Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Unfallrente über den Gesamtvergütungszeitraum vom 04.09.2006 bis 30.09.2007
hinaus anlässlich eines Arbeitsunfalls vom 20.04.2006 streitig.
Der als KFZ-Mechaniker und Versuchsfahrer bei der Beklagten versicherte Kläger zog sich laut Unfallanzeige vom 25.04.2006
bei einer Testfahrt am 20.04.2006 eine Stauchung im Bereich der Halswirbelsäule sowie eine Prellung im Bereich des rechten
Kniegelenks zu. Gestützt auf das von Prof.Dr.L. am 13.11.2006 erstattete Gutachten erteilte die Beklagte am 21.12.2006 einen
Bescheid über die Gesamtvergütung im genannten Zeitraum nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 20 vH
wegen der Folgen des Arbeitsunfalls in Form einer Rente als vorläufige Entschädigung. Darüber hinaus habe der Kläger voraussichtlich
keinen Anspruch auf Rente. Nach knöchern mit leichter Höhenminderung stabil ausgeheilten Brüchen des 1., 2. und 3. Lendenwirbelkörpers
bestehe noch eine Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule mit muskulärer Verspannung. Die Stauchung im Bereich der Halswirbelsäule
sowie die Prellung im Bereich des rechten Kniegelenks seien ohne funktionelle Beeinträchtigungen ausgeheilt.
Nach erneuter ambulanter Vorstellung des Klägers in der BG-Unfallklinik M. am 03.09.2007 erstattete im Auftrag der Beklagten
Prof.Dr.L. erneut am 10.12.2007 ein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis gelangte, dass die MdE nur noch mit 10 vH eingestuft
werden könne. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.02.2008 einen Anspruch auf Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums
ab. Nach knöchern mit leichter Höhenminderung stabil ausgeheilten Brüchen des 1. und 3. Lendenwirbelkörpers bestehe lediglich
eine endgradige Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule mit muskulären, druckschmerzhaften Verspannungen. Den am 14.03.2008
hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2008 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 13.05.2008 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Im Auftrag des SG haben der Orthopäde Dr.S. nach §
106 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) und der Orthopäde und Unfallchirurg Prof.Dr.A. auf Antrag des Klägers gemäß §
109 SGG Gutachten erstattet. Dr.S. hat in seinem Gutachten vom 30.08.2008 zusammenfassend festgestellt, dass ein Zustand nach knöchern
stabil ausgeheilten Brüchen der LWK 1 bis 3 mit endgradiger Bewegungseinschränkung und geringen muskulären, druckschmerzhaften
Verspannungen vorliege. Die Unfallfolgen seien vollständig erfasst. Die verbliebenen Restunfallfolgen bedingten eine MdE von
10 vH. Prof.Dr.A. hat sich in seinem Gutachten vom 26.10.2009 den Vorgutachtern Prof. Dr. L. und Dr. S. angeschlossen.
Mit Urteil vom 16.03.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Über den 30.09.2007 hinaus lägen keine Unfallfolgen in rentenberechtigendem Grade mehr vor. Übereinstimmend
werde von Prof.Dr.L., Dr.S. und Prof.Dr.A. die MdE für den Restzustand mit 10 vH bewertet. Ein neuerlicher Anspruch entstehe
gemäß §
75 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente, d.h. mindestens 20 vH, erneut vorlägen. Dies lasse sich
nach den ausführlichen fachorthopädischen Gutachten nicht begründen.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht am 29.04.2010 eingegangene Berufung des Klägers. Mit Schriftsatz
vom 20.01.2010 habe er bereits darauf hingewiesen, dass es wenig nachvollziehbar erscheine, weshalb im orthopädisch-unfallchirurgischen
Fachgutachten des Prof.Dr.A. vom 26.10.2009 auf den Seiten 11 und 12 darauf hingewiesen werde, dass bei ihm eine mäßige, konzentrische
Bewegungseinschränkung ohne Blockierung bestehe, des Weiteren die Wirbelsäule gut 1,5 cm nach rechts aus dem Lot stehe, zudem
ein leichter Schulterhochstand links bestehe, in der Seitenansicht sich eine diskrete Brustkyphose bei physiologischer Lendenlordose
zeige sowie deutliche Myogelosen langstreckig von TH 12 bis L 5 rechtsseitig mit erheblichem paravertebralem Druckschmerz
bestünden und andererseits letzten Endes eine MdE von lediglich 10 vH attestiert werde.
Zudem sei auffallend, dass in den vorerwähnten Gutachten auf Seite 20 2. Absatz lediglich von der Nichtfeststellbarkeit einer
"wesentlichen" Fehlstellung der Bandscheiben ausgegangen werden müsse. Es stelle sich hier die Frage, ob die ganz offensichtlich
bestehende Fehlstellung Höhenminderung der Bandscheiben nicht doch Einfluss auf das rein subjektive Schmerzempfinden und die
MdE habe.
Hinzu komme, dass auf Seite 20 3. Absatz des Gutachtens Prof.Dr.A. von einem persistierenden Reizzustand mit entsprechender
Ödematisierung anhand der Frakturlinien gesprochen werde. Auch dieser Befund des Gutachtens könne dazu führen, dass die subjektiv
bei ihm wahrgenommenen Schmerzen eine MdE von 20 vH rechtfertigten. Zudem sei unverständlich, dass auf Seite 24, 2.Absatz
des Gutachtens Prof.Dr.A. davon gesprochen werde, dass von Seiten der HWS mittlerweise eine nahezu vollständig regrediente
Beschwerdesymptomatik festzustellen sei, wenn auf Seite 21, letzter Absatz desselben Gutachtens noch von anhaltenden Rückenschmerzen,
über die er klage, gesprochen werde. Auch der gut 1 Jahr nach dem Unfall aufgetretene rezidivierende Leistenschmerz rechtsseitig
sowie die Unterbauchschmerzen seien äußerst belastend (vgl. S. 22 des Gutachtens Prof.A.). Schließlich sei nicht nachvollziehbar,
weshalb das Gutachten Prof.Dr.A. auf Seite 25, 3.Absatz von einer "im unfallchirurgisch-orthopädischen Bereich weitestgehender
Befundkonstanz" spreche, andererseits jedoch die MdE ab 01.10.2007 um 10 vH reduzieren wolle. Dies sei für ihn umso unverständlicher,
als dass sich seine Beschwerden seit dem Unfall nicht verändert hätten. Immerhin konzediere das Gutachten Prof.Dr.A. auf Seite
26 unten, Seite 27 oben, dass aufgrund des Unfallereignisses vom 20.04.2006 andauernde Folgen bezüglich der oberen Lendenwirbelsäule
festzustellen seien. Es liege eine anhaltende, schmerzhafte Bewegungseinschränkung der oberen Lendenwirbelsäule bei Zustand
nach knöchern vollständig konsolidierter LWK 1 bis 3 Deckplattenimpressionsfraktur vor. Zusätzlich liege eine geringgradig
ausgeprägte, anlagebedingte Fehlausformung der betroffenen Grund- und Deckplatten im Sinne einer Apophysenaufbaustörung vor,
die zwar als unfallunabhängig zu werten sei, es jedoch zusammen mit den Wirbelfrakturen ggf. zu einer richtungsweisenden Verschlechterung
der vorbestehenden Veränderungen gekommen sei. Die Reduzierung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH auf 10 vH erscheine daher als
nicht nachvollziehbar. Hinzu komme, dass das Gutachten Dr.S. vom 30.08.2008 alleine bereits deshalb nicht geeignet sei, die
Klageabweisung zu stützen, weil es auf einer Befunderhebung beruhe, die ohne die Anfertigung von jeglichen Röntgenaufnahmen
erstellt worden sei. Der Gutachter Dr.S. habe aufgrund eines angeblich klinisch unauffälligen Befundes und unauffälliger Anamnese
auf die Anfertigung von Röntgenaufnahmen verzichtet.
Zur Berufungserwiderung trägt die Beklagte insbesondere vor, dass die übereinstimmend von allen in dieser Unfallsache beteiligten
Gutachtern getroffene MdE-Bewertung der anerkannten Begutachtungsliteratur entspreche (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall
und Berufskrankheit, 8.Aufl., S. 441 bis 444). Soweit der Kläger eine unvollständige röntgenologische Befunderhebung durch
Dr.S. in seinem Gutachten vom 30.08.2008 geltend mache, müsse klargestellt werden, dass der Gutachter lediglich auf weitere
Röntgenaufnahmen der HWS verzichtet habe. Eine aktuelle röntgenologische Befundung der unfallbetroffenen LWS sei am 28.08.2008
sehr wohl erfolgt. Nach der Tabelle von Weber/Wimmer (Unfallchirurgie, Arbeitsunfall und Berufskrankheit) komme man auf 10,5
%, das wäre eine MdE von 10 vH. Betroffen seien die Segmente TH 12/01, L1/2, L2/3. Es seien keine Anhaltspunkte für eine Verdoppelung
oder Verdreifachung der Werte gegeben, insbesondere keine Wirbelsäulendeformität oder Ankylose.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.03.2010 sowie den Bescheid vom 25.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 10.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Verletztenrente über den 30.09.2007 hinaus auf unbestimmte
Zeit nach einer MdE von mindestens 20 vH zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16.03.2010 zurückzuweisen.
Der Senat hat ein Band Akten der Beklagten sowie 2 Bände Akten des SG (Az: S 2 U 125/08) zum Verfahren beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig (§§
143,
144,
151 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Dem Kläger steht nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums im Zeitraum vom 04.09.2006 bis 30.09.2007 weder ein Anspruch auf
Gewährung von Rente als vorläufige Entschädigung gemäß §
62 SGB VII noch auf Gewährung von Rente auf unbestimmte Zeit gemäß §
56 SGB VII zu, §
75 Satz 2
SGB VII. Denn es liegen nach Ablauf dieses Zeitraums die Voraussetzungen für eine Rente nicht mehr vor, d.h. es besteht keine rentenberechtigende
MdE in Höhe von mindestens 20 vH mehr.
Ist nach allgemeinen Erfahrungen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu erwarten, dass nur
eine Rente in Form einer vorläufigen Entschädigung zu zahlen ist, kann der Unfallversicherungsträger die Versicherten nach
Abschluss der Heilbehandlung mit einer Gesamtvergütung in Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes abfinden, §
75 Satz 1
SGB VII. Nach Ablauf des Zeitraums, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, wird auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung
oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen, Satz 2.
Während der ersten 3 Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung
festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann, §
62 Abs
1 Satz 1
SGB VII. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer
der Veränderung neu festgestellt werden, Satz 2.
Spätestens mit Ablauf von 3 Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte
Zeit geleistet, §
62 Abs
2 Satz 1
SGB VII. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der Minderung der
Erwerbsfähigkeit abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert
haben, Satz 2. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 vH gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente, §
56 Abs
1 Satz 1
SGB VII.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen
Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, §
56 Abs
2 Satz 1
SGB VII.
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 16.03.2010 festgestellt, dass über den 30.09.2007 hinaus keine Unfallfolgen in rentenberechtigendem Grade
mehr vorliegen. Im Übereinstimmung mit dem SG stützt sich auch der Senat auf die übereinstimmenden gutachterlichen Ausführungen der vom SG gehörten Orthopäden Dr.S. (Gutachten vom 30.08.2008 nach §
106 SGG) und Prof.Dr.A. (Gutachten vom 26.10.2009 nach §
109 SGG), die ebenso wie der von der Beklagten gehörte Gutachter Prof.Dr.L., dessen orthopädische Gutachten im Wege des Urkundsbeweis
verwertbar sind, die MdE für den beim Kläger verbliebenen Restzustand der Unfallfolgen mit 10 vH bewertet.
Dr. S. hat in seinem schlüssigen und überzeugenden Gutachten vom 30.08.2008 zusammenfassend festgestellt, dass ein Zustand
nach knöchern stabil ausgeheilten Brüchen der LWK 1 bis 3 mit endgradiger Bewegungseinschränkung und geringen muskulären,
druckschmerzhaften Verspannungen vorliegt. Wie aus dem MRT von 2007 entnommen werden kann, sind nahezu sämtliche Zwischenwirbelräume
identisch. Hinweise einer posttraumatischen Instabilität am thorakolumbalen Übergang nach Fraktur 1 - 3 liegen nicht vor.
Auch lassen sich Hinweise einer segmentalen Instabilität nicht feststellen. Die Statik zeigt eine klinisch relativ gut ausbalancierte
Wirbelsäule bei röntgenanatomisch geringer Fehlstatik ohne wesentliche Achsabweichung bzw. Knickwinkel. Funktionsaufnahmen
schließen eine pathologische Beweglichkeit aus. Posttraumatische Veränderungen wie sekundäre Spondylarthrosen lassen sich
nicht erkennen (MRT vom 14.10.2007). Die Zwischenwirbelräume sind - wie auch im Kernspin erkennbar - ohne wesentliche Veränderung
und ohne wesentliche Erniedrigung zu erkennen, eine Bandscheibenbeteiligung kann somit ausgeschlossen werden. Die Unfallfolgen
sind im Bescheid vom 25.02.2008 vollständig erfasst. Dr. S. hält zu Recht die vom Vorgutachter Prof. Dr. L. beschriebene Einstufung
entsprechend dem Segmentprinzip nach Weber und Wimmer (prozentualer Anteil der Segmentbeweglichkeit an der Gesamtbeweglichkeit
der Wirbelsäule) und der Verletztenartentabelle nach wie vor für gültig.
Zu dieser Beurteilung gelangte zutreffend auch der gemäß §
109 SGG gehörte ärztliche Sachverständige Prof.Dr.A. in seinem Gutachten vom 26.10.2009 unter Hinweis auf die Verletztenartentabelle.
Danach ergibt sich bei stabil ausgeheilten Wirbelkörperbrüchen ohne Bandscheibenbeteiligung sowie ohne statisch wirksamem
Achsenknick eine MdE von 10 vH. Nach dem Segmentprinzip nach Weber und Wimmer ergibt sich eine Anrechnung der einfachen Segmentwerte
als Prozentsätze, diese ergeben summiert 11,4%. Somit ist die MdE mit 10 vH zu bewerten.
Die von den ärztlichen Sachverständigen vorgenommene Bewertung der MdE stimmt auch mit den in der unfallmedizinischen Literatur
anerkannten Bewertungsgrundsätzen, die in Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S 442)
niedergelegt sind, überein. Danach ist ein isolierter Wirbelkörperbruch ohne Bandscheibenbeteiligung mit einer MdE von unter
10 vH zu bewerten. Auch die weiteren, für die Bewertung genannten Kriterien, wie z.B. mechanische Instabilität, Ankylose oder
Instabilität des Bewegungssegments, Achsenabweichung mit einem Knickwinkel von 15 bis 20 Grad, ungenügende Wiederertüchtigung
der Wirbelsäulen-Haltemuskulatur, sind hier nicht einschlägig.
Die vom Kläger hiergegen vorgetragenen Einwendungen sind allesamt unbegründet.
Entgegen seiner Auffassung begründet die Beurteilung des Prof.Dr.A. in seinem Gutachten vom 26.10.2009 auf den Seiten 11 und
12, nämlich dass bei ihm eine mäßige, konzentrische Bewegungseinschränkung ohne Blockierung bestehe, des Weiteren die Wirbelsäule
gut 1,5 cm nach rechts aus dem Lot stehe, zudem ein leichter Schulterhochstand links bestehe, in der Seitenansicht sich eine
diskrete Brustkyphose bei physiologischer Lendenlordose zeige sowie deutliche Myogelosen langstreckig von TH12 bis L5 rechtsseitig
mit erheblichem paravertebralem Druckschmerz bestünden, aus den dargelegten Gründen nicht die Bewertung dieser Unfallfolgen
mit einer MdE von mehr als 10 vH.
Soweit der Kläger einwendet, dass im Gutachten des Prof.Dr.A. auf S. 20 2. Absatz lediglich von einer Nichtfeststellbarkeit
einer "wesentlichen" Fehlstellung der Bandscheiben ausgegangen werden müsse und sich die Frage stelle, ob die ganz offensichtlich
bestehende Fehlstellung der Höhenminderung der Bandscheiben nicht doch Einfluss auf das rein subjektive Schmerzempfinden und
die MdE habe, verkennt er, dass die zu bewertenden Unfallfolgen mit Vollbeweis nachgewiesen sein müssen (BSGE 7, 103, 106), was hier hinsichtlich der behaupteten wesentlichen Fehlstellung der Bandscheiben gerade nicht anzunehmen ist. Eine
wesentliche Fehlstellung der Bandscheiben ist nämlich - wie Prof.Dr.A. zutreffend ausführt - nicht feststellbar. Hiergegen
hat der Kläger keine begründeten Einwendungen anhand von Befunden etc. erhoben, aus dem Akteninhalt sind auch solche nicht
ersichtlich. Auch die vom Kläger behauptete eventuelle Möglichkeit des Einflusses einer ganz offensichtlich bestehenden Fehlstellung
der Bandscheiben auf sein rein subjektives Schmerzempfinden begründet keine höhere Bewertung der MdE. Zum einen trägt er insoweit
nur eine Möglichkeit vor. Zum anderen sind in den MdE-Sätzen nach der unfallmedizinischen Literatur üblicherweise mit den
Unfallfolgen verbundenen Schmerzen mit abgegolten. Das Vorliegen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms hat der Kläger weder
behauptet noch ergeben sich hierfür Anhaltspunkte aus dem Akteninhalt.
Ebenso wenig ergibt sich aus dem von Prof.Dr.A. in Betracht gezogenen "persistierenden Reizzustand mit entsprechender Ödematisierung
anhand der Frakturlinien" (s Seite 20 des Gutachtens) eine Höherbewertung der MdE.
Der vom Kläger geltend gemachte Widerspruch zwischen den gutachterlichen Ausführungen des Prof.Dr.A. auf S. 24, 2.Absatz,
wonach von Seiten der HWS mittlerweile eine nahezu vollständig regrediente Beschwerdesymptomatik festzustellen sei, er jedoch
auf S. 21 letzter Absatz des Gutachtens noch von anhaltenden Rückenschmerzen spreche, ist nicht feststellbar. Denn die "Rückenschmerzen"
beziehen sich nicht auf die HWS. Darüber hinaus hat Prof. A. zu Recht darauf hingewiesen, dass bereits im Rahmen des ersten
Rentengutachtens durch Prof. Dr. L. vom 13.11.2006 keine strukturellen unfallbedingten Halswirbeldeformierungen bzw. Instabilitäten
gefunden werden konnten. Anlässlich der Untersuchung des Klägers durch Prof.Dr.A. hat der Kläger selbst geäußert, dass er
im Vergleich zu den Vorgutachten keine Beschwerden bei längerem Sitzen bzw. keine Beschwerden bzw. Probleme bei längeren Autofahrten
habe.
Eine Höherbewertung der MdE ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus dem 1 Jahr nach dem Unfall aufgetretenen
rezidivierenden Leistenschmerz rechtsseitig sowie den Unterbauchschmerzen (vgl. S. 22 des Gutachtens Prof.Dr.A.). Die Beschwerden
in der Leistenregion rechts, im rechten Unterbauch sowie die Gefühlsstörungen im Bereich der rechten Fußsohle sind - worauf
Prof. Dr. A. in Übereinstimmung mit den Vorgutachtern hinweist - nicht unfallbedingt.
Schließlich ergibt sich aus den Ausführungen von Prof.Dr.A. auf S. 25, 3. Absatz, wonach im unfallchirurgisch-orthopädischen
Bereich weitestgehend Befundkonstanz vorliege, jedoch die MdE ab 01.10.2007 um 10 vH zu reduzieren sei, keine Begründung für
die Bewertung der Gesamt-MdE mit 20 vH. Denn für die Gewährung einer Anschlussrente gemäß §
75 Satz 2
SGB VII ist hier nicht maßgeblich, ob - keine - wesentliche Besserung in den gesundheitlichen Verhältnissen gemäß § 48 SGB X vorliegt, sondern lediglich, ob nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums die Voraussetzungen für eine Rentengewährung vorliegen.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch keine richtungsweisende Verschlimmerung durch Zusammenwirken der unfallunabhängigen
geringgradig ausgeprägten, anlagebedingten Fehlausformung der betroffenen Grund- und Deckplatten im Sinne einer Apophysenaufbaustörung
mit den Wirbelfrakturen vor. Einen entsprechenden Gesundheitsschaden hat der Kläger selbst nicht bezeichnet.
Der Kläger verkennt auch, dass Dr.S. anlässlich der Erstellung seines Gutachtens vom 30.08.2008 lediglich auf weitere Röntgenaufnahmen
der HWS verzichtet hat, eine aktuelle röntgenologische Befundung der unfallbetroffenen LWS ist am 28.08.2008 erfolgt. Die
Einholung eines Zusatzgutachtens - wie vom Kläger angeregt - ist somit nicht erforderlich. Aufgrund der schlüssigen, überzeugenden
und im Wesentlichen übereinstimmenden gutachterlichen Beurteilungen war der Senat nicht gehalten, ein weiteres Gutachten gemäß
§
106 SGG einzuholen, was im Ermessen des Senats liegt (§§
118 Abs
1,
202 SGG iVm 404
Zivilprozessordnung -
ZPO-).
Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 16.03.2010 zurückzuweisen war.
Hinsichtlich des Berufungsverfahrens war dem Kläger aus den Gerichtskosten ein Betrag in Höhe von 225,00 EUR (§§
192 Abs
1 Satz 3,
184 Abs
2 SGG) wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung aufzuerlegen. In Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
zu § 34 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes -BVerfGG - (vgl. die Beschlüsse vom 11.12.2001, Az: 1 BvR 1821/01 und vom 18.09.2000, Az: 2 BvR 1407/00) ist ein Missbrauch auch dann zu bejahen, wenn eine Berufung offensichtlich unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen
als völlig aussichtslos angesehen werden muss.
Dass diese offensichtliche Aussichtslosigkeit für den Tatbestand des Missbrauchs genügt, ergibt sich aus dem Willen des Gesetzgebers,
wie er bei der Novellierung des
SGG im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen ist. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 14/5943,
S. 60 zu Nr 65) rechtfertigen die Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits und ein entsprechender Hinweis des Vorsitzenden auf
eine mögliche Kostentragungspflicht die Auferlegung von Kosten. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Bericht des Ausschusses
für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucksache 14/6335, S. 35 zu Nr 65), dass es sich bei dem Tatbestand der offensichtlichen
Aussichtslosigkeit um einen Unterfall der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung handelt (vgl. auch Meyer-Ladewig,
SGG, 9. Aufl., §
192 Rdnr 9). Die offensichtliche Aussichtslosigkeit ist für jedes Verfahren individuell zu prüfen; sie ist vor allem danach zu
beurteilen, ob die Gesetzeslage einfach und eindeutig ist und ob die interessierenden Rechtsfragen durch höchstrichterliche
Rechtsprechung des BSG geklärt sind.
Nach dem objektiven Sach- und Streitstand liegt hier jedenfalls ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
eine offensichtliche Aussichtslosigkeit des klägerischen Begehrens und daher eine Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung
vor. Die vom SG gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr.S. und Prof.Dr.A. sind in Übereinstimmung mit dem Gutachter der Beklagten, Prof.Dr.L.,
zu der schlüssigen und überzeugenden Beurteilung gelangt, dass über den 30.09.2007 hinaus keine Unfallfolgen in rentenberechtigendem
Grad mehr vorliegen. Begründete Einwendungen hiergegen hat der Kläger nicht vorgetragen. Nach der Erörterung der Sach- und
Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2011 hat sich der Kläger zur Begründung seiner Berufung nur noch auf angebliche
Widersprüche in den vorliegenden Gutachten und sein subjektives Schmerzempfinden gestützt. Solche Widersprüche liegen - wie
ausgeführt - nicht vor; die objektivierbaren Schmerzen sind bei der MdE-Einschätzung von den Gutachtern berücksichtigt. Darauf
wurde der Kläger in der mündlichen Verhandlung mehrfach hingewiesen, ebenso auf die Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage
und die offensichtliche Aussichtslosigkeit der Berufung. Der Vorsitzende des Senats hat dem Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift
vom 19.01.2010 in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.2010 auch einen entsprechenden Hinweis hinsichtlich der Missbräuchlichkeit
der weiteren Rechtsverfolgung und der Möglichkeit der Kostenauferlegung erteilt. Zugunsten des Klägers sah der Senat von einer
Festsetzung der durch die Fortführung des Rechtsstreits tatsächlich entstehenden Kosten ab und er legte dem Kläger lediglich
Kosten in Höhe des Pauschalsatzes (§§
192 Abs
1 Satz 3,
184 Abs
2 SGG) auf.
Gründe für eine Vertagung des Rechtsstreits waren nicht gegeben. Zur Auferlegung der Gerichtskosten wurde der Kläger in der
mündlichen Verhandlung angehört.
Die Kostenentscheidung zu II. beruht auf den §§
183,
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG.