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LSG Bayern, Urteil vom 15.12.2015 - 15 VJ 4/12
Anspruch auf Versorgung nach dem Impfschadensrecht; Ursachenzusammenhang zwischen einer Impfung mit Hexavac und einem Dravet-Syndrom
1. Für die Anerkennung eines Impfschadens müssen neben einer "Schutzimpfung oder einer anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe", die die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfüllen (1. Glied), auch eine "gesundheitliche Schädigung" (2. Glied) als Primärschädigung (d.h. Impfkomplikation) ebenso wie der "Impfschaden" (3. Glied, d.h. die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, also der Folgeschaden) im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sein.
2. Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen; allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ausreichen, denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen.
3. Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass mehr für als gegen einen Kausalzusammenhang spricht, die bloße Möglichkeit reicht nicht aus.
4. Von einer annähernd gleichwertigen versorgungsrechtlich relevanten Ursache ist beim Vorliegen von mehr als einer Ursache (nur) dann auszugehen, wenn das Gewicht der versorgungsrechtlich relevanten Ursache mindestens so groß ist wie das einer anderen versorgungsrechtlich nicht relevanten Ursache bzw. aller anderen versorgungsrechtlich nicht relevanten Ursachen zusammen.
Normenkette:
IfSG § 60 Abs. 1 S. 1
,
IfSG § 60
,
IfSG § 61
,
IfSG §§ 60 ff.
Vorinstanzen: SG Bayreuth 30.05.2012 S 4 VJ 2/11
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 30. Mai 2012 und der Bescheid des Beklagten vom 29. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2003 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, das bei dem Kläger vorliegende Anfallsleiden mit Entwicklungsretardierung (Dravet-Syndrom) als Impfschaden infolge der am 07.03.2001 erfolgten Impfung anzuerkennen und dem Kläger auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. eines Grades der Schädigungsfolgen von 60 ab dem 10.03.2001 und von 100 ab dem 01.01.2002 Versorgung nach dem Infektionsschutzgesetz zu gewähren.
II.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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