Gründe:
I. Der Antragsteller (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Zuerkennung eines Grades der Behinderung
von mehr als 60 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG".
Beim Ast. war zuletzt mit Ausführungsbescheid vom 05.06.2007 ein Gesamtgrad der Behinderung für die Zeit vom 25.10.2006 bis
21.05.2007 in Höhe von 50 und ab 22.05.2007 in Höhe von 60 festgestellt worden. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die
Zuerkennung von Merkzeichen wurden beim Ast. nicht für gegeben angesehen.
Mit Schreiben vom 16.08.2007 hat der Ast. Antrag auf Neufeststellung seiner Behinderungen gestellt und ferner das Merkzeichen
"aG" beantragt.
Der Antragsgegner (Ag.) hat mit Bescheid vom 13.11.2007 den Antrag des Ast. abgelehnt. Den Widerspruch des Ast. hat der Ag.
mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass sich beim Ast.
ein höherer Grad der Behinderung als 60 auch nach erneuter Überprüfung nicht begründen lasse. Die Voraussetzungen für das
Merkzeichen "aG" lägen keinesfalls vor. Es lägen auch nicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vor.
Im Widerspruchsbescheid des Ag. vom 26.02.2008 wurden die beim Ast. vorliegenden Behinderungen wie folgt festgestellt:
Seelische Störung, somatoforme Schmerzstörung (Einzel-GdB 30)
Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, Nervenwurzelreizerscheinungen, Wirbelsäulenverformung (Einzel-GdB
30)
Unwillkürlicher Harnabgang, erektile Dysfunktion nach Prostataoperation (Einzel-GdB 20)
Bluthochdruck (Einzel-GdB 20)
Beinverkürzung rechts, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsstörung
durch Fußfehlform beidseits (Einzel-GdB 20)
Bronchiale Hyperreagibilität (Einzel-GdB 10)
Mittelnervendruckschädigung beidseits, Carpaltunnelsyndrom (Einzel-GdB 10).
Hiergegen richtet sich die Klage des Ast. vom 01.03.2008 zum Sozialgericht Bayreuth (Az.: S 3 SB 87/08). Das SG hat aktuelle Befundberichte des Orthopäden Dr. C. vom 24.04.2008 und der Fachärztin für Allgemeinmedizin S. vom 06.05.2008,
die bei ihr aufliegende Befundberichte der Urologischen Gemeinschaftspraxis Dres. S. u.a. vom 16.02.2008, des Facharztes für
Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. vom 11.01.2008 und des Gesundheits-Kompetenz-Zentrums J. mitübersandt hat, beigezogen.
Daraufhin wurde mit Beweisanordnung vom 02.06.2008 Dr. G. zum Sachverständigen ernannt, der nach persönlicher Untersuchung
des Ast. am 03.07.2008 das Gutachten vom gleichen Tage erstellt hat.
Bei der Untersuchung lagen der Krankenhausentlassungsbericht des Gesundheits-Kompetenz-Zentrums J. vom 08.05.2008 sowie der
Arztbrief des Internisten Dr. F. vom 20.06.2008 vor. Dr. G. kam in den Gutachten zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass in
Teilbereichen gewisse Änderungen im Beschwerdebild des Ast. aufgetreten seien, dies wirke sich jedoch weder auf die Bewertung
der einzelnen Behinderungsleiden noch auf den Gesamt-GdB wesentlich aus. Er schätze den Gesamt-GdB immer noch mit 60 ein.
Die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" komme nicht in Betracht. Aufgrund der geschilderten Befunde lasse sich ein Gesamt-GdB
für die Behinderung von 80 medizinisch nicht begründen. Der Ast. sei nicht vergleichbar mit beispielsweise einem Doppel-Oberschen-kelamputierten.
Nach dem Untersuchungsbefund sei nicht erkennbar, dass der Ast. sich nur mit großer Anstrengung außerhalb eines Kfz s bewegen
könne. Auch die Angaben des Ast. hinsichtlich seiner Bewegungsfähigkeit würden gegen die Annahme einer außergewöhnlichen Gehbehinderung
sprechen.
Das Sozialgericht Bayreuth hat mit Gerichtsbescheid vom 10. Juli 2008 die Klage des Ast. abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Ast. vom 16.07.2008 zum Bayer. Landessozialgericht (Az.: L 15 SB 83/08). Er beantragt die Einholung eines neuen Gutachtens nach §
106 SGG. Seine Gesamtbehinderung sei weit höher als 80 %. Das Gutachten des Dr. G. sei gesundheitsschädigend und falsch.
Mit weiterem Schreiben vom 06.08.2008 hat der Ast. ein beschleunigtes Verfahren beantragt (Az.: L 15 SB 97/08 ER).
Mit Schreiben vom 06.10.2008 hat sich Rechtsanwalt P. (auch) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als Vertreter des Ast.
bestellt. Er hat mit Schriftsatz vom 03.12.2008 ausgeführt, der Gesundheitszustand des Ast. insbesondere die HWS-Beschwerden
würden zunehmen und unter anderem Schlafstörungen verursachen. Aufgrund der zunehmenden Schmerzen werde dieser inzwischen
mit Morphium behandelt. Die Gehfähigkeit sei weiter zurückgegangen. Durch die regelmäßig durchgeführten Schmerztherapien sei
immer nur eine kurzfristige Besserung von zwei bis drei Monaten erreicht worden, aber keine dauerhafte Besserung. Selbst im
Gutachten des Dr. G. vom 03.07.2008 seien im Vergleich zum Gutachten vom 22.05.2007 Verschlechterungen seines Gesundheitszustandes,
zum Beispiel neue Beschwerden wie eine bronchiale Hyperreagibilität, festgestellt worden. Diese neuen Befunde seien bei der
Festsetzung des GdB nicht ausreichend berücksichtigt und in ihrer Schwere nicht ausreichend gewürdigt worden. So bestehe nicht
nur eine bronchiale Hyperreagibilität, sondern der Ast. leide an einer Lungenembolie. Weitere Beschwerden seien überhaupt
nicht berücksichtigt worden, so die Leistenbrüche, die Arthrosen an den Handgelenken, die Kreissägenverletzungen an den Handgelenken
und die Adipositas. Mit weiterem Schriftsatz vom 07.01.2009 wurde geltend gemacht, dass sich der Ast. immer wieder Krankenhausbehandlungen
unterziehen müsse, allein an der Blase sei er zum dritten Mal operiert worden.
Der Ast. beantragt sinngemäß,
ihm im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen höheren Grad der Behinderung als 60 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen
"aG" zuzuerkennen.
Der Ag. beantragt,
den Antrag auf einstweiligem Rechtsschutz zurückzuweisen.
Der Ag. hat mit Schriftsatz vom 01.09.2008 darauf hingewiesen, dass ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich sei.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Ag, die Akten des Sozialgerichts Bayreuth mit den Az.: S 9 SB 275/07 und S 3 SB 87/08 sowie die Akten des Bayer. Landessozialgerichts mit den Az.: L 15 SB 83/08 und L 15 SB 97/08 ER zur Entscheidung vor.
II. Der Antrag des Ast. ist zulässig, aber nicht begründet.
Gemäß §
86b Abs.2 Satz 2
SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Vorliegend
handelt es sich um eine Regelungsanordnung, weil der Ast. etwas begehrt, was er noch nicht hat, nämlich einen höheren Grad
der Behinderung als 60 und das Merkzeichen "aG".
Eine Regelungsanordnung im Sinne des §
86b Abs.2 Satz 2
SGG setzt sowohl einen Anordnungsgrund (Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, weil ein Abwarten auf eine Entscheidung in
der Hauptsache nicht zuzumuten ist) als auch einen Anordnungsanspruch (materielles Recht, für das einstweiliger Rechtsschutz
geltend gemacht wird) voraus, wobei zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch eine Wechselbeziehung besteht. An den
Anordnungsgrund sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage
das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unbegründet, so ist wegen fehlenden Anordnungsanspruchs der Erlass einer
einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende
Bedeutung zu. In diesem Falle ist unter Berücksichtigung der Interessen des Ast. einerseits sowie der öffentlichen Interessen
oder der Interessen anderer Personen andererseits zu prüfen, ob es dem Ast. zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.
Im vorliegenden Fall ist nach Überzeugung des Senats bei summarischer Prüfung der im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebenden
Sach- und Rechtslage bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Berufung mit dem Az.: L 15 SB 83/08 zu differenzieren.
Hinsichtlich des Merkzeichens "aG" hält es der Senat für wenig wahrscheinlich, dass die Berufung des Ast. erfolgreich sein
wird. Bei der letzten Untersuchung durch Dr. G. am 03.07.2008 waren die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens
"aG" eindeutig nicht gegeben. Dem Ast. ist bislang noch nicht einmal das Merkzeichen "G" (erhebliche Gehbehinderung) zuerkannt.
Der Ast. bzw. der Prozessbevollmächtigte des Ast. haben im Rahmen des Berufungsverfahren bzw. des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens
bislang nicht substantiiert dargelegt, dass sich die Gehfähigkeit des Ast. seit der letzten Begutachtung im Juli 2008 in relevanter
Weise hinsichtlich des Merkzeichens "aG" verschlechtert hätte. Von daher besteht für die einstweilige Zuerkennung des Merkzeichens
"aG" keinerlei Veranlassung. Hinsichtlich der von Ast. begehrten Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung hält es der Senat
bei summarischer Prüfung der im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebenden Sach- und Rechtslage für offen, ob die Berufung
erfolgreich sein wird. Von daher kommt es entscheidend auf einen Anordnungsgrund an. Ein solcher ist für den Senat nicht zu
erkennen. Es ist nicht ersichtlich, dass bei einem Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache der Ast. wesentliche Nachteile
erleidet und ihm deshalb ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten wäre. Im Rahmen des Berufungsverfahrens
wird überprüft werden, ob der Gesamtgrad der Behinderung beim Kläger höher als 60 anzusetzen ist, für diesen Fall wird der
Gesamtgrad der Behinderung beim Ast. rückwirkend ab Änderung der Verhältnisse erhöht werden.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher insgesamt abzulehnen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs.1
SGG.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§
183 SGG) und ist endgültig (§
177 SGG).