Gründe:
I. Streitig ist, ob dem Beschwerdeführer (Bf) Wiedereinsetzung für die Beantragung von Entschädigung für die Wahrnehmung gerichtlich
angeordneter Termine bei zwei Begutachtungen zu gewähren ist.
Am 25.02.2010 (in der Uniklinik A-Stadt) und 25.06.2010 (bei Dr. R.) nahm der Bf Untersuchungstermine im Rahmen von Begutachtungen,
die das Sozialgericht Würzburg (Az.: S 13 U 193/08) angeordnet hatte, wahr. Bei Erteilung der Gutachtensaufträge (Schreiben vom 22.12.2009 und 20.04.2010) waren für den Bf
Formulare für den Entschädigungsantrag beigelegt worden. Die Formulare enthielten den Hinweis, dass der Antrag auf Entschädigung
binnen einer Frist von drei Monaten gestellt werden müsse, weil der Anspruch sonst erlösche.
Mit Schriftsatz vom 01.10.2010 erinnerten die Bevollmächtigen des Bf das Sozialgericht daran, dass der Bf noch keine Kostenerstattung
für die Begutachtung in der Uniklinik A-Stadt am 25.02.2010 bekommen habe. Der Bf - so die Bevollmächtigten - habe offenbar
zu einem zeitgerechten Datum die Erstattungsanträge eingereicht, die sie jetzt in Kopie beilegen würden. Die Bevollmächtigten
seien, weil es sich um Kopien gehandelt habe, davon ausgegangen, dass der Bf die Anträge direkt beim Gericht eingereicht habe.
Sollten sich die Anträge noch nicht bei Gericht befinden, werde um Berücksichtigung der Anträge gebeten. Es sei für sie nicht
erkennbar gewesen, dass sie die Anträge bei Gericht hätten einreichen sollen; sie würden laufend sehr viele Unterlagen vom
Bf erhalten, ohne dass klar sei, was damit durchzuführen sei.
Mit weiterem Schriftsatz vom selben Tag legten die Bevollmächtigten des Bf den Entschädigungsantrag zur Begutachtung am 25.06.2010
samt weiterer Unterlagen vor und baten um entsprechende Zahlung.
Nach mit Schreiben vom 17.11.201 wegen Fristversäumnis erfolgter Ablehnung einer Entschädigung durch die Urkundsbeamtin haben
die Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22.11.2010 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Dass eine Frist versäumt
worden sei, sei bisher nicht bekannt gewesen. Die Bevollmächtigten seien davon ausgegangen, dass der Bf den Antrag selbst
bei Gericht gestellt habe. Der Bf habe angegeben, eine Belehrung, dass er binnen drei Monaten einen Antrag stellen müsse,
von Dr. R. nicht erhalten zu haben. Jedenfalls habe er ein von Dr. R. wegen der Fahrtkosten ausgefülltes Schriftstück nicht
mehr gefunden und gesehen. Er könne sich nicht erinnern, ob Dr. R. ihm das Schriftstück mitgegeben habe oder es selbst bei
Gericht habe einreichen wollen. Außerdem habe er schlechte Deutschkenntnisse und entsprechende Texte nicht verstanden. Er
sei psychisch sehr belastet und nicht in der Lage, solche Texte aufzunehmen. Er habe daher mittlerweile auch eine Betreuerin
(Betreuerausweis vom 04.10.2010). In dieser Situation sei dem Antragsteller ein Vorwurf aus einer Fristversäumung nicht zu
machen.
Mit Beschluss vom 03.02.2011 hat es das Sozialgericht Würzburg abgelehnt, Wiedereinsetzung zu gewähren. Die deutlich erkennbaren
Hinweise auf den Entschädigungsanträgen habe der Bf offenbar nicht gelesen. Es liege zumindest Fahrlässigkeit vor. Der Bf
habe daher nicht ohne Verschulden die 3-Monatsfrist versäumt. Auch der Hinweis auf schlechte Deutschkenntnisse und die psychisch
Belastung entschuldige den Bf nicht.
Gegen den am 18.02.2011 zugestellten Beschluss haben die Bevollmächtigten des Bf am 25.02.2011 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht
erhoben. Der Kläger könne sich nicht erinnern, die Antragsformulare erhalten zu haben. Der Hinweis auf einem solchen Formular,
ohne dass der Begutachtungstermin feststehe, sei bei einem kranken Menschen wie dem Kläger keine Grundlage, Fahrlässigkeit
anzunehmen. Es müsste gewährleistet sein, dass die Gutachter dem Bf die Formulare mit dem Hinweis auf die 3-Monatsfrist übergeben
hätten. Der mit dem Betreuerausweis bescheinigte Zustand habe sicherlich auch schon Monate davor bestanden. Ergänzend haben
die Bevollmächtigen mit Schreiben vom 19.04.2011 vorgetragen, dass sie es nicht als ihre Verpflichtung ansähen, sich im Detail
um die Kostenerstattung zu kümmern.
II. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) ist gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung, wie sie im angegriffenen Beschluss 03.02.2011 erfolgt ist, die Beschwerde
statthaft. Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat es zutreffend abgelehnt, dem Bf Wiedereinsetzung zu gewähren. Der Bf hat keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß §
191 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des §
183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Wie der Entschädigungsanspruch geltend zu machen ist, ist in § 2 JVEG geregelt.
Im vorliegenden Fall ist der Entschädigungsantrag zu spät gestellt worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen
nicht vor.
1. Entschädigungsantrag zu spät gestellt
Der Entschädigungsanspruch war bereits erloschen, als er geltend gemacht wurde.
Der Anspruch auf Entschädigung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt
hat. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG im Falle der Begutachtung des Berechtigten mit dem Ende der Untersuchung durch den Gutachter.
Die Untersuchungen im Rahmen der Begutachtungen haben am 25.02.2010 und am 25.06.2010 stattgefunden. Ein Eingang der Entschädigungsanträge
innerhalb der 3-Monatsfrist, die mit dem jeweiligen Untersuchungstag zu laufen beginnt, ist nicht nachgewiesen.
2. Keine Wiedereinsetzung
Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Bf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG ist einem Berechtigten, der ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist nach § 2 Abs. 1 JVEG gehindert gewesen ist, vom Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er innerhalb von zwei
Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung
begründen. Glaubhaftmachung bedeutet, dass nicht die beim Vollbeweis geforderte, an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit
gegeben sein muss, sondern dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 11.11.2003, Az.: B 2 U 293/03 B)
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen unter keinem Gesichtspunkt vor.
2.1. Nach dem Vortrag im anwaltlichen Schreiben vom 01.10.2010 betreffend die Begutachtung am 25.02.2010 müsste der Bf den
Entschädigungsantrag "offenbar" rechtzeitig an das Gericht gesandt haben. An eine Wiedereinsetzung könnte bei Zugrundelegung
dieser Angaben dann gedacht werden, wenn der Antrag auf dem Postweg untergegangen wäre. Die Voraussetzungen dafür sind aber
nicht glaubhaft gemacht. Dass der Bf tatsächlich den Entschädigungsantrag rechtzeitig weggeschickt hat, ist nicht glaubhaft.
Irgendwelche Belege für eine rechtzeitige Absendung hat der Bf nicht vorgelegt. Zudem hat er über seine Bevollmächtigten diesen
ersten Vortrag auch nicht mehr aufrecht erhalten, sondern vielmehr mit Schreiben vom 24.02.2011 vortragen lassen, dass er
das Entschädigungsformular überhaupt nicht vom Sachverständigen erhalten habe. Dieser Vortrag ist mit dem rechtzeitigen Absenden
des Entschädigungsformulars nicht vereinbar und steht einer Glaubhaftmachung entgegen.
2.2. Was die Begutachtung am 25.06.2010 bei Dr. R. angeht, hat der Bf nicht vorgetragen, den Entschädigungsantrag innerhalb
der 3-Monatsfrist abgeschickt zu haben, sondern von seinem Bevollmächtigen den Entschädigungsantrag am 01.10.2011 zunächst
ohne weitere Erläuterung zur Fristversäumnis vorlegen lassen. Nachdem vom Gericht auf die Fristversäumnis hingewiesen worden
war, haben die Bevollmächtigten mit Schreiben vom 22.11.2010 Wiedereinsetzung beantragt. Ganz abgesehen davon, dass dieser
Antrag bereits wegen Überschreitung der 2-Wochenfrist des § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG verfristet sein dürfte - die Bevollmächtigten des Bf haben bereits mit Schriftsatz vom 01.10.2011 den erkennbar verfristeten
Anspruch geltend gemacht, ohne Wiedereinsetzung zu beantragen, sind Wiedereinsetzungsgründe auch nicht glaubhaft gemacht worden.
Wenn der Bf vortragen lässt, sich nicht daran erinnern zu können, Entschädigungsformulare bei den gutachterlichen Untersuchungen
erhalten zu haben, kann dies für die Entscheidung keine Bedeutung haben. Eine fehlende Erinnerung an die Übergabe von Entschädigungsformularen
kann in keinem Fall eine Wiedereinsetzung begründen. Ein Wiedereinsetzungsgrund wäre allenfalls dann gegeben, wenn die Entschädigungsformulare
dem Bf nicht übergeben worden wären. Derartiges behauptet der Bf aber gerade nicht - er kann sich nur nicht erinnern -, sodass
es auf eine Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes mangels Behauptung eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht ankommen
kann. Im Übrigen wäre die Behauptung einer fehlenden Übergabe der Entschädigungsformulare dadurch widerlegt, dass der Bf solche
Formulare - wenn auch zu spät - bei Gericht vorgelegt hat und diese Formulare nur bei den Begutachtungen erhalten haben kann.
Im Übrigen hat er auch mit Schreiben vom 01.10.2010 vortragen lassen, zumindest einen Entschädigungsantrag rechtzeitig vorgelegt
zu haben. Insofern sind die Angaben des Bf in sich widersprüchlich.
2.3. Kein Anspruch auf Wiedereinsetzung resultiert daraus, dass die Sachverständigen den Bf bei der Übergabe der Formulare
für die Entschädigungsanträge nicht auf die 3-Monatsfrist hingewiesen haben. Eine derartige Hinweispflicht existiert nicht,
zumal die Entschädigungsanträge an exponierter und damit unübersehbarer Stelle den Hinweis auf die 3-Monatsfrist enthalten.
2.4. Ein Anspruch auf Wiedereinsetzung würde auch dann nicht vorliegen, wenn der Bf die Entschädigungsanträge möglicherweise
an seine Bevollmächtigten mit dem Zweck geschickt hätte, dass diese die Anträge bei Gericht einreichen, diese aber diesen
Zweck wegen der Vielzahl der vom Bf an sie geschickten Unterlagen nicht erkannt und daher die Frist versäumt hätten. Missverständnisse
derartiger Art können keine Wiedereinsetzung nach sich ziehen, sondern hätten - gerade auch mit Blick auf die vorgetragene
psychische Verfassung des Bf und den Vortrag, dass der Bf seine Bevollmächtigten regelmäßig mit Unterlagen eindecke, ohne
dass damit konkrete Hinweise zum weiteren Vorgehen verbunden wären - eine Verpflichtung zur Nachfrage durch die Bevollmächtigen
zur Folge gehabt. Dieser Verpflichtung ist nicht nachgekommen worden. Ein Verschulden seiner Bevollmächtigten müsste sich
der Bf zurechnen lassen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig, ders., Leitherer,
SGG, 10. Aufl. 2012, §
67, Rdnr. 3e).
2.5. Mit dem allgemeinen Hinweis darauf, dass für bestimmte Bereiche für den Bf ab dem 04.10.2010 eine Betreuung bestellt
worden ist, lässt sich kein fehlendes Verschulden für Anträge ableiten, die spätestens im Juni bzw. September 2010 hätten
geltend gemacht werden müssen. Dies gilt umso mehr, als der Bf anwaltlich vertreten ist und die Bevollmächtigten offenbar
auch Kenntnis von den von Ihnen geschilderten Problemen des Bf gehabt haben.
2.6. Mit mangelhaften Sprachkenntnissen kann eine Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall nicht begründet werden (vgl. BSG, Beschluss vom 21.09.1981, Az.: 9 BV 218/81).
Das Bayerische Landessozialgericht hat gemäß § 2 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar § 2 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 2 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 4 Abs. 8 JVEG).