Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung einer weiteren Schädigungsfolge (Gesichtsfeldeinschränkung beidseits nach links)
und eine daraus resultierende höhere Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1925 geborene Kläger leistete ab 01.07.1943 seinen Wehrdienst.
Am 01.08.1944 erlitt er in Finnland eine Granatsplitter- und Gewehrkugelverletzung am linken Gesäß, der Hüftgegend, in der
Lunge sowie am Rücken und rechten Arm. Nach der ersten Akutbehandlung in O. befand er sich vom 19.09.1944 bis zum 27.01.1945
im Reservelazarett I G. in der psychiatrisch-neurologischen Abteilung, Klinikum K ... Nach der Verlegung wegen des Vormarsches
der russischen Armee wurde er vom 07.02.1945 bis zur Entlassung am 06.05.1945 im Reservelazarett G. behandelt.
Der Kläger gibt an, nach der Verwundung vorübergehend blind gewesen zu sein. Nähere Erinnerung an die Lazarettbehandlung in
O. und G. hat der Kläger nach eigenen Angaben nicht; medizinische Unterlagen dazu liegen nicht mehr vor. Im Krankenblatt des
Reservelazaretts G. sind weder Angaben zu Sehstörungen noch zu einer Hirnverletzung enthalten. Entlassen wurde der Kläger
mit der Diagnose partielle Medianuslähmung rechts.
Einen ersten Antrag auf Versorgung stellte der Kläger im Juni 1945 u.a. wegen Ulnarislähmung der rechten Hand, Granatsplitter
im Kopf, Lungendurchschuss und Verletzung an der Wirbelsäule in der Hüftgegend des linken Oberschenkels. Eine Einschränkung
der Sehfähigkeit gab der Kläger dabei nicht an.
Bei einer nervenärztlichen Begutachtung am 03.09.1947 berichtete der Kläger, er habe zunächst überhaupt nichts mehr sehen
können und noch einen Gesichtsfeldausfall links für ca. vier Monate gehabt. Eine Gesichtsfeldstörung war bei der Begutachtung
nicht mehr feststellbar; der Kläger gab auch keine Beeinträchtigung des Sehvermögens mehr an. Granatsplitter wurden radiologisch
nur außerhalb des Schädelknochens liegend festgestellt. Die Kopfverletzung - so der Gutachter - habe anscheinend nicht zu
einer Gehirnerschütterung geführt, da der Kläger nach der Verletzung noch zurück kriechen habe können. Der Verlust der Besinnung
sei bei Blutverlust und Schock verständlich. Nach der Schilderung des Klägers müsse man eine Occipitalhirnschädigung annehmen
im Sinne einer heftigen Rindenprellung eventuell mit Blutung. Die Lähmung an beiden Beinen, die mehrere Monate bestanden haben
solle, sei möglicherweise Folge einer Druckwirkung in der hinteren Schädelgrube. Von den zentralen Störungen im Sinne einer
contusio cerebri sei zum Untersuchungszeitpunkt objektiv nichts mehr fassbar gewesen. Die Ulnarislähmung sei mit geringen
Störungen ausgeheilt. Die MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) betrage 40 v.H.
Mit Bescheid vom 03.08.1948 wurde anerkannt: "Zustand nach Kopfverletzung mit Occipitalhirnprellung; Restzustand einer Medianus-
und Ulnarisschädigung rechts, Narben an der rechten Schulter und am rechten Brustkorb, rechter Bauch nach Brustdurchschuss
und Bauchverletzung". Es wurde eine Rente nach einer teilweisen Erwerbsunfähigkeit von 40 v.H. gewährt.
Am 25.01.1981 stürzte der als Arzt tätige Kläger und war ca. 15 Minuten bewusstlos. Am 27.01.1981 trat eine Tachyarrhythmie
auf, die sich später - so der Kläger - etwa zwei- bis dreimal wöchentlich mit einer Dauer von Stunden bis Tagen wiederholte.
Im Rahmen eines vor dem Sozialgericht Würzburg (Az.: S 2 U 136/83) gegen die zuständige Berufsgenossenschaft geführten Verfahrens, mit dem der Kläger die Anerkennung von Herzrhythmusstörungen
und Kopfschmerzen als Unfallfolgen erreichen wollte, wurde ein internistisches und ein nervenärztliches Gutachten eingeholt.
Internistisch wurde dabei ein chronisch progredienter Prozess am Herzen festgestellt, welcher u.a. zu Herzrhythmusstörungen
geführt habe. Bei den im Rahmen der nervenärztlichen Begutachtung durchgeführten Untersuchungen konnte von Seiten der Hirnnerven
ein normabweichender Befund nicht objektiviert werden. Angaben zu einer Beeinträchtigung der Sehfähigkeit machte der Kläger
in diesem Verfahren nicht.
Den seit 1973 geführten Schwerbehindertenakten des Klägers sind Angaben zu einer Beeinträchtigung der Sehfähigkeit nicht zu
entnehmen. Im Antrag vom 27.12.1982 gab der Kläger über die bereits bekannten Beschwerden hinaus an, seit Januar 1981 unter
einer Tachyarrhythmia absoluta mit Vorhofflimmern und Depression zu leiden. Mit Bescheid vom 14.02.1983 wurden die Herzrhythmusstörungen
mit einem Einzel-GdB von 50 berücksichtigt.
Im Jahr 1990 stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Anerkennung seiner Tachyarrhythmie als Schädigungsfolge wegen
einer 1943 durchgemachten Diphtherie. Bei einer Begutachtung durch den Internisten Dr. D-R. am 06.02.1991 ergab sich bei einem
EKG eine leichte Sinusbradycardie mit Zeichen einer linken Vorhofbelastung und Erregungsrückbildungsstörungen vom Innenschichttyp
mit diffuser Verteilung. Im Ergebnis kam der Gutachter zu dem Schluss, dass ein Zusammenhang mit der 1943 durchgemachten Diphtherie
zwar möglich, aber vom Verlauf her nicht wahrscheinlich sei. Dementsprechend wurde der Antrag mit Bescheid vom 15.04.1991
abgelehnt.
Am 18.05.1992 wurde bei einer Gesichtsfelduntersuchung des Klägers ein teilweiser Gesichtsfeldausfall im Sinne einer homonymen
Hemianopsie (Halbseitenblindheit) festgestellt und vom Kläger anschließend als Schädigungsfolge geltend gemacht.
Bei der augenärztlichen Begutachtung durch Dr. D. (Gutachten vom 19.03.1993) gab der Kläger an, er habe nach der Granatsplitterverletzung
zunächst nichts mehr gesehen. Im Laufe von Wochen habe sich das Sehvermögen langsam wieder eingestellt. Das Sehen nach links
sei aber beeinträchtigt geblieben. An diese Situation habe er sich in den folgenden Jahren gewöhnt, so dass die Sehstörung
ihm mal mehr, mal weniger aufgefallen sei. In den letzten Jahren sei es immer wieder vorgekommen, dass er Gegenstände linksseitig
übersehen habe. Das Ergebnis der Gesichtsfeldprüfung ergab auf dem rechten und dem linken Auge einen absoluten Defekt nach
links, der vom Zentrum bis auf 25 bis 30 Grad reichte. Die Gesichtsfelddefekte seien - so der Gutachter - bei der neurologischen
Untersuchung 1947 anamnestisch erwähnt worden. Bei der körperlichen Untersuchung seien damals Gesichtsfeldstörungen nicht
mehr nachweisbar gewesen. Allerdings habe vermutlich keine perimetrische Untersuchung stattgefunden. Es habe zu dieser Zeit
nur vergleichsweise einfache Geräte gegeben. Nach Anamnese, Aktenlage und Befund sei es wahrscheinlich, dass die Gesichtsfelddefekte
auf das erlittene Kopftrauma mit bekannter Occipitalprellung zurückzuführen seien. Die MdE schätzte er auf 30 v.H.
Der leitende Arzt des Beklagten schlug am 25.03.1993 vor, als weitere Schädigungsfolge rückwirkend die inkomplette Hemianopsie
links nach occipitaler Hirnverletzung rechts anzuerkennen, da sie mit Wahrscheinlichkeit seit August 1944 bestehe, und diese
mit einer Einzel-MdE 30 v.H. bei der Versorgung nach einer Gesamt-MdE von 60 v.H. zu berücksichtigen.
Diesem Vorschlag wurde nach Einholung weiterer versorgungsärztlicher Stellungnahmen auf nervenärztlichem und augenärztlichem
Gebiet nicht gefolgt. Der ursächliche Zusammenhang sei zu verneinen. Bei der nervenärztlichen Untersuchung 1947 seien die
Gesichtsfeldstörungen nicht mehr nachweisbar gewesen. Dem Gutachten von 1947 sei nur zu entnehmen, dass der Gesichtsfeldausfall
vier Monate angehalten habe. Er tauche erst wieder im Jahr 1992 auf. Hätte die Hemianopsie schon vorher bestanden, so wäre
sie sicherlich vom Kläger irgendwann schon einmal geltend gemacht worden. Man dürfe auch nicht vergessen, dass in der Zwischenzeit
eine kardiologische Erkrankung aufgetreten sei, die durchaus zu embolischen cerebralen Ereignissen und grundsätzlich auch
zu einer homonymen Hemianopsie als Symptom z.B. eines Posteriorverschlusses führen könne.
Mit Antrag vom 03.12.2006 begehrte der Kläger die Höherstufung seines anerkannten Leidens. Nach seiner Verwundung seien zunächst
die akut lebensbedrohlichen Verletzungen von Thorax und Abdomen im Vordergrund gestanden. Er sei aber von O. gezielt in das
Reservelazarett G. - psychiatrisch-neurologische Abteilung, Klinikum K. - verlegt worden. Untersuchungen wegen der zunächst
eingetretenen Blindheit seien versäumt worden. Der objektive Befund des Augenarztes Dr. D. belege aber einen hochgradigen
Gesichtsfeldausfall. Dies habe er bereits am 03.09.1947 bei der Begutachtung angegeben. Der Nachweis einer spezifisch neurologisch-psychiatrischen
Behandlung im Sanatorium K. sei glaubhaft gemacht.
Im Rahmen der augenärztlichen Begutachtung durch Dr. M. (Gutachten vom 13.03.2007) gab der Kläger Folgendes an: Nach dem Krieg
habe er beim Führerscheintest in der Gesichtsfeld-Perimetrie geschummelt. Kurz danach habe sich ein Beinahe-Unfall zugetragen,
weil er einen LKW von links übersehen habe. Seitdem sei ihm klar gewesen, dass er das Fehlen des linken Gesichtsfelds mit
Kopfwendungen kompensieren müsse. Der Gutacher sah ein Korrelat für eine lang eingeübte Kompensation des Gesichtsfeldverlustes.
Die homonyme Hemianopsie nach links sei durch eine Schädigung der Sehrinde am Occipitalpol rechts verursacht. Form und Ausmaß
des Schadens ließen keine Rückschlüsse auf Ursache und Zeitpunkt zu. Häufigste Ursache sei ein Apoplex (Schlaganfall) meist
ischämischer Natur, seltener hämorrhagischer Genese. Patienten mit Apoplex beider Formen würden vaskuläre Risikofaktoren (Hypertonie
und/oder erhöhte Blutfette und/oder Diabetes) mit entsprechenden Veränderungen an den Netzhautgefäßen im Sinne eines generalisierten
Gefäßprozesses aufweisen. Auch eine Tachyarrhythmie könne über ein embolisches Geschehen zu cerebralen Durchblutungsstörungen
führen. Eine weitere mögliche Ursache sei ein Trauma der Sehrinde. Beim Kläger lägen keine Sklerosezeichen vor. Insofern kämen
nur das Kriegstrauma oder ein embolisches Geschehen im Rahmen der bekannten Tachyarrhythmien in Frage. Bei embolischem Geschehen
würden sich im MRT in der Regel multiple Areale als Narben infolge von cerebralen Durchblutungsstörungen nachweisen lassen.
Sollte dies nicht der Fall sein, so wäre das Kriegstrauma am wahrscheinlichsten ursächlich. Die MdE bei homonymer Hemianopsie
betrage 40 v.H.
Bei einer am 10.05.2007 zur weiteren Sachaufklärung erstellten CCT waren - so der beurteilende Radiologe Dr. T. - ältere kolliquierte
Substanzdefekte rechts occipital sowie links parietooccipital, in erster Linie einem Zustand nach älteren kleinen Infarkten
entsprechend, erkennbar. Dieser Bewertung schloss sich der versorgungsärztliche Dienst des Beklagten am 25.05.2007 an.
In der nervenärztlich-versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.06.2007 wurde auf die radiologischen Beurteilungen Bezug
genommen und darauf hingewiesen, dass bei dieser Sachlage eine Hirnverletzung nicht mit notwendiger Wahrscheinlichkeit nachgewiesen
werden könne. Die beschriebenen Befunde seien als versorgungsfremdes vaskuläres Geschehen aufzufassen.
Mit Bescheid vom 12.06.2007 wurde der Antrag vom 03.12.2006 auf Anerkennung einer linksseitigen Gesichtsfeldeinschränkung
als Folge einer im 2. Weltkrieg erlittenen Hirnverletzung nach § 48 SGB X abgelehnt. Hinweise auf knöcherne Veränderungen der Kalotte bestünden nicht. Ältere Substanzdefekte würden auf ältere kleinere
Infarkte hindeuten.
Seinen dagegen erhobenen Widerspruch hat der Kläger damit begründet, dass es bei Schädel-Hirn-Traumata bekanntlich sehr gefährlich
sei, sich nur auf die Röntgenaufnahmen zu verlassen. Die radiologischen Befunde stünden einer Anerkennung nicht entgegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 12.12.2007 haben die Bevollmächtigten des Klägers Klage zum Sozialgericht Würzburg mit dem Antrag erhoben, weitere Schädigungsfolgen
anzuerkennen, die MdE entsprechend zu erhöhen und die gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Es sei eine Occipitalhirnschädigung
mit heftiger Rindenprellung und Blutung anzunehmen. Die Anerkennung sei bereits 1993 empfohlen worden. Beim Kläger hätten
keinerlei schlaganfallauslösende Krankheiten vorgelegen. Deshalb müsse die linksseitige Gesichtsfeldeinschränkung als Folge
des Kriegstraumas betrachtet werden.
Am 02.05.2008 hat der Neurologe Dr. H. ein Gutachten nach Aktenlage erstellt. Mit den 1981 entdeckten Herzrhythmusstörungen
hätten sich Risikofaktoren für ein embolisches cerebrales Schlaganfallgeschehen herausgebildet. Die Hemianopsie sei nicht
Folge eines Traumas, sondern durch ein kardiologisch embolisches Geschehen in verschiedenen Hirnarealen ausgelöst worden.
In Reaktion auf das Gutachten hat der Kläger erklärt, dass der Gutachter dem Umstand der 140 Tage dauernden Behandlung in
der Hirnverletztenabteilung im Sanatorium K. in G. keine Beachtung geschenkt habe. Außerdem sei unbeachtet geblieben, dass
das Krankenblatt aus G. den Eintrag 26 als Diagnoseschlüssel enthalte. Es sei nicht gewürdigt worden, dass bei ihm keine Sklerosezeichen
vorgelegen hätten. Auch hat er einige Schreiben von Personen übermittelt, mit denen er nach dem Krieg in Kontakt gestanden
war. Nach diesen Schreiben seien Anzeichen eines Schlaganfalls nie aufgefallen.
Mit Urteil vom 18.08.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Beim Gesichtsfelddefekt des Klägers handle es sich nicht
um die Folge eines Traumas, sondern eines kardiologisch ausgelösten Geschehens in verschiedenen Hirnarealen.
Am 18.09.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er wiederum auf die Versorgung im Klinikum K., die nur
bei schweren neurologischen Verletzungen erfolgt sei, die Diagnose Nr. 26, die eine Behandlung wegen neurologischer oder psychiatrischer
Beeinträchtigungen belege, sowie die bereits 1952 erfolgte Anerkennung einer Occipitalhirnprellung hingewiesen. Die Substanzdefekte
im CCT seien zwanglos mit der Kriegsverletzung zu erklären. Eine augenärztliche Untersuchung sei 1947 unterlassen worden.
Im Jahr 1981 habe sich bei einem Hirnstrombild kein pathologischer Befund ergeben.
Der Augenarzt Prof. Dr. C. hat am 03.06.2009 ein Gutachten nach persönlicher Untersuchung des Klägers erstellt. Eine Kopfverletzung
mit Occipitalhirnprellung könnte für den Gesichtsfelddefekt ursächlich sein. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass die
Gesichtsfelddefekte auf den in der CCT festgestellten Befund mit Läsionen im Occipitalbereich des Gehirns als Folge eines
möglichen Schlaganfalls zurückzuführen seien. Ohne neurologische Stellungnahme sei eine zweifelsfreie Aussage zur Wahrscheinlichkeit
nicht möglich.
In dem nach persönlicher Untersuchung am 29.12.2009 erstellten Gutachten ist der Neurologe Prof. Dr. D. zu dem Ergebnis gekommen,
dass die Befunde für eine vorübergehende, sich zurückbildende Gesichtsfeldstörung nach dem Trauma und eine neu aufgetretene
Gesichtsfeldstörung mit Erstdiagnose 1992 sprächen. Beim Kläger sei es am 01.08.1944 zu einem gedeckten Schädel-Hirn-Trauma
ohne Fraktur gekommen; die fehlende Schädelfraktur schließe eine intrakranielle Blutung oder Hirnsubstanzschädigung aber nicht
aus. Die klinischen Befunde sprächen für das Vorliegen einer traumabedingten Hirnschädigung in Form einer Occipitalhirnprellung
im Jahr 1944. Nach dem Trauma habe eine vorübergehende Gesichtsfeldstörung nach links vorgelegen. Spätere Untersuchungsergebnisse
sprächen für eine Rückbildung, so z.B. das nervenärztliche Gutachten vom 03.09.1947. In späteren ärztlichen Berichten sei
weder bei den vom Kläger selbst angegebenen Beschwerden noch in den Untersuchungsbefunden auf eine Gesichtsfeldstörung hingewiesen
worden. Ab 1992 werde über das Vorliegen einer Gesichtsfeldstörung nach links berichtet.
Die bei der CT von 2007 festgestellte Lokalisation und Konfiguration der rechts okzipitalen Läsion sprächen mehr für eine
ischämische als für eine traumatische Läsion. Diese Läsion könne durch kardial embolische ischämische Ereignisse bei Vorhofflimmern
oder durch ortsständige Gefäßstenosen mit arterio-arteriellen Embolien erklärt werden. Letztere seien nicht nachweisbar gewesen,
so dass kardial embolische ischämische Ereignisse die wahrscheinlichere Ursache seien.
Die Gesichtsfeldstörung sei wahrscheinlich Folge eines ischämischen Schlaganfalls und nicht Folge des Schädel-Hirn-Traumas
vom 01.08.1944. Die Gründe dafür seien der fehlende Nachweis einer Sehstörung im Jahr 1947 und in den folgenden Untersuchungen
bis 1992, die fehlenden ärztlichen Berichte über vom Kläger angegebene Sehstörungen bis 1992, die Konfiguration und Lokalisation
der rechts okzipitalen Läsion im Schädel-CT, die mehr für einen Territorialinfarkt als für eine traumatische Läsion spreche
und der Nachweis mehrerer hypodenser Areale, die den dringenden Verdacht auf multiple kardial-embolische zerebrale ischämische
Infarkte bei bekanntem Vorhofflimmern ergäben. Zwar beweise der Nachweis eines Infarktes im Strombahngebiet der Arteria cerebri
media links nicht die ischämische Ursache auch der rechts okzipitalen Läsion. Dennoch sei die ischämische Ursache aus den
genannten Gründen wahrscheinlicher als eine traumatische. Ein Infarkt in der Sehrinde verursache nur Sehstörungen, keine Lähmungen,
Sprachstörungen o.ä., sodass das Fehlen solcher Symptome nicht gegen das Vorliegen eines Posteriorinfarkts mit Gesichtsfeldstörung
spreche.
An diesem Gutachten hat der Kläger kritisiert, dass der EEG-Befund bei Prof. Dr. D. unauffällig gewesen sei. Es sei keiner der großen Risikofaktoren für Schlaganfall nachgewiesen. Es
fänden sich keine Hämosiderinablagerungen. Dies zeige, dass kein Schlaganfall in den letzten Jahrzehnten stattgefunden habe.
Dr. M. habe darauf hingewiesen, dass wegen des guten Ergebnisses in der Goldmann-Perimetrie auf eine lang eingeübte Kompensation
des Gesichtsfeldverlusts zu schließen sei. Die klinischen Kriterien eines traumabedingten Hirnschadens seien erfüllt. Es sei
ein zeitlicher Zusammenhang von Kriegsverletzung und Hemianopsie gegeben. Die Annahme einer vorübergehenden Gesichtsfeldstörung
sei rein spekulativ. Es bestehe kein einziger Hinweis auf einen cerebralen Insult. Es sei nicht untersucht worden, ob ein
Vorhofflimmern vorliege.
Der Sachverständige Prof. Dr. D. äußerte sich dazu ergänzend am 05.05.2010 dahingehend, dass eine nervenärztliche EEG-Untersuchung nicht geeignet sei, einen stattgehabten Schlaganfall zu belegen. Eine cerebrale Ischämie im Bereich der Arteria
posterior, die zu einem Infarkt der Sehrinde mit nachfolgender Gesichtsfeldstörung führe, rufe keine neurologischen Ausfälle
wie Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen hervor. Das Vorhofflimmern bedeute nach wissenschaftlichen Studien ein Schlaganfallrisiko
von ca. 4,5 % pro Jahr. Nicht-traumatische strukturelle Hirnschäden seien in der linken Hirnhälfte nachweisbar. Über 80 %
der Schlaganfälle würden durch ischämische Hirninfarkte hervorgerufen, bei denen in späteren kernspintomographischen Untersuchungen
keine Hämosiderinablagerungen zu finden seien. Wenn 1947 eine Gesichtsfeldstörung in ähnlicher Form wie heute vorgelegen hätte,
hätte sie auch im Jahr 1947 fingerperimetrisch auffallen müssen.
In seiner weiteren Stellungnahme vom 27.06.2010 hat der Kläger vorgetragen, dass seine Angaben im Jahr 1947 ungenau gewesen
seien, da er kein Krüppel habe sein wollen. Was habe da Halbseitenblindheit gezählt. Dies seien Banalitäten gewesen. Die kardiologischen
Befunde von 1981 bis 1991 seien auffallend gut und ließen keine Spur von Vorhofflimmern erkennen. Die Fingerperimetrie, die
1947 durchgeführt worden sei, sei sehr ungenau gewesen. Im Übrigen habe er dazu geneigt zu dissimulieren. Er habe keinen Grund
gehabt, seine Symptome amtlich zu beklagen.
Einen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2011 angekündigten Antrag gem. §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) hat der Kläger nicht gestellt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 12.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2007 sowie das Urteil des Sozialgerichts Würzburg
vom 18.08.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, als weitere Schädigungsfolge eine linksseitige Gesichtsfeldeinschränkung
anzuerkennen und dem Kläger Versorgungsleistungen nach einer MdE von 60 v.H. ab Antrag zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen worden sind neben den Versorgungsakten auch die Schwerbehindertenakte des Beklagten und die Akten des Sozialgerichts
Würzburg zu den Az. S 2 U 136/83, S 11 V 96/91 und S V 11/07. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gem. §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, da die Beteiligten dazu in der mündlichen Verhandlung am 27.01.2011 ihr Einverständnis
erklärt haben.
Der Beklagte hat es mit Bescheid vom 12.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2007 zu Recht abgelehnt, die
Gesichtsfeldeinschränkung beidseits nach links als Schädigungsfolge anzuerkennen und dem Kläger eine höhere Beschädigtenversorgung
zu gewähren. Die klageabweisende Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg vom 18.08.2008 ist daher nicht zu beanstanden.
Nach den umfassenden Ermittlungen ist zwar ein Zusammenhang zwischen Kriegsverletzung und der jetzt vorliegenden Gesichtsfeldeinschränkung
beidseits nach links möglich, nicht aber wahrscheinlich. Eine solche Wahrscheinlichkeit wäre aber Voraussetzung für die Anerkennung
als Schädigungsfolge.
Da die beim Kläger vorliegende Gesichtsfeldeinschränkung nicht in einem wahrscheinlichen Zusammenhang mit seiner Kriegsverletzung
steht, kommt eine höhere Versorgung als bisher nicht in Betracht.
1. Streitgegenstand:
Ausgangspunkt des Verfahrens ist der Antrag des Klägers vom 03.12.2006. Mit diesem Antrag hat der Kläger sein Begehren vorgetragen,
auch den Gesichtsfeldausfall als Schädigungsfolge anzuerkennen und ihm daher eine höhere Versorgung zu gewähren.
Der Beklagte - und anschließend auch das Sozialgericht - haben dies als Antrag gem. § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ausgelegt. § 48 SGB X ermöglicht die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen,
die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine derartige Änderung kann nicht
nur in der Verschlechterung oder Verbesserung anerkannter Schädigungsfolgen liegen, sondern auch im Hinzutreten einer neuen,
bisher noch nicht anerkannten Schädigungsfolge. Letzteres, also die Anerkennung einer neu aufgetretenen Schädigungsfolge,
strebt der Kläger aber gerade nicht an. Vielmehr trägt er vor, dass die Halbseitenblindheit nicht erst zwischenzeitlich entstanden
sei, sondern bereits seit der Kriegsverletzung am 01.08.1944 durchgängig bis heute vorgelegen habe. Sein Antrag ist damit
so zu verstehen, dass die bisherigen Bescheide des Beklagten in der Versorgungsangelegenheit wegen fehlender Anerkennung und
Berücksichtigung der Halbseitenblindheit unvollständig und damit unrichtig gewesen seien. Anders als der Beklagte und auch
das Sozialgericht wertet der Senat daher den Antrag des Klägers vom 03.12.2006 als Überprüfungsantrag im Sinne des § 44 SGB X. Rechtsnachteile können daraus für den Kläger unter keinem Gesichtspunkt entstehen.
Gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden
ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Am Ergebnis ändert diese Einordnung des klägerischen Antrags aber nichts, da - unabhängig von der Frage, ob der Antrag als
solcher gem. § 48 SGB X oder gem. § 44 SGB X auszulegen ist - die Anerkennung als Schädigungsfolge in beiden Fällen einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen schädigendem
Ereignis und jetzt vorliegendem Schaden voraussetzt. Ein solcher Zusammenhang ist hier aber nicht gegeben.
2. Halbseitenblindheit als Schädigungsfolge?
Für die Anerkennung der Halbseitenblindheit als Schädigungsfolge und damit die Berücksichtigung im Rahmen des Versorgungsanspruchs
gem. § 1 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) wäre gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ein wahrscheinlicher Zusammenhang von Kriegsverletzung und den geltend gemachten Gesundheitsstörungen erforderlich. Dieser
lässt sich nicht herstellen.
Der Regelung des § 1 Abs. 1 BVG als Anspruchsgrundlage für einen Versorgungsanspruch liegt eine dreigliedrige Kausalkette zugrunde. Ein mit dem Wehrdienst
zusammenhängender schädigender Vorgang (1. Glied) muss zu einer primären Schädigung (2. Glied) geführt haben, die wiederum
den als Schädigungsfolge geltend gemachten und jetzt vorliegenden Gesundheitsschaden (3. Glied), der auch als Versorgungsleiden
bezeichnet wird, bedingt (vgl. Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage 1992, § 1 BVG, Rdnr. 61).
Die drei Glieder der Kausalkette müssen im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen
sein (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen.
Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses
des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG,
Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92).
Demgegenüber reicht es für den zweifachen ursächlichen Zusammenhang der drei Glieder gem. § 1 Abs. 3 BVG aus, wenn dieser jeweils mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Danach ist jede Möglichkeit wahrscheinlich, der nach sachgerechter
Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSG, Urteil
vom 22.09.1977, Az.: 10 RV 15/77). Oft wird diese Wahrscheinlichkeit auch als hinreichende Wahrscheinlichkeit bezeichnet, wobei das Wort "hinreichend" nur
der Verdeutlichung dient (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ders./Leitherer,
SGG, 9. Auflage 2008, §
128, Rdnr. 3c). Nicht ausreichend ist dagegen eine bloße - abstrakte oder konkrete - Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs
(vgl. BSG, Urteil vom 26.11.1968, Az.: 9 RV 610/66).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die Halbseitenblindheit des Klägers nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden. Dabei
stützt sich der Senat im Wesentlichen auf die äußerst ausführlichen und alle Aspekte aufgreifenden Äußerungen des vom Senat
beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. D., die durchweg überzeugend und schlüssig sind. Der Senat macht sich diese gutachtlichen
Feststellungen zu eigen.
2.1. 1. Glied der Kausalkette - schädigender Vorgang:
Mit dem Ereignis am 01.08.1944 (feindlicher Beschuss mit Granat- und Gewehrfeuer) liegt ohne jeden Zweifel ein schädigendes
Ereignis im Sinne des § 1 Abs.1 BVG vor.
2.2. 2. Glied der Kausalkette - primäre Schädigung:
Ebenso im Vollbeweis nachgewiesen ist als Primärschädigung - soweit der hier interessierende Bereich des Kopfes betroffen
ist - eine Kopfverletzung im Sinne einer Occipitalhirnprellung, wie dies auch mehrfach bescheidsmäßig anerkannt worden ist
(erstmals mit Bescheid vom 03.08.1948). Am 01.08.1944 ist es beim Kläger zu einem gedeckten Schädel-Hirn-Trauma gekommen.
Frakturen und/oder ein Durchdringen der Schädeldecke durch Granatsplitter oder Gewehrkugeln hingegen konnten zu keinem Zeitpunkt
radiologisch nachgewiesen werden; es fehlen jegliche Hinweise auf eine solche Verletzung.
Die fehlende Schädelfraktur und Durchdringung schließen aber eine intrakranielle Blutung oder Hirnsubstanzschädigung im Jahr
1944 nicht aus. Auch wenn keine bildgebenden Befunde eine intracerebrale Läsion belegen - technische Möglichkeiten für einen
solchen Nachweis wie eine Computer- oder Kernspintomographie standen erst viel später zur Verfügung -, sprechen doch klinische
Befunde für das Vorliegen einer traumabedingten Hirnschädigung zum damaligen Zeitpunkt: Dies sind die vom Kläger angegebene
anterograde Amnesie nach dem Trauma, die von ihm beschriebene Bewusstlosigkeit und die wiederum vom Kläger angegebenen zentralen
fokalen neurologischen vorübergehenden Ausfälle, wie sie auch in zeitnah erstellten medizinischen Berichten dokumentiert sind.
Auch wenn der Gutachter davon spricht, dass eine Hirnsubstanzschädigung mit vorübergehenden, sich vollständig zurückbildenden
Symptomen anhand klinischer und anamnestischer Kriterien (nur) "mit Wahrscheinlichkeit" diagnostiziert werden könnte, so geht
der Senat doch - zugunsten des Klägers - davon aus, dass es am 01.08.1944 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
zu einer Hirnsubstanzschädigung im Sinne einer Occipitalhirnprellung gekommen ist, wie sie auch bescheidsmäßig anerkannt ist.
Im Übrigen legen die weiteren Ausführungen des Sachverständigen den Schluss nahe, dass er mit sehr hoher, d.h. an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen einer Hirnsubstanzschädigung im Jahr 1944 ausgeht.
2.3. 3. Glied der Kausalkette - als Schädigungsfolge geltend gemachter und jetzt vorliegender Gesundheitsschaden:
Beim Kläger ist das Vorliegen einer linksseitigen Gesichtsfeldeinschränkung erstmals im Befundbericht des Dr. K. vom 05.08.1992,
der auf einer Computerperimetrie vom 18.05.1992 beruht, erwähnt und seitdem mehrfach bestätigt worden. Das Vorliegen dieser
Gesundheitsstörung ist damit - seit der Computerperimetrie - im Vollbeweis nachgewiesen, auch wenn über den genauen Umfang
gewisse Differenzen bei den untersuchenden und beurteilenden Ärzten bestehen. Dass die Gesichtsfeldeinschränkung schon früher
vorgelegen hat, ist zwar durchaus - zumindest für eine gewisse Zeit - möglich, nicht aber im Vollbeweis nachgewiesen. Jedenfalls
hat der Kläger selbst im Jahr 1947 nur von einer vorübergehenden und zum Zeitpunkt der damaligen Begutachtung bereits wieder
verschwundenen Sehbeeinträchtigung gesprochen; auch liegen keinerlei ärztliche Befunde vor, die eine Halbseitenblindheit bereits
vor 1992 belegen oder auch nur darauf hindeuten würden.
2.4. Kausalzusammenhang zwischen schädigendem Vorgang und primärer Schädigung:
Dieser Zusammenhang steht außer Frage.
2.5. Kausalzusammenhang zwischen primärer Schädigung und dem als Schädigungsfolge geltend gemachten jetzt vorliegenden Gesundheitsschaden:
Ein Zusammenhang zwischen der Occipitalhirnprellung und der seit 1992 belegten Halbseitenblindheit lässt sich nicht wahrscheinlich
machen.
Der Senat folgt der schlüssigen Argumentation des Sachverständigen Prof. Dr. D., der überzeugend dargelegt hat, dass es sich
bei der jetzt vorliegenden Gesichtsfeldstörung um eine neu aufgetretene Gesichtsfeldstörung mit Erstdiagnose 1992 handelt,
die nicht wahrscheinlich auf die Kriegsverletzung zurück geführt werden kann. Er macht sich dabei die Feststellungen des Sachverständigen
zu eigen.
Eine Abwägung ergibt, dass mehr gegen als für einen Zusammenhang zwischen der Occipitalhirnprellung im Jahr 1944 und der seit
1992 diagnostizierten Halbseitenblindheit spricht.
Für einen Zusammenhang spricht:
- Es ist davon auszugehen, dass der Kläger am 01.08.1944 ein gedecktes Schädel-Hirn-Trauma - wenn auch ohne Fraktur oder Durchdringung
des Schädels - erlitten hat, bei dem Folgeschäden bei der Sehfähigkeit nicht auszuschließen sind. Zwar gab es damals noch
keine technischen Verfahren wie eine Kernspin- oder Computertomographie, mit denen der bildgebende Nachweis eines Schädel-Hirn-Traumas
ohne knöcherne Verletzungen, aber mit Gehirnblutungen möglich gewesen wäre. Auf ein Schädel-Hirn-Trauma im Jahr 1944 deuten
aber diverse klinische Befunde hin. Dies sind die vom Kläger angegebene und in den Krankenunterlagen dokumentierte anterograde
Amnesie nach dem Trauma mit zentralen fokalen neurologischen Ausfällen, wie sie im Gutachten vom 03.09.1947 beschrieben worden
sind (primär bestehender Gesichtsfeldausfall, vorübergehende Lähmung beider Beine). Bei einem solchen gedeckten Schädel-Hirn-Trauma
als Hirnsubstanzschädigung ist es grundsätzlich möglich, dass daraus auch neurologisch bedingte Ausfälle beim Sehvermögen
resultieren, zumal wenn - wie beim Kläger der Fall - von der Prellung des Gehirns auch der Bereich betroffen ist, in dem sich
das Sehzentrum befindet.
Gegen einen Zusammenhang spricht:
- Es kann nur von einem Nachweis einer Hirnsubstanzschädigung mit vorübergehenden, d.h. sich vollständig zurückbildenden Symptomen
im Jahr 1944 ausgegangen werden. Durchgängig vorliegende Symptome im Sinne einer Gesichtsfeldeinschränkung sind nicht im Vollbeweis
nachgewiesen. Zwar ist initial nach dem Trauma über eine vorübergehende Gesichtsfeldstörung nach links berichtet worden. Spätere
Untersuchungsergebnisse sprechen aber ganz klar für eine Rückbildung: Bereits im nervenärztlichen Gutachten vom 03.09.1947
wurde dezidiert darauf hingewiesen, dass keine Gesichtsfeldstörung mehr gegeben war; bei der damals durchgeführten Fingerperimetrie
wurde eine Einschränkung des Gesichtsfeldes nicht festgestellt. In den vorliegenden ärztlichen Berichten ist weder bei den
Beschwerdeangaben des Klägers noch in den Untersuchungsbefunden eine noch nach Januar 1945 vorliegende Gesichtsfeldstörung
erwähnt worden (z.B. Krankenblatt Lazarett G. aus dem Jahr 1945, Dr. Sch. mit Untersuchung am 04.10.1990, internistisches
Gutachten Dr. D-R. mit Untersuchung am 06.02.1991, Bericht der Kurklinik Bad T. vom 29.05.1991). All dies spricht dafür, dass
die zunächst im Jahr 1944 vorliegende Störung des Sehvermögens wieder vollständig verschwunden ist. Belegt ist erstmals wieder
im Jahr 1992 eine Gesichtsfeldstörung nach links.
Auch wenn die Angaben des Klägers zu einer bereits vor 1992 vorliegenden Einschränkung der Sehfähigkeit im Sinne einer seit
der Verletzung durchgängig bestehenden Einschränkung des Gesichtsfelds gewisse, wenn auch nur schwach ausgeprägte Zweifel
an der vollständigen Rückbildung der Symptome wecken, so hilft dies dem Kläger bei seinem Begehren nicht weiter. Denn es ist
nicht gegenüber dem Kläger der Vollbeweis eines vollständigen Symptomrückgangs zu führen, um sein Begehren ablehnen zu dürfen.
Vielmehr müsste eine durchweg vorliegende Gesichtsfeldeinschränkung im Vollbeweis nachgewiesen sein, wofür der Kläger die
objektive Beweislast hat. An einer durchgängig vorliegenden Gesichtsfeldeinschränkung bestehen aber angesichts der vorliegenden
Befunde und auch Angaben des Klägers erheblichste Zweifel.
Wenn der Kläger nach der Diagnose der Gesichtsfeldeinschränkung im Jahr 1992 vorgetragen hat, dass die Einschränkung der Sehfähigkeit
durchgängig seit der Verletzung vorgelegen habe, kann sich der Senat dieser Aussage des Klägers nicht anschließen. Denn der
Senat hat große Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des Klägers, was das durchgängige Vorliegen der Gesichtsfeldeinschränkung
betrifft. Ein solches Vorliegen hat der Kläger nämlich erst ab einem Zeitpunkt vorgetragen, als für ihn ersichtlich war, dass
es für sein Begehren hilfreich wäre, wenn ein durchgängiges Vorliegen angenommen würde. Früher, als es den Interessen des
Klägers möglicherweise entgegen gelaufen wäre, wenn von einer Einschränkung der Sehfähigkeit ausgegangen worden wäre (Führerschein!),
hat er nämlich ganz andere Angaben gemacht. Diese Widersprüchlichkeit weckt Zweifel am Wahrheitsgehalt der aktuellen Angaben;
welche Angaben - die von früher beim Erwerb des Führerscheins oder die von jetzt, wenn es um die Versorgungsleistungen geht
- zutreffend sind, kann nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden. Im Übrigen muss sich der Kläger auch fragen
lassen, warum er erst nach so vielen Jahren die seinen Angaben nach falschen weil dissimulierenden alten Angaben zur Sehfähigkeit
berichtigt hat, obwohl dies schon viel früher (nach dem Führerscheinerwerb) möglich gewesen wäre, ohne Nachteile befürchten
zu müssen.
Zudem ist auch nicht ersichtlich, warum der Kläger früher keinen Anlass gehabt haben sollte, die Einschränkung der Sehfähigkeit
gegenüber dem Beklagten anzugeben. Denn es ist nicht so, dass der Kläger früher nicht an der Durchsetzung seiner Ansprüche
gegen die Versorgungsverwaltung interessiert gewesen wäre. Auch die vom Kläger zahlreich bei der Begutachtung im Jahr 1947
angegebenen Beschwerden lassen es äußerst unwahrscheinlich erscheinen, dass der Kläger eine Einschränkung des Gesichtsfeldes
nicht angegeben hätte, wenn sie denn damals vorgelegen hätte. Denn warum hätte der Kläger gerade bei der Sehfähigkeit dissimulierende
Angaben machen sollen, wohingegen bei den anderen Beschwerden offensichtlich keine Beschwerden verheimlicht worden sind. Zudem
ist bei der Begutachtung im Jahre 1947 der Möglichkeit einer zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung noch vorliegenden
Einschränkung der Sehfähigkeit durch den Gutachter weiter nachgegangen worden, um alle potentiellen Verwundungsfolgen abzuklären.
So hat der Gutachter damals nach den Angaben des Klägers eine Fingerperimetrie durchgeführt, was ein durchaus geeignetes Verfahren
ist, um eine Einschränkung des Gesichtsfeldes nachzuweisen. Auffälligkeiten hat es dabei nicht gegeben. Dies deutet ganz deutlich
darauf hin, dass eine Gesichtsfeldeinschränkung tatsächlich nicht vorgelegen hat. Dem entspricht es auch, dass bei der Begutachtung
durch Prof. Dr. D. der Gesichtsfeldausfall bei der Fingerperimetrie erkennbar gewesen ist. Wenn ein Gesichtsfeldausfall im
Jahr 1947 tatsächlich vorgelegen hätte, wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit auch damals erkannt worden.
Bezeichnend ist auch, dass der Kläger zwar im Jahr 1990 beim Beklagten einen Antrag auf Anerkennung seiner Tachyarrhythmie
als Schädigungsfolge wegen einer 1943 durchgemachten Diphtherie gestellt hat, nachdem er mit einem ähnlichen Antrag, nämlich
auf Anerkennung als Unfallfolge wegen eines Arbeitsunfalls bei der gesetzlichen Unfallversicherung, gescheitert war, in diesem
Zusammenhang aber nicht auch die - nach seinen aktuellen Angaben bereits damals vorliegende - Sehschädigung angegeben hat.
Naheliegender Grund dafür ist, dass damals eben eine Sehschädigung nicht vorgelegen hat. Insofern erscheint es dem Senat nicht
glaubhaft, wenn der Kläger jetzt behauptet, früher nicht alle Beschwerden beim Beklagten angegeben zu haben. Im Übrigen sieht
der Senat in dem Antrag auf Anerkennung seiner Tachyarrhythmie als Schädigungsfolge auch einen Beleg dafür, dass der Kläger
sehr wohl mit einigem Nachdruck versucht hat, alle potentiellen Schädigungsfolgen mit dem Ziel einer Erhöhung seiner Versorgung
geltend zu machen. Mit einem dissimulierenden Verhalten, weil er keinen Grund gesehen habe, die Einschränkung des Sehvermögens
amtlich zu beklagen, und er als Arzt gewusst habe, dass sich der Zustand nicht bessern werde, ist dies nicht in Einklang zu
bringen.
Wenn der Kläger im Laufe des Verfahrens angegeben hat, auch schon vor 1992 des Öfteren Gegenstände umgestoßen zu haben, ändert
dies an der Einschätzung des Sachverhalts nichts. Zum einen stellt sich hier wiederum die Frage, ob diese Angaben glaubwürdig
sind oder nicht eher zweckgerichtet erfolgt sind. Zudem würden sie - wenn ihre Richtigkeit unterstellt würde - allenfalls
darauf hindeuten, dass die Einschränkung des Gesichtsfeldes schon vor 1992 vorgelegen hat; von einer durchgängigen Einschränkung
der Sehfähigkeit seit 1944 könnte aber auch dann nicht ausgegangen werden, denn der Kläger selbst hat nicht behauptet, dass
er seit der Verwundung öfter Gegenstände übersehen hätte.
Auch die Tatsache, dass bei der Begutachtung durch Dr. M. im Jahr 2007 in der Goldmann-Perimetrie ein gutes Ergebnis erzielt
worden ist, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass die Gesichtsfeldeinschränkung durchgängig seit 1944 gegeben gewesen wäre.
Dieses Ergebnis stellt zwar ein Korrelat für eine lang eingeübte Kompensation des Gesichtsfeldverlusts dar, eine Schlussfolgerung
zur genauen Dauer der Einübungszeit ist aber nicht möglich. Auch der Zeitraum seit 1992 entspricht schon einem längjährigen
Zeitraum, in dem die Kompensation hätte eingeübt werden können.
Eine weitergehende Hirnschädigung mit dauerhaften Auswirkungen auf die Sehfähigkeit ist auch nicht dadurch belegt, dass der
Kläger nach der Verletzung für einige Zeit im Klinikum K., der psychiatrisch-neurologischen Abteilung des Reservelazaretts
I in G., behandelt worden ist. Unterlagen über diese Behandlung liegen nicht mehr vor. Auch wenn es sich bei dieser Klinik
um eine - so der Kläger - hochspezialisierte Klinik für Hirnverletzte gehandelt hat, so ist allein mit einer Behandlung dort
noch nicht der Nachweise einer Hirnschädigung in einem konkreten Umfang bewiesen, der über das bislang angenommene Ausmaß
mit einer zunächst vorliegenden deutlichen, dann aber sich zurückbildenden Einschränkung der Sehfähigkeit hinausgehen würde.
Zudem waren - so hat dies jedenfalls der Kläger bei der Behandlung im Reservelazarett G. angegeben - die damals vorliegenden
Lähmungserscheinungen an der rechten Hand und möglicherweise auch der Beine ausreichender Anlass für die Behandlung in einer
neurologischen Klinik; von einer Beeinträchtigung der Sehfähigkeit als Grund für die Behandlung im Klinikum K. hat der Kläger
nach den Angaben im Krankenblatt des Reservelazaretts G. nicht gesprochen.
Genauso wenig kann die verschlüsselte Diagnose Nr. 26 für die Lazarettbehandlung des Klägers als Indiz für eine weitergehende
Hirnschädigung gesehen werden. Ausgehend davon, dass diese Diagnosenummer nach dem Krankheiten-Verzeichnis der Deutschen Wehrmacht
für "Nerven- und Geisteskrankheit" steht, belegt sie noch keine konkrete Schädigung, geschweige denn den Umfang einer solchen
Schädigung. Im Übrigen entspricht auch die im Lazarett G. festgehaltene Diagnose einer partiellen Medianuslähmung rechts als
Schädigung eines Nerven einer "Nerven- und Geisteskrankheit" im Sinne der verschlüsselten Diagnose Nr. 26.
- Der Sachverständige Prof. Dr. D. hat erläutert, dass die Lokalisation und Konfiguration der bei den Computer- und Kernspintomographien
des Schädels erhobenen Befunde einer rechts okzipitalen Läsion mehr für eine ischämische als für eine traumatische Läsion
sprechen. Im Bereich der linken Hirnhälfte sind nicht-traumatische strukturelle Schäden nachweisbar. Das Fehlen von Hämosiderinablagerungen
steht der Annahme von ischämischen Läsionen nicht entgegen, da bei ischämischen Infarkten, deren Ursache häufig eine kardiale
Embolie ist, bei späteren bildgebenden Untersuchungen derartige Ablagerungen nicht zu finden sind. Der Senat macht sich diese
Feststellungen des Sachverständigen zu eigen. Sie sind überzeugend, zumal auch die Radiologen Dr. T. und Dr. K. bei ihren
im Jahr 2007 durchgeführten Beurteilungen zu dem gleichen Ergebnis gekommen sind.
Auch wenn es nicht Sache des Beklagten oder des Gerichts ist, dem Kläger gegenüber den Nachweis zu erbringen, dass die Kriegsverletzung
nicht die Ursache für die jetzt vorliegenden Sehstörung ist - für einen Erfolg der klägerischen Begehrens müsste der wahrscheinliche
Zusammenhang zwischen Kriegsverletzung und jetzt vorliegendem Schaden positiv festgestellt werden; dafür trägt der Kläger
die objektive Beweislast -, spricht doch im vorliegenden Fall erheblich gegen einen Zusammenhang zwischen Kriegsverletzung
und Gesichtsfeldausfall, dass es eine andere mögliche Ursache für die Einschränkung des Gesichtsfeldes gibt, die nach den
überzeugenden Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. D., die sich der Senat zu eigen macht, um einiges wahrscheinlicher den
jetzt vorliegenden Schaden verursacht hat - nämlich einen oder mehrere ischämische Schlaganfälle.
Bei der Computertomographie des Schädels im Jahr 2007 sind Läsionen festgestellt worden, deren Konfiguration ischämischen
Territorialinfarkten entspricht. Die am 03.11.2009 anlässlich der Begutachtung durch Prof. Dr. D. durchgeführte Kernspintomographie
des Kopfes zeigt links zwei Territorialinfarkte im Versorgungsbereich der Arteria cerebri media. Auch der Neuroradiologe Prof.
Dr. B. hat das MRT dahingehend beurteilt, dass linksseitig im hinteren Mediaversorgungsgebiet gliotische Substanzdefekte mit
einer Atrophie, vereinbar mit einem Infarkt im hinteren Mediaversorgungsgebiet vorliegen. Die Lokalisation und Konfiguration
der rechts okzipitalen Läsion sprechen damit mehr für eine ischämische als für eine traumatische Läsion, wie dies früher auch
schon die Radiologen Dr. T. und Dr. K. angenommen haben.
Die in der Computertomographie festgestellten Läsionen sind verschiedenen Stromgebieten zuzuordnen (Media links, Posterior
rechts). Diese Läsionen können durch kardial embolische ischämische Ereignisse bei Vorhofflimmern oder durch ortsständige
Gefäßstenosen mit arterio-arteriellen Embolien erklärt werden. Da letztere nicht nachweisbar sind, sind kardial embolische
ischämische Ereignisse die wahrscheinlichere Ursache für die Läsionen. Auch wenn der Nachweis eines Infarktes im Strombahngebiet
der Arteria cerebri media links nicht die ischämische Ursache auch der rechts okzipitalen Läsion zwingend beweist, so ist
doch - so der Gutachter Prof. Dr. D., dem sich das Gericht anschließt - die ischämische Ursache auch die wahrscheinliche Ursache
der rechts okzipitalen Läsion, zumal erstmals wieder im Jahr 1992 eine Sehstörung nachgewiesen ist.
Dass ein Infarkt in der Sehrinde stattgefunden hat, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass beim Kläger keine Lähmungen,
Sprachstörungen o.ä. vorgelegen haben. Denn das Fehlen derartiger Symptome spricht nicht gegen das Vorliegen eines Posteriorinfarkts
mit Gesichtsfeldstörung. Eine cerebrale Ischämie im Bereich der Arteria posterior, die zu einem Infarkt der Sehrinde mit nachfolgender
Gesichtsfeldstörung führt, ruft keine neurologischen Ausfälle wie Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen hervor, da die motorische
Pyramidenbahn und die sensiblen Bahnen bei einem Infarkt in der Sehrinde nicht beeinträchtigt sind. Der Senat macht sich insofern
die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. D. zu eigen. Das Fehlen von Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen
spricht daher nicht gegen einen Schlaganfall im Bereich der Sehrinde.
Wenn der Kläger demgegenüber meint, dass ein solcher Schlaganfall wegen des unauffälligen EEG-Befunds bei Prof. Dr. D. und der fehlenden Hämosiderinablagerungen ausgeschlossen werden könne, kann dem mit Blick auf die
überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht gefolgt werden. Denn eine EEG-Untersuchung ist nicht geeignet, einen stattgehabten Schlaganfall zu belegen oder zu widerlegen. Zudem sind bei durch ischämische
Hirninfarkte (und nicht durch primäre intrazerebrale Hirnblutungen) hervorgerufenen Schlaganfällen - dies sind über 80% der
Schlaganfälle - in späteren kernspintomographischen Untersuchungen keine Hämosiderinablagerungen zu finden.
Der Senat kann dem Kläger auch nicht folgen, wenn dieser bei sich nicht das geringste Infarktrisiko sieht. Der Kläger bagatellisiert
dabei die Auswirkungen seiner Herzrhythmusstörungen. Schlichtweg falsch ist es, wenn der Kläger im Schriftsatz vom 27.06.2010
vorträgt, die "kardiologischen Befunde von 1981 - 1991 sind auffallend gut u. lassen keine Spur von Vorhofflimmern erkennen".
Das Vorhofflimmern hat in den Jahren ab 1981 nach eigenen Angaben des Klägers für diesen eine hohe Belastung und Einschränkung
dargestellt, wie sich aus seinen Angaben im unfallversicherungsrechtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Würzburg, Az.:
S 2 U 136/83, ergibt. Auch in seinem Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz im Jahre 1982 hat der Kläger Herzrhythmusstörungen angegeben;
diese sind seit 1983 mit einem Einzel-GdB von 50 berücksichtigt. Zudem hat der Kläger im Jahr 1982 seine ärztliche Praxis
u.a. wegen eines intermittierenden Vorhofflimmerns aufgegeben und bezieht seitdem eine Berufsunfähigkeitsrente. Tatsache ist
jedenfalls, dass ein Vorhofflimmern zu einer Erhöhung des Infarktrisikos führt. In welchem Umfang diese bestehende Erhöhung
vorliegt, kann letztlich als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Bei Abwägung aller Gesichtspunkte spricht daher weitaus mehr gegen einen Zusammenhang von Kriegsverletzung und der jetzt vorliegenden
Halbseitenblindheit als dafür.
Nicht folgen kann der Senat dem Sachverständigen Dr. D., der im Gutachten vom 19.03.1993 zu einem anderen Ergebnis gekommen
ist. Näher begründet hat dieser seine Bewertung nicht, sondern lediglich ausgeführt, dass es "nach Anamnese, Aktenlage und
Befund" wahrscheinlich sei, dass die Gesichtsfelddefekte auf die Occipitalprellung zurückzuführen seien. Was der Gutachter
damit gemeint hat, kann nur spekuliert werden. Es liegt aber nahe, dass Dr. D. von durchgängig seit 1944 bestehenden Einschränkungen
des Gesichtsfelds ausgegangen ist, weil dies der Kläger bei der Untersuchung so angegeben hatte. Mit der dieser Annahme entgegen
stehenden Tatsache, dass sowohl bei der gutachterlichen Untersuchung im Jahr 1947 als auch bei allen anderen ärztlichen Untersuchungen
vor 1992 ein Gesichtsfeldausfall nicht nachgewiesen und auch vom Kläger nicht angegeben worden war, hat sich der Gutachter
nicht näher auseinander gesetzt. Er hat also offensichtlich Tatsachen als nachgewiesen zugrunde gelegt, die tatsächlich nicht
bewiesen sind. Auch hat er sich nicht mit der weiteren möglichen und aus Sicht des Sachverständigen Prof. Dr. D., der sich
der Senat anschließt, auch viel näherliegenden Ursache der Herzrhythmusstörungen auseinander gesetzt. Angesichts der weit
ausführlicheren und bis in alle Einzelheiten begründeten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. D. besteht für den Senat
daher kein Zweifel, dass der Einschätzung des Dr. D. nicht gefolgt werden kann.
Sofern der leitende Arzt des Beklagten auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. D. im Jahr 1993 eine Anerkennung der Hemianopsie
als Schädigungsfolge empfohlen hat, kann diesem aus denselben Gründe wie Dr. D. nicht gefolgt werden. Aus der Stellungnahme
des leitenden Arztes vom 25.03.1993 wird deutlich, dass dieser von einem durchgängigen Bestehen der Halbseitenblindheit seit
August 1944 ausgegangen ist. Ein solches durchgängiges Vorliegen ist aber - wie schon festgestellt - nicht bewiesen. Die Tatsache,
dass im Jahr 1947 weder der Kläger bei der nervenärztlichen Begutachtung eine Beeinträchtigung des Sehvermögens angegeben
hatte noch dass eine Einschränkung des Gesichtsfeldes bei der fingerperimetrischen Untersuchung feststellbar gewesen war und
zudem bis einschließlich 1991 keinerlei Einschränkungen des Gesichtsfelds belegt sind, hat der leitende Arzt genauso wie der
Gutachter Dr. D. übersehen oder schlicht ignoriert.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass zwar die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen der Kriegsverletzung und dem
seit 1992 belegten Gesichtsfeldausfall des Klägers besteht. Dies reicht aber nicht für eine Anerkennung als Schädigungsfolge
aus. Hinreichend wahrscheinlich machen lässt sich der Zusammenhang nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).