen, die als solche mit Art
3 Abs
1 GG vereinbar ist (vgl dazu BSG, Urteil vom 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 1; Urteil vom 25.08.2011 - B 11 AL 19/10 R). Da - wie oben ausgeführt - das Alg Ersatz für den ausfallenden Lohn während der Arbeitslosigkeit darstellen soll, ist es
sachgerecht zu differenzieren, für welche Art von Beschäftigung - abhängig von der hierfür notwendigen Qualifikation - eine
Arbeitsvermittlung in Betracht kommt. Die unterschiedliche Höhe des daraus resultierenden Alg findet demzufolge eine sachliche
hinreichende Rechtfertigung, so dass ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht gesehen werden kann.
Soweit die Klägerin einwendet, das Alg hätte an der Bezugsgröße bemessen werden müssen, an der sich auch die Beiträge orientiert
haben, überzeugt auch dies nicht. Wie dargelegt, ist für die Bemessung des Alg nicht die Summe der gezahlten Beiträge maßgeblich,
vielmehr stellt das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung den vorrangigen Anknüpfungspunkt für die
Bemessung dar. Es fehlt im Einzelfall typischerweise an einer Beziehung der Gesamtleistung von Alg zur jeweiligen Beitragsleistung
(BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvL 30/76 - BVerfGE 51, 115). Der Gesetzgeber ist bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten ist,
Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen (BVerfG, Beschluss vom 11.03.1980 - 1 BvL 20/76 - BVerfGE 53, 313). Die Gegenleistung des Versicherungsbeitrags ist vielmehr der Zustand des Versichertseins, nicht die Leistung bei Arbeitslosigkeit
(Lüdtke in Banafsche/Körtek/ Kruse,
SGB III, 2. Auflage, §
151 Rn 5). Es ist auch nicht geboten, bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen eine versicherungsmathematische Äquivalenz
zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistung herzustellen (BSG, Urteil vom 21.07.2009 - B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3 - mwN).
Soweit das BVerfG (Beschluss vom 24.05.2000 - 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99 - BverfGE 102, 127) zur Frage der Berücksichtigung von beitragspflichtigem einmaligen Arbeitsentgelt ausgeführt hat, dass
Versicherte mit einem (insgesamt) gleich hohen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt auch mit einer gleich hohen Lohnersatzleistung
rechnen können, verfängt dies hier nicht. Zum einen hat die Klägerin vor ihrer Arbeitslosigkeit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt
bezogen und zum anderen liegt es in der Natur der Sache, dass Selbständige im Vergleich zueinander äußerst unterschiedlich
hohe Gewinne erwirtschaften. Eine einheitliche Pauschalierung der Beiträge ist daher unter Berücksichtigung der Verwaltungspraktikabilität
sinnvoll und notwendig. Eine Orientierung der Beiträge am tatsächlichen Gewinn eines Selbständigen wäre nur mit unverhältnismäßig
großem Aufwand zu vollziehen. Dass sich die Beiträge auch nicht bereits nach den Bezugsgrößen entsprechend der Qualifikationsstufen
bei der fiktiven Bemessung des Alg richten können, ist ebenso nachvollziehbar. Da für die Zuordnung zu den einzelnen Qualifikationsstufen
nicht alleine die beim Betroffenen vorliegende Ausbildung maßgeblich ist, sondern die Ausbildung, die für die Stellen erforderlich
ist, auf die sich die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit erstrecken, kann dies vor Eintritt der Arbeitslosigkeit
nicht ohne erheblichen Aufwand in jedem Einzelfall festgestellt werden. Eine systematische Benachteiligung von freiwillig
Weiterversicherten liegt darüber hinaus schon deshalb nicht vor, da - wie die Klägerin selbst vorträgt - bei anderen Qualifikationsgruppen
das Alg sogar über den für die Beitragsbemessung liegenden Bezugsgröße liegen kann. Zudem ist es bei allen Arbeitslosen, deren
Alg fiktiv zu bemessen ist, so, dass dessen Höhe unabhängig von den zuletzt gezahlten Beiträgen ist und bei Personen, die
zuvor Beiträge in gleicher Höhe entrichtet haben, ein unterschiedlich hoher Leistungsanspruch entstehen kann. Es findet somit
gerade mit dieser Vergleichsgruppe eine Gleichbehandlung statt.
Die Klägerin hat somit keinen Anspruch auf ein höheres Alg. Die Berufung war demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.