Statthaftigkeit der Klage im sozialgerichtlichen Verfahren ohne vorherige Durchführung eines obligatorischen Widerspruchsverfahrens
Gründe
I.
In der Sache geht es dem Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) um die Erstattung von Kosten im Rahmen
der ihm nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) gewährten Heilbehandlung.
Der Beschwerdeführer erhält für die Zeit ab dem 01.01.1990 Leistungen nach dem BVG nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw. einem Grad der Schädigung von 50.
Im Rahmen seines Anspruchs auf Heilbehandlung machte er bei der Beigeladenen, der er wegen seines Heilbehandlungsanspruchs
gemäß § 10 Abs. 2 BVG zugewiesen ist, die Kosten der Bestimmung eines PSA-Werts (34,23 EUR) geltend. Weiter verlangte er mit Schreiben vom 12.07.2006
eine Versorgung mit einer Bifokalbrille (Verordnung vom 10.07.2006) und die Erstattung von Kosten für zahnärztliche Privatleistungen
(Rechnung vom 21.06.2006 über 43,54 EUR).
Die Beigeladene lehnte die Erstattung der Kosten der Bestimmung eines PSA-Werts ab. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben
vom 30.01.2006 Widerspruch.
Den Antrag auf Kostenerstattung für zahnärztliche Privatleistungen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18.07.2006 ab.
Ohne dass der Kläger die Durchführung des Widerspruchsverfahrens abgewartet bzw. Widerspruch erhoben hätte, hat er mit Schreiben
vom 30.09.2006 wegen der vorgenannten Kosten Klage zum Sozialgericht München erhoben. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen
S 33 V 31/06 eingetragen.
Mit Schreiben vom 31.01.2007 lehnte die Beigeladene den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme einer Bifokalbrille ab. Auch
diese Kostenübernahme hat der Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren mit dem Aktenzeichen S 33 V 31/06 geltend gemacht. Gegenstand dieses Verfahrens sind noch weitere vom Kläger geltend gemachte Ansprüche gewesen.
Mit in der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2009 ergangenem Beschluss sind die drei Ansprüche wegen des PSA-Werts, der Bifokalbrille
und der zahnärztlichen Privatleistungen aus dem Verfahren S 33 V 31/06 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 33 (später 30) VK 13/09 fortgeführt worden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung
hat die Vorsitzende den persönlich erschienenen Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wegen der Ablehnung der Kostenerstattung
für die Bestimmung des PSA-Werts noch nicht über den Widerspruch entschieden worden sei und die Klagen im Übrigen ohne vorherige
Durchführung eines Widerspruchsverfahren erhoben worden seien.
In dem unter dem Aktenzeichen S 33 (später 30) VK 13/09 fortgeführten Verfahren hat sich der Kläger mit zahlreichen, teilweise
äußerst umfangreichen (bis zu 16 Seiten umfassenden) Schriftsätzen (vom 26.10.2012, 27.10.2012, 16.11.2012, 20.01.2013, 06.03.2013
und 08.04.2013) geäußert. Die Durchführung der fehlenden Widerspruchsverfahren hat er nie begehrt. Vielmehr hat er mit Schreiben
vom 26.10.2012 "Untätigkeitsbeschwerde" und Verzögerungsrüge eingelegt, beanstandet, dass das Sozialgericht mit rechtswidrigen
Mitteln eine Entscheidung verhindere, und mitgeteilt, dass er einem Ruhen keinesfalls zustimme. Mit Schreiben vom 26.10.2012
und vom 27.10.2012 hat er sich über die lange Verfahrensdauer beschwert und jeweils Verzögerungsrüge erhoben. Auf seinen Antrag
hin ist ihm Akteneinsicht angeboten worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.04.2013 ist die Klage abgewiesen worden. Das Sozialgericht hat dies damit begründet, dass die
Klage als Leistungsklage ohne Vorverfahren unzulässig sei. Gemäß §
54 Abs.
1 und 4
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) sei die richtige Klageart zur Durchsetzung von Ansprüchen die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Voraussetzung
für die Zulässigkeit einer solchen Klage sei nach §
78 Abs.
1 Satz 1
SGG das Vorverfahren, das mit der Bekanntgabe eines Widerspruchsbescheids ende. Daran fehle es hier. Die Berufung ist nicht zugelassen
worden.
Am 08.05.2013 hat der Beschwerdeführer gegen den Gerichtsbescheid Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er hat sich umfassend
zu Verfahrensfragen geäußert. Soweit das Sozialgericht ausgeführt habe, dass eine Klage ohne Vorverfahren unzulässig sei,
stehe diese Aussage im Widerspruch zu den §§
88,
89 SGG (S. 7 f. des Schriftsatzes vom 06.05.2013). Dem umfassenden Vortrag des Klägers ist zu entnehmen, dass ihm das Institut der
Untätigkeitsklage gut bekannt ist; so trägt er beispielsweise vor, mit einem Schriftsatz vom 02.06.2010 (in einem anderen
Verfahren) Untätigkeitsklage erhoben zu haben (S. 8 des Schriftsatzes vom 06.05.2013)
Beschwerdegegner und Beigeladene haben auf die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Gerichtsbescheids hingewiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss (§
145 Abs.
4 Satz 1
SGG).
Die fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Es gibt keinen Grund im Sinne des §
144 Abs.
2 SGG, die gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG wegen des Werts des Beschwerdegegenstands ausgeschlossene Berufung zuzulassen.
1. Zulassungsbedürftigkeit der Berufung
Die Berufung ist zulassungsbedürftig.
Streitgegenstand ist eine Geld- oder Sachleistung, deren Wert 750,- EUR nicht übersteigt (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG); wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr stehen nicht im Raum (§
144 Abs.
1 Satz 2
SGG). Angesichts der geringen Kosten für die Bestimmung des PSA-Werts (34,23 EUR) und für zahnärztliche Privatleistungen (43,54
EUR) ist der der Beschwerdewert von 750,- EUR fraglos nicht überschritten, auch wenn die exakten Kosten für die verordnete
Bifokalbrille nicht bekannt sind. Diese liegen jedenfalls unter 672,24 EUR.
2. Zulassungsgrund
2.1. Darlegungslast
Im Gegensatz zur Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Satz 3
SGG: "muss") gibt es bei der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß §
145 SGG (Abs.
2: "soll") eine vergleichbare Darlegungslast nicht. Insofern ist das Gericht nicht nur auf die Prüfung der zur Begründung der
Nichtzulassungsbeschwerde vorgebrachten Argumente des Beschwerdeführers beschränkt, sondern hat von Amts wegen auch andere
Gesichtspunkte zu prüfen.
2.2. Grundsätzliche Bedeutung
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG zu.
Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG, wenn von der Entscheidung der Rechtssache erwartet werden kann, dass sie zur Erhaltung und Sicherung der Rechtseinheit und
zur Fortbildung des Rechts beitragen wird. Dies ist wiederum nur dann der Fall, wenn es in einem Rechtsstreit um eine bisher
nicht geklärte, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage geht, deren Entscheidung über den Einzelfall hinaus für
eine Vielzahl von Verfahren Bedeutung besitzt und die damit aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
einer Klärung bedarf. Ungeklärt ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie entweder noch nicht obergerichtlich entschieden ist oder
ihre Beantwortung nicht ganz offensichtlich und ohne jeden vernünftigen Zweifel auf der Hand liegt. Eine Rechtssache kann
zudem dadurch grundsätzliche Bedeutung im Sinne des §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG erlangen, dass ihr im Einzelfall für den/die Beteiligten ein überdurchschnittliches wirtschaftliches Gewicht zukommt und
dieses es rechtfertigt, den Weg der Berufung zu einer weiteren (Tatsachen- und zugleich Rechts-)Instanz frei zu geben (vgl.
Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 23.11.1955, Az.: 7 RAr 30/55).
2.2.1. Der Beschwerdeführer hat zwar diverse rechtliche Beanstandungen erhoben. Die von ihm aufgezeigten Gesichtspunkte haben
jedoch - ohne dass es überhaupt auf die Richtigkeit der vom Beschwerdeführer aufgestellten rechtlichen Mutmaßungen ankäme
- zweifellos keine rechtlich grundsätzliche Bedeutung. Insbesondere kann dem Beschwerdeführer nicht darin gefolgt werden,
wenn er die Zulässigkeit seiner Klage mit Hinweis auf §§
88 f.
SGG begründen will. Zum einen hat der Kläger explizit keine Untätigkeitsklage erhoben, sondern auf die Leistung geklagt. Zum
anderen liegt kein Fall einer Nichtigkeits- oder Feststellungsklage des §
89 SGG vor, der eine fristungebundene Klage ermöglichen würde.
Angesichts des geringen Beschwerdewerts und der ersichtlich nicht erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass gleichgelagerte Situationen
wieder auftreten könnten und daher das jetzige Verfahren eine für den Beschwerdeführer überdurchschnittliche wirtschaftliche
Bedeutung erlangen könnte, ist auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wegen der wirtschaftlichen Relevanz für
den Kläger ausgeschlossen. Die Wiederholung einer Situation, wie sie jetzt vorliegt, lässt sich für den Kläger leicht und
zumutbar dadurch vermeiden, dass er sich bei zukünftigen Anträgen im Rahmen seines Heilbehandlungsanspruchs an das vorgegebene
Verfahren (Antrag - Bescheid - Widerspruch - Widerspruchsbescheid - Klage) hält.
2.2.2. Der Senat sieht auch in der für die Entscheidung des Sozialgerichts maßgeblichen Frage, ob ein fehlendes Vorverfahren
die Klage unzulässig macht, keine klärungsbedürftige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
2.2.2.1. Rechtsfrage
Die Frage, ob die Erhebung einer Klage ohne vorheriger Durchführung eines Widerspruchsverfahrens die Klage automatisch unzulässig
macht und keine Verpflichtung für das Gericht besteht, diesen Mangel durch die Nachholung des Widerspruchsverfahrens zu heilen,
ist eine Rechtsfrage.
2.2.2.2. Ungeklärtheit der Rechtsfrage
Von einer ungeklärten Rechtsfrage kann nicht ausgegangen werden.
Explizit geregelt hat der Gesetzgeber die im Raum stehende Frage nicht.
Weder in §
114 SGG ("Aussetzung wegen Vorfragen") noch in §
78 SGG ("Vorverfahren als Klagevoraussetzung") ist eine klare gesetzgeberische Vorgabe dazu enthalten, wie mit der Frage umzugehen
ist, wenn eine Klage ohne dem davor erforderlichen Widerspruchsverfahren erhoben wird.
Zwar vertreten Teile der Literatur und der Rechtsprechung (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 05.02.1985, Az.: 6 RKa 31/83) die Ansicht, dass im Regelfall das Gericht dem Kläger die Gelegenheit geben müsse, das Vorverfahren nachzuholen und dazu
das Verfahren analog §
114 Abs.
2 SGG auszusetzen sei (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders.,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
78, Rdnr. 3a - m.w.N.). Strittig ist diese Ansicht aber nicht nur früher gewesen (vgl. Leitherer, a.a.O, Rdnr. 3a - m.w.N),
sondern sie ist es auch heute noch. So ist ihr beispielsweise das Bayer. Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 12.08.2013,
Az.: L 7 AS 455/13, entgegen getreten und hat dort ausgeführt:
"Das Berufungsgericht ist sich dessen bewusst, dass eine in der Literatur verbreitete Auffassung (Leitherer in Meyer-?Ladewig,
Sozialgerichtsgesetz, 10. Auflage 2012, §
78 Rn. 3a, und Breitkreuz in Breitkreuz / Fichte,
SGG, 1. Auflage 2008, §
78 Rn. 8) bei einer verfrühten Klage generell vom Gericht fordert, das Gerichtsverfahren auszusetzen, um dem Kläger Gelegenheit
zu geben, das ausstehende Vorverfahren nachzuholen. Diese Auffassung bezieht sich auf mehrere Urteile des BSG, insbesondere auf die Urteile vom 22.06.1966, Az. 3 RK 64/62; vom 03.03.1999, Az. B 6 KA 10/98 R, und vom 13.12.2000, B 6 KA 1/00R. Diesen Urteilen lagen allerdings Konstellationen zu Grunde, in denen der betreffende Kläger
nicht erkennen konnte, ob ein Vorverfahren erforderlich war. Das Berufungsgericht bezweifelt, dass diese Rechtsprechung so
verallgemeinert werden kann, dass eine Aussetzung des Gerichtsverfahrens zur Nachholung des Vorverfahrens auch dann zu erfolgen
hat, wenn ein Verwaltungsakt mit eindeutiger Rechtsbehelfsbelehrung zum Widerspruch vorliegt. Wenn ein Kläger in einer solchen
Situation bewusst oder aus Nachlässigkeit das Vorverfahren nicht abwartet und eine verfrühte Klage erhebt, ist er nicht schutzbedürftig.
...
Das Berufungsgericht sieht auch keinen Grund dafür, einen Kläger bei einer verfrühten Klage durch die Aussetzung des Verfahrens
dergestalt zu privilegieren, dass er die einmonatige Klagefrist nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids (§
87 SGG) nicht mehr versäumen kann."
Der aufgezeigte Meinungsstreit ist aber im vorliegenden Fall nicht relevant. Die hier gelagerte Situation ist nicht mit der
Konstellation, wie sie dem Meinungsstreit zugrunde liegt, vergleichbar. Denn der Kläger hat die Durchführung bzw. den Abschluss
des Widerspruchsverfahrens nicht aus Nachlässigkeit oder Rechtsunkenntnis nicht abgewartet, sondern will dies gerade vermeiden
und das Gericht zu einer Entscheidung in der Sache zwingen, ohne dass das davor vom Gesetzgeber vorgesehene Widerspruchsverfahren
durchlaufen und damit eine Selbstkontrolle der Verwaltung erfolgt wäre. In einem derartigen Fall das gerichtliche Verfahren
vor dessen Abschluss auszusetzen, um die Nachholung des Widerspruchsverfahrens zu ermöglichen, würde gerade dem Willen des
Klägers widersprechen und ihm damit sein Recht nehmen, durch die Antragstellung vor Gericht den Streitgegenstand zu bestimmen.
In derartigen Fällen ist die Klage vielmehr ohne Durchführung des Vorverfahrens als unzulässig abzuweisen (vgl. LSG Land Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 11.03.2010, Az.: L 9 SO 44/09).
Bei dieser Argumentation stützt sich der Senat auf das Vorgehen des Klägers, wie es insbesondere auch in diesem Verfahren
zum Ausdruck gekommen ist:
* Der Kläger ist durch viele Verfahren seit Jahren äußerst prozesserfahren. Die Verfahrensanforderungen sind ihm wohlbekannt.
Gerade mit den verfahrensrechtlichen Vorgaben im sozialen Verwaltungsverfahren und im sozialgerichtlichen Verfahren hat er
sich umfassend beschäftigt, wie zahlreichen seiner Schriftsätze zu entnehmen ist, in denen sich der Kläger teilweise auf einem
Umfang von über 10 Seiten pro Schriftsatz mit verfahrensrechtlichen Fragen auseinander setzt.
* Dass die Leistungsgewährung nach dem BVG mit Verwaltungsakt zu erfolgen hat, weiß er aus jahrzehntelanger Erfahrung, ebenso, dass sich an einen ablehnenden Verwaltungsakt
ein Widerspruchsverfahren anschließen muss.
* Dem Kläger ist aus anderen Verfahren sehr wohl bekannt, dass er sich gegen eine Untätigkeit des Beklagten oder der Beigeladenen
mittels einer Untätigkeitsklage zur Wehr setzen kann. Gleichwohl hat er ausdrücklich vom Sozialgericht eine Entscheidung in
der Sache, also zu den geltend gemachten Forderungen begehrt.
* Im sozialgerichtlichen Verfahren ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2009 ausdrücklich auf das fehlende
oder nicht abgeschlossenen Vorverfahren hingewiesen worden. Trotzdem hat er auch in der Folge nicht die Durchführung und den
Abschluss von Widerspruchsverfahren angestrebt, sondern mit allen verfahrensrechtlichen Mitteln, z.B. auch der wiederholten
Verzögerungsrüge und der "Untätigkeitsbeschwerde", auf eine gerichtliche Entscheidung in der Sache gedrängt. Dies belegt eindrucksvoll,
dass der Kläger die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ablehnt.
* Die fehlende Durchführung des Vorverfahrens will er nicht als Hindernis für einen Erfolg seiner Klage gelten lassen, sondern
versucht dies mit dem untauglichen Versuch eines Hinweises auf §§
88 f.
SGG zu verschleiern. Damit macht er unzweifelhaft deutlich, dass er eine gerichtliche Entscheidung in der Sache anstrebt und
dabei die Durchführung des gesetzlich gebotenen Vorverfahrens unbedingt verhindern will.
In einer derartigen Konstellation dem Kläger die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens aufzuzwingen, um eine gerichtliche
Prüfung in der Sache zu ermöglichen, würde einen erheblichen Verstoß gegen die Dispositionsmaxime der Beteiligten darstellen.
Das Gericht hat sich - wie dies das Sozialgericht getan hat - dem unzweifelhaft deutlich gewordenen Begehren des Klägers auf
Nichtdurchführung des vor einer Klage grundsätzlich erforderlichen Vorverfahrens zu beugen. Dass sich daraus in der Sache
möglicherweise - ob der Kläger in der Sache überhaupt Erfolg hätte haben können, hält der Senat bei summarischer Prüfung für
unwahrscheinlich - nachteilige Folgen für den Kläger ergeben, muss für das Gericht auch bei der gebotenen klägerfreundlichen
Auslegung ohne rechtliche Bedeutung bleiben, wenn - wie hier - dem Kläger die negativen Folgen seines objektiv betrachtet
unvernünftigen Prozessverhaltens durch das Sozialgericht klar gemacht worden sind.
Dieses Ergebnis steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Der oben genannten Entscheidung vom 05.02.1985 des BSG ist beispielsweise zu entnehmen, dass das Gericht im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gehalten ist, auf ein verfahrensadäquates
Verhalten des Beteiligten hinzuwirken. Dies ist im vorliegenden Verfahren erfolgt. So hat das Sozialgericht in der mündlichen
Verhandlung vom 15.07.2009 den Kläger ausdrücklich auf die fehlende Durchführung des Widerspruchsverfahrens hingewiesen, ohne
dass der Kläger diesen Hinweis aufgegriffen hätte. Mehr kann vom Gericht nicht verlangt werden; es ist ausgeschlossen, einen
Beteiligten gegen seinen Willen dazu zu zwingen, für ihn zwar günstige, von ihm aber nicht gewollte Verfahrenshandlungen vorzunehmen.
Die Berufung kann daher wegen fehlender grundsätzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.