Tatbestand:
Der 1955 geborene Kläger begehrt die Bewilligung einer Waisenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Sein kriegsversehrter Vater K. A. ist 1909 geboren und am 30.11.1972 verstorben.
Der Beklagte hat den Antrag auf Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG vom 23.08.2006 mit dem streitgegenständlichen Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Oberbayern I vom 25.10.2006
abgelehnt. Waisenversorgung nach dem BVG stehe nach Vollendung des 27. Lebensjahres nur zu, wenn die Waise spätestens zum Zeitpunkt der Vollendung des 27. Lebensjahres
außer Stande sei, sich selbst zu unterhalten (§ 45 Abs.3c BVG). Der Kläger habe das 27. Lebensjahr im Jahr 1982 vollendet. Nach dem Akteninhalt der beigezogenen Schwerbehindertenakten
habe er zu dieser Zeit als Lagerist bzw. Paketzusteller gearbeitet. Somit sei er zu dieser Zeit im Stande gewesen, sich selbst
zu unterhalten. Eine eventuelle in späteren Lebensjahren auftretende Einschränkung der Fähigkeit, sich selbst zu unterhalten,
sei unbeachtlich.
Der hiergegen gerichtete Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 12.01.2007
zurückgewiesen worden. Der Vater des Klägers sei nicht an den Folgen seiner Kriegsverletzungen (Verlust des linken Unterschenkels)
gestorben und habe zu Lebzeiten auch keinen schädigungsbedingten Einkommensverlust hinnehmen müssen. Gemäß § 45 Abs.3c BVG sei eine Waisenversorgung nach Vollendung des 18. Lebensjahres nur zu gewähren, wenn die Waise infolge körperlicher oder
geistiger Gebrechen spätestens bei Vollendung des 27. Lebensjahres außer Stande gewesen sei, sich selbst zu unterhalten. Der
Kläger hätte folglich nur dann einen Anspruch auf Waisenversorgung, wenn er selbst zum Zeitpunkt der Vollendung des 27. Lebensjahres
wegen Gebrechlichkeit unterhaltsbedürftig gewesen wäre. Aus den vorliegenden Unterlagen gehe hervor, dass er nach Erlangen
des Hauptschulabschlusses eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann (ohne Abschluss) durchlaufen und in der Folgezeit acht
Jahre lang als Lagerist gearbeitet habe. Anschließend sei er als Paketzusteller, LKW-Fahrer, Maschinenarbeiter und Versandleiter
tätig gewesen. Dies zeige, dass er bei Vollendung des 27. Lebensjahres durchaus in der Lage gewesen sei, einer Erwerbstätigkeit
nachzugehen und bei Vollendung des 27. Lebensjahres nicht gebrechlich im Sinne von § 45 Abs.3c BVG gewesen sei.
Das Sozialgericht München hat die hiergegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.07.2008 - S 33 V 2/07 - abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei nicht auf die Grenze des 35. Lebensjahrs abzustellen, sondern auf diejenige
bei Vollendung des 27. Lebensjahres (hier: 1982). Der Kläger sei darüber hinaus ab 1986 bei der Firma H.-Plastik als Maschinenarbeiter
sechs Jahre tätig gewesen. Er sei bis zum Versandleiter aufgestiegen. Nach einer dreimonatigen Tätigkeit bei der Firma P.
als Lagerist habe er im März 1993 wieder bei der Firma H.-Plastik angefangen. Der Kläger selbst habe geschildert, dass er
bei dieser Tätigkeit ca. 50 bis 70 % seiner Zeit im Büro gearbeitet habe sowie 30 bis 50 % seiner Zeit selbst schwer körperlich
habe arbeiten müssen, das heiße Teile aus dem Regal zu holen, auf Paletten zu stellen und mit dem Stapler für LKW´s verladen.
Er habe im April 1994 gekündigt.
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 18.08.2008 ging am 22.08.2008 beim Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) ein. Der
Kläger verband seine Berufung abschließend mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Von Seiten des BayLSG wurden die Versorgungs-Akten des Beklagten sowie die erstinstanzlichen Streitakten und die des parallel
geführten Eilverfahrens L 15 V 17/08 ER beigezogen. Dort lehnte das BayLSG mit Beschluss vom 08.10.2008 den Antrag vom 18.08.2008 auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung gemäß §
86b Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) ab. Die Klage in der Hauptsache erscheine ohne Aussicht auf Erfolg. Der Kläger und Antragsteller habe selbst ausgeführt,
dass im Jahr 1988, also im Alter von 33 Jahren, eine Beinoperation erforderlich geworden und ihm anschließend die Berentung
angeraten worden sei. Dies beinhalte, dass der Kläger und Antragsteller nicht infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen
spätestens bei Vollendung des 27. Lebensjahres außer Stande gewesen sei, sich selbst zu unterhalten. Eine Waisenrente könne
somit gemäß § 45 Abs.3c BVG nicht bewilligt werden. Hieran ändere auch nichts, dass die allgemeinen Rentenleistungen in den letzten Jahren netto faktisch
so gut wie nicht erhöht worden seien. Die ungünstige Wohnsituation des Klägers und Antragstellers sowie die etwaige Notwendigkeit
von Krankentransporten bzw. die Notwendigkeit einer erneuten Sehhilfe usw. könnten hier ebenfalls nicht berücksichtigt werden.
Im Folgenden hat das BayLSG mit Beschluss vom 16.10.2008 den Antrag vom 18.08.2008 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
abgelehnt. Es bestehe keinerlei Aussicht auf Erfolg. Denn der Kläger sei aktenkundig bei Vollendung des 27. Lebensjahres (das
heiße im Jahr 1982) in der Lage gewesen, sich selbst zu unterhalten (§ 45 Abs.3c BVG). Unabhängig davon sei Frau B. für ihn zur Betreuerin bestellt worden. Diese habe in dem Eilverfahren L 15 V 17/08 ER eine Kopie des Betreuerausweises des Amtsgerichts A-Stadt vom 20.09.2007 eingereicht. Ihr Aufgabenkreis umfasse Gesundheitsfürsorge,
Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Somit sei der Kläger auch in dem vorliegenden
Berufungsverfahren ausreichend vertreten.
Die Betreuerin des Klägers hat mit Schriftsatz vom 29.11.2008 die Berufung näher begründet und ansonsten ihr Nichterscheinen
in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.12.2008 mit gesundheitlichen Gründen entschuldigt.
Der Bevollmächtigte des Beklagten stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß §
202 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) i.V.m. §
540 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) sowie entsprechend §
136 Abs.2
SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß den §§
143,
144 und
151 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht München hat mit Gerichtsbescheid vom 22.07.2008 - S 33 V 2/07 - die Klage gegen den Bescheid vom 25.10.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2007 mit zutreffender Begründung
abgewiesen.
Das BayLSG sieht gemäß §
153 Abs.2
SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil es die Berufung aus den in allen Punkten zutreffenden Gründen
der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
Weiterhin ist der Kläger mit Beschluss des BayLSG vom 08.10.2008 - L 15 V 17/08 ER - sowie mit Beschluss vom 16.10.2008 - L 15 V 16/08 - informiert worden, dass ihm gemäß § 45 Abs.3c des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) keine Waisenrente nach seinem kriegsversehrten Vater K. A. (geboren 1909, verstorben 30.11.1972) zusteht, weil er bei Vollendung
des 27. Lebensjahres (das heißt im Jahr 1982) noch in der Lage gewesen ist, sich selbst zu unterhalten. Aktenkundig hat der
Kläger nach einer dreimonatigen Tätigkeit bei der Firma P. als Lagerist im März 1993 wieder bei der Firma H.-Plastik angefangen.
Der Kläger selbst hat geschildert, dass er bei dieser Tätigkeit ca. 50 bis 70 % seiner Zeit im Büro gearbeitet habe sowie
30 bis 50 % seiner Zeit selbst schwer körperlich habe arbeiten müssen, bis er im April 1994 gekündigt habe. Zu diesem Zeitpunkt
hat der Kläger bereits das 39. Lebensjahr vollendet, sodass er zweifelsfrei keinen Anspruch auf eine Waisenrente gemäß § 45 Abs.3c BVG hat.
Wenn die Betreuerin des Klägers mit Berufungsbegründung vom 29.11.2008 hervorhebt, die Angelegenheit müsse über die Versorgungsschiene
laufen, weil sich die Stadt A-Stadt sträube, Leistungen nach §
33 des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (
SGB IX) zu erbringen, stützt dies das Klagebegehren nicht. Es kann nicht damit argumentiert werden, die bislang nicht erfolgte Kostenübernahme
für eine Sehhilfe und einen überbreiten Rollstuhl gebiete es hier, den Beklagten zur Bewilligung einer Waisenrente nach den
Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zu verurteilen.
Auch die weitergehenden Anträge auf Zurverfügungstellung eines behindertengerechten Hauses, einer ausgebildeten Krankenschwester
zur Unterstützung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, von Hilfsmitteln (Brille, Hörgerät, Ersatz-Beatmungsmaschine,
Betttisch für das Pflegebett, Schränke für Geräte und für Medizin), Einsatz eines behindertengerechten Autobusses, Geldleistungen
für die Betreuung, Pflegeleistungen, Geldleistungen für Kliniken, neue Möbel, Spezialkleidung, Übernahme von Krankentransportkosten
einschließlich Betreuungsbegleitung und Hubschrauberkosten stehen im keinerlei Zusammenhang mit der hier streitigen Waisenrente
im Sinne von § 45 Abs.3c BVG.
Das BayLSG verkennt nicht, dass sich der Kläger zwischenzeitlich in einer gesundheitlich und wirtschaftlich äußerst ungünstigen
Situation befindet. Auf Grund des im
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerten Prinzips der Gewaltenteilung ist es dem erkennenden Senat jedoch verwehrt, über
weitere Anliegen des Klägers zu entscheiden als der hier streitgegenständlichen Waisenversorgung nach dem kriegsversehrten
Vater K. A., der am 30.11.1972 verstorben ist. Wenn der Kläger erst im Alter von 51 Jahren Antrag auf Bewilligung einer Waisenrente
gemäß § 45 Abs.3c BVG gestellt hat, beinhaltet dies mittelbar, dass er gegenüber dem Freistaat Bayern in seiner Eigenschaft als Träger der Kriegsopferversorgung
vorliegend nicht anspruchsberechtigt ist.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 22.07.2008 zurückzuweisen.
Die Anwesenheit des Klägers oder seiner Betreuerin in der mündlichen Verhandlung vom 02.12.2008 ist hierbei gemäß §
110 Abs.1
SGG nicht erforderlich gewesen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§
160 Abs.2 Nrn.1 und 2
SGG).