Kostenerstattung für eine Begleitperson im sozialgerichtlichen Verfahren; Entschädigung für Zeitversäumnis
Gründe:
I. In dem am Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) anhängigen Rechtsstreit der Antragstellerin gegen die Deutsche Rentenversicherung
KBS hat am 07.10.2009 eine mündliche Verhandlung vor dem BayLSG stattgefunden. Im Folgenden ist die Antragstellerin am 09.12.2009
in S. untersucht worden. Bei beiden Terminen ist die Antragstellerin begleitet worden, weil sie aufgrund der bei ihr bestehenden
Funktionseinschränkungen nicht alleine anreisen kann (vgl. u.a. Bestätigung des RiLSG Dr. V.).
Der Kostenbeamte des BayLSG hat mit Abrechnungen vom 17.12.2009 hierfür 127,50 EUR bzw. 69,25 EUR bewilligt.
Die Antragstellerin hat im Nachgang zu ihren Schreiben vom 09.10.2009 und 15.12.2009 mit Schriftsatz vom 28.12.2009 gerügt,
dass beide Abrechnungen um den fehlenden Nachteilsausgleich für ihre Begleitperson zu korrigieren seien. Dr. S. und Dr. L.
hätten die Notwendigkeit einer Begleitperson attestiert. Dementsprechend stehe auch ihrer Begleitperson eine Unkostenentschädigung
von 3,00 EUR pro Stunde als Entschädigungsausgleich zu. Dies sei auch bei derartigen Angelegenheiten immer so berücksichtigt
und ausbezahlt worden. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass man am 07.10.2009 um 8.00 Uhr von zuhause abgefahren und dort wieder
um 20.00 Uhr angekommen sei. Man habe sich etwas zu Essen besorgen müssen und dies dann auch verzehrt.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat eine eventuelle Nachzahlung von 2,00 EUR vermerkt und den Vorgang dem 15. Senat des BayLSG
als Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier die Berechtigte
die gerichtliche Festsetzung sinngemäß beantragt. Die Entschädigung für die Wahrnehmung der Termine vom 07.10.2009 und 09.12.2009
ist auf insgesamt 198,75 EUR festzusetzen. Der Antragstellerin sind 2,00 EUR nachzuentrichten.
Hinsichtlich des Termins am 07.10.2009 stehen der Antragstellerin 131,00 EUR zu, die sich wie folgt aufschlüsseln:
- Nachdem die Klägerin mit ihrer Begleitperson im Wesentlichen einen Pkw benutzt hat, aber auch ergänzend mit dem öffentlichen
Personennahverkehr gefahren ist, kann nicht die Gesamtentfernung von 376 km hin und zurück zugrunde gelegt werden, sondern
nur die mit dem PKW gefahrene übliche Entfernung. Ausweislich allgemeiner Routenplaner (hier: Maps google) beträgt die Entfernung
einfach 154 km. 10 km einfach sind zusätzlich als Toleranz zu berücksichtigen (z.B. Parkplatzsuche, Umfahrt wegen Ortsunkenntnis).
Gemäß § 5 Abs. 2 JVEG sind somit für 164 km mal 2 mal 0,25 EUR insgesamt 82,00 EUR zu erstatten.
- An Fahrtkosten kommen weiterhin die Kosten der U-Bahn (9,00 EUR) sowie die Parkgebühr (1,00 EUR) = 10,00 EUR hinzu (§ 5
Abs. 1 und 2 JVEG).
- Sowohl der Antragstellerin als auch ihrer Begleitperson steht die sog. "Zehrkostenpauschale" i.S. von § 6 Abs. 1 JVEG zu.
Auch wenn beide Personen jeweils 9,00 EUR verzehrt haben, bemisst sich diese Pauschale auf 6,00 EUR mal 2 = 12,00 EUR. Denn
der Gesetzgeber hat in § 6 Abs. 1 JVEG i.V.m. §
4 Abs.
5 Satz 1 Nr.
5 des Einkommensteuergesetzes (
EStG) ausdrücklich bestimmt, dass bei einer Abwesenheit von 8 bis weniger als 14 Stunden 6,00 EUR an Tagegeld zustehen, das als
Entschädigung für den allgemeinen Aufwand zu zahlen ist.
- Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt bei der Antragstellerin gemäß § 20 JVEG für 9 Stunden mal 3,00 EUR/Stunde insgesamt
27,00 EUR. Das zeitige Abfahren um 8.00 Uhr von zuhause ist wegen der bekannten Staugefahr auf der Autobahn A 9 nachvollziehbar,
ebenso dass man nach Ende des Termins vom 07.10.2009 um 16.30 Uhr sich noch eine Brotzeit besorgt und diese verzehrt hat.
Insgesamt ergibt sich eine notwendige Abwesenheit von zuhause von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr sowie 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr = 9
Stunden. Die übliche Mittagspause ist nicht zu entschädigen.
- Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht ihrer Begleitperson keine Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinne von
§ 20 JVEG zu. Denn der Gesetzgeber hat in § 7 Abs. 1 JVEG ausdrücklich normiert, dass nur die Kosten einer notwendigen Begleitperson
zu erstatten sind. Mangels barer Auslagen für die Begleitperson, sieht man von den Zehrkosten ab, die pauschal mit 6,00 EUR
zu entschädigen sind, besteht kein Ersatzanspruch für "fiktive" Aufwendungen. Dies bedingt, dass eine Entschädigung für Zeitversäumnis
der Begleitperson i.S. von § 20 JVEG nicht zu bewilligen ist.
Hinsichtlich des Termins 07.10.2009 stehen der Antragstellerin somit insgesamt 131,00 EUR zu. Die Nachzahlung beträgt insoweit
3,50 EUR.
Betreffend des Termins am 09.12.2009 in S. beträgt die Entschädigung nicht 69,25 EUR, sondern nur 67,75 EUR. Die Überzahlung
in Höhe von 1,50 EUR kann mit der vorstehend ausgewiesenen Nachzahlung in Höhe von 3,50 EUR verrechnet werden. Denn bei einem
Kostenfestsetzungsverfahren i.S. von § 4 Abs. 1 JVEG handelt es sich um eine eigenständige gerichtliche Festsetzung, die auch
das Risiko einer niedrigeren Festsetzung der Entschädigung beinhaltet, als die bereits bewilligte.
Die vorstehend bezeichnete Entschädigung in Höhe von (zutreffend) 67,75 EUR schlüsselt sich wie folgt auf:
- Die Fahrtkosten mit dem Pkw sind gemäß § 5 Abs. 2 JVEG für 199 km (wie beantrag) mal 0,25 EUR/km mit 49,75 EUR zu entschädigen.
- Die Mindestentschädigung für Zeitverlust von 7.00 Uhr bis 12.00 Uhr sowie von 13.00 Uhr bis (gerundet) 14.00 Uhr beträgt
6 Stunden mal 3,00 EUR/Stunde, insgesamt 18,00 EUR. Die übliche Mittagspause ist auch hier in Abzug zu bringen.
- Auch hier kann der Begleitperson keine Entschädigung für Zeitversäumnis i.S. von § 20 JVEG bewilligt werden (vgl. obige
Ausführungen).
- Die sog. "Zehrkostenpauschale" i.S. von § 6 Abs. 1 JVEG steht weder der Antragstellerin noch ihrer Begleitperson zu, weil
die Abwesenheit von zuhause am 09.12.2009 weniger als 8 Stunden betragen hat.
Insgesamt sind der Antragstellerin somit 2,00 EUR nachzubewilligen. Hierüber hat das BayLSG gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als
Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist gemäß §
177 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) endgültig. Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§
4 Abs. 8 JVEG).