Anspruch auf Auszahlung von Witwenausgleichsleistungen an Erben; Zeitpunkt der Fälligkeit der Geldleistung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin als Tochter und Erbin der verstorbenen Berechtigten M. W. (Berechtigte) einen Anspruch
auf Auszahlung von Witwenausgleichsleistungen für den Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 hat.
Die Berechtigte schloss am 14. September 1940 die Ehe mit J. W ... Dieser bezog zunächst eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit
und ab 1. Februar 1977 Altersrente von der LVA Niederbayern-Oberpfalz sowie zugleich eine Ausgleichsleistung nach §§ 11, 12
ZVALG an Arbeitnehmer der Land- und Forstwirtschaft. Der Ehemann der Berechtigten ist 2003 verstorben.
Die Klägerin beantragte am 10. März 2003 als Betreuerin für die Berechtigte Witwen-Ausgleichsleistung von der Beklagten. Die
Berechtigte bezog aufgrund des Bescheids der LVA Niederbayern-Oberpfalz vom 8. April 2003 ab 1. März 2003 große Witwenrente.
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 20. August 2003 gewährte die Beklagte der Berechtigten eine Ausgleichsleistung
in Höhe von monatlich 36,42 EUR. Auf Wunsch der Klägerin hin erfolgte die Überweisung der Ausgleichsleistung direkt an das
Seniorenwohnheim in K ...
Am 29. März 2009 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die Berechtigte verstorben sei. Aus einer vorgelegten Sterbeurkunde
ergibt sich, dass die Berechtigte im März 2009 verstorben ist.
Mit Schreiben vom 1. April 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Ausgleichsleistung für die Zeiten vom 1. Juli
des Vorjahres bis zum 30. Juni des jeweils laufenden Jahres nachträglich in einer Summe ausgezahlt werde. Die Leistung werde
erst mit Ablauf des 30. Juni eines Jahres fällig. Da die Berechtigte im März 2009 verstorben sei, sei ein Anspruch auf Ausgleichsleistung
nach der letzten geleisteten Zahlung nicht mehr fällig geworden, so dass weitere Zahlungen nicht erbracht werden könnten.
Die Klägerin verwies mit Schreiben vom 6. April 2009 darauf, dass es sich um eine monatliche Ausgleichszahlung handele. Sie
bat um Mitteilung, warum die Zahlung nicht bis zum Sterbemonat erfolge und auf welcher Rechtsgrundlage dies beruhe.
Die Beklagte übersandte daraufhin mit Schreiben vom 9. April 2009 der Klägerin ein Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit
und Sozialordnung vom 1. Februar 2005. Danach erlösche der Anspruch auf Ausgleichsleistung mit dem Tod des Berechtigten. Nur
die Witwe/der Witwer erhalte die Ausgleichsleistung, die der/dem Verstorbenen bis zum Zeitpunkt des Todes zugestanden hätte.
Für weitere Personenkreise sehe das ZVALG kein Antragsrecht vor. Die Ausgleichsleistung für Zeiten vom 1. Juli des Vorjahres
bis zum 30. Juni des jeweils laufenden Jahres werde nachträglich in einer Summe ausgezahlt. Dies diene der Verwaltungsvereinfachung.
Die Klägerin erklärte daraufhin mit Schreiben vom 22. April 2009, dass die anteilige Ausgleichsleistung bis zum Todesmonat
für die restlichen Heimkosten benötigt werde und bat um Erlass eines widerspruchsfähigen Bescheids, den sie mit Schreiben
vom 25. Mai 2009 anmahnte.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2009 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Landshut (SG) Untätigkeitsklage nach §
88 Abs.
2 SGG. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 1. April 2009 mitgeteilt, dass die Ausgleichsleistung für die Zeit Juli 2008 bis März
2009 nicht mehr geleistet werde, weil die Berechtigte vor dem 30. Juni 2009 verstorben sei. Gegen diesen Bescheid habe sie
am 6. April 2009 Widerspruch eingelegt und am 22. April sowie 25. Mai 2009 die Erledigung angemahnt. Nachdem ein Bescheid
bisher nicht ergangen sei, erhebe sie Untätigkeitsklage.
Die Beklagte erklärte daraufhin, die Untätigkeitsklage sei unzulässig, da die Sechsmonatsfrist des §
88 Abs.
1 SGG nicht abgelaufen sei. Das Schreiben vom 6. April 2009 sei nicht als Widerspruch anzusehen. Es handele sich hierbei um einen
Wunsch nach einer ergänzenden Information bzw. einer Klarstellung. Auch könne in dem Schreiben der Beklagten vom 1. April
2009 kein Widerspruchsbescheid gesehen werden. Es fehle die Kennzeichnung dieses Schreibens als Bescheid und auch eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Die Beklagte habe aber mit Bescheid vom 25. August 2009 den Antrag auf Fortzahlung der von der Berechtigten bezogenen Ausgleichsleistung
für die Monate Juli 2008 bis März 2009 und Auszahlung an die Klägerin abgelehnt. Darüber hinaus habe sie einen Widerspruchsbescheid
vom 25. August 2009 erlassen, mit dem der Widerspruch vom 6. April 2009 gegen den Bescheid über die Einstellung einer Ausgleichsleistung
als unbegründet zurückgewiesen werde. Für den Fall einer Verfahrensfortsetzung nach Klageänderung werde darauf hingewiesen,
dass ein Vorverfahren erforderlich sei. Die geänderte Klage sei aber jedenfalls unbegründet.
In dem Bescheid vom 25. August 2009 und in dem Widerspruchsbescheid vom selben Datum ist darauf verwiesen, dass mit Inkrafttreten
des 3. Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes (3. ASEG) vom 22. Dezember 1985 zum 1. Januar 1986 das bis dahin notwendige Genehmigungsverfahren
entfallen sei. Die Ausgleichsleistung werde nicht mehr erst mit Zugang des Genehmigungsschreibens der beteiligten Bundesministerien
und damit gegen Ende des Kalenderjahres fällig, sondern bereits mit Ablauf des 30. Juni des jeweiligen Kalenderjahres. Das
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung habe in einem Schreiben vom 8. September 1986 erläutert, dass die Ausgleichszahlung
frühestens zu diesem Zeitpunkt fällig werde, weil das Gesetz die nachträgliche Auszahlung in einer Summe vorschreibe. Dies
diene der Verwaltungskostenersparnis in Angleichung an die Systematik der tarifvertraglichen Zusatzversorgung. Auch diese
werden nämlich einmal jährlich nachträglich ausgezahlt. Beide Versorgungen würden durch die gleiche Stelle ausgezahlt. Würde
die Fälligkeit der Ausgleichsleistung monatlich eintreten, müsste der Bund auch für die in jedem Leistungsfall eintretende
Verzinsungspflicht einstehen müssen, obwohl der Gesetzgeber ausdrücklich die nachträgliche Zahlung einer Summe vorschreibe.
§ 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG stelle sicher, dass der Hinterbliebene ein Antragsrecht für die dem Verstorbenen zustehenden Ansprüche
entgegen dem aus §
59 SGB I folgenden Grundsatz des Erlöschens nicht geltend gemachter Ansprüche zustehe. Weitere Personenkreise, die Kinder, kämen nicht
in den Genuss dieser Regelung. Dies sei durch die Zielsetzung und Finanzierung der Ausgleichsleistung gerechtfertigt.
Die Klägerin verwies darauf, dass im Gesetz die Fälligkeit der Ausgleichsleistung nicht geregelt sei. Wenn der Fälligkeitstag
tatsächlich der 1. Juli 2009 sei, würde für einen Leistungsbezieher, der im Zeitraum 1. Juli 2008 bis 30. Juni 2009 sterbe,
für keinen der vergangenen 12 Monate die Rente gezahlt. Sterbe er erst am 1. Juli 2009, werde die Rente für volle 12 Monate
nachträglich ausbezahlt. Dies sei unlogisch und ungerecht.
Die Beklagte verwies insoweit darauf, die Ausgleichsleistung nach dem ZVALG sei eine rein aus Steuermitteln finanzierte Leistung,
der keine Beitragszahlung des jeweiligen Arbeitgebers des Versorgungsempfängers zugrunde liege. Hier habe der Gesetzgeber
einen größeren Spielraum, kostensparende Leistungsvoraussetzungen aufzustellen. Dies zeige sich auch etwa an den Regelungen
in § 12 Abs. 1 Bst. c, 2b, 4, 15 Abs. 1 ZVALG.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins, in dem die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
einverstanden erklärt hatten, hat das SG mit Urteil vom 25. November 2009 den Bescheid vom 25. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August
2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die in der Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 entstandenen (Witwen-)Ausgleichsleistungen
der verstorbenen Berechtigten M. W. an die Klägerin auszubezahlen.
Der Berechtigte könne erst nach Ablauf des 30. Juni des jeweils abgelaufenen Jahres die Auszahlung der Leistungen für die
abgelaufenen 12 Monate verlangen und erhalten. Mit der Sonderregelung für die Auszahlung der Leistung sollte aber nicht eo
ipso eine Fälligkeitsregelung für die einzelnen Beträge getroffen werden, die unbestritten jeweils monatlich entstehen würden.
Regelungen, wonach diese bei Tod des Berechtigten erlöschen, seien nicht ersichtlich. Die Feststellung des Anspruchs auf die
Ausgleichsleistung für das jeweils laufende Jahr sei mit der erstmaligen Bewilligung der Leistung erfolgt. Zur Fälligkeit
seien gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 ZVALG die für die landwirtschaftliche Unfallversicherung geltenden Vorschriften des 1., 4., 7.
und 10. Buches des SGB anzuwenden. Damit würden die Ausgleichsleistungen monatlich fällig und seien monatlich auszuzahlen
(§
10 Abs.
1 S. 1 ZVALG i.V.m. §
218c Abs.
1 SGB VII). Hierzu enthalte §
15 Abs.
1 ZVALG eine Ausnahmeregelung dahingehend, dass die Ausgleichsleistung in einer Summe nachträglich für den Zeitraum 1. Juli
des Vorjahres bis zum 30. Juni des jeweils laufenden Jahres in einer Summe zur Auszahlung kommen solle. Eine anders lautende
Regelung der Fälligkeit sei § 15 Abs. 1 ZVALG allerdings nicht zu entnehmen. Sie regele ausschließlich den Zeitpunkt der Auszahlung
dieser Leistung. Hätte der Gesetzgeber eine abweichende Regelung auch der Fälligkeit gewollt, hätte er dies zum Ausdruck gebracht.
§ 15 ZVALG enthalte auch keine Hinweise darauf, dass eine Angleichung an die Systematik der tarifvertraglichen Zusatzversorgung
erfolgen sollte. Ziel sei entsprechend dem System der tariflichen Zusatzversorgung allein die Übernahme der Auszahlung ohne
vorheriges Genehmigungsverfahren gewesen, um die Verwaltungskosten so niedrig wie möglich zu halten, jedoch nicht eine Beschneidung
der Ansprüche selbst. Die monatlich entstandenen Zahlungsansprüche seien daher auch monatlich fällig geworden und damit für
die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 an die Klägerin als Rechtsnachfolgerin übergegangen. Ob auch eine Verzinsung der
monatlichen Beträge zu erfolgen habe, sei nicht Gegen-stand des Verfahrens.
Nach § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG könne der überlebende Ehegatte noch nach dem Tod des Berechtigten die erstmalige Festsetzung der
Leistung und deren Auszahlung durchsetzen. Nach Ansicht der Beklagten könne er aber andererseits nach § 15 Abs. 1 ZVALG zum
Zeitpunkt des Todes des Berechtigten bereits festgestellte Ausgleichsleistungen nicht beanspruchen können, weil sie bereits
erloschen wären. Dies sei nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus seien die anteilsmäßigen Beträge regelmäßig verbraucht, da
sie die Aufwendungen des Lebensunterhalts decken sollen. Es könne nicht unterstellt werden, dass der Berechtigte bis zu seinem
Versterben keine Aufwendungen mehr gehabt habe. Dies sei auch im konkreten Fall so gewesen. Die Berufung wurde im Urteil nicht
zugelassen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hin hat das Bayerische Landessozialgericht mit Beschluss vom 1. März 2010
die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren
fortgesetzt.
Zur Begründung der Berufung wurde der Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt.
Der Senat hat über die Klägerin ein Schreiben des Amtsgerichts E. beigezogen, aus dem hervorgeht, dass die Klägerin Alleinerbin
der Berechtigten ist.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20. November 2011 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung auch über den Bescheid vom
25. August 2009 erklärt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 1. April 2009 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2009 und des Bescheids vom 25. August 2009 verurteilt wird, Ausgleichsleistungen
der verstorbenen Berechtigten M. W. für den Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 an die Klägerin entsprechend den gesetzlichen
Bestimmungen auszubezahlen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 25. November 2009 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 1. April 2009
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2009 und den Bescheid vom 25. August 2009 abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts
München und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Tenor des Urteils des SG war jedoch neu zu fassen, da Streitgegenstand des Verfahrens der Bescheid vom 1. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids
vom 25. August 2009 sowie der wiederholende Bescheid vom 25. August 2009 ist.
Streitgegenstand ist zunächst der Bescheid vom 1. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2009.
Ob ein Verwaltungsakt erlassen worden ist, ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln zu bestimmen, die für Willenserklärungen
gelten. Maßgebend ist, wie der Empfänger die Erklärung nach den Umständen des Einzelfalls verstehen musste, insbesondere ob
er sie als verbindliche, hoheitliche Regelung erkennen konnte. Für die Auslegung ist zwar der Inhalt der Erklärung und nicht
die äußere Form entscheidend. Das äußere Erscheinungsbild kann aber wesentliche Hinweise geben (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Anhang §
54 Rn. 3a m.w.N.). Nach dem äußeren Erscheinungsbild des Schreibens vom 1. April 2009 und dessen Wortwahl ist dieses ursprünglich
nach dem objektiven Empfängerhorizont als bloße Auskunft auszulegen. Das Schreiben ist nicht als Bescheid gekennzeichnet,
es fehlt auch eine Rechtsmittelbelehrung. Der Klägerin wird ausweislich des Eingangssatzes (" zur Fälligkeit und Zahlung der
Ausgleichsleistung teilen wir Ihnen folgendes mit:") ersichtlich auch nur über die aus Sicht der Beklagten bestehende Rechtslage
informiert. Eine verbindliche Regelung mit Außenwirkung sollte mit diesem Schreiben nicht verbunden sein. Dies hat offensichtlich
die Klägerin auch zunächst so verstanden, da sie in der Folge um den Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids gebeten hat.
Ursprünglich lag also kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 S. 1 SGB X vor.
Ebenso wie die Verwaltung aus einer schlichten Willenserklärung durch einen Widerspruchsbescheid einen Verwaltungsakt machen
kann, wenn er der Verwaltungshandlung diese Gestalt gibt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, §
85 Rn. 7a m.w.N.; BSG, Urteil vom 29. Oktober 2002, Az. 10 RKg 4/92), ist dies nach Auffassung des Senats auch in Bezug auf eine schlichte Auskunft möglich. Hier hat die Beklagte durch ihren
Widerspruchsbescheid vom 25. August 2009 dem Schreiben vom 1. April 2009 nachträglich die Gestalt eines Verwaltungsaktes verliehen,
indem sie den "Widerspruch vom 6. April 2009 gegen den Bescheid über die Einstellungen der Ausgleichsleistung" als unbegründet
zurückgewiesen hat. Bei diesem Bescheid kann es sich nur um das Schreiben vom 1. April 2009 handeln, da der Bescheid vom 25.
August 2009 erst später ergangen ist und vor dem 6. April 2009 kein einschlägiges Schreiben der Beklagten an die Klägerin
ergangen ist.
Mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2009 ist die Auskunft vom 1. April 2009 also zum Verwaltungsakt geworden,
da die Beklagte mit diesem dem Schreiben vom 1. April 2009 "diese Gestalt" (vgl. §
95 SGG) gegeben hat.
Die Klägerin hatte bereits vor Erlass des Bescheides vom 1. April 2009 im Rahmen des Erlasses des Widerspruchbescheides vom
25. August 2009 Untätigkeitsklage erhoben. Diese war durch den Erlass des Widerspruchsbescheids erledigt. Die Klägerin hat
die Klage jedoch mit Schriftsatz vom 13. September 2009 im Wege der Klageänderung innerhalb der Klagefrist von einem Monat
auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt. Auf die geänderte Klage hat sich die Beklagte mit Schriftsatz
vom 5. Oktober 2009 auch rügelos eingelassen, indem sie zum geltend gemachten Anspruch der Klägerin inhaltlich Stellung genommen
hat. Im Übrigen hat das SG die Klageänderung offensichtlich auch als sachdienlich angesehen.
Gegenstand der Klage ist damit zunächst das zum Bescheid gewordene Schreiben vom 1. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 25. August 2009 geworden.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Beklagte einen weiteren Bescheid vom 25. August 2009 erlassen hat, mit dem das Begehren
der Klägerin förmlich abgelehnt worden ist. Die Einbeziehung dieses Bescheids ist gem. §
86 SGG zu beurteilen. Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt nach dieser
Bestimmung Gegenstand des Vorverfahrens. §
86 SGG ist grundsätzlich einschlägig, da der Bescheid vom 25. August 2008 zeitgleich mit dem Widerspruchsbescheid vom 25. August
2008 und vor der Klageänderung durch die Klägerin mit Schriftsatz vom 13. September 2009 und damit noch während des Vorverfahrens
ergangen ist. Der Bescheid vom 25. August 2009 hat zwar nicht im strengen Wortsinne das durch den Widerspruchsbescheid vom
25. August 2009 zum Verwaltungsakt gewordene Schreiben vom 1. April 2009 abgeändert, da er im Ergebnis dieselbe Regelung getroffen
hat wie sie im Schreiben vom 1. April 2009 bereits mitgeteilt wurde. Der Senat hält es jedoch für angemessen, §
86 SGG auch im Falle einer Bestätigung eines Bescheids durch einen wiederholenden Bescheid mit ausführlicherer Begründung sinngemäß
anzuwenden mit der Folge, dass auch der Bescheid vom 25. August 2009 Gegenstand des Vorverfahrens geworden ist. Es entspricht
dem aus dem Fortgang des Verfahrens beim SG und beim Berufungsgericht ersichtlichen Willen der Beteiligten, eine Entscheidung der Gerichte in der Sache herbeizuführen.
Eine ausreichende Beteiligung der Widerspruchsbehörde ist gegeben, da diese mit dem Widerspruchsbescheid vom 25. August 2009
entschieden hat. Zwar hat diese nicht auch über den Bescheid vom 25. August 2009 befunden. Das Gericht kann aber über den
zum Gegenstand des Vorverfahrens gewordenen Bescheid vom 25. August 2009 mitentscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden
erklärt haben.
Der Bescheid vom 1. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2009 und der Bescheid vom 25. August
2009 sind jedoch nach Auffassung des Senats materiell rechtswidrig und daher aufzuheben. In ihnen wird zu Unrecht festgestellt,
dass die Klägerin für den Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 keinen Anspruch auf Auszahlung der Witwenausgleichsleistungen
für die verstorbene Berechtigte hat. Einen derartigen Anspruch kann sie im Rahmen einer Leistungsklage geltend machen.
Aufgrund des bestandskräftig gewordenen Bescheids vom 20. August 2003 steht bindend fest, dass die Berechtigte gem. §§ 11,
12 ZVALG einen Anspruch auf Ausgleichsleistung zur Witwenrente ab 1. März 2003 hat.
Dieser Anspruch ist für den allein strittigen Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. März 2009 auch nicht erloschen. Im ZVALG ist keine
Regelung enthalten, wann ein durch Bescheid festgestellter Anspruch auf Ausgleichsleistung erlischt. Es ist daher auf § 10
Abs. 1 ZVALG Rückgriff zu nehmen. Soweit das ZVALG nichts anderes vorschreibt, sind nach dieser Bestimmung die für die landwirtschaftliche
Unfallversicherung geltenden Vorschriften des Ersten, Vierten, Siebten und Zehnten Buches Sozialgesetzbuch sowie die aufgrund
dieser Gesetze für die landwirtschaftliche Unfallversicherung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend anzuwenden.
Gemäß dem danach analog anzuwendenden §
73 Abs.
6 SGB VII werden Renten bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind. Danach besteht also noch
ein Anspruch auf Ausgleichsleistung bis 31. März 2009. Ein Erlöschen des Anspruchs zu einem früheren Zeitpunkt lässt sich
aus dieser Bestimmung nicht entnehmen. Dasselbe gilt für den von der Beklagten angeführten §
59 SGB I. Dieser ist über §
10 Abs.
1 ZVALG grundsätzlich entsprechend anwendbar. Nach §
59 S. 2
SGB I erlöschen Ansprüche auf Geldleistungen aber nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind
noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist. Hier ist der Anspruch auf Ausgleichsleistung der Berechtigten aber durch
den Bescheid vom 20. August 2003 festgestellt. Daraus folgt also im Gegenteil nur, dass dieser Anspruch von Todes wegen übertragen
werden kann (KassKomm, §
59 SGB I Rn. 9). Der wirksam entstandene Anspruch auf Ausgleichsleistungen für den strittigen Zeitraum 1. Juli 2008 bis 31. März 2009
ist damit nicht erloschen.
Die Klägerin ist Alleinerbin gemäß §
58 SGB I (vgl. die entsprechende Auskunft des Amtsgerichts E. vom 28. Mai 2009). Nach dieser Bestimmung stehen jedoch nur fällige
Ansprüche auf Geldleistungen dem Erben zu.
Durch die Verwaltungsvorschrift des § 10 Abs. 1 ZVALG nimmt das Gesetz hinsichtlich der Fälligkeit von laufenden Geldleistungen
Bezug auf den auch für die landwirtschaftliche Unfallversicherung geltenden §
218c SGB VII. Bei Beginn laufender Geldleistungen mit Ausnahme des Verletzten- und Übergangsgeldes vor dem 1. April 2004 werden diese
nach Abs. 1 dieser Bestimmung zu Beginn des Monats fällig, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; sie
werden am letzten Bankarbeitstag des Monats ausgezahlt, der dem Monat der Fälligkeit vorausgeht. Abs. 2 gilt auch für Renten
an die Hinterbliebene, die im Anschluss an eine Rente für Versicherte zu zahlen sind, wenn der erstmalige Rentenbeginn dieser
Rente vor dem 1. April 2004 liegt (§
218 c Abs.
2 SGB VII). Da der Ehemann der Berechtigten bereits vor dem 1. April 2004 Ausgleichsleistungen bezogen hat, bestimmen sich die Fälligkeit
und die Auszahlung auch der Witwenausgleichsleistungen grundsätzlich nach §
218c Abs.
1 SGB VII. Die Ausgleichsleistungen werden damit zu Beginn des Monats fällig, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt
sind. Dies ist letztmals für den Monat März 2009 der Fall.
Die Vorschrift des §
10 Abs.
1 ZVALG macht die Verweisung auf die für die landwirtschaftliche Unfallversicherung geltenden Vorschriften des
SGB VII allerdings ausdrücklich davon abhängig, dass das ZVALG nichts anderes vorschreibt. Der insoweit allein in Betracht kommende
§ 15 Abs. 1 ZVALG stellt jedoch in Bezug auf die Fälligkeit der Ausgleichsleistung keine andere Vorschrift in diesem Sinne
dar. Gemäß § 15 Abs. 1 ZVALG wird die Ausgleichsleistung für Zeiten vom 1. Juli des Vorjahres bis zum 30. Juni des jeweils
laufenden Jahres nachträglich in einer Summe ausgezahlt. Schon aufgrund des Wortlautes der Bestimmung wird damit deutlich,
dass es sich hier um eine Auszahlungsregelung und nicht um eine Regelung der Fälligkeit handelt. §
218 c Abs.
1 SGB VII sowie der für Renten, die nach dem 31. März 2004 begonnen haben, geltende §
96 Abs.
1 SGB VII differenzieren eindeutig zwischen dem Zeitpunkt der Fälligkeit einer laufenden Geldleistung und dem Zeitpunkt ihrer Auszahlung.
Der Zeitpunkt der Fälligkeit ist dabei nicht identisch mit dem Zeitpunkt der Auszahlung. Die hier vertretene Auffassung verwechselt
entgegen der Annahme der Beklagten nicht den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit, sondern
differenziert nur entsprechend den Regelungen der §§
96 Abs.
1, §
218c Abs.
1 SGB VII zwischen dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs und dem Zeitpunkt der Auszahlung der Leistung. Dem Gesetzgeber kann nicht
unterstellt werden, er habe diese Differenzierung nicht gekannt. In Übereinstimmung mit dem SG geht auch der erkennende Senat davon aus, dass der Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 ZVALG nicht nur eine abweichende Regelung in Bezug auf die Auszahlung der Ausgleichsleistung, sondern auch in Bezug
auf deren Fälligkeit getroffen hätte, wenn er eine solche gewollt hätte.
Die Neuregelung durch das 3. ASEG erfolgte nach den von der Beklagten zitierten Ausführungen des Bundesministeriums für Arbeit
und Sozialordnung, um eine Angleichung an die Systematik der tarifvertraglichen Zusatzversorgung zu erreichen. Auch diese
werde einmal jährlich nachträglich ausgezahlt. Bei Übernahme dieser Verfahrensweise könnten die Verwaltungskosten dann so
niedrig wie möglich gehalten werden. Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich der Regelungszweck der Verwaltungsvereinfachung
(Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines 3. ASSEG. BR-Drs. 173/85 vom 17. April 1985). Der Regelungszweck der Vereinfachung
und Einsparung von Verwaltungskosten wird aber allein durch die einmal jährliche Auszahlung der Leistung erreicht. Durch die
Annahme einer davon unabhängigen monatlichen Fälligkeit werden keine nennenswerten zusätzlichen Verwaltungskosten produziert.
Der Regelungszweck der Verwaltungsvereinfachung wird also durch die hier vorgenommene Auslegung genauso erreicht wie durch
die der Beklagten.
Bei Zugrundelegung der abweichenden Auffassung der Beklagten lässt sich darüber hinaus kein nachvollziehbarer Regelungsgehalt
für die Bestimmung des § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG finden. Diese wäre in keiner Weise stimmig, wenn man davon ausgeht, dass auch
die Fälligkeit der Ausgleichsleistung für die Zeit ab 1. Juli des Vorjahres erst mit Ablauf des 30. Juni des jeweils laufenden
Jahres eintritt. Gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 ZVALG erfolgt die erstmalige Feststellung der Ausgleichsleistung auf Antrag und durch
schriftlichen Verwaltungsakt. Der Antrag auf Ausgleichsleistung für Zeiten vom 1. Juli des Vorjahres bis zum 30. Juni des
laufenden Jahres ist bis zum 30. September des laufenden Jahres bei der Zusatzversorgungskasse zu stellen (§ 15 Abs. 2 S.
2 ZVALG). Für verstorbene Berechtigte kann der Antrag durch die Witwe oder den Witwer gestellt werden (§ 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG).
Geht man mit der Beklagten nun davon aus, dass die Fälligkeit der Ausgleichsleistungen vom 1. Juli des Vorjahres bis zum Jahr
des Todes des Berechtigten erst mit Ablauf des 30. Juni des laufenden Jahres eintritt, würde der Antrag der Witwe regelmäßig
nicht mehr zu einer Auszahlung von Leistungen führen können. Die Witwe hätte zwar ein Antragsrecht, aber bei einem Versterben
des Berechtigten zwischen dem 1. Juli des Vorjahres und dem 30. Juni des laufenden Jahres (und damit regelmäßig) keinen Anspruch.
Eine Ausnahme gälte nur für die Fälle, in denen der Berechtigte zwischen 1. August und 30. September des laufenden Jahres
verstorben wäre. Dann wären die Ausgleichsleistungen auch nach der Auffassung der Beklagten für das Vorjahr fällig. Die Witwe
könnte dann noch mit Erfolg bis zum 30. September des laufenden Jahres ihre Auszahlung beantragen.
Es ist für den Senat aber nicht vorstellbar, dass der Gesetzgeber nur den Witwen einen durchsetzbaren Anspruch auf Ausgleichsleistungen
des verstorbenen, ausgleichsberechtigten Ehepartners verschaffen wollte, die im August oder September des laufenden Jahres
verstorben sind, nicht hingegen denjenigen, deren Ehepartner im Zeitraum 1. Juli des Vorjahres bis 30. Juni des laufenden
Jahres verstorben sind. Dies wäre nach der Rechtsauslegung der Beklagten aber der Fall. Denn danach könnte die Witwe bei einem
Versterben des Berechtigten zwischen 1. Juli des Vorjahres bis 30. Juni des laufenden Jahres nicht mehr Erbin oder Sonderrechtsnachfolgerin
der bis zum Tode des Berechtigten angefallenen Ausgleichsleistungen werden, da dies nur hinsichtlich fälliger Ansprüche möglich
ist. Die Anträge wären daher abzulehnen, da der Ausgleichsanspruch des Berechtigten nicht fällig geworden ist und damit nicht
mehr vererbbar war.
Der Senat hält auch eine Auslegung des § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG nicht für überzeugend, wonach der Gesetzgeber durch diese Bestimmung
der Witwe nicht nur ein Antragsrecht, sondern zugleich mit diesem auch einen Anspruch auf Auszahlung von Ausgleichsleistungen
zugesteht, die mangels Fälligkeit der Ausgleichsleistungen nicht im Wege der Sonderrechtsnachfolge oder im Wege der Vererbung
auf sie übergegangen sind. Hierfür gibt der Gesetzestext keinerlei Anhalt. Durch die Einräumung eines Antragsrechts für eine
Witwe hilft der Gesetzgeber der Witwe nur darüber hinweg, dass der Berechtigte zu Lebzeiten keinen Antrag auf Ausgleichsleistungen
gestellt hat. Es werden mit diesem Antragsrecht aber keine Ansprüche geschaffen, die nach dem ZVALG i.V.m. den allgemeinen
Regelungen des
SGB I nicht bestehen.
Auch wenn man wie die Beklagte unterstellt, dass der Regelungsgehalt des § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG entgegen seinem Wortlaut darin
besteht, dass - nur - der Witwer oder die Witwe nach dem Tod des Berechtigten, der selbst zu Lebzeiten keinen Antrag gestellt
hatte, einen Antrag auf Ausgleichsleistungen stellen und Ausgleichsleistungen gelten machen kann, die eigentlich vorliegende
Verjährung durch diese Bestimmung also "geheilt" wird, ergibt sich kein stimmiges Gesamtgefüge. Denn dann hätte eine Witwe,
deren berechtigter Ehemann keinen Antrag auf Ausgleichsleistung gestellt hat, die Möglichkeit, einen derartigen Antrag mit
der Folge zu stellen, dass ihr zumindest anteilig bis zum Tod des Ehemanns die Ausgleichsleistungen auszuzahlen sind. Die
Witwe eines Ausgleichsberechtigten, der selbst einen Antrag gestellt hat, ging hingegen aufgrund eingetretener Verjährung
leer aus. Denn § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG regelt unzweifelhaft nur das Recht der Witwe, einen Antrag auf erstmalige Feststellung
der Ausgleichsleistung zu stellen, wenn der verstorbene Berechtigte einen solchen nicht gestellt hat. Hat er dies getan, gibt
es für einen weiteren Antrag der Witwe keinen Raum.
Wäre die Klägerin also die Witwe eines im März des laufenden Jahres verstorbenen Berechtigten, der einen Antrag gestellt hätte
und dem Ausgleichsleistungen bewilligt worden waren, stünde ihr nach der Rechtsauffassung der Beklagten kein Anspruch auf
Auszahlung zu, da dieser noch nicht fällig und nicht vererbbar wäre. Ein Antragsrecht nach § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG der Klägerin
bestünde nicht, da bereits durch den Berechtigten ein Antrag auf Festsetzung der Leistungen gestellt und verbeschieden worden
war. § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG billigt der Witwe ein Antragsrecht dann zu, wenn vom Berechtigten selbst - aus welchen Gründen
auch immer - ein Antrag nicht gestellt wurde.
Hatte der Berechtigte in diesem Fall allerdings keinen Antrag gestellt, hätte die Klägerin nach § 15 Abs. 2 S. 4 ZVALG ein
Antragsrecht. Diese Bestimmung räumt der Witwe ein Antragsrecht in demselben zeitlichen Rahmen ein, wie er dem Berechtigten
zugestanden hätte, wenn er nicht verstorben wäre. Dieses Antragsrecht würde aber leerlaufen, da der Anspruch nach wie vor
nicht fällig geworden und damit nicht vererbbar wäre. Der Antrag müsste also notwendigerweise abgelehnt werden. Würde man
hingegen davon ausgehen, die Berechtigte hätte aufgrund ihres Antragsrechts auch einen Anspruch auf die Auszahlung der bis
zum Todesmonat entstandenen Leistungen, stünde sie besser als die Witwe des Berechtigten, der einen Antrag noch selbst gestellt
hat. Einen Sinn in einer derart verstandenen Regelung kann der Senat nicht erkennen. Sinn ergibt § 15 Abs. 4 S. 2 ZV ALG vielmehr nur dann, wenn man in beiden Fällen davon ausgeht, dass die Beträge bis März bereits fällig und damit vererbbar
waren.
Die von der Beklagten in den Vordergrund gestellte Besserstellung der Witwe bzw. des Witwers besteht also nur insoweit, als
diese - anders als sonstige Hinterbliebene - einen Anspruch auf Auszahlung der bis zum Tod des Berechtigten fällig werdenden
Ausgleichsleistungen auch dann geltend machen kann, wenn der Berechtigte selbst keinen Antrag gestellt hatte. In diesen Fällen
können sonstige Hinterbliebene keinen Anspruch geltend machen, da es an einem wirksamen Antrag fehlt. Witwe oder Witwer hingegen
sind berechtigt, diesen Antrag zu stellen und die Auszahlung der fällig gewordenen Leistungen zu verlangen.
Auch aus dem von der Beklagten hervorgehobenen Aspekt, dass die Ausgleichsleistungen ausschließlich aus Steuermitteln finanziert
werden und der Gesetzgeber damit einen größeren Spielraum bei der Frage hat, wem er diese Leistungen zuerkennt und wann er
von einem Erlöschen der Ansprüche ausgeht, folgt kein anderes Ergebnis. Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber insoweit einen
weiten Regelungsspielraum hat. Der Umstand, dass der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Hinterbliebene
weitgehend oder sogar vollständig von der Auszahlung von Ausgleichsleistungen ausschließen könnte, bedeutet aber nicht automatisch,
dass er dies auch getan hat. Sowohl nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 ZVALG als auch nach dem Sinn und Zweck des § 15 Abs.
2 S. 4 ZVALG hat er dies nach Auffassung des Senats gerade nicht.
Schließlich ist auch unbestritten, dass durch diese Auslegung des § 15 Abs. 1 ZVALG in stärkerem Maße Haushaltsmittel des
Bundes beansprucht werden. Allein dieser Umstand kann aber eine andere Auslegung nicht rechtfertigen. Aus dem aktuellen Internetauftritt
der Beklagten geht hervor, dass im Geschäftsjahr 2008 insgesamt 38.500 Personen eine Ausgleichsleistung erhalten und insgesamt
17,7 Millionen Euro jährlich ausgezahlt werden. Damit dürften sich die Auswirkungen für den Bundeshaushalt doch in einem sehr
überschaubaren Rahmen halten.
Die Berufung war daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf dem Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren
erfolgreich war.
Die Revision ist aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG).