Statthaftigkeit der Beschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsverpflichtung
Gerichtskostenpflichtigkeit eines Beschlusses über eine unstatthafte Beschwerde gegen die PKH-Ratenhöhe
1. Eine Beschwerde gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsverpflichtung wegen der Ratenhöhe ist dem
Antragsteller nicht eröffnet.
2. Eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit gilt nur für statthafte Verfahren.
3. Der Beschluss über eine Beschwerde wegen der Ratenhöhe bei der Gewährung von PKH ist gerichtskostenpflichtig. Dies gilt
auch dann, wenn der Beschwerdeführer im Verfahren der Hauptsache gemäß §
183 S. 1
SGG kostenprivilegiert ist.
4. Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten gemäß § 21 GKG ist nicht im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache, sondern im Zusammenhang mit dem Kostenansatz gemäß § 19 GKG und einer gegebenenfalls sich daran anschließenden Erinnerung gemäß § 66 GKG zu treffen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach der Geschäftsverteilung des Gerichts das Gericht der Hauptsache nicht identisch
mit dem Gericht der Kostensache ist.
1. Der Beschwerdeausschluss des §
172 Abs.
3 Nr.
2 Buchst. a
SGG greift auch dann ein, wenn das Gericht Prozesskostenhilfe in Anwendung von §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
120 Abs.
1 Satz 1
ZPO gegen Ratenzahlung bewilligt hat.
2. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Beschwerdemöglichkeit gegen Entscheidungen im Verfahren der Prozesskostenhilfe
ab dem 01.04.2008 nur noch gegeben sein, wenn die Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren vom Gericht verneint worden ist.
Gründe
I.
Zugrunde liegt ein Rechtsstreit aus dem Schwerbehindertenrecht.
Mit Beschluss des Sozialgerichts (SG) München vom 21.07.2015 ist dem dortigen Kläger und jetzigen Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) Prozesskostenhilfe
gegen monatliche Ratenzahlung in Höhe von 63,- EUR bewilligt worden.
Dagegen hat der Beschwerdeführer durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24.08.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt,
den Beschluss des SG vom 21.07.2015 dahingehend abzuändern, dass keine Ratenzahlung zu erbringen sei.
Die Beschwerde wird mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers begründet.
II.
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die Beschwerde ist nicht statthaft.
Gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
2 Buchst. a
SGG in der ab dem 01.04.2008 gültigen Fassung ist eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen,
wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint
hat. Der Beschwerdeausschluss des §
172 Abs.
3 Nr.
2 Buchst. a
SGG greift auch dann ein, wenn das Gericht - wie hier das SG - Prozesskostenhilfe in Anwendung von §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
120 Abs.
1 Satz 1
ZPO gegen Ratenzahlung bewilligt hat (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 01.07.2014, Az.: L 15 SB 36/14 B PKH, und vom 29.01.2015, Az.: L 15 SB 16/15 B PKH; Landessozialgericht - LSG - Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.06.2008, Az.: L 5 B 138/08 KR; LSG Sachsen, Beschluss vom 18.08.2008, Az.: L 2 B 412/08 AS-PKH; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.2009, Az.: L 7 SO 5829/08 PKH-B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
11.09.2012, Az.: L 19 AS 1676/12 B; Bayer. LSG, Beschluss vom 06.12.2012, Az.: L 7 SB 47/13 B; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.08.2013, Az.: L 7 SB 47/13 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2013, Az.: L 13 SB 83/13 B PKH; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders.,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
172, Rdnr. 6 g). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Beschwerdemöglichkeit gegen Entscheidungen im Verfahren der Prozesskostenhilfe
ab dem 01.04.2008 nur noch gegeben sein, wenn die Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren vom Gericht verneint worden ist (vgl.
die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes, Bundestags-Drucksache 16/7716, S. 22 zu Nr. 29 Buchstabe b Nr. 2). Bei einer Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung
hingegen hat das erstinstanzliche Gericht die Erfolgsaussicht eines Verfahrens bejaht und eine Ratenzahlung gemäß §
120 Abs.
1 Satz 1
ZPO deswegen angeordnet, weil es nur eine eingeschränkte Bedürftigkeit des Antragstellers als gegeben ansieht.
2. Zur Kostenentscheidung
Eine Gebührenfreiheit konstituierende Regelung, wie z.B. §
183 Satz 1
SGG, § 4 Abs. 8 Satz 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG), kommt weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren
gilt (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 07.08.2014, Az.: L 15 SF 146/14 E, vom 22.09.2014, Az.: L 15 SF 157/14 E, und vom 13.07.2015, Az.: L 15 SF 347/13 E; vgl. auch Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 17.10.2002, Az.: IX ZB 303/02, und vom 03.03.2014, Az.: IV ZB 4/14; Bundesfinanzhof, Beschlüsse vom 12.09.2005, Az.: VII E 5/05, und vom 15.02.2008, Az.: II B 84/07); ein statthaftes Verfahren liegt hier aber nicht vor (vgl. oben Ziff. 1.). Dies gilt auch dann, wenn der Antragsteller oder
Rechtmittelführer wie hier im Verfahren der Hauptsache gemäß §
183 Satz 1
SGG kostenprivilegiert (gewesen) ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 28.09.2015, Az.: L 15 RF 36/15 B - mit ausführlicher Begründung,
vom 30.09.2015, Az.: L 15 SF 218/15, und vom 07.10.2015, Az.: L 15 RF 40/15).
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht, da mit Nr. 7504 des Kostenverzeichnisses der Anlage
1 zum GKG eine streitwertunabhängige Festgebühr von 60,- EUR vorgesehen ist.
Mit der Frage, ob die Gerichtskosten gemäß § 21 GKG nicht zu erheben sind, hatte sich der Senat nicht zu befassen. Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten
gemäß § 21 GKG ist nicht im Rahmen der Entscheidung in der Hauptsache, sondern im Zusammenhang mit dem Kostenansatz gemäß § 19 GKG und einer gegebenenfalls sich daran anschließenden Erinnerung gemäß § 66 GKG zu treffen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach der Geschäftsverteilung des Gerichts das Gericht der Hauptsache nicht identisch
mit dem Gericht der Kostensache ist. Sofern die Ausführungen von Hartmann (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, §
21 GKG, Rdnr. 56: "Das Gericht kann zwar, muß aber nicht schon zusammen mit der Kostengrundentscheidung ... auch bereits nach §
21 mitentscheiden.") den Eindruck erwecken, dass schon das Gericht der Hauptsache über die Nichterhebung gemäß § 21 GKG befinden könne, kann dies nur für die Fälle Geltung haben, in denen das Gericht der Hauptsache gleichzeitig auch das der
Kostensache ist. In solchen Fällen ist aus Gründen der Prozessökonomie eine gleichzeitige Kostengrundentscheidung und Entscheidung
gemäß § 21 GKG vertretbar (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 22.06.1990, Az.: 1 Ws 516/90 - m.w.N.). Anders sind auch die Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.04.1973, Az.: VI ZR 32/72, und vom 26.10.1979, Az.: I ZR 6/79, nicht zu erklären, in denen der BGH gleichzeitig mit der Entscheidung in der Hauptsache auch eine Nichterhebung der Kosten
gemäß § 21 GKG angeordnet hat. Besteht hingegen keine Identität von Gericht der Hauptsache und der Kostensache, kann das Gericht der Hauptsache
keine Entscheidung gemäß § 21 GKG treffen, ohne gegen das Gebot des gesetzlichen Richters gemäß Art.
101 Abs.
1 Satz 2
Grundgesetz zu verstoßen. Es verbleibt dann bei der Zuständigkeit des für eine Entscheidung gemäß § 66 GKG berufenen Gerichts (vgl. Meyer, GKG/FamGKG, 14. Aufl. 2014, § 21 GKG, Rdnr. 16).
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.