Bevollmächtigung eines Lohnsteuerhilfevereins in einem Kindergeldverfahren
Begriff der Rechtsdienstleistung
Keine Bevollmächtigung in Kindergeldangelegenheiten mit grenzüberschreitendem EU-Auslandsbezug
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als Verfahrensbevollmächtigter in dem Verfahren wegen Kindergeld nach dem
Bundeskindergeldgesetz (
BKGG) i. V. m. dem koordinierenden europäischen Sozialrecht des in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verzogenen
kindergeldberechtigten Beigeladenen zurückgewiesen werden durfte.
Der Beigeladene trat dem Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. am 25.08.2004 bei. Seine Mitgliedschaft endete zum 31.12.2012. Er erhielt
für seine Kinder A. S. (geboren 2004) und J. (geb. 2009) Kindergeld nach dem
Einkommensteuergesetz (
EStG; steuerrechtliches Kindergeld).
Am 08.02.2009 meldete sich der Beigeladene mit Ehefrau und Kindern vom Wohnsitz E-Stadt nach Rumänien ab. Eine Arbeitgeberbescheinigung
der Fa. E. vom 21.05.2010 weist hingegen als Beginn der Entsendung das Datum 01.07.2006 aus. Eine weitere Bescheinigung nennt
als Entsendungsbeginn den 01.01.2006. Der Beigeladene wurde zunächst befristet bis zum 31.12.2010 entsandt. Seit dem 16.04.2010
ist der Beigeladene wieder in Deutschland gemeldet.
Mit Bescheid vom 04.05.2010 hob die Beklagte u. a. die Bewilligung steuerrechtlichen Kindergelds ab März 2009 auf. Im Bescheid
wurde auf einen evtl. bestehenden Anspruch auf sozialrechtliches Kindergeld hingewiesen. Im dagegen angestrengten Widerspruchverfahren
wurde der Beigeladene durch den Kläger vertreten.
Am 21.06.2010 stellte der Beigeladene dann einen Antrag auf Kindergeld nach dem
BKGG. Er wohne mit den Kindern in B-Stadt an, seine Frau wohne in C-Stadt/ Lkr. C ...
Mit Schreiben vom 23.11.2010 bat der Kläger unter Vorlage von Nachweisen und Dokumenten zum Antrag die Beklagte, künftig den
gesamten Schriftwechsel wegen Kindergeld mit dem Beigeladenen an ihn zu richten. Mitgeteilt wurde, dass die rumänische Behörde
nicht die übermittelte Familienstandbescheinigung, sondern nur den amtlichen Vordruck E 401 ausstelle und auch nur dann, wenn
das Formular von der Familienkasse abgestempelt und unterschrieben sei. Der Nachweis über die fortbestehende Sozialversicherungspflicht
der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland liege noch nicht vor. Dem Schreiben lag eine Vollmacht des Beigeladenen
für den Kläger vom 16.11.2010 bei, die allerdings nur zur Empfangnahme von Bescheiden der Familienkasse ermächtigt. Zur bestehenden
Bevollmächtigung im Verwaltungsverfahren verwies der Kläger im Übrigen auf §
80 Abgabenordnung (
AO).
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28.12.2010 wies die Beklagte den Kläger daraufhin als Verfahrensbevollmächtigten des
Beigeladenen in dessen Kindergeldverfahren nach dem
BKGG zurück. Steuerberater seien nach §§ 1, 3, 33 Steuerberatungsgesetz (StBerG) ausschließlich zu geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
Geschäftsbesorgungen in sozialrechtlichen Angelegenheiten fielen nicht darunter. Die Zurückweisung richte sich nach § 13 Abs. 5 SGB X. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2011 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger sei gemäß § 4 Nr. 11 Steuerberatungsgesetz zur Hilfeleistung in Kindergeldsachen nach dem
EStG zuständig. Bei Kindergeld nach dem
BKGG handele es sich um eine sonstige Angelegenheit.
Dagegen erhob der Kläger unter Wiederholung ihres Vorbringens Klage zum Sozialgericht München.
Das Verfahren über die Gewährung von Kindergeld nach dem
BKGG schloss die Beklagte in der Folgezeit ab. Der Beigeladene erhielt in den Entsendungsmonaten Kindergeld nach dem
BKGG (im übrigen Kindergeld nach dem
EStG).
Der Kläger ging daraufhin zur Fortsetzungsfeststellungsklage über. Das Sozialgericht München wies diese mit Urteil vom 11.12.2015
ab. Der Kläger sei nach § 13 Abs. 5 SGB X zurückzuweisen gewesen, weil die Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen eine Rechtsdienstleistung darstelle, die nach
dem Steuerberatergesetz oder anderen Vorschriften nicht erlaubt werde.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayerischen Landessozialgericht. Sie führt aus, dass keine Rechtsdienstleistungen
im Sinne von § 2 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz vorliege. Der Kläger habe nicht einmal den Antrag auf Kindergeld für ihr Mitglied gestellt, sondern nur für kurze Zeit die
Korrespondenz übernommen. Die Frage, ob grundsätzlich ein Lohnsteuerhilfeverein in Antragsverfahren auf Kindergeld tätig werden
dürfe, sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Frage ist, ob die Tätigkeit des Klägers in diesem Einzelfall eine Rechtsdienstleistung
darstelle, was zu verneinen sei. Es komme immer auf die konkrete Tätigkeit an und nicht auf eine pauschale Betrachtung. Es
müsse beim Kindergeldantrag auch bei Auslandsbezug nur der Antrag ausgefüllt werden, eine größere rechtliche Prüfung sei nicht
erforderlich. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat trug der Kläger vor, dass sie zur Vertretung von Mitgliedern in
allen Verwaltungsverfahren wegen Kindergeld, also auch wegen Kindergeld nach dem
BKGG i. V. m. dem koordinierenden europäischen Sozialrecht, gesetzlich berechtigt sei. Um eine solche Vertretung habe es sich
hier gehandelt. Eine höchstrichterliche Klärung dieser grundsätzlichen Frage sei erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.11.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 28.12.2010
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2011 rechtswidrig gewesen ist, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Streitakte des Sozialgerichts
München sowie der Verfahrensakte des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 11.11.2015 mit zutreffendem Ergebnis
und mit zutreffender Begründung entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 28.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 23.02.2011 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Zu Recht hat die Beklagte den Kläger als Bevollmächtigten
im Kindergeldverfahren nach dem
BKGG zurückgewiesen. Ebenfalls zutreffend hat die Ausgangsinstanz ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bejaht. Rechtsgrundlage
der Zurückweisung ist § 13 Abs. 5 SGB X i.V.m. §§ 2, 3 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG).
1.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB X kann sich ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens dabei durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Dass das Schreiben
vom 23.11.2010 eine Vertretung bzw. Bestellung als Verfahrensbevollmächtigte im Verwaltungsverfahren des Beigeladenen wegen
Kindergeld nach dem
BKGG und nicht etwa eine bloße Botenhandlung darstellt, ergibt sich aus dessen Inhalt sowie der (rechtlich nicht tragenden) Bezugnahme
auf §
80 AO. Gemäß § 13 Abs. 5 RDG sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG sog. "Rechtsdienstleistungen" erbringen.
2.
Das Tätigwerden des Klägers für den Beigeladenen ist als Rechtsdienstleistung zu qualifizieren.
Rechtsdienstleistung ist nach der in § 2 Abs. 1 RDG enthaltenen Legaldefinition jede Tätigkeit in "konkreten fremden Angelegenheiten anzusehen", sobald sie eine "rechtliche
Prüfung des Einzelfalls" erfordert.
Das Antragsverfahren auf Kindergeld nach dem
BKGG stellte eine konkrete fremde Angelegenheit dar. Denn sie erfolgte hier im Einzelfall und lag im wirtschaftlichen Interesse
eines Dritten.
Auch war eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erforderlich. Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals hat das Bundessozialgericht
in seiner Entscheidung vom 14.11.2013 (B 9 SB 5/12, Juris), in der das Verwaltungsverfahren wegen Feststellung des Grades
der Behinderung (GdB) im Fokus stand, ausgeführt, dass in Rechtsprechung und Literatur eine einheitliche Beurteilung nicht
gegeben sei. Zum Teil werde eine solche erst angenommen, wenn der vertretene Rechtsuchende eine besondere rechtliche Betreuung
oder Aufklärung erkennbar erwartet oder nach der Verkehrsanschauung eine besondere rechtliche Prüfung erforderlich sei. Dabei
werde darauf verwiesen, dass im ursprünglichen Regierungsentwurf zu § 2 Abs. 1 RDG von einer "besonderen" rechtlichen Prüfung ausgegangen worden sei (vgl. BT-Drucks 16/3655 S. 7 und 46). Aus eben diesem Umstand
werde aber auch geschlossen, dass kein hoher Maßstab zugrunde zu legen sei. Danach seien alle rechtlichen Prüfungstätigkeiten
erfasst, wenn sie nur über eine einfache rechtliche Prüfung und Rechtsanwendung hinausgingen und einer gewissen Sachkunde
bedürften (zum Meinungsstreit Hinweis auf: BGH, Urteil vom 04.11.2010 - I ZR 118/09, Rn. 28 m.w.N.). Der BGH habe die Frage ausdrücklich offen gelassen, weil die dort relevante Frage ohnehin eine vertiefte
Rechtsprüfung erforderte, die über eine einfache oder schematische Rechtsanwendung hinausging (vgl. BGH, a.a.O.). Im Ergebnis
wurde das Antragsverfahren zur Feststellung des GdB noch nicht als Rechtsdienstleistung eingestuft, während das evtl. folgende
Widerspruchsverfahren sehr wohl eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles erfordere.
Der Senat sieht sich im vorliegenden Einzelfall ebenfalls nicht veranlasst, den Begriff der rechtlichen Prüfung abschließend
zu klären. Denn die erfolgreiche Vertretung in einem Antragsverfahren nach dem
Bundeskindergeldgesetz mit Bezug in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erfordert ganz vertiefte rechtliche Kenntnisse und eine "besondere"
rechtliche Prüfung unter Einbeziehung der koordinierenden europäischen Vorschriften auch zum grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren
(EGVO 987/2009). Im Übrigen sind komplizierte sozialversicherungsrechtliche Fragen hinsichtlich der Weitergeltung deutschen
Rechts bzw. der Koordination der Rechtsordnungen zu klären. Zunächst muss der Bevollmächtigte eine Prüfung der persönlichen
Anspruchsberechtigung des Vertretenen (§ 1
BKGG) vornehmen. Bei EU-Auslandsberührung bedarf es der verständigen Prüfung der Art. 67 ff. EGVO 883/04, hier insbesondere der Prioritätsregeln bzgl. rumänischer Familienleistungen. Daneben sind die intermitgliedstaatlichen
Durchführungsregeln zum grenzüberschreitenden Verwaltungsverfahren u.a. der EGVO 987/2009 in die Prüfung einzubeziehen. Damit
unterscheidet sich das
BKGG-Verfahren erheblich vom Verfahren zur Feststellung des GdB, in dem letztlich nur die bestehenden Gesundheitsstörungen/Behinderungen
vorzutragen sind, ohne dass eine rechtliche Prüfung erforderlich ist. Die Wertigkeiten für den GdB können in der Liste der
einschlägigen Rechtsverordnung nachgelesen werden. Im Widerspruchsverfahren sind bereits wieder verwaltungsverfahrensrechtliche
Normen zu beachten.
Demgegenüber erfordert das
BKGG-Verfahren mit europarechtlichem Bezug eine vertiefte rechtliche Prüfung, deren Umfang auch über die Voraussetzungen des einkommensteuerrechtlichen
Kindergelds, die hinsichtlich der Voraussetzungen in Ansehung des Kindes weitgehend identisch sind, weit hinausreicht.
Soweit der Kläger anklingen ließ, er stelle hier ohne rechtliche Prüfung im Einzelfall schlicht einen Antrag und überlasse
die notwendige Prüfung der Beklagten, kann er mit dem Argument nicht durchdringen. Dies würde dazu führen, dass in Verfahren
wegen Sozial(-versicherungs)-leistungen eine rechtliche Prüfung nahezu niemals zu bejahen wäre, weil der Bevollmächtigte ohne
Prüfung der Voraussetzungen schlicht Anträge stellt, um mit Interesse das positive oder negative Ergebnis der Prüfung der
Behörde zur Kenntnis zu nehmen. Vielmehr ist zu fordern, dass der Bevollmächtigte die für einen erfolgreichen Antrag erforderliche
rechtliche Prüfung vor Antragstellung selbst vornimmt.
Soweit der Kläger zudem schriftlich vorgetragen hatte, in dem hier zu prüfenden Einzelfall sei er in Ansehung des Schreibens
vom 23.11.2010 noch überhaupt nicht substantiiert prüfend tätig geworden, sondern habe nur die Vertretung angezeigt, kann
dieses Argument nicht durchgreifen. Die Beklagte hat zwar bereits nach erstem Tätigwerden das weitere Auftreten des Klägers
zurückgewiesen. Jedoch hatte der Kläger zuvor mit seinem Schreiben zu erkennen gegeben, das gesamte Verfahren nach dem
BKGG für den Beigeladenen führen zu wollen. Nicht anders kann die Bezugnahme auf eine bestehende Bevollmächtigung nach §
80 AO auch für das
BKGG-Verfahren sowie das Ansinnen interpretiert werden, demzufolge der gesamte Schriftwechsel wegen Kindergeld nach dem
BKGG mit dem Kläger zu führen sei. Wenn die Beklagte den Kläger sofort nach seinem ersten Auftreten zurückweist, kann Letztgenannter
nicht erfolgreich geltend machen, man habe ja bisher nur einmal vorgetragen und nicht im gesamten Verfahren vertreten.
Mithin hat der Kläger mit der Erbringung einer Rechtsdienstleistung begonnen.
3.
Die selbständige Erbringung der außergerichtlichen Rechtsdienstleistung war nicht zulässig. Nach § 3 RDG ist diese nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das Rechtsdienstleistungsgesetz oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird, was nicht der Fall ist.
Nach § 4 Nr. 11 Steuerberatergesetz (StBerG) sind zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen Lohnsteuerhilfevereine, soweit sie für ihre Mitglieder Hilfeleistung
in Steuersachen leisten, befugt zur Hilfe bei Sachverhalten des Familienleistungsausgleichs im Sinne des
Einkommensteuergesetzes. Die Befugnis erstreckt sich nicht auf Sachverhalte des Familienlastenausgleichs im Sinne des
Bundeskindergeldgesetzes (sozialrechtliches Kindergeld). Es ist dem Kläger auch nicht darin zu folgen, dass nur ein einheitlicher Kindergeldanspruch
existiert. Vielmehr handelt es sich bei dem sozialrechtlichen und dem steuerrechtlichen Kindergeld um zwei verschiedene, sich
wechselseitig ausschließende Anspruchsnormen, wobei einzelne Voraussetzungen gleichlautend geregelt sind.
Eine europarechtliche Vorschrift, wonach der Kläger in Kindergeldangelegenheiten mit grenzüberschreitendem EU-Auslandsbezug
Bevollmächtigter im Verwaltungsverfahren sein darf, existiert nicht. Davon abgesehen erstreckt sich die aktuelle Satzung des
Klägers nicht auf Hilfeleistung in
BKGG-Kindergeldverfahren. Sie erhebt lediglich Hilfeleistungen in steuerrechtlichen Kindergeldangelegenheiten zum Vereinszweck.
Der Kläger vermochte die Frage, ob dies in der im streitigen Zeitraum geltenden, insoweit evtl. abweichenden Fassung der Satzung
anders geregelt war, nicht zu bejahen. Damit erscheint auch das weitere Tatbestandmerkmal "soweit sie für ihre Mitglieder
Hilfeleistung in Steuersachen leisten" nicht erfüllt.
Im Ergebnis ist die selbstständige Erbringung der nach § 2 RDG als außergerichtliche Rechtsdienstleistung zu qualifizierende Tätigkeit des Klägers für den Beigeladenen nach § 3 RDG nicht erlaubt.
4.
Die Erbringung der außergerichtlichen Rechtsdienstleistung durch den Kläger ist auch nicht ausnahmsweise aufgrund § 5 RDG zulässig. Als Ausnahme zu § 3 RDG erlaubt § 5 Absatz 1 RDG Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild
gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit
unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Auf diesen Ausnahmetatbestand
können sich beispielsweise auch Angehörige der steuerberatenden Berufe stützen, die Rechtsdienstleistungen in einem speziellen
Bereich des Rechts als Hauptleistung erbringen, soweit sie darüber hinaus andere Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung
erbringen. Dabei kommt es auf die Kern- und Haupttätigkeit des Steuerberaters und nicht auf seine Tätigkeit im einzelnen Fall
an (vgl. BSG, Urteil vom 05.03.2014, B 12 R 7/12 R, Rn. 27f., zitiert nach juris).
Bei einem Lohnsteuerhilfeverein, wie dem Kläger, ist auf das Berufsbild eines Steuerberaters abzustellen, der entsprechend
§ 4 Nr. 11 StBerG beschränkt arbeiten darf. Dies ergibt sich aus der Unmöglichkeit, den Lohnsteuerhilfeverein einem anderen Berufsbild zuzuordnen
(so z. B. § 4 Nr. 1 StBerG: Notare). Im Übrigen beschränkt sich die Hilfeleistung laut Vereinssatzung auf die Hilfeleistungen nur in steuerrechtlichen
Teilbereichen nebst dem steuerrechtlichen Kindergeld. Die Vertretung in Kindergeldsachen nach dem
BKGG ist nicht Nebenleistung der Steuerberatung einschließlich der Hilfe in Kindergeldangelegenheiten nach dem
EStG.
Zwar weisen die kindergeldrechtlichen Vorschriften des
EStG und des
BKGG viele Gemeinsamkeiten auf. Auch benötigen Hilfesuchende - bei Wechsel ins Ausland bzw. Auslandsbezug - Hilfe zu beiden Anspruchsgrundlagen.
Indes steht das in § 5 Abs.1 S 2 RDG für das Vorliegen einer Nebenleistung aufgestellte Kriterium, dass es dafür "Rechtskenntnisse ... (bedarf), die für die Haupttätigkeit
erforderlich sind", entgegen. Um als Nebenleistung zu gelten, muss es sich im Einzelfall um eine Tätigkeit handeln, die ein
Steuerberater mit seiner beruflichen Qualifikation ohne Beeinträchtigung des in § 1 RDG genannten Schutzzwecks, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen
zu schützen, miterledigen kann (BSG, Urteil vom 14.11.2013, a.a.O., Rn. 40). Maßgebend ist insoweit nicht die individuelle Qualifikation des Rechtsdienstleistenden,
sondern die allgemeine berufstypische juristische Qualifikation des Betroffenen im Rahmen seiner Haupttätigkeit (vgl. BSG a.a.O.; BT-Drucks 16/3655 S. 54). Bleiben dagegen die für die Haupttätigkeit erforderlichen Rechtskenntnisse hinter denjenigen
für die Erbringung der (vermeintlichen) Nebenleistung erforderlichen Kenntnisse zurück, kann die Nebenleistung nicht erlaubnisfrei
erbracht werden. Dies gebieten der zentral in § 1 RDG angesprochene Schutz der Rechtsuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung.
Über die im
EStG enthaltenen steuerrechtlichen Kindergeldnormen hinaus erfordert die Vertretung in
BKGG-Sachen vertiefte sozial(-versicherungs)-rechtliche Kenntnisse. Nicht nur der Entsendebegriff und die Voraussetzungen der
Versicherungspflicht nach dem
SGB III müssen beherrscht werden. Vielmehr sind zumeist die einschlägigen koordinationsrechtlichen EU-Vorschriften nebst den dazu
erlassenen Verfahrensvorschriften zu prüfen und anzuwenden. Insoweit bleiben die für die Haupttätigkeit erforderlichen Kenntnisse
des berufstypisch qualifizierten Steuerberaters hinter denjenigen zurück, die für die Nebenleistung benötigt werden.
Damit ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §
197a SGG i. V. m. §
154 Abs.
2 VwGO.
Der Senat hat wegen Grundsätzlichkeit die Revision zugelassen (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).
Es war der sog. Auffangstreitwert von 5.000,00 Euro festzusetzen.