Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Zeitpunkt der Prüfung der Erfolgsaussicht
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf.) für das Verfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg
Prozesskostenhilfe zu gewähren war.
Streitig war im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg, das am 19. Juni 2012 durch Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten
eingeleitet wurde, die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II. Die Beklagte
und Beschwerdegegnerin lehnte dies mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai
2012 ab. Das Sozialgericht holte u.a. ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. W. vom 12. Dezember 2012 ein, der
den Hilfebedarf der Bf. im Bereich der Grundpflege auf 63 Minuten täglich, im Gericht der hauswirtschaftlichen Versorgung
auf 45 Minuten einschätzte. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen nicht vor.
Am 4. Juli 2013 beantragte die Bf. durch Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tag die Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Der Antrag wurde zum einen im Sitzungstermin vom 4. Juli 2013 der Kammer, der um 12.07 Uhr begann, übergeben, zum anderen
durch Fax an das Sozialgericht um 10.17 Uhr gestellt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung nahm die Prozessbevollmächtigte
des Bf. die Klage zurück.
Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 16. Juli 2013 abgelehnt. Der Antrag
sei erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2013 gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Sache keine Erfolgsaussicht
mehr geboten. Die Ermittlungen seien abgeschlossen gewesen. Der gerichtliche Gutachter habe einen Zeitbedarf für die Verrichtungen
der Grundpflege von 63 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten gesehen, so dass die Voraussetzungen
der Pflegestufe II bei Weitem nicht erfüllt seinen. In der Sache hätten daher keine Erfolgsaussichten mehr bestanden.
Zur Begründung der sofortigen Beschwerde hat die Bf. ausgeführt, dass der Antrag auf Prozesskostenhilfe unmittelbar vor der
mündlichen Verhandlung gestellt worden sei. Dies allein rechtfertige jedoch nicht dessen Ablehnung. Denn ein mittelloser Kläger
könne sich erst für die mündliche Verhandlung einen Anwalt nehmen, da es im Sozialgerichtsprozess keinen Vertretungszwang
gebe. Auf den Beschluss des Sächsischen Landesozialgerichts vom 15. Dezember 2005 (Az.: L 6 B 10/05 R) wurde hingewiesen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht sei anzunehmen, da eine Beweisaufnahme durchgeführt worden sei. Die
Beiordnung eines Rechtsanwaltes sei ebenfalls erforderlich gewesen.
Die Bg. hat den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend erachtet. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe sei
erst während der mündlichen Verhandlung nach Erörterung der Sach- und Rechtslage durch die Kammervorsitzende gestellt worden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach §
73 a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i. V. m. §§
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe. Voraussetzungen ist die Glaubhaftmachung der
Bedürftigkeit, des Ausschlusses der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten
Rechtsverfolgung. Ist, wie im sozialgerichtlichen Verfahren, eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben,
wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch
einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§
121 Abs.
2 ZPO).
Zutreffend ist allerdings, dass der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe von der Bf. noch vor der mündlichen Verhandlung
am 4. Juli 2013 gestellt wurde. Der Antrag ging per Fax bereits um 10.17 Uhr beim Sozialgericht ein, während die mündliche
Verhandlung erst um 12.07 Uhr begann.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des
Gerichts. Auf einen früheren Zeitpunkt kann nur ausnahmsweise abzustellen werden, wenn sich die Entscheidung des Gerichts
über den Antrag verzögert hat und die Änderung zum Nachteil des Antragstellers eingetreten ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
73 a Rdnr. 7 d). Letzteres scheidet zweifelsfrei vorliegend aus. Zutreffend hat das Sozialgericht somit berücksichtigt, dass bereits
zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2013 für die Klage aufgrund des vom Gericht eingeholten Gutachtens des
Dr. W. keine Erfolgsaussicht mehr bestand. Das Ergebnis der Beweisaufnahme war somit bei der Entscheidung über den Antrag
zu berücksichtigen.
Das vorliegende Verfahren unterscheidet sich dabei auch wesentlich von dem vom Sächsischen Landessozialgericht (Az. siehe
oben) entschiedenen Verfahren. Die Bf. war anders als dort bereits bei Klageerhebung anwaltlich vertreten. Es ist daher nicht
ersichtlich, weshalb bei der "mittellosen" Bf. nicht bereits zum damaligen Zeitpunkt und somit vor der Durchführung der Beweisaufnahme
durch das Sozialgericht ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt werden konnte. Im Übrigen weicht das Sächsische Landessozialgericht
auch nicht von dem Grundsatz ab, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Entscheidung
des Gerichts ist.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde somit zutreffend vom Sozialgericht abgelehnt. Damit scheidet auch eine
Beiordnung der Prozessbevollmächtigten aus.
Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§
73 a Abs.
1 S. 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.